Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2023, RV/7100574/2022

Keine überwiegende zeitliche Inanspruchnahme durch Berufsschulbesuch samt praktischen Übungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2*** ***3*** ***4***, ***5***, ***6***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***7***, wonach zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 3.001,60) und Kinderabsetzbetrag (€ 934,40), insgesamt € 3.935,00, für die im November 2000 geborene Beschwerdeführerin für den Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurückgefordert werden, infolge der Beschwerdevorentscheidung vom für den Zeitraum März 2020 bis März 2021 aufgehoben, vor dem Bundesfinanzgericht angefochten im Umfang des Vorlageantrags vom nur mehr hinsichtlich der Rückforderung April 2021 bis Juni 2021, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang des Vorlageantrags als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheids, soweit dieser nicht bereits aufgehoben worden ist, bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag vom

Über FinanzOnline, unter Verwendung des Typs "Anbringen SONST", beantragte die Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***4*** am mit beigefügter Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule, die "Familienbeihilfe wieder aufleben zu lassen". Die Berufsschule für Schönheitsberufe in Wien bestätigte am , dass die Bf von bis jeden Dienstag von 8:00 Uhr bis 13:13 Uhr die Berufsschule besuche bzw. besuchen werde.

Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe vom

Das Finanzamt erstellte daraufhin "nach Überprüfung Ihres Anspruches auf Familienbeihilfe" eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe, wonach für die Bf für den Zeitraum Dezember 2019 bis Juni 2021 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gewährt werde.

Überprüfungsschreiben vom

Mit Schreiben vom betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe ersuchte das Finanzamt die Bf um Überprüfung der über sie gespeicherten Daten und um Vorlage von:

Lehrbrief oder Schreiben der Kammer bezüglich Prüfungstermin von Ihnen bzw. Bestätigung der Kammer, dass die Lehre abgeschlossen werden kann und voraussichtliche Dauer der Ausbildung

Da dieses Schreiben nicht beantwortet wurde, erfolgte mit Schreiben vom eine neuerliche Anfrage durch das Finanzamt.

Versicherungsdaten

Laut Versicherungsdaten war die Bf von bis Arbeiterlehrling und bezog von bis in Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis Krankengeld. In weiterer Folge war die Bf beim AMS arbeitssuchend gemeldet und erhielt Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Von bis war die Bf zunächst als geringfügig beschäftigte Arbeiterin erwerbstätig, seit arbeitet sie bei dieser Arbeitgeberin als Arbeiterin.

Bescheid vom

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 3.001,60) und Kinderabsetzbetrag (€ 934,40), insgesamt € 3.935,00, für den Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 zurück und führte dazu aus:

Wir haben Sie aufgefordert, uns Unterlagen zu senden. Da Sie das nicht getan haben, kommen Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach (§ 119 Bundesabgabenordnung). Eine Familienleistung kann daher nicht ausgezahlt werden.

Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. - fortbildung zu.

Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Zu ***4*** ***1*** ***2*** ***3***:

Da Sie sich laut amtlicher Erhebung ab 03/2020 in keiner Berufsausbildung mehr befanden, musste spruchgemäß entschieden werden.

Beschwerde vom

Gegen den Bescheid erhob die Bf mit Schreiben vom Beschwerde und führte aus:

ich habe 2020 beide meiner Schulbesuchsbestätigungen Online zu Ihnen geschickt. Habe auch darauf, den Zuspruch bekommen das mir die Familienbeihilfe zusteht. Jetzt bekomme ich eine Rückforderung von 3936€, das ich nicht ganz einsehe warum, sie wurde mir ja bewilligt. Ich bin momentan gar nicht in der Lage dieses auf einmal zurück zu zahlen, und verstehe es auch nicht warum ich es sollte, es ist mir doch schriftlich Bewilligt worden, auf Grund meiner Anfrage damals und meiner Zusendung. Bin gern bereit, Ihnen die Bestätigung noch einmal zu kommen zu lassen, und würde sie bitte dieses noch einmal zu prüfen, ich bin in einem Dienstleistung Unternehmen tätig, und momentan auch wieder in Kurzarbeit, habe eine Wohnung zu finanzieren, und dieser Bescheid hat mir gerade den Boden unter das Füssen weggezogen. Ich bitte sie deshalb, dieses noch einmal zu prüfen, und wenn sie es wollen schicke ich ihnen gerne noch einmal meine Schulbesuchsbestätigung. DAS WAR DASS WAS ICH AM 03:11:2021 ZU IHNEN ONLINE GESENDET HABE:

Heute habe ich dann einmal telefonisch nachgefragt, wie lange es noch dauern würde, dass ich Antwort erhalte, dann sagt mir die nette Dame das sie gar nichts bekommen habe, wozu sagt mir dann der eine Herr vom Finanzamt das ich es unbedingt online machen sollte, da es die sicherste Variante wäre.

Laut InfoCenter, mit dem ich am telefoniert habe, hätte ich per Post von ihnen Briefe bekommen, die ich bis heute nicht erhalten habe.

