Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.05.2023, RV/1100014/2021

1) Besteuerung der von einer Angestellten eines Casinos als Anteil aus dem Tronc bezogenen Trinkgelder 2) Berücksichtigung von Familienheimfahrten als Werbungskosten 3) Vorliegen abzugsfähiger Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2018 und 2019, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidungen teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Einkommensteuer 2018 und vom betreffend Einkommensteuer 2019 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer der in Liechtenstein als Casino Assistant nichtselbständig tätigen Beschwerdeführerin für die Jahre 2018 und 2019 fest.

2. Gegen die genannten Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und beantragte, die Kosten für die Fahrten zu ihrer Mutter (3.672,00 €) als Werbungskosten zu berücksichtigen und die von der Arbeitgeberin ausbezahlten Trinkgelder - im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes - nicht der Besteuerung zu unterziehen. Betreffend das Jahr 2019 wandte sie weiters ein, die Ausbildungskosten und die Krankenversicherungsbeiträge seien nicht berücksichtigt worden.

3. Mit Beschwerdevorentscheidungen änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide 2018 und 2019 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass Kosten für Familienheimfahrten, wenn die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vorlägen, vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten. Bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen gelte dies für einen Zeitraum von sechs Monaten und könnten die geltend gemachten Kosten im Jahr 2018 daher nur zum Teil berücksichtigt werden, im Jahr 2019 könnten keine Kosten für Familienheimfahrten mehr in Abzug gebracht werden.

Trinkgelder seien gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 unter den dort angeführten Voraussetzungen von der Einkommensteuer befreit. Im Beschwerdefall würden die Trinkgelder nicht direkt von dritter Seite bezahlt, sondern stammten aus einem von der Arbeitgeberin eingerichteten "gemeinsamen Topf" für alle Angestellten und würden in weiterer Folge von der Arbeitgeberin an die einzelnen Arbeitnehmer ausbezahlt. Diese seien daher als Lohnbestandteil zu werten und könnten nicht als steuerfrei behandelt werden.

Die betreffend das Jahr 2019 als Werbungskosten geltend gemachten Ausbildungskosten und Krankenversicherungsbeiträge brachte das Finanzamt antragsgemäß in Abzug.

4. Mit Vorlageanträgen beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte neuerlich um Berücksichtigung der Kosten für die Familienheimfahrten sowie die Nichteinbeziehung der Trinkgelder in die Steuerbemessungsgrundlage. Den Ausführungen des Finanzamtes, dass keine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung vorläge, werde widersprochen. Die doppelte Haushaltsführung in Österreich und in Italien ergebe sich aufgrund der Berufsausübung einerseits bzw. des starken familiären Bezuges (Mutter) sowie des laufenden Studiums andererseits.

Hinsichtlich der Trinkgelder bestehe kein Rechtsanspruch, würden diese doch nur dann zur Auszahlung kommen, wenn die Gäste entsprechende Trinkgelder gäben. Die Trinkgelder würden zwar gemeinsam verwahrt und anhand eines Schlüssels aufgeteilt, dieser richte sich aber sehr wohl danach, wer welche Leistung erbringe. Zudem seien die Gäste nicht verpflichtet, Trinkgelder zu geben. Die Trinkgelder würden somit von dritter Seite und zwar freiwillig und ohne diesbezüglichen Rechtsanspruch bezahlt, sodass sie von der Einkommensteuer befreit seien. Aufgrund des sich somit verringernden Einkommens seien auch die geltend gemachten Sonderausgaben in entsprechender Höhe zu berücksichtigen.

5. Auf Ersuchen des Finanzamtes vom , das Trinkgeldreglement sowie die monatlichen Lohnabrechnungen für das Jahr 2019 vorzulegen, die geltend gemachten Sonderausgaben zu beziffern und nachzuweisen sowie im Einzelnen angeführte Fragen betreffend die Familienheimfahren bzw. die doppelte Haushaltsführung zu beantworten und entsprechende Nachweise vorzulegen, teilte die Beschwerdeführerin unter Anschluss der Lohnabrechnungen für die Monate Jänner bis Dezember 2019 sowie von Zahlungsbestätigungen einer italienischen Universität und einem Nachweis über Zahlungen an ihre Mutter mit, dass sie bezüglich des Trinkgeldreglements noch in Abklärung mit der Arbeitgeberin stehe und dieses nachreiche. Die Sonderausgaben beträfen die Ausgaben für ihre Wohnung in Österreich. Die Familienheimfahrten seien zweifach begründet. Einerseits würde sie zu Ausbildungszwecken (Studium) immer wieder nach Italien zurückkehren, andererseits aber auch, um ihre Mutter zu unterstützen. Die Mutter habe nur eine ganz geringe Pension und lebe in einer Wohnung. Die entsprechenden Verträge müsse sie erst anfordern und werde sie nachreichen. Sie fahre mit dem Zug nach Italien, eine Strecke betrage mehr als 500 Kilometer. Ihrer Mutter sei es nicht möglich, den Wohnort einfach zu verlegen und kehre sie daher immer wieder zu ihr zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweismittel

Die Beschwerdeführerin ist mit (unbefristetem) Dienstvertrag bei der ***C*** AG als Casino Assistant angestellt. Ihre Aufgaben ergeben sich ua. aus der Stellenbeschreibung, welche integrierender Bestandteil des Dienstvertrages ist. Weiters bildet einen integrierenden Bestandteil des Dienstvertrages ua. das Trinkgeldreglement.

