Haftungsbescheid (Kommunalsteuer, Dienstgeberabgabe): Gläubigergleichbehandlungsnachweis nicht angetreten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum 1-12/2018 und 1-7/2019 gemäß §6a Kommunalsteuergesetz 1993 und § 6a Dienstgeberabgabegesetz zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als die Haftungsbeträge folgt abgeändert werden:
Der Haftungsbetrag an Kommunalsteuer 2018 wird mit 3.193,26 Euro festgesetzt.
Der Haftungsbetrag an Kommunalsteuer für Jänner bis Juli 2019 wird mit 2.922,25 Euro festgesetzt.
Der Haftungsbetrag an Dienstgeberabgabe 2018 wird mit 279,25 Euro festgesetzt.
Der Haftungsbetrag an Dienstgeberabgabe Jänner bis Juli 2019 wird mit 218,00 Euro festgesetzt.
Im Übrigen ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde, dem Magistrat der Stadt Wien, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, mit Vorhalt vom aufgefordert, zu seiner von der belangten Behörde beabsichtigten Haftungsinanspruchnahme als Geschäftsführer der ***1*** GmbH betreffend nicht entrichtete Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum 1-12/2018 und 1-7/2019 iHv gesamt 6.980,69 Euro Stellung zu nehmen (sog. Haftungsvorhalt).
In der Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer aus, das Insolvenzverfahren der ***1*** GmbH sei noch nicht abgeschlossen. Ob das Unternehmen geschlossen oder saniert werde, sei noch nicht absehbar. Die konkreten und vollständigen Unterlagen seien noch nicht fertig, sämtliche tatsächlichen Werte daher noch nicht ermittelt und festgestellt.
Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer für den Rückstand an Kommunalsteuer für den Zeitraum von Jänner 2018 bis Dezember 2019 iHv 6.472,69 Euro sowie Dienstgeberabgabe für den Zeitraum Jänner 2018 bis Dezember 2019 iHv 508,00 Euro zur Haftung herangezogen.
Begründend wurde ausgeführt, die Schließung des Unternehmens sei bereits am angeordnet worden. Zum Vorbringen in der Stellungnahme, die tatsächlichen Werte seien noch nicht festgestellt worden, wurde ausgeführt, dass es sich bei Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer um Selbstberechnungsabgaben handle. Für die Jahre2018 und 2019 seien Jahreserklärungen eingebracht worden, die Zahlen und Werte würden also vorliegen, lediglich die Entrichtung der selbst gelegten Jahreserklärungen würde fehlen.
Der Rückstand setze sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:
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Rückstand | Zeitraum | Betrag in Euro |
Kommunalsteuer | 1-12/2018 | 3.353,52 |
Kommunalsteuer | 1-7/2019 | 3.119,17 |
Dienstgeberabgabe | 1-12/2018 | 286,00 |
Dienstgeberabgabe | 1-7/2019 | 222,00 |
Summe | 6.980,69 |
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wurde ausgeführt, das Insolvenzverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die konkreten und vollständigen Unterlagen seien noch nicht ermittelt und festgestellt. Es könne nicht von grober Schuld oder Pflichtverletzung ausgegangen werden. Eine derartige Verschuldung würde niemand gerne und freiwillig eingehen, sie läge an den Zahlungsausfällen vieler Schuldner (Kunden), welche die erhaltene und ausgeführte Leistung schlichtweg nicht ordnungsgemäß bezahlt hätten. Aus Sicht des Beschwerdeführers wäre die Auftraggeberhaftung heranzuziehen und fehlende Abgaben bei Schuldnern und Kunden zu fordern.
In einem weiteren Vorhalt vom wurde dem Beschwerdeführer unter Aufforderung, Stellung zu beziehen, mitgeteilt, dass es sich bei Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer um Selbstbemessungsabgaben handle und Jahreserklärungen für beide Abgaben abgegeben worden seien; die Werte für die Kommunalsteuer seien auch in einer gemeinsamen Prüfung der lohnabgängigen Abgaben bestätigt worden. Festgestellt werde, dass für die Ausfallshaftung keine grobe Pflichtverletzung notwendig sei, da laut Kommunalsteuergesetz allein die schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers für die Haftung notwendig sei. Löhne und Gehälter für die Jahre 2018 und 2019 seien gezahlt, die damit einhergehenden Abgaben an Kommunalsteuer und Dienstgeberbeitrag jedoch nicht einmal zur Hälfte entrichtet worden. Ein Abwarten des Konkursverfahrens sei nicht vorgesehen, es sei mit keiner nennenswerten Quote im Konkursverfahren zu rechnen.
In einer weiteren Stellungnahme vom wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Ausführungen in der Beschwerde.
