Sachbezug für Naturalwohnung im Ruhestand
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der bekämpfte Bescheid bleibt unverändert.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang, Akteninhalt
Mit beantragte der Beschwerdeführer (kurz Bf.) die Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung. Dem kam das zuständige Finanzamt (kurz FA) nach, veranlagte die Einkommensteuer 2013 (nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Pensionist -Bundesdienst mit einem Lohnzettel) und setzte die Einkommensteuer mit einer Abgabengutschrift von EUR 1.368,00 fest.
Mit Bescheiden vom nahm das FA das Einkommensteuerverfahren 2013 wieder auf, erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid 2013, brachte zusätzliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von EUR 2.223,29 in Ansatz und verringerte die Gutschrift um EUR 961,00 auf EUR 407,00. Als Begründung verwies das FA darauf, er habe während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten und führte einen Lohnzettel des ***Ministerium X*** (kurz ***BMX***) an.
Der Bf. bekämpfte beide Bescheide mit zwei Beschwerden vom . Begründend führte er in beiden Beschwerden aus, er sei 2004 in den Ruhestand getreten und ab diesem Zeitpunkt bestehe kein Dienstverhältnis mit dem ***BMX***.
Das FA wies daraufhin die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab und begründete dies in der gesonderten Begründung vom auszugweise wie folgt:
"Sie sind Dienstnehmer des ***BMX*** im Ruhestand und bezieht als solcher Pensionsbezüge. Das ***BMX*** stellt Ihnen auch im Ruhestand eine Naturalwohnung in ***Wohnort neu*** im Ausmaß von zur Verfügung und stellte dafür nach einer durchgeführten GPLA-Prüfung einen Lohnzettel nach § 84 EStG aus. […]Seitens des ***Ministerium X*** wurden mit Mai 2019 nachträglich ein Lohnzettel für das im Streit stehenden Jahr 2013 eingebracht. Bereits vorhanden waren Lohnzettel für das Jahr 2013 über den Erhalt von Pensionsbezügen (nichtselbstständige Einkünfte gem. § 25 EStG) aus dem Bundesdienst. […]
Das Bundesfinanzgericht bestätigt in seinem Erkenntnis vom , RV/6100305/2020, die Rechtsansicht der Abgabenbehörde, nämlich jene, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis vorliegt, lediglich die einkommensteuerlichen Regelungen von Bedeutung sind. Die diesbezüglichen Regelungen ergeben sich - für Angestellte in privatrechtlichen Dienstverhältnissen genauso wie für öffentlich Bedienstete - aus den oben zitierten Bestimmungen des § 15 bzw. § 25 EStG sowie aus § 2 der SachbezugswerteVO.
Mit der 45. Gehaltsgesetz-Novelle (BGBl. Nr. 387/1986) wurden im § 24a Gehaltsgesetz 1956 Bestimmungen betreffend die Vergütung für Dienst- und Naturalwohnungen geschaffen. Diese Bestimmungen sind mit in Kraft getreten. Abs. 3 leg. cit. lautet:
"Die Grundvergütung beträgt für
1. Naturalwohnungen 75 vH,
2. Dienstwohnungen 50 vH
der Bemessungsgrundlage. Aus wichtigen dienstlichen Gründen kann mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen die Grundvergütung mit einem niedrigeren Hundertsatz bemessen werden. "
§ 24 Abs. 1 Satz 3 GehG 1956 (in der im Jahr 1986 maßgeblichen Fassung) lautet:
"Die Höhe der Vergütung wird allgemein von der Bundesregierung durch Verordnung oder im Einzelfall vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen festgesetzt."
Im "Einvernehmen" bedeutet nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. 1370/80; , 91/10/0195; , 97/12/0191, , 2011/03/0161) eine Willensübereinstimmung der Behörden. Die in der Richtlinie des BKA vom , GZ 923.101/35-11/2/86, zum Ausdruck gebrachte Willensübereinstimmung zwischen dem BKA und dem BMF bezieht sich erkennbar (nur) auf die zitierten Bestimmungen des §§ 24 Abs. 1 Satz 3 und 24a Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956, sohin auf die Bemessung der Höhe jener Vergütungen, die Beamte oder Vertragsbedienstete für die ihnen gewährten Sachleistungen zu leisten haben. Das wird schon durch den einleitenden ersten Absatz (auf Seite 2 der Richtlinie) deutlich, der auf die mit in Kraft tretenden Bestimmungen der §§ 24a bis 24c Gehaltsgesetz 1956 verweist. Auch der zweite Absatz in der Richtlinie nimmt explizit Bezug auf die "Bemessung der Vergütung".
