Auch die Veräußerung lediglich eines Anteils des MU-Anteils stellt einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG dar – fortgesetztes Verfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Walter Aiglsdorfer, den Richter Dr. Ansgar Unterberger sowie die fachkundigen Laienrichter Leopold Pichlbauer und Ing. Johannes Gruber in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TPA Regio Steuerberatung GmbH & Co KG, Franzosenhausweg 47, 4030 Linz, und ** über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** in Anwesenheit der Schriftführerin Andrea Tober zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert (endgültig).
Der Veräußerungsgewinn wird (unverändert) festgestellt mit einem Betrag von 3.676.000,00 €
Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Zum Verfahrensgang (verwaltungsbehördliches und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) wird auf das Erkenntnis RV/5101414/2020 verwiesen.
Die dortigen Ausführungen bilden einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses.
Gegenstand dieses Verfahrens war bzw. ist, ob einem Veräußerungsgewinn die Ermäßigung des § 37 EStG 1988 (Halbsatz) zugänglich ist oder nicht sowie ob ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt.
Für eine Anteilsabtretung (Veräußerung im Ausmaß von insgesamt 75%) des Gesellschafters M N sei in der Feststellungserklärung ein Veräußerungsgewinn von 3.676.000,00 € erklärt worden. Dieser Betrag ist unstrittig.
In der Erklärung sei hierfür die Begünstigung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 im Feststellungsverfahren beantragt worden.
In oben genanntem Erkenntnis gelangte das Bundesfinanzgericht im Senatsverfahren zu der Beurteilung, dass dieser ermäßigte Steuersatz nicht zu gewähren sei - obwohl der Veräußerer die Erfordernisse der Vollendung des 60. Lebensjahres, Einstellung der Erwerbstätigkeit sowie Erfüllung der 7-Jahresfrist nachweisen hätte können.
Das Bundesfinanzgericht sah die Tatsache, dass lediglich 75% der Gesellschaftsanteile veräußert worden seien, als Grund dafür an, dass diese Begünstigung nicht zu gewähren gewesen sei. Bei der Veräußerung sei das Sonderbetriebsvermögen nicht veräußert worden. Es hätte sich hierbei um "betriebswesentliches Sonderbetriebsvermögen" gehandelt.
Wenn nur ein Teil des Mitunternehmeranteils, nicht aber anteilig auch das Sonderbetriebsvermögen veräußert werde, würde es zu keiner umfassenden Aufdeckung der stillen Reserven kommen.
Der Mitunternehmeranteil würde zwingend den Gesellschaftsanteil UND den Anteil des Sonderbetriebsvermögens umfassen.
Diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin mit Revision vom beeinsprucht.
Laut einem Gutachten vom sei klar vom Veräußerungstatbestand des § 24 Abs. 1 Z 1EStG 1988 auszugehen.
Auch der Artikel II des UmgrStG würde Teile von MU-Anteilen ohne Sonderbetriebsvermögen umfassen.
Es würde keine betriebliche stille Reserve im Grund und Boden des Sonderbetriebsvermögens geben.
Die Veräußerung eines Teiles des Gesellschaftsanteils würde eine Entnahme des anteiligen Sonderbetriebsvermögens bewirken.
Das Bundesfinanzgericht hätte sich nicht mit dem Ergänzungsgutachten von Univ.-Prof. Dr. A auseinandergesetzt.
Nach Ansicht der Revisionswerberin würde ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 vorliegen.
Rechtswidrigerweise würde das Bundesfinanzgericht vom VwGH Erkenntnis Zl. 91/14/0173 vom abweichen.
§ 24 Abs. 1 Z 1 dritter Teilstrich EStG 1988 würde nicht die Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen verlangen. Entscheidend sei, dass es dem Erwerber des Betriebes möglich sei, den Betrieb so wie bisher im Wesentlichen unverändert fortzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes aufgehoben () und wie folgt begründet:
"Strittig ist im Revisionsverfahren, ob die Veräußerung einer Mitunternehmeranteilsquote unter gänzlicher Zurückbehaltung des damit verbundenen Sonderbetriebsvermögens eine Betriebsveräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 darstellt.