In einem weiteren Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer unter Verweis auf ein Telefongespräch von der belangten Behörde darüber informiert, dass es bei der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe keine Auftraggeberhaftung gebe und daher die ***1*** GmbH selbst für die Entrichtung der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe verantwortlich sei. Der Beschwerdeführer habe im Telefonat angegeben, dass die von der Steuerberatungskanzlei im Auftrag der ***1*** GmbH erstellten Jahreserklärungen viel zu hoch seien, wobei keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt worden seien. Dem Beschwerdeführer wurde abermals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Im Antwortschreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, der Steuerberater sei gemäß dem Telefonat informiert worden und werde sich dieser Angelegenheit genau und gründlich widmen.
Mit Mail vom wurde dem Beschwerdeführer eine Frist bis eingeräumt, sein Vorbringen zu erläutern, wonach die selbst gelegten Jahreserklärungen unrichtig seien. Die Frist blieb ungenutzt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Zusammengefasst führte sie aus, die Voraussetzungen für die Haftung (Abgabenforderung gegen den Vertretenen, Stellung als Vertreter, erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, Pflichtverletzung des Vertreters, Verschulden an der Pflichtverletzung und Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung) lägen vor. Es sei Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Bisher sei keine Stellungnahme hinsichtlich angeblich fehlerhafter Selbstbemessung eingegangen, daher sei dieses Vorbringen als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Ein Nachweis des Beschwerdeführers, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten nicht möglich gewesen sei, liege somit nicht vor. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag). Ihn treffe weder eine Pflichtverletzung, noch ein Verschulden als Geschäftsführer für die entsprechenden offenen Abgaben. Bei korrekter Zahlung der Auftraggeber hätten die Abgaben sofort beglichen werden können - das Unternehmen sei insolvent gemeldet worden, da Auftraggeber größerer Projekte die Zahlung unbegründet nicht geleistet hätten.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung. Die Insolvenzmasse reiche laut aktueller Ediktsdatei nicht aus, um die Masseforderungen zu erfüllen.
Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde um eine Aufstellung je Abgabe, gegliedert nach Kalendermonaten, welche Beträge von der Primärschuldnerin erklärt und welche entrichtet wurden. In Stellungnahme vom gliederte die belangte Behörde die Abgabenbeträge in Tabellen auf und führte dazu wörtlich aus:
"In der ersten Spalte wurde der Zeitraum festgestellt, in der zweiten Spalte der jeweilige monatliche Abgabenbetrag, in Spalte drei bis 4 (DGA) bzw. drei bis 5 (Kommunalsteuer) wurden die Zahlungen, BUAK Zahlungen, Guthaben aus Vorjahren und die Quotenzahlungen aus dem Insolvenzverfahren eingetragen. In Spalte sechs (DGA) bzw. sieben (Kommunalsteuer) ist der verbleibende Rückstand dargestellt, wobei darauf hingewiesen wird, dass die BUAK Zahlungen immer am Ende des Quartals für 3 Monate angerechnet wurden, da die Zahlungen quartalsweise im Nachhinein erfolgen. Die Zahlungsplanquote wurde im Zeitraum der Ausschüttung angeführt, und wird üblicherweise dem ältesten Rückstand angerechnet.
Säumniszuschläge wurden nicht in der Haftung vorgeschrieben, ebenso ein Betrag an Kommunalsteuer von 80,03 Euro für das Jahr 2018, der erst durch eine Richtigstellung der Buchung der Jahreserklärungen 2018 auf dem Konto aufscheint, und versehentlich nicht berücksichtigt wurde. Für die Kommunalsteuer 2018 wurde in Spalte 5 in Guthaben aus dem Jahr 2017 als Zahlung angerechnet.
Der Haftungsbetrag an Kommunalsteuer 2018 verringert sich durch die Anrechnung der Quote von 160,26 Euro auf 3.193,26 Euro.
Der Haftungsbetrag an Kommunalsteuer für Jänner bis Juli 2019 verringert sich durch Zahlungen der BUAK von 3.119,17 Euro auf 2.922,25 Euro.
Der Haftungsbetrag an Dienstgeberabgabe 2018 verringert sich durch die Anrechnung der Quote von 12,75 Euro unter Berücksichtigung der Stornierung einer BQAK Zahlung von sechs Euro auf 279,25 Euro.
Der Haftungsbetrag an Dienstgeberabgabe Jänner bis Juli 2019 verringert sich durch BUAK Zahlungen, unter Berücksichtigung der Stornierung einer BUAK Zahlung von zwei Euro auf 218,00 Euro.