Die Beurteilung der Frage, ob wegen verbilligter Überlassung von Wohnungen an Dienstnehmer steuerlich ein Sachbezug zu berücksichtigen ist, hat ausschließlich nach dem Abgabenrecht zu erfolgen. Die erwähnte Richtlinie kann für die Abgabenbehörden schon deshalb keine Bindungswirkung entfalten, weil das Abgabenrecht ein Verfahren zur Herstellung des Einvernehmens zwischen dem BKA und dem BMF (betreffend die steuerliche Behandlung von Sachleistungen) im Jahr 1986 und den Folgejahren nicht vorsah. Vielmehrstellt der gegenständliche Erlass eine dienstrechtliche und keine steuerrechtliche Regelungdar.
§ 15 Abs. 2 EStG 1988 in der jeweils geltenden Fassung zählt zu den geldwerten Vorteilen demonstrativ und ausdrücklich "die Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge".
Die Bewertung bestimmter Sachbezüge wird durch die hierzu ergangene SachbezugswerteVO idF BGBl 11468/2008 geregelt, wie insbesondere im Anlassfall die Wohnraumbewertung iSd § 2 Sachbezugswerteverordnung (vgl. Lenneis in Jakom EStG, 2018, § 15 Rz 8). Das heißt, sofern die SachbezugswerteVO keine Aussagen trifft, sind geldwerte Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen wie dies in § 15 Abs. 2 gesetzlich verankert wurde. Im Beschwerdefall geht es um die Wohnraumbewertung, die in § 2 SachbezugswerteVO idF BGBl II 468/2008 festgelegt ist (vgl. Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 15, Rz 11). Für die Beurteilung des Vorliegens eines Sachbezuges aus der verbilligten Überlassung von Wohnraum ist daher ausschließlich die SachbezugswerteVO in der für den streitgegenständlichen Zeitraum jeweils geltenden Fassung maßgeblich.
Im Anlassfall wurde Wohnraum begünstigt an viele Dienstnehmer zur Verfügung gestellt, weshalb zu untersuchen war, ob dies einen geldwerten Vorteil darstellt. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung stellt nur dann keinen geldwerten Vorteil dar, wenn der AN sie ausschließlich im Interesse des AG in Anspruch nimmt und seine bisherige Wohnung beibehält ( 84/14/0149; 87/14/0060; 93/14/0190; 95/13/0078; 2003/08/0030, vgl. Brennsteiner/Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 5 15 (Stand , rdb.at), Anm 26). Wird hingegen eine Wohnung zur Verfügung gestellt, die nach objektiven Kriterien als Mittelpunkt der Lebensinteressen verwendet werden kann, liegt ein steuerpflichtiger Sachbezug auch dann vor, wenn die eigene Wohnung beibehalten wird ( 97/15/0089, vgl. Brennsteiner/Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 15 (Stand , rdb.at), Anm 26).
Der Arbeitgeber hat Wohnungsdatenbanken zur Verfügung gestellt, welche die Grundlage für die Ermittlung der Sachbezugswerte bildete. Die Höhe des Sachbezuges wurde nach § 2 der Sachbezugswerte-Verordnung in der jeweils anzuwendenden Fassung durch eine Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode ermittelt. Der sich daraus ergebende günstigere Wert wurde als Sachbezug herangezogen.
Die von Ihnen an den Arbeitgeber bezahlte Grundvergütung (Miete) wurde dem ermittelten Sachbezugswert als Kostenbeitrag gegengerechnet. Ferner führten die selbst bezahlten Betriebskosten ebenfalls zu einer Verminderung des Sachbezugswertes. Der sich daraus ergebende geldwerte Vorteil für die verbilligte Nutzung der Wohnung (Sachbezug) unterliegt im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer.
Die nach dem Gehaltsgesetz festgelegte Angemessenheit des Kostenersatzes hat dabei keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit der SachbezugswerteVO. Eine Angemessenheit des vom Bediensteten zu leistenden Kostenersatzes iSd GehG bedeutet daher nicht, dass sich nach der SachbezugswerteVO (bzw. nach § 15 Abs. 2 EStG 1988) kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil ergeben könnte."