Der Anteil am Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft ergibt sich aus dem Anteil der Buchwerte des gesamten Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft, welches in der Gesellschaftsbilanz, Ergänzungs- und Sonderbilanz dargestellt ist (vgl. ). Der Mitunternehmeranteil umfasst daher nicht nur den Anteil am Gesellschaftsvermögen, sondern auch das Sonderbetriebsvermögen.
Wirtschaftsgüter im Eigentum eines Mitunternehmers, welche dieser der Mitunternehmerschaft zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung stellt, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft.
Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, zählen somit auch dann, wenn sie nicht der Gesellschaft, sondern dem Gesellschafter gehören, zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft (vgl. ).
Nach § 24 Abs. 1 Z 1 3. Teilstrich EStG 1988 liegt ein Veräußerungsgewinn vor, wenn ein Anteil eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, veräußert wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt dies nicht nur für die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils, sondern auch, wenn nur eine quotale Veräußerung des Anteils erfolgt (vgl. ; , 91/14/0173).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Betriebsveräußerung vor, wenn ein in sich organisch geschlossener Kreis von Wirtschaftsgütern übereignet wird, der die wesentliche Grundlage des Betriebes bildet, wenn also ein lebender Betrieb veräußert wird und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, den Betrieb fortzuführen. Dabei ist der zivilrechtliche Titel, der den Erwerber zur Nutzung bestimmter Teile des Betriebsvermögens berechtigt, nicht ausschlaggebend (vgl. , mwN). Gehört eine Liegenschaft zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes und wird sie im Zuge der Veräußerung aller übrigen wesentlichen Grundlagen zurückbehalten, so reicht es aus, wenn dem Erwerber unter Mitwirkung des Veräußerers die Nutzung an der Liegenschaft verschafft wird (vgl. , mwN).
§ 24 EStG 1988 setzt somit voraus, dass der Erwerber in die Lage versetzt wird, das Unternehmen ohne weiteres fortzuführen (vgl. näher Doralt EStG18, § 24 Tz 104).
Im Revisionsfall hat M N eine Quote seines Mitunternehmeranteils an der Revisionswerberin veräußert und das anteilige Sonderbetriebsvermögen, das weiterhin an die Revisionswerberin vermietet blieb und damit ununterbrochen notwendiges Betriebsvermögen darstellte, zurückbehalten. Der Revisionswerberin und damit auch den Erwerbern der Mitunternehmeranteile wurde damit die Weiterführung des Betriebes ermöglicht. Es liegt somit eine Veräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 vor.
Das Bundesfinanzgericht stützte seine abweichende Begründung wesentlich darauf, dass § 24 EStG 1988 nicht ohne Rückgriff auf § 37 EStG 1988 ausgelegt werden könne. Dies ist nicht zutreffend. Die Auslegung des § 24 EStG 1988 hat losgelöst von § 37 EStG 1988 zu erfolgen, weil das Vorliegen einer (Betriebs)Veräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 noch nichts über die Anwendbarkeit der Begünstigung des § 37 EStG 1988 aussagt, da für diese weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind.
Als Begünstigung für einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 kommen neben dem Freibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 die Drei-Jahresverteilung nach § 37 Abs. 2 EStG 1988 und der Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 in Betracht.
Zweck der - wie aus der Revision ersichtlich vom M N angestrebten - Steuersatzermäßigung gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 ist die Begünstigung der zwangsweisen Beendigung einer betrieblichen Tätigkeit. Werden ab Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzte von 60 Jahren aus einer Betriebsveräußerung Veräußerungsgewinne erzielt, unterstellt das Gesetz im Falle einer damit verbundenen Zurückziehung aus dem bisherigen Erwerbsleben typisierend eine zwangsweise Beendigung der betrieblichen Tätigkeit im Hinblick auf die zu erfolgende Neuordnung des Lebens des Veräußerers angesichts eines (nahen) Pensionsantritts (vgl. ).