Zur Aufteilung der monatlichen Steuerbeträge durch die Abgabenbehörde wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe um Selbstbemessungsabgaben handelt, und daher den Vertretern der Primärschuldnerin bekannt sein müssen. Die Behörde erhält nur einen Jahresbetrag mitgeteilt. Im gegenständlichen Fall konnten von der ehemaligen Steuerberatungskanzlei die Daten angefordert werden, sollte sich die zuständige Steuerberatungskanzlei jedoch auf Datenschutz oder Verschwiegenheitspflichten berufen, wäre die monatliche Aufteilung der Steuerbeträge nur beim Beschwerdeführer/der Beschwerdeführerin selbst einzuholen bzw. eine Entbindung vom Datenschutz oder Verschwiegenheitspflicht (…) einzufordern (…)."
Mit Vorhalt vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , legte das Bundesfinanzgericht die von der belangten Behörde übermittelte Aufstellung dem Beschwerdeführer unter Aufforderung zur Stellungnahme vor. In diesem Vorhalt wurde weiters ein detaillierter Nachweis der Gläubigergleichbehandlung abverlangt. Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer war seit Alleingeschäftsführer der ***1*** GmbH (in der Folge: Primärschuldnerin), die er selbstständig vertrat.
Über die Primärschulderin wurde mit Beschluss des Handelsgericht Wien vom , ***2***, der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs über die Primärschulderin nach Schlussverteilung aufgehoben. Am wurde die amtswegige Löschung gemäß § 40 FBG der Primärschuldnerin in das Firmenbuch eingetragen (vgl. historischer Firmenbuchauszug zu FN 460109 g).
Die Primärschuldnerin hat durch ihre steuerliche Vertretung folgende Jahreserklärungen abgegeben (vgl. Verwaltungsakt S. 3-6; Beträge in Euro):
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Kommunalsteuer 2018 | 5.468,15 |
Kommunalsteuer 2019 | 3.609,32 |
Dienstgeberabgabe 2018 | 484 |
Dienstgeberabgabe 2019 | 258 |
Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe 2018 und 2019 sind während der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers fällig geworden, wurden jedoch nicht zur Gänze bezahlt.
Die einzelnen Beträge stellen sich wie folgt dar (vgl. Stellungnahme der belangten Behörde vom ):
Die haftungsgegenständlichen Beträge sind bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich.
Der Beschwerdeführer hat trotz mehrmaliger Aufforderung - sowohl durch die belangte Behörde als auch durch das Bundesfinanzgericht - weder eine Liquiditätsaufstellung und Quotenberechnung vorgelegt noch einen Nachweis, dass die eingebrachten Erklärungen für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe falsch gewesen seien.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen, insbesondere die Feststellungen zur Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers, zu den aushaftenden Beträgen und deren Fälligkeiten sowie zur Primärschuldnern an sich ergeben sich aus den aus dem übermittelten Verwaltungsakt, aus dem Firmenbuch sowie aus den Beantwortungen von Vorhalten, die das Bundesfinanzgericht an die Parteien gerichtet hat.
Vom Beschwerdeführer wurden kein substantiiertes Vorbringen erstattet, aus dem sich ergeben würde, dass die von der steuerlichen Vertretung der Primärschuldnerin gemeldeten Abgabenbeträge falsch seien; da die Beträge zumindest der Kommunalsteuer auch durch eine GPLA-Prüfung bestätigt wurde, kann das Gericht von der Richtigkeit der Erklärungen ausgehen.
Dass der Beschwerdeführer keine Unterlagen vorgelegt hat, um eine Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen, ergibt sich aus den Eingaben des Beschwerdeführers, die jegliche Angaben in diese Richtung vermissen lassen.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht in Beurteilung des Gesamtbildes der Verhältnisse die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers für den Rückstand an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum 1-12/2018 sowie 1-7/2019.
Gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG), BGBl. 819/1993 idF BGBl. I 111/2010, haften die in den § § 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Gemäß § 6a Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe (DienstgeberabgabeG), LGBl. für Wien 5/1979 idF LGBl. für Wien 25/2012, haften die in den §§ 80 ff. der Bundesabgabenordnung (BAO) bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe werden für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG und § 6 Abs. 1 DienstgeberabgabeG). Für jedes abgelaufene Kalenderjahr hat der Unternehmer gemäß § 11 Abs. 2 KommStG bis Ende März des folgenden Kalenderjahres der Gemeinde eine Kommunalsteuererklärung abzugeben.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
3.1.2. Nach der im Folgenden näher dargestellten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 6a KommStG und § 6a DienstgeberabgabeG voraus, dass
1. eine Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft besteht (Abgabenforderung),
2. die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff. BAO gehört (Vertreterstellung),
3. eine zumindest erschwert einbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht (erschwerte Einbringlichkeit),
4. ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliegt (Verschulden) und
5. die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (Kausalität).