Habe nicht einmal noch den Brief erhalten wo sie die Rückforderung an mich stellten, der aber schon seit Anfang November unterwegs ist.

Irgendwo stimmt da was nicht mit dem Postweg, weiß schon das da jetzt Aussage gegen Aussage steht,aber sie müssen mich doch auch verstellen.

Ich bitte sie deshalb, um Aussetzung der Einbringung, bis zur Erledigung meiner Beschwerde, die ich eigentlich schon am online von meinem Finanzonline gemacht habe, so wie es mir geraten wurde.

Anbei übermittle ich Ihnen, den schriftlichen Bescheid, den ich damals sogar per Post bekam, dass mir die Familienbeihilfe zustünde.

Eine Kopie meiner Lehrabschlussprüfungen und die Schulbestätigung das ich das letzte Jahr die Berufsschule, für Masseure besucht habe.

Beigefügt war die Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe vom , die Schulbesuchsbestätigung vom , eine Bestätigung der Wirtschaftskammer Österreich, wonach die Bf am die Lehrabschlussprüfung gemäß §§ 21 ff. BAG im Lehrberuf Kosmetikerin absolviert und bestanden habe. Laut einer weiteren Bestätigung wurde am die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Fusspflegerin absolviert und bestanden.

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und führte als Begründung aus:

Ihnen als volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. - fortbildung zu.

Diese Voraussetzung trifft nicht zu (§ 6 Abs. 2 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Laut Lehrabschlussprüfungszeugnis haben Sie die Lehre Kosmetik am und die Lehre Fußpflege am erfolgreich abgeschlossen. Der Berufsschulbesuch für Masseure alleine begründet keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, da sie laut Sozialversicherungsanstalt seit laufend als Arbeiterin gemeldet sind.

Die Rückforderung für den Zeitraum 08/2020 bis 03/2021 unterbleibt aufgrund gesetzlicher Vorgaben (§ 15 FLAG 1967).

Laut der nachstehenden Mitteilung, wurde der Bescheid allerdings tatsächlich hinsichtlich des Zeitraums März 2020 bis März 2021 aufgehoben.

Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe vom

Das Finanzamt erstellte am eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe, wonach für die Bf für den Zeitraum Dezember 2019 bis März 2021 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gewährt werde.

Vorlageantrag vom

Mit Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom zur Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe 2020/2021 vom wurde meine Beschwerde vom teilweise als unbegründet abgewiesen.

Am wurde mir die Familienbeihilfe gewährt. Am wurde diese für den Zeitraum 2020/2021 rückgefordert, damals mit der Begründung, dass Schulbesuchsbestätigung nicht leserlich war. Nach einiger Zeit in Korrespondenz mit dem zuständigen Finanzamt wurde die Familienbeihilfe dann doch zuerkannt. Nun besteht in dieser Sache wieder ein Rückstand in der Höhe von € 670,50. Dies entspricht der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum April bis Juni 2021.

Als Begründung für diese Rückforderung wurde mir genannt, dass ich in keinem Lehrbetrieb beschäftigt wurde und die Schulstunden nur in einem zu geringen Ausmaß vorhanden gewesen sein sollen.

Da ich mein Lehrverhältnis bereits mit im beidseitigen Einverständnis aufgelöst habe und ich für einen Großteil dieses Zeitraumes Familienbeihilfe bekommen habe, verstehe ich nicht, warum dies ein (Teil-)Grund für die Versagung der Familienbeihilfe genannt wird.

Der zweite Teilgrund - das geringe Ausmaß der Unterrichtsstunden - erachte ich auch als unbegründet, da es sich um eine Berufsschule handelt, die natürlich für Berufstätige geschaffen wurde und somit ihr vom Gesetzgeber vorgeschriebenes Programm durchführt. Jene Kenntnisse, die ich mir eigentlich während der beruflichen Tätigkeit erarbeiten musste, musste ich mir durch das Fehlen dieser in meiner Freizeit erarbeiten. Meine Ausbildung hat also mehr als die von der Schule bestätigte Zeit in Anspruch genommen.

Ich ersuche aufgrund der oben angeführten Gründe um nachmalige Prüfung der Familienbeihilfe für den oben genannten Zeitraum.

Weiters verweise ich auf die Ausführungen in meiner Beschwerde und beantrage diese dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Aussetzung der Einhebung gemäß 8 212a BAO:

Ich beantrage die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages von € 670,50.

Auskunftsersuchen vom

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Bf um Beantwortung folgender Fragen:

Sie haben am die Lehrabschlussprüfung Kosmetikerin und am die Lehrabschlussprüfung Fußpflegerin bestanden.

Der Ausbildung für welchen Lehrberuf diente Ihr Berufsschulbesuch von bis ?

Gibt bzw. gab es für diese Ausbildung einen Lehrvertrag?

Wie lange dauert diese Ausbildung noch?

Wurde diese Ausbildung bereits beendet? Wann?