§ 37 Abs. 5 EStG 1988 begünstigt nicht alle Tatbestände des § 24 Abs. 1 EStG 1988, sondern nur die Betriebsveräußerung (also die Veräußerung des gesamten Betriebes) und die Betriebsaufgabe. Eine Teilbetriebsveräußerung ist von dieser Bestimmung nicht erfasst; der Steuerpflichtige muss seinen gesamten Betrieb veräußern oder aufgeben. Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen ist insoweit einer Betriebsveräußerung gleichzuhalten (dies ergibt sich schon aus dem Verweis auf die Mitunternehmerstellung in § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988, vgl. Auch ; , Ra 2019/15/0156, die jeweils die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen betrafen). Da § 37 Abs. 5 EStG 1988 die Veräußerung des gesamten Betriebes verlangt, bedeutet dies auch für Mitunternehmeranteile, dass der gesamte Mitunternehmeranteil veräußert werden muss, um die Voraussetzung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 zu erfüllen. Die Veräußerung bloß einer Quote erfüllt den Tatbestand grundsätzlich nicht.
M N hat nicht seinen gesamten Mitunternehmeranteil veräußert, sondern nur 75% davon. Die Veräußerung nur einer Quote eines Mitunternehmeranteils berechtigt nicht zur Hälftesteuersatzbegünstigung. Die Geltendmachung des aliquoten Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 steht aber zu.
Der Steuerfreibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 mindert wie andere einkommensteuerliche Steuerbefreiungen den steuerlichen Gewinn und damit - im Fall von Mitunternehmerschaften - die Höhe der nach § 188 Abs. 1 BAO festzustellenden Einkünfte. Es ist daher im Verfahren nach § 188 BAO - durch den Abspruch über die Höhe der Einkünfte und die Höhe der den Mitunternehmern zuzuweisenden Einkunftsanteile - zu entscheiden, ob dieser Freibetrag zur Anwendung kommt (vgl. ).
Da das Bundesfinanzgericht zu Unrecht das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1988 verneint hat, hat es sein Erkenntnis mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet."
Mit Schreiben vom an das Bundesfinanzgericht wurde angeregt, mit gegenständlicher Entscheidung zuzuwarten, da zunächst auf der Ebene des Einkommensteuerverfahrens vorab geklärt werden sollte, ob die Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 EStG vorliegen würden.
Die Beschwerdeführerin sei ausdrücklich damit einverstanden, dass sie diesbezügliche Entscheidung erst nachdem getroffen werde.
Diese Vorgangsweise sei notwendig, weil aufgrund der VwGH-Judikatur zu § 188 BAO die Inanspruchnahme des Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG dazu führen würde, dass § 37 Abs. 5 EStG im Einkommensteuerverfahren - "rein" aus verfahrensrechtlichen Gründen - nicht gelten gemacht werden könne. Oder anders ausgedrückt: Würde der Feststellungsbescheid den Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG berücksichtigen, würde § 37 Abs. 5 EStG im Einkommensteuerverfahren aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geltend gemacht werden können, weil sich beide Regelungen gegenseitig ausschließen würden. Daher solle im konkreten Fall vorab im Zuge des Einkommensteuerverfahrens bei Herrn M N abgeklärt werden, ob § 37 Abs. 5 EStG für ihn anwendbar sei und je nach Ergebnis solle dann der Feststellungsbescheid im Verfahren nach § 188 BAO mit oder ohne Berücksichtigung des Freibetrages ergehen.
Es werde diesbezüglich ersucht, vor einer Entscheidung des BFG jedenfalls gehört zu werden, ob der (anteilige) Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG beantragt werde oder nicht.
Mit Eingabe vom wurde obiges Schreiben vom ergänzt.
Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass aufgrund der VwGH Judikatur zu § 188 BAO (siehe ; Zorn in RdW 2020, 638 Heft 8 v. ) das Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO aus verfahrensökonomischen Gründen nicht abgeschlossen werde sollte.
Es werde daher angeregt, dass über das Feststellungsverfahren bis , evtl. vorläufig bis , nicht entschieden werde.
Falls doch entschieden werde, werde angeregt, dass der Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO entsprechend den Regelungen des § 200 BAO nur vorläufig - ohne Berücksichtigung des anteiligen Freibetrages gem. § 24 Abs. 4 EStG 1988 - erlassen werde.
Die Voraussetzungen des § 200 BAO für einen vorläufigen Bescheid würden eindeutig vorliegen. Denn gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 von Herrn M N sei am Beschwerde erhoben worden und werde beim BFG unter der GZ. RV/5101415/2020 geführt.