3.1.2.1. Zum Bestehen einer Abgabenforderung
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung zwar das Bestehen einer Abgabenschuld (§ 4 BAO) voraus, nicht jedoch, dass die Abgabe gegenüber dem Erstschuldner auch bereits mit(Abgaben-) Bescheid geltend gemacht wurde. Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung.
Die gegenständliche Abgabenforderung ergibt sich aus der (teilweisen) Nichtentrichtung der durch die Primärschuldnerin selbsterklärten Beträge im Rahmen ihrer Jahreserklärungen, da die genannten Abgaben Selbstbemessungsabgaben darstellen.
3.1.2.2. Zur Vertreterstellung
Der Beschwerdeführer war im haftungsrelevanten Zeitraum wie festgestellt alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Primärschuldnerin und gehörte damit zum Personenkreis der §§ 80 ff. BAO. Zu seinen Pflichten als Geschäftsführer der GmbH gehörte es daher, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft wahrzunehmen und für die Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu sorgen (siehe zB , , 2006/13/0121 und , 2008/15/0085).
3.1.2.3. Zur erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben
Die hier gegenständliche Haftung ist eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus (vgl. zB ).
Im Falle des § 6a KommStG und des § 6a DienstgeberabgabeG reicht eine lediglich erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben. Die objektive Uneinbringlichkeit der verfahrensgegenständlichen Abgaben steht aber zweifelsfrei fest, als die Primärschuldnerin mittlerweile im Firmenbuch gelöscht wurde. Eine (auch nur teilweise) Einbringlichmachung bei ihr ist daher nicht möglich.
3.1.2.4. Zum Verschulden
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine verschuldensabhängige Haftung. Voraussetzung ist daher ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten der vertretenen Gesellschaft. Bei Selbstbemessungsabgaben, zu denen die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe zählen, ist für die Frage der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten eines Vertreters des Abgabepflichtigen maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (vgl. , , ). Die Verschuldensprüfung hat von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ).
Die Primärschuldnerin hat die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe 2018 und 2019 selbst berechnet und Jahreserklärungen eingereicht, ohne jedoch die erklärten Beträge zur Gänze einzuzahlen. Der Beschwerdeführer als Vertreter der Primärschuldnerin hat keine Zahlungen geleistet. Er hat vielmehr dargetan, dass die Primärschuldnerin aufgrund von Zahlungsausfällen vieler Schuldner, welche die erhaltene und ausgeführte Leistung schlichtweg nicht ordnungsgemäß bezahlt hätten, die Abgaben nicht hätte leisten können.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden die Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben (). Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat. Der Nachweis, welchen Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. für viele die Erkenntnisse , und ).
Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, oblag sohin dem Beschwerdeführer und nicht der Abgabenbehörde (vgl. zB sowie ).
Trotz mehrmaliger Aufforderung - sowohl durch die belangte Behörde als auch durch das Bundesfinanzgericht - hat der Beschwerdeführer keine aussagekräftigen Unterlagen dazu vorgelegt. Die bloße Aussage, es sei zu Zahlungsausfällen von Schuldnern (Kunnden) der Primärschuldnerin gekommen, ist nicht ausreichend, um die Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen oder fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen.
3.1.2.5. Zur Kausalität
Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung ist demnach kausal für die Uneinbringlichkeit (). Im vorliegenden Fall war die pflichtwidrige Nichtentrichtung der im Haftungsbescheid angeführten Abgaben kausal für deren Uneinbringlichkeit. Dieses pflichtwidrige Verhalten ist dem Beschwerdeführer als verantwortlichen Geschäftsführer der Gesellschaft zuzurechnen.
3.1.2.6. Zum Ermessen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.
Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt darin, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann.
Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit: Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, einen Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung heranzuziehen, anderenfalls würden nämlich jene Abgabepflichtigen, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt. Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers zur Haftung andererseits, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf, liegt im Beschwerdefall nicht vor (vgl. zB ). Der angefochtene Haftungsbescheid wurde vielmehr zeitnah zur Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin erlassen.
Vom Beschwerdeführer wurde auch nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Eine allfällige Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen stünden im Übrigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. zB mwN).
Auf die Möglichkeiten der Antragstellung nach § 212 BAO oder § 236 BAO wird abschließend hingewiesen.
3.1.3. Ergebnis
Aufgrund der von der belangten Behörde genannten Anrechnungen von Quoten und der Berücksichtigung von BUAK Zahlungen ist der Beschwerde teilweise Folge zu geben und die Haftungsbeträge wie im Spruch ersichtlich abzuändern. Im Übrigen ist die Beschwerde aber als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung (vgl. die unter 3.1. zitierte Rechtsprechung). Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer zu Recht zur Haftung herangezogen wurde, vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | §§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a Abs. 1 WDGAG, Wr. Dienstgeberabgabegesetz, LGBl. Nr. 17/1970 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400026.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at