Der Bf. bekämpfte den Einkommensteuersachbescheid mit Vorlageantrag vom und führte nur aus, "Ich hatte 2013 keine Naturalwohnung in ***Wohnort neu*** zur Verfügung".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA auch die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid 2013 als unbegründet ab (Übernahmebestätigung vom ). Diese Entscheidung blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.
Mit Vorlagebericht vom legte das FA den Vorlageantrag zum Einkommensteuersachbescheid 2013 an das Bundesfinanzgericht vor und bestätigte über Nachfrage die Nichtexistenz eines Vorlageantrags zum Wiederaufnahmeverfahren (Mail vom ).
Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FE 2 (ArbeitnehmerInnenveranlagung) und damit in die Zuteilungsgruppe 7002. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.
Das Finanzamt Österreich trat am an die Stelle des davor zuständig gewesenen Finanzamtes Salzburg-Land (§ 323b Abs. 1 BAO).
Im Vorlagebericht schilderte das FA den Verfahrensgang. Der Bf. sei ein pensionierter ***Bediensteter*** und aufgrund einer ***Prüfung***, die die Empfehlung zur Prüfung der steuerlichen Sachbezüge aus der Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen an ***Bediensteter*** angeregt hatte, seien für die Abgabenkonten "***Ministerium X***" sowie "***Ministerium X***" Haftungsbescheide erlassen worden, wogegen das ***BMX*** eine Sammelbeschwerde eingebracht habe, der sich noch aktiv Bedienstete anzuschließen könnten. Im Ruhestand befindliche Bedienstete wie der Bf. seien davon ausgeschlossen. Diese hätten vom Wohnsitzfinanzamt einen Bescheid erhalten und müssten diesem selbst entgegentreten.
Zum Einkommensteuersachbescheid führte das FA aus, der Bf. sei Dienstnehmer des ***BMX*** im Ruhestand und beziehe als solcher Pensionsbezüge. Das ***BMX*** stelle ihm auch im Ruhestand eine Naturalwohnung in ***Wohnort neu*** zur Verfügung und habe dafür - nach einer durchgeführten GPLA-Prüfung - einen Lohnzettel nach § 84 EStG ausgestellt.
Das Bundesfinanzgericht habe in , bestätigt, dass für die Beurteilung eines geldwerten Vorteils aus dem Dienstverhältnis lediglich die einkommensteuerlichen Regelungen von Bedeutung sind (§ 15 bzw. § 25 EStG sowie § 2 der Sachbezugswerteverordnung).
Das Bundesfinanzgericht setzte daraufhin die Entscheidung mit Beschluss vom bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zur GZ Ra 2021/15/0034 (Revision zu ) aus, da es den Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob die Überlassung einer Naturalwohnung an einen pensionierten Dienstnehmer des ***BMX*** zu einem steuerlichen Vorteil führt, für wesentlich beurteilte. Diese Revision wurde mit aus Formalgründen zurückgewiesen, was dem zuständigen Richter des Bundesfinanzgerichts am bekannt wurde.
Das Verwaltungsgericht setzte das Verfahren fort und forderte die Verfahrensparteien zur Stellungnahme sowie das FA zu detaillierteren Ermittlungen auf. Daraufhin legte das FA am unter anderem die folgenden Unterlagen elektronisch vor:
Berechnung des Sachbezuges
Mietvertrag vom zwischen der Republik Österreich (vertreten durch das ***BMX***) und der Eigentümerin der betroffenen Wohnanlage (einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft)
Aufstellung der für die Wohnung angefallenen Miet- und Betriebskosten 2013 (Schreiben ***BMX*** vom ).
Bescheid vom über Einräumung des Nutzungsrechts an den Bf.
Nachdem der Bf. am von diesen Unterlagen telefonisch informiert worden war, brachte dieser telefonisch bzw. mit Schriftsatz vom vor, er habe schon vor Bezug der Wohnung (1972) Zahlungen für Grund-, Bau- und Aufschließungskosten geleistet bzw. dafür jahrelange Sonderabzüge von seinem Bezug hinnehmen müssen.
Dazu legte er monatliche Überweisungsbelege vor, aus denen bis etwa 1986 eine Abzugsposition mit der Bezeichnung "VORS.RATE" von ATS 440,00 und bis etwa 1978 Abzugspositionen mit der Bezeichnung "DARLEHEN" und Beträgen von ATS 1.802,10 (z.B. Oktober 1977) bzw. ATS 2.016,60 (z.B. Dezember 1978).