Es sei die Voraussetzung des 2. Satzes in § 200 BAO erfüllt. Die Abhängigkeit des Feststellungsverfahren vom Beschwerdeverfahren auf Ebene der Einkommensteuer würde aufgrund des Wortlautes des § 24 Abs. 4 EStG 1988 eindeutig vorliegen.
< Werde nämlich im Einkommensteuerverfahren die Anwendung des § 37 EStG (3-Jahresverteilung oder Tarifbegünstigung) nicht anerkannt, dann sei § 24 Abs. 4 EStG 1988 im Feststellungsverfahren anzuwenden und der Feststellungsbescheid sei in geänderter Form zu erlassen.
< Es werde daher in eventu der Antrag gestellt, bei Nichtanwendung des § 37 EStG 1988 im vorher durchgeführten Einkommensteuerverfahren bei einer späteren Erlassung des endgültigen Bescheides den Freibetrag des § 24 Abs. 4 EStG 1988 im Ausmaß von 75% im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO anzusetzen.
< Werde im Einkommensteuerverfahren die Anwendung des § 37 EStG 1988 (3-Jahresverteilung; Tarifbegünstigung) anerkannt, dann sei § 24 Abs. 4 aufgrund des Wortlautes des § 24 Abs. 4 EStG 1988 nicht anwendbar und der Bescheid sei "nur noch" endgültig zu erklären.
Mit Eingabe vom beantragte die steuerliche Vertretung des Mitunternehmers M N bei dessen Verfahren die 3-Jahresverteilung des § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 anzuwenden. Diese Eingabe wurde seitens der Beschwerdeführerin auch dem gegenständlich zuständigen Richter zur Kenntnisnahme übermittelt.
Mit Eingabe vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin eine KSW-Stellungnahme zum Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes 2023. Aufgrund dieser Anregung sei nicht auszuschließen, dass es in diesem Fall zu einer Gesetzesänderung kommen könnte. Es werde daher nochmals die Vorläufigkeit der Veranlagung bzw. des Feststellungsverfahrens angeregt.
Stellungnahme im Wortlaut zu § 37 Abs. 5 EStG:
Im Hinblick auf das Erkenntnis des , sollte in § 37 Abs. 5 EStG klargestellt werden, dass bei der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch eine Teilbetriebsveräußerung sowie die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils umfasst ist.
Begründung:
Aus dem Begriff "Betriebsveräußerung" schließt der VwGH in dem Erkenntnis, dass der gesamte Betrieb veräußert werden muss ("also die Veräußerung des gesamten Betriebes"). Eine Teilbetriebsveräußerung sei von § 37 Abs. 5 nicht erfasst. Daraus folgert der VwGH weiter, dass die Begünstigung im Falle der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (die insoweit einer Betriebsveräußerung gleichzuhalten sei und daher unter die Regelung fallen kann) voraussetzt, dass der gesamte Mitunternehmeranteil veräußert wird.
Anzumerken ist, dass der Begriff "Betriebsveräußerung" entgegen der Auffassung des VwGH auch als Überbegriff gesehen werden kann, der die Veräußerung des "ganzen" Betriebes (so § 24 Abs. 1 Z 1 1. TS EStG), eines Teilbetriebes sowie eines Mitunternehmeranteils umfasst (siehe nur die Gliederung der EStR 2000: Abschnitt 18.1.4 Betriebsveräußerung; 18.1.4.1. Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes, 18.1.4.2 Veräußerung eines Teilbetriebes, 18.1.4.3 Veräußerung von Mitunternehmeranteilen).
Die Wohl h.A. ging bislang davon aus, dass der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 Z 1 und Abs. 5 EStG in Bezug auf die Definition des begünstigungsfähigen Veräußerungsgewinnes ident auszulegen ist (siehe nur Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG [18. Lfg. April 2016] § 37 Tz 40 i.V.m. Tz 18). § 37 Abs. 2 Z 1 EStG erfasst (sämtliche) Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG, somit auch Teilbetriebsveräußerungen und die Veräußerung von Teilen eines Mitunternehmeranteils. Nach dieser Sichtweise umfasst auch § 37 Abs. 5 EStG (im Gleichklang mit § 37 Abs. 2 Z 1 EStG) alle Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG (siehe auch A/Sulz, RWZ 2023, 71 [73f] mit Hinweis auf die in der Literatur vertretenen Auffassungen). Der Anwendungsbereich der Begünstigung wird in der Folge "lediglich" durch die in § 37 Abs. 5 Z 1 bis 3 EStG normierten zusätzlichen Voraussetzungen wie die siebenjährige Behaltefrist (§ 37 Abs. 5 letzter Satz EStG) eingeschränkt (wodurch z. B. gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG kein Hälftesteuersatz zusteht, wenn ein Teilbetrieb veräußert wird und im Restbetrieb weiterhin Umsätze von mehr als € 22.000 oder Einkünfte von mehr als € 730 im Kalenderjahr erzielt werden).
