Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.04.2023, RV/7103115/2021

Kein „überwiegend COVID-19-bedingter Abgabenrückstand“ im Sinne des § 323e (2) 1 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Mit elektronischem Antrag vom hat die Beschwerdeführerin (Bf), ***Bf1***, vertreten durch ***3***, ein Ansuchen gem. § 323e BAO gestellt. Mit dem spruchgegenständlichen Bescheid vom hat das Finanzamt dieses Ansuchen um Bewilligung einer Ratenzahlung gemäß § 323e Abs. 2 Bundesabgabenordnung (iF BAO) für die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten abgewiesen.Das Finanzamt begründete, der Rückstand bestehe nicht überwiegend aus Abgaben die zwischen dem und dem fällig geworden seien. Die Voraussetzungen des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO seien daher nicht erfüllt.

Zum Antragsdatum schienen zwar auf dem Abgabenkonto Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt 122.569,92 Euro auf, jedoch seien diese nicht überwiegend zwischen dem und dem fällig gewesen.

Gegen die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens wurde mit Schreiben vom durch die steuerliche Vertretung Beschwerde eingebracht. Selbige bringt vor, der gegenständliche Abgabenrückstand sei "mitten in der Covid 19 Krise" zur Zahlung fällig geworden. Die lange Dauer des Verfahrens sei nicht im Einfluss ihrer Mandantschaft gestanden. Aufgrund der offensichtlichen wirtschaftlichen Situation durch die Covid Pandemie und die angespannte Liquiditäts- Situation beantrage sie die Covid 19 Ratenzahlung.

Des Weiteren beantrage sie die Aussetzung der Einhebung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Beschwerde. Im Falle einer negativen Beurteilung der Beschwerde in der 1. Instanz beantrage sie die Vorlage der Beschwerde vor das Bundesfinanzgericht sowie eine mündliche Berufungsverhandlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Das Finanzamt führte aus, gemäß § 323e BAO bestehe die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend C0VID-19-bedingten Abgabenrückstandes in angemessenen Raten. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung seien Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden seien. Der überwiegende Teil der Abgabenschuldigkeiten sei bereits am fällig gewesen. Die Fälligkeit einer Abgabe bleibe durch einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO und die Bewilligung der Aussetzung unberührt. Daher seien die Voraussetzungen des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO nicht erfüllt und die Beschwerde sei abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom wurde Vorlageantrag eingebracht, wobei keine neuen Argumente vorgebracht wurden.

Die ebenfalls beantragte Aussetzung der Einhebung wurde vom Finanzamt abgewiesen.

Mit Vorhalt vom wurde den Verfahrensparteien die Sach- und Rechtslage nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Die Verfahrensparteien haben keine Stellungnahme abgegeben.

Mit Telefax vom wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes sowie das Vorhalteverfahren.

III. Rechtslage und Erwägungen

§ 323e BAO lautet:

"COVID-19-Ratenzahlungsmodell

§ 323e. (1) Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Für die Berechnung der Zinsen ist § 323c Abs. 13 anzuwenden. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.

(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem und dem fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem bis zum einzubringen.

3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am .

4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige zweimal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(3) Für die Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

…"

Gegenstand des Verfahrens ist der von der Bf. gemäß § 323e Abs. 2 Z 2 BAO am eingebrachte Antrag auf Ratenzahlung.

Gesetzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 323e BAO (COVID-19-Ratenzahlungsmodell) ist das Vorliegen eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes. Nicht als COVID-19-bedingter Rückstand zu werten sind auch Abgaben, die im Zeitraum bis auf Grund einer Zahlungsfrist zu zahlen gewesen wären und verspätet gemeldete Abgaben, die auf Grund der gesetzlichen Vorgaben bereits fällig waren.

Dass ein solcher, überwiegend COVID-19-bedingter Abgabenrückstand, bei der Bf. nicht vorliegt, wurde bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom Finanzamt dargelegt.

Im Zuge der Ermittlungen durch das h.o. Gericht stellen sich die Abgabenschuldigkeiten wie folgt dar:

Gesellschaftsteuer in Höhe von insgesamt 50.229,19 Euro und Gebühren in Höhe von 64.190,19 Euro unter Berücksichtigung des Erkenntnisses vom , RV/7105733/2016, je mit Fälligkeitsdatum , Aussetzungszinsen in Höhe von 1.331,94 Euro (Fälligkeit ), in Höhe von 2.822,01 Euro (Fälligkeit ) und in Höhe von 3.996,59 Euro (Fälligkeit ) und Stundungszinsen in Höhe von 232,88 Euro (Fälligkeit ).

Die Saldoabfrage des Finanzamtes vom hat folgendes Ergebnis gebracht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Betrag
Fälligkeitstag
Zahlungsfrist
Nachfrist
50.229,19 (Ges)
64.190,19 (Geb)
1.331,94 (EZ)
2.822,01 (EZ)
3.996,59 (EZ)
232,88 (ST)

Die dem gegenständlichen Abgabenrückstand Großteils zu Grunde liegenden Forderungen betreffen Gesellschaftsteuer 2015 (Fälligkeitstag ) sowie Gebühren 2015 (Fälligkeitstag ).

Die vom Gesetz geforderten zeitlichen Voraussetzungen treffen lediglich auf einen Betrag von insgesamt 6.818,60 Euro zu. Das sind - wie das Finanzamt im Vorlagebericht bereits ausführt - rund 5,56% der Abgabenschuldigkeiten, die zwischen dem und dem fällig geworden sind. Diese betreffen im übrigen Aussetzungszinsen bzw. Stundungszinsen.

Nicht als COVID-19-bedingter Rückstand zu werten sind Abgaben, die im Zeitraum bis auf Grund einer Zahlungsfrist zu zahlen gewesen wären und verspätet gemeldete Abgaben, die auf Grund der gesetzlichen Vorgaben bereits fällig waren.

Von den im Zeitpunkt der Antragstellung aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von insgesamt 122.802,80 Euro, wurde der Überwiegende Teil bereits am fällig.

Da sowohl die Gesellschaftsteuer als auch die Gebühren bereits im Jahr 2015 fällig waren und lediglich auf Grund einer Zahlungsfrist erst im Zeitraum bis zu entrichten gewesen wären, sind diese nicht als COVID-19-bedingter Rückstand zu werten.

Da somit nicht von einem "überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstand" im Sinne des § 323e. (2) 1 BAO gesprochen werden kann, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Entscheidung ergibt sich aus den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen des § 323e BAO.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 323e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103115.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at