Das Trinkgeldreglement und die Stellenbeschreibung wurden nicht vorgelegt, die Beschwerdeführerin hatte aber unbestritten Anspruch auf einen von der Arbeitgeberin ausbezahlten Anteil aus dem gemeinsamen Trinkgeldtopf (Tronc). In den vorgelegten Lohnausweisen sind die der Höhe nach variierenden anteiligen Trinkgelder neben dem fixen Monatslohn als Teil des monatlichen Bruttolohnes ausgewiesen.

Den eigenen Angaben zufolge kehrte sie wiederholt zu Ausbildungszwecken und um ihre Mutter zu besuchen, nach Italien zurück. Die Anzahl der Fahrten wurde weder beziffert noch wurden solche belegt. Nachgewiesen hat die Beschwerdeführerin zur Unterstützung ihrer Mutter in Italien geleistete Zahlungen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Trinkgelder

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

"Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."

Art. 32 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes (GSG), LGBl. 2010 Nr. 235, enthält bezüglich Trinkgeldern folgende Regelung:

"1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschliesslich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

Nach der gegebenen Sachlage zählte die Beschwerdeführerin zu dem von der ***C*** AG festgelegten Kreis der Angestellten, die einen Anteil am sogenannten Tronc erhielten. Die Annahme individueller Trinkgelder war ihr nach Art. 32 Abs. 2 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes untersagt. Damit stand einer Steuerbefreiung der ihr von der Arbeitgeberin ausbezahlten anteiligen Trinkgelder aus dem Tronc aber die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 entgegen und konnte der Beschwerde insoweit bereits aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein.

Zudem hat das Bundesfinanzgericht auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 bei Angestellten der ***C*** AG bereits wiederholt verneint, da es sich aufgrund des angewendeten Verteilungssystems nicht mehr um Zuwendungen der Kunden an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer von diesen Personen erbrachten Dienstleistung handle, sondern vielmehr ein Rechtsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin auf einen Anteil aus dem Tronc, der Teil des Bruttolohnes sei, bestünde (vgl. ua. , ; jeweils mwN).

Soweit die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis, dass Trinkgelder bei in der Gastronomie beschäftigten Arbeitnehmern befreit seien, einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erblickt, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Befreiung nur unter den gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen greift und der Verfassungsgerichtshof aufgrund einer anhängigen Beschwerde eines Arbeitnehmers eines (inländischen) Casinos von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 eingeleitet und die Regelung mit Erkenntnis vom , G 19/08, sowohl hinsichtlich des ersten als auch des zweiten Satzes als verfassungskonform beurteilt hat. Begründend wurde auf das Wesentlichste zusammengefasst ausgeführt, die Bestimmung betreffe Einkünfte, bei denen aufgrund der bestehenden, im Einzelnen angeführten Besonderheiten ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Normierung einer Steuerbefreiung bestehe. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass es bei dieser Ausnahme primär um eine steuerliche Regelung für die Fälle gehe, in denen zwar Trinkgelder zulässigerweise geleistet würden, dem Arbeitnehmer selbst aber die direkte Annahme verboten sei, so dass es zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder zu einer Einschaltung des Arbeitgebers kommen müsse. Dies unterscheide den geregelten Fall von freiwilligen "Tronc-Systemen", bei denen bloß aus Gründen der gerechteren und/oder einfacheren Verteilung eine Zusammenfassung der geleisteten Trinkgelder erfolge und die Verteilung unter Einschaltung des Arbeitgebers nach einem im Voraus vereinbarten Schlüssel vorgenommen werde, für die Arbeitnehmer aber die Möglichkeit bestehe, jederzeit zu einem System der "Selbstverwaltung" unter Ausschaltung des Arbeitgebers zurückzukehren. Derartige Unterschiede rechtfertigten aber auch eine unterschiedliche steuerliche Behandlung, erhalte doch das Trinkgeld im zweiten Fall zwangsläufig stärker den Charakter eines Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn, den der Gesetzgeber daher zulässigerweise in die Steuerpflicht einbeziehen dürfe, auch wenn er im Übrigen Arbeitnehmertrinkgelder von der Besteuerung freistelle.

Nachdem der Beschwerdeführerin die direkte Annahme von Trinkgeldern verboten war und es bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder somit zwangsläufig zu einer Einschaltung der Arbeitgeberin kommt, unterscheiden sich diese von den von einem Arbeitnehmer in der Gastronomie auf freiwilliger Basis bezogenen Trinkgeldern und ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sohin nicht erkennbar.

Die von der Beschwerdeführerin bezogenen Anteile aus dem Tronc wurden in den angefochtenen Bescheiden somit zu Recht als steuerpflichtiger Lohnbestandteil erfasst und konnte den Beschwerden insoweit daher kein Erfolg beschieden sein.