Wird dieser Anregung nicht gefolgt, so hält der Fachsenat für Steuer- und Sozialrecht eine Übergangsbestimmung für sachlich begründet (siehe Details dazu in der Stellungnahme zum WE 2023 EStR).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Sachverhalt und die entsprechende Beweiswürdigung ist dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , R5101414/2020, der Revision vom sowie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes klar zu entnehmen.
2. Rechtliche Würdigung
3. 1. Zu Spruchpunkt I
§ 63 Abs. 1 VwGG: Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Das Bundesfinanzgericht ist also verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 63 Abs. 1 VwGG).
Gegenständlich hat der Verwaltungsgerichtshof in oben genanntem Erkenntnis klar dargestellt, dass grundsätzlich die Geltendmachung des aliquoten Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 zusteht.
Weiters wurde klar dargestellt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 nicht vorliegen.
Seitens des erkennenden Gerichtes kann bei dieser klaren Vorgabe nicht erkannt werden, warum zuerst das Einkommensteuerverfahren durchgeführt werden sollte.
Im Gegenteil, gibt die gesetzliche Bestimmung klar vor, dass der Rechtszustand unverzüglich herzustellen ist.
Dabei sind im weiteren Verfahren sowohl das Bundesfinanzgericht wie auch der Verwaltungsgerichtshof selbst hinsichtlich der die Aufhebung tragenden Gründe an diese Rechtsanschauung gebunden (vgl. ).
Diese Bindungswirkung gibt die weitere Beurteilung vor.
§ 24 Abs. 1 EStG 1988 lauten:
Abs. 1: Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei
1. der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes)
[…]
Abs. 4: Der Veräußerungsgewinn ist nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von 7.300 Euro und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 7.300 Euro übersteigt. Der Freibetrag steht nicht zu,
- wenn von der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 2 oder Abs. 3 Gebrauch gemacht wird,
- wenn die Veräußerung unter § 37 Abs. 5 fällt oder
- wenn die Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 7 ausgeschlossen ist.
§ 37 Abs. 1 EStG 1988 (auszugsweise):
Abs. 1: Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5),
[…]
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittsteuersatzes.
[…]
Abs. 2:
Über Antrag sind nachstehende Einkünfte, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen:
1. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
[…]
Abs. 5: Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
[…]
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.
Im nunmehrigen Erkenntnis () hat der Gerichtshof die weitere Vorgangsweise klar beurteilt, welcher zu folgen ist.
Gegenständlich ist von einer Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Sinne des § 24 EStG 1988 auszugehen (auch bei nicht vollständiger Veräußerung des Mitunternehmeranteils). Bei einer quotalen Veräußerung des Anteils liegt ebenfalls ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 3 3. TS EStG 1988 vor (vgl. ; , 91/14/0173).
Durch die gegenständliche Veräußerung war es dem Erwerber möglich, den Betrieb ohne Weiteres fortzuführen.
In dieser Beurteilung hat das Bundesfinanzgericht geirrt. Dieser Fehler ist somit richtig zu stellen.
In weiterer Folge hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls klar herausgearbeitet, dass die Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 bei einer Teilbetriebsveräußerung (und somit auch nicht bei einer lediglich anteiligen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils) nicht anzuwenden ist.
"… Die Veräußerung bloß einer Quote erfüllt den Tatbestand grundsätzlich nicht. …"
"… Die Geltendmachung des aliquoten Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 steht aber zu. …"
Der Verwaltungsgerichtshof hat also ausgesprochen, dass die "Geltendmachung" des Freibetrages grundsätzlich zusteht.
Mit Eingabe vom hat Herr M N allerdings beantragt, die 3-Jahresverteilung des § 37 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 anzuwenden.