Über telefonische Rückfrage am erklärte der Bf., dass er dazu keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.
Telefonische Rechercheversuche des Bundesfinanzgerichts beim ***BMX*** hinsichtlich dieser 40 bis 50 Jahre zurückliegenden Vorgänge blieben erfolglos. Auch bei der Vermieterin der Wohnanlage waren keine Hinweise darauf auffindbar, dass der Bf. über die Mietzahlungen hinausgehende Mittel eingesetzt haben könnte.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der hier zu beurteilende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar und wird durch den unwidersprochenen Inhalt der Akten des FA und des Bundesfinanzgerichts untermauert.
Mit Bescheid vom überließ das ***BMX*** dem bei ihm beschäftigten Bf. die Wohnung "***Wohnung alt*** im Ausmaß von 96,63 m² (inkl. Loggia) mit Wirksamkeit ab als Naturalwohnung. Der Bf. verpflichtete sich vertraglich, diese Wohnung u.a. nach einer Änderung der Dienstverwendung (u.a. Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis durch Kündigung, Entlassung, Dienstverzicht, Versetzung in den Ruhestand oder aus einem anderen Grund) über Verlangen der Dienstbehörde innerhalb von 6 Monaten zu räumen. Damit steht fest, dass es hier nicht - wie vom FA offenbar irrtümlich in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht angeführt - um die Überlassung der Wohnung in ***Wohnort neu***, dem nunmehrigen Wohnort des Bf., geht, sondern um seine ehemalige Wohnung in ***Wohnort alt***.
Die vom Bf. zu bezahlende Vergütung setzte sich zusammen aus der Grundvergütung, den Betriebskosten, den öffentlichen Abgaben, dem gesetzlichen Hausbesorgerentgelt, Zuschlägen für Hausgarten, Einstellungsmöglichkeiten etc. Die Vergütung ist monatlich ab jedem Monatsersten im Voraus fällig. Die Höhe der Vergütung für die Naturalwohnung wurde nach diesem Bescheid jeweils gesondert festgesetzt.
Tatsächlich nutzte der Bf. diese Wohnung auch noch nach seiner Pensionierung im Streitjahr 2013 zu denselben Konditionen weiter.
Diese Wohnung wurde vom ehemaligen Dienstgeber (Mieter) von der Eigentümerin der gesamten Anlage, einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft, mit Mietvertag vom angemietet. Dieser Mietvertrag bezieht sich auf drei komplette Wohnblöcke (***Anschrift Wohnanlage***) mit insgesamt 4.437,95 m² Wohnnutzfläche. Die Wohnung des Bf. hatte 96,63 m², was 2,18% der gesamten Anlage entspricht. Als Mietbeginn wurde auch hier der fixiert. Im Mietvertrag wurde zwar festgestellt, dass in Ansehung der gegenständlichen Mietobjekte die Bestimmungen des Mietengesetzes hinsichtlich der Mietzinsbildung nicht zur Anwendung kommen (Punkt 12), für die Festsetzung des Mietzinses aber die Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bzw. WGG vom , StF: dRGBl. I S 438/1940) und der dazu ergangenen Durchführungsverordnungen vereinbart.
Der ehemalige Dienstgeber leistete "zur Erzielung tragbarer Wohnlasten für diese Wohnhausanlage Mietzinsvorauszahlungen an die Vermieterin in der Höhe der über die öffentlichen Förderungsmittel hinausgehenden Gesamtbaukosten" in Höhe von ATS 9.600.000. Dieser Betrag bezog sich auf alle drei Wohnblöcke. Auf die Wohnung des Bf. entfiel damit im Jahr 1972 eine Mietvorauszahlung von 2,18% oder etwa ATS 209.280.
Aus der vereinbarten Zusammensetzung der vom ehemaligen Dienstgeber zu zahlenden Gesamtmiete für 1972 ergibt sich, dass die Mietvorauszahlung in etwa 50% der Gesamtkosten abgedeckt haben dürfte. Der Rest dürfte mit einem Wohnbauförderungsdarlehen gedeckt worden sein.
[...]
Dem damalige Dienstgeber (Mieter) wurde von der Vermieterin die Berechtigung eingeräumt, die gemieteten Wohnungen als Naturalwohnungen weiterzugeben. Die sie aus diesem Vertrag treffenden Verpflichtungen waren dabei auf die Benutzer der Naturalwohnungen zu überbinden, wobei das Inkasso des auf die Benützer entfallenden Nutzungsentgeltes durch die Vermieterin unmittelbar von den Benützern der Naturalwohnungen erfolgen sollte (Vollmacht des Mieters).