Sie sind aktuell seit bei ***8*** ***9***, ***10***, ***11***, als Arbeiterin beschäftigt.

Wie hoch ist Ihr wöchentliches Beschäftigungsausmaß in Stunden?

Welche Tätigkeit/en üben Sie genau aus?

Werden Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit auch auf den neuen Lehrberuf vorbereitet?

Im Vorlageantrag vom geben Sie an, dass Sie sich die notwendigen Kenntnisseab April 2021 in ihrer Freizeit erarbeiten mussten. Wie viele Wochenstunden haben Sie inIhrer Freizeit dafür aufgewendet?

Bitte legen Sie sämtliche Berufsschulzeugnisse und Lehrabschlussprüfungszeugnisse ab Juli2020 vor.

Dieses Auskunftsersuchen wurde von der Bf mit Schreiben vom wie folgt beantwortet:

Der Berufsschulbesuch im Zeitraum von bis diente der Aneignung des Lehrberufes "Masseurin". Da ich meine Lehren als Fußpflegerin und Kosmetikerin bereits absolviert hatte und es sich um einen Zusatz zu diesen Berufen handelt, konnte ich direkt in die zweite Fachklasse einsteigen - deswegen auch die Bezeichnung der Klasse "2Mz" (z für Zusatz). Dies ist auch der Grund für die Befreiung in den Pflichtfächern politische Bildung, Deutsch und Kommunikation, berufsbezogene Fremdsprache englisch sowie angewandte Wirtschaftslehre. Dem beiliegenden Zeugnis können Sie auch entnehmen, dass ich nach erfolgreichem Besuch dieser Klasse Berufsschulpflicht erfüllt hatte.

Da es sich lediglich um eine Aufstockung meiner bestehenden Lehrberufe handelte, war kein Lehrvertrag für die Erlangung dieses Berufes notwendig. Grundsätzlich habe ich meine Ausbildung zur Masseurin am abgeschlossen. Lediglich die Lehrabschlussprüfung würde noch fehlen. Zu dieser bin ich, aufgrund der noch immer aktuellen COVID-19- Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen im Bereich der körpernahen Dienstleistungen und der somit fehlenden Praxis, bis dato noch nicht angetreten. Wann ich diese absolvieren könnte, kann ich wegen der fehlenden Praxis leider nicht sagen. Dies ist aber auch nur die Voraussetzung, um diesen Beruf als Gesellin ausüben zu können, denn durch den Schulbesuch könnte ich in diesem Berufsfeld bereits als Hilfskraft tätig sein.

Bei ***8*** ***9*** bin ich als Fußpflegerin beschäftigt. Im Zeitraum bis handelte es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Ausmaß von 10 Wochenstunden Mit wurde ich mit 25 Wochenstunden angemeldet. Seit September oder Oktober 2021 bin ich in diesem Betrieb mit 30 Wochenstunden beschäftigt. Als ich beschlossen hatte, die Zusatzausbildung zur Masseurin zu machen, war geplant, dass ich bei einem anderen Arbeitgeber Praxiserfahrungen im Bereich der Massage sammeln würde. Hierzu ist es jedoch bedauerlicherweise nicht gekommen, da der Betrieb aufgrund der Pandemie geschlossen wurde.

Mein gesamter Besuch der zweiten Fachklasse Masseurin war stark von der Pandemie gezeichnet: Der Schulbesuch wurde im Distance Learning gestaltet, jedoch wurden aufgrund technischer Probleme nur wenige der Einheiten tatsächlich von Unterrichtenden aktiv gehalten. Meist bekamen wir Arbeitsaufträge, die selbständig zu lösen waren. Für diese und auch die selbständige Aneignung der notwendigen Inhalte, insbesondere im Bereich Anatomie und Physiologie, sowie der Versuch mir ein gewisses Maß an Praxis anzueignen, indem ich das Erlernte an Familienmitgliedern ausprobierte, wendete ich wöchentlich etwa 15 bis 20 Stunden auf. Ab dem verringerte sich dies auf durchschnittlich 8 bis 10 Wochenstunden. Das genaue Ausmaß der in meiner Freizeit aufgewendeten Stunden variierte von Woche zu Woche natürlich ein wenig.

Beiliegend finden Sie außerdem folgende Unterlagen zu Ihrer Verwendung:

Jahreszeugnis der zweiten Fachklasse Kosmetikerin und Fußpflegerin vom

Jahreszeugnis der dritten Fachklasse Kosmetikerin und Fußpflegerin vom

Lehrabschlussprüfungszeugnis im Lehrberuf Kosmetikerin vom

Lehrabschlussprüfungszeugnis im Lehrberuf Fußpflegerin vom

Jahreszeugnis der zweiten Fachklasse Masseurin vom

Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung

Die angesprochenen Unterlagen waren beigefügt.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Mit formlosem Anbringen vom (Dok.1) beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Zuerkennung der Familienbeihilfe. Angeschlossen war eine Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Schönheitsberufe vom für den Zeitraum bis .

Die Gewährung der