Dieser Antrag führt nunmehr dazu, dass auch der anteilige Freibetrag iSd § 24 Abs. 4 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen ist, da der Freibetrag nicht zusteht, wenn von der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 2 EStG 1988 (3-Jahresverteilung) Gebrauch gemacht wird. Die Anwendung dieser Begünstigung ist jedenfalls antragsgebunden. Ein derartiger Antrag liegt vor.
Im Schreiben vom gab die Beschwerdeführerin klar zu erkennen, dass sie eine Feststellung OHNE Berücksichtigung des anteiligen Freibetrages wünscht - unter Berücksichtigung der Regelung des § 200 BAO.
Die Bestimmung des § 200 BAO lautet wie folgt:
Abs. 1 Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Abgabe kann auch dann vorläufig festgesetzt werden, wenn die Abgabepflicht oder der Umfang der Abgabepflicht auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung einer Rechtsfrage in einem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren, welches die gleiche Partei (§ 78) betrifft, noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.
Abs. 2 Wenn die Ungewissheit beseitigt oder das Rechtsmittel rechtskräftig entschieden ist, ist die vorläufige durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Ergibt sich aus der Beseitigung der Ungewissheit oder der rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsmittels kein Grund für eine Berichtigung der vorläufigen Festsetzung, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Feststellungsverfahren bereits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen ist.
Weiters hat der Mitunternehmer M N mit Eingabe vom beantragt, die 3-Jahresverteilung zu berücksichtigen.
Auch die Stellungnahme zum Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes 2023 stellt nach obiger gesetzlichen Bestimmung keinen Grund dar, eine vorläufige Veranlagung vorzunehmen.
Für die Erlassung eines vorläufigen Bescheides muss es sich um eine Ungewissheit im Tatsachenbereich handeln (vgl. ; ). Nicht zum Beispiel um eine Ungewissheit wie eine Rechtsfrage von der Rechtsmittelbehörde oder den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts im Verfahren eines anderen Abgabepflichtigen gelöst werden würde (vgl. ). Nach Ansicht des erkennenden Senates liegt auch kein derartiger Tatsachenbereich vor, wenn auf eine gesetzliche Änderung (Anpassung) gehofft wird.
Eine Ungewissheit der Festsetzung der Bemessungsgrundlage ist jedenfalls nicht gegeben. Somit ist gegenständliche Beurteilung endgültig vorzunehmen.
Abschließend wird noch darauf verwiesen, dass auch ohne den Antrag auf 3-Jahresverteilung kein Grund für eine vorläufige Beurteilung vorliegen würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat die weitere Vorgangsweise klar vorgegeben (damals ist noch kein Antrag auf 3-Jahresverteilung vorgelegen):
"… die Geltendmachung des aliquoten Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 steht aber zu …".
Das heißt also, dass es der Beschwerdeführerin freigestanden wäre, den Freibetrag zu beantragen. Eine Ungewissheit liegt somit nicht vor.
Der Zweck des Feststellungsverfahrens nach § 188 BAO liegt darin, die Grundlagen für die Einkommensbesteuerung zu ermitteln, um ein gleichartiges Ergebnis für alle beteiligten Steuersubjekte zu gewährleisten. Auch wenn gegenständlich nur Herr M N von der Feststellung betroffen ist, so ändert dies nichts daran, dass Feststellungsbescheide grundsätzlich VOR den davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheiden zu erlassen sind.
Eine abschließende Beurteilung der Berücksichtigung der Begünstigungen des § 37 EStG 1988 ist jedenfalls im Einkommensteuerverfahren des Mitunternehmers M N vorzunehmen. Im Feststellungsverfahren ist nur die Festsetzung der jeweiligen Bemessungsgrundlage zu beurteilen (vgl. ).
Nunmehr wird also der Veräußerugnsgewinn unverändert mit einem Betrag von 3.676.000,00 €
Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.
2.2. Zu Spruchpunkt II (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da gegenständlich der klaren Vorgabe des Verwaltungsgerichtshofes () gefolgt wurde, ist einer ordentlichen Revisionsmöglichkeit nicht zuzustimmen.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 37 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 200 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Reisch in AVR 2023, 177 Hirschler/Sulz/Oberkleiner/Bernwieser in |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100142.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at