Auf die Dauer von 70 Jahren (also bis 2042) wurde das Bestandsrecht einverleibt, die Mietzinsvorauszahlung (siehe oben) angemerkt und ein grundbücherlich sichergestelltes Vorkaufsrecht für den ehemaligen Dienstgeber (Mieter) vereinbart. Abschießend findet sich die Vereinbarung, dass der Eigenmittelanteil (Mietenvorauszahlung) in 70 Jahren gleichbleibenden Jahresteilbeträgen von 1/70 der Mietenvorauszahlung verwohnt wird. Bei vorzeitiger Lösung des Mietverhältnisses ist der noch nicht verwohnte Teil des Eigenmittelanteiles (Mietenvorauszahlung) an den Mieter (Dienstgeber) zurückzuerstatten. Valorisiert man den 1972 auf die Wohnung des Bf. entfallenden Betrag von ATS 209.280 (VPI 1966 = 128,00) bis 2013 (VPI 1966 = 490,60) ergäbe das in etwa ATS 802.000 oder EUR 58.280.Die monatliche Verwohnung von 1/70 entspricht valorisiert in etwa EUR 832 p.a. oder EUR 69 p.m..
Festzuhalten ist damit, dass zwar die laufenden Belastungen des ehemaligen Dienstgebers durch die Vermieterin ohne Zu- oder Abschläge an die Naturalwohnungsnutzer weiterbelastet wurden, die Lasten aus der "Verwohnung" der Mietzinsvorauszahlung bzw. deren Wertverlust wurden (mit Ausnahme der darauf entfallenden Umsatzsteuer) aber allein durch den Dienstgeber getragen.
Die monatliche Vorschreibung für 2013 durch die Vermieterin an das ***BMX*** und von diesem an den Bf. gestaltete sich wie folgt (vgl. Schreiben ***BMX*** vom ):
[...]
Das FA berechnete den Sachbezug auf Basis von 96,63 m² und dem für 2013 anzuwendenden Richtwert für den Preis von Mietwohnungen im Bundesland Salzburg in Höhe von EUR 7,12/m².
Der errechnete Wert von EUR 688,0056 wurde um 25% gekürzt, da der Bf. die Betriebskosten selbst trug (damit EUR 516,0042). Davon wurden die Zahlungen des Bf. in Höhe von EUR 330,73 p.m. in Abzug gebracht, woraus sich ein monatlicher Vorteil von EUR 185,2742 ergibt. Das führt zu einem Jahresbetrag von EUR 2.223,29.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Sachbezugsbewertung
Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen u.a. der Einkunftsart des § 2 Abs. 3 Z. 4 leg. cit. (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) zufließen. Im Sinn des § 15 Abs. 2 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.
Der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes ist jener Betrag, den der Steuerpflichtige hätte aufwenden müssen, um sich die geldwerten Güter am Verbrauchsort im freien Verkehr zu beschaffen. Dieser Betrag ist jeweils in Bezug auf die betroffene Besteuerungsperiode zu ermitteln, wie dies durch die Bewertung der Sachbezüge regelmäßig in Verordnungsform geschieht (vgl. ; , 91/14/0240 mit weiteren Nachweisen).
Dazu erging die Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung; BGBl. II Nr. 416/2001). Deren § 2 lautet soweit hier relevant:
(1) Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Wohnraum kostenlos oder verbilligt zur Verfügung, ist als monatlicher Quadratmeterwert der jeweils am 31. Oktober des Vorjahres geltende Richtwert gemäß § 5 des Richtwertgesetzes, BGBl. Nr. 800/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2008, bezogen auf das Wohnflächenausmaß gemäß Abs. 5 anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers vermindern den Sachbezugswert.
(2) Der Quadratmeterwert gemäß Abs. 1 ist auf einen Wohnraum anzuwenden, der hinsichtlich der Ausstattung - unabhängig vom Ausmaß der Nutzfläche - der mietrechtlichen Normwohnung gemäß § 2 des Richtwertgesetzes entspricht.
(3) Der Wert gemäß Abs. 1 verändert sich folgendermaßen:
1. Für Wohnraum, der den Standard der mietrechtlichen Normwohnung nicht erreicht, ist der Wert gemäß Abs. 1 um 30% zu vermindern.