2.2. Doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nicht abgezogen werden dürfen bei den einzelnen Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 für Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Aufwendungen für eine Wohnung sind im Hinblick auf das für Aufwendungen für den Haushalt und für die Lebensführung bestehende gesetzliche Abzugsverbot, selbst wenn sie der Wohnsitznahme am Beschäftigungsort dient, grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig (vgl. ). Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, gelten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als beruflich veranlasst und können daher als Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerlich berücksichtigt werden (vgl. ua. , und , mwN). Ob eine solche Unzumutbarkeit vorliegt, ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. , mwN).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung (vgl. , mwN) als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben (vgl. , mwN), muss sich aber aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben (vgl. , mwN). Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen dabei nicht aus (vgl. , mwN).

Aufwendungen für Familienheimfahrten vom am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz sind unter denselben Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt (vgl. ).

Familienwohnsitz in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. , mwN, und , mwN).

Mehrfach hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch für alleinstehende Steuerpflichtige Fahrten zwischen ihrem Hauptwohnort und einem weiteren Wohnsitz am (in unüblich weiter Entfernung gelegenen) Berufsort als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst anerkannt, wenn dem Steuerpflichtigen weder die Verlegung seines Wohnsitzes an den Ort seiner beruflichen Tätigkeit noch eine tägliche Rückkehr an den Heimatwohnort zumutbar ist (vgl. ua. , mwN, und , mwN). Für eine Übergangszeit sei auch einem allein stehenden Arbeitnehmer zuzubilligen, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich, in seiner Wohnung im Heimatort nach dem Rechten zu sehen; Fahrtkosten zum Besuch der Eltern stellten hingegen keine Werbungskosten dar, sondern seien der privaten Lebensführung zuzurechnen (vgl. , mwN).

Die Beschwerdeführerin hat weder behauptet, dass sie in ihrem Heimatort in Italien über eine eigene Wohnung verfügt hätte, noch dass ihr in der Wohnung ihrer Mutter ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestanden wäre und sie neben den Kosten für eine Wohnung am Beschäftigungsort entsprechende Kosten für eine dauerhafte Unterkunft in Italien zu tragen gehabt hätte. Bloße (unregelmäßige) Unterstützungszahlungen an ihre Mutter vermögen dies jedenfalls nicht zu belegen. Damit ist aber davon auszugehen, dass sie ihren (einzigen) Wohnsitz mit der Aufnahme der Berufstätigkeit nach Österreich verlegt hat. Selbst wenn man von einer weiteren Wohnung in Italien ausgehen wollte, hat sie auch nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen ihr die Aufgabe des Wohnsitzes in Italien unzumutbar gewesen sein sollte. Darauf, dass der Mutter eine Verlegung des Wohnsitzes nicht zumutbar war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es aber Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen (Familien)Wohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. , mwN).

Bei der gegebenen Sachlage können sohin grundsätzlich weder die Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort bzw. in dessen Nähe noch solche für die Heimfahrten als Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Nach der Verwaltungspraxis (vgl. LStR Rz 354) können Kosten für Familienheimfahrten, wenn die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vorliegen, vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden, wobei bei einem alleinstehenden Steuerpflichtigen im Allgemeinen ein Zeitraum von sechs Monaten und das monatliche Aufsuchen des Heimatortes als ausreichend angesehen wird. Soweit das Finanzamt unter diesem Aspekt einen Teil der Familienheimfahrten im Jahr 2018 anerkannt hat, kann sich die Beschwerdeführerin daher nicht als beschwert erachten.

2.3. Sonderausgaben

§ 18 Abs. 1 EStG 1988 in der maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:


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"Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
[…]
3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d):
a)
Mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden. […]
b)
Beträge, die verausgabt werden zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, gelegen sind. […]
c)
Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar
-
Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
-
Herstellungsaufwendungen.
d)
Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis lit. c aufgenommen wurden, sowie Zinsen für derartige Darlehen. Diesen Darlehen sind Eigenmittel der in lit. a genannten Bauträger gleichzuhalten."

Die Beschwerdeführerin gab auf Vorhalt des Finanzamtes vom lediglich an, die Sonderausgaben beträfen ihre Wohnung in Österreich. Nachdem sie die Ausgaben weder der Höhe noch dem Grund nach näher konkretisiert, geschweige denn belegt hat und auch nach der Aktenlage nicht erkennbar ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 als Sonderausgaben abzugsfähige Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung vorlägen, konnten solche auch nicht berücksichtigt werden.

Die Fortbildungskosten und die Krankenversicherungsbeiträge wurden in der betreffend Einkommensteuer 2019 ergangenen Beschwerdevorentscheidung antragsgemäß als Werbungskosten berücksichtigt. Gesamthaft gesehen war somit sowohl der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 als auch jener gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 im Umfang der jeweiligen Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge zu geben. Darüber hinaus war den Beschwerden ein Erfolg zu versagen.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittigen Fragen der Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sowie der Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten wurden auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Ebenso ergibt sich die Nichtberücksichtigung von Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 aufgrund des festgestellten Sachverhaltes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

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