2. Bei Dienstwohnungen für Hausbesorger, Hausbetreuer und Portiere ist der Wert gemäß Abs. 1 in Verbindung mit Z 1 um 35% zu vermindern.
(4) Für Wohnraum, dessen um 25% verminderter üblicher Mittelpreis des Verbrauchsortes um mehr als 50% niedriger oder um mehr als 100% höher ist als der sich aus Abs. 1 und 3 ergebende Wert, ist der um 25% verminderte fremdübliche Mietzins anzusetzen.
(5) Die Ermittlung des Wohnflächenausmaßes ist im Sinne des § 17 Abs. 2 und 3 des Mietrechtsgesetzes BGBl. Nr. 520/1981, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 124/2006 vorzunehmen.
(6) Die Quadratmeterwerte beinhalten auch die Betriebskosten im Sinne des § 21 des Mietrechtsgesetzes. Werden die Betriebskosten vom Arbeitnehmer getragen, ist von den Quadratmeterwerten ein Abschlag von 25% vorzunehmen.
(7) Bei einer vom Arbeitgeber gemieteten Wohnung sind die Quadratmeterwerte gemäß Abs. 1 und 3 der um 25% gekürzten tatsächlichen Miete (samt Betriebskosten, exklusive Heizkosten) einschließlich der vom Arbeitgeber getragenen Betriebskosten gegenüberzustellen; der höhere Wert bildet den maßgeblichen Sachbezug. […]
Der Richtwert betrug für Salzburg ab April 2012 EUR 7,12/m² (Kundmachung der Bundesministerin für Justiz über die Änderung der Richtwerte nach dem Richtwertgesetz, BGBl. II Nr. 82/2012).
Hier rechnete der ehemalige Dienstgeber nur seine laufenden Belastungen durch die Vermieterin weiter, nicht aber einen Ausgleich für die von ihm Anfang der 1970-er-Jahre geleistete 70-jährige Mietvorauszahlung. Der Bf. brachte zwar vor, auch er habe zu Beginn des Nutzungsverhältnisses Mittel einsetzen müssen bzw. es seien ihm über einige Jahre dafür Beträge abgezogen worden, Beweise dafür liegen aber keine vor. Die Zahlung von Grund-, Bau- und Aufschließungskosten bei Überlassung von Naturalwohnungen muss als unüblich angesehen werden und ließ sich im konkreten durch das Verwaltungsgericht nicht verifizieren.
Für Naturalwohnungen gelten die Einschränkungen des Mietrechtsgesetzes nicht (§ 1 Abs. 2 Z 2 MRG) und § 26 MRG würde im Rahmen einer Untervermietung umfangreiche Zuschläge gestatten. Die Weitergabe der Wohnung unter den amtlichen Sachbezugswerten erfolgte damit nicht aufgrund zwingender gesetzlicher Mietzinsbeschränkungen, sondern aufgrund der Regeln des Gehaltsgesetzes und damit aufgrund des früheren Beschäftigtenverhältnisses des Bf.. Eine Nichtbesteuerung unter Berufung auf gesetzliche Mietzinsobergrenzen scheidet hier deshalb aus (vgl. dazu bzw. die Verwaltungsübung - LStR 2002 Rz 162b).
Das Bundesfinanzgericht stellte bereits mehrmals grundsätzlich fest, dass in Fällen wie dem hier anhängigen durch die verbilligte Zurverfügungstellung von Wohnraum zur privaten Nutzung ein Zufluss von Sachbezügen (im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte) vorlag (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen). Eine gegen , erhobene Revision wies das Höchstgericht mit als unzulässig zurück.
Damit kann hier dem FA nicht entgegen getreten werden, wenn es den Sachbezugswert mit der um 25% reduzierten Richtwertmiete in Ansatz brachte. Im Übrigen wird dazu auch auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung (Begründung vom ) verwiesen.
Hier beantragte der Bf. am durch die Abgabe seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2013 eine Veranlagung seiner Einkünfte gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988, weshalb die Frage in den Hintergrund tritt, ob der Vorteil aus der Überlassung der Wohnung von vornherein gemeinsam mit dem Ruhebezug besteuert hätte werden müssen.
Dass ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug im Rahmen der Veranlagung korrigiert werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. mit weiteren Nachweisen). Auf das Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes musste bei dieser Sachlage nicht weiter eingegangen werden.
2.2. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.
Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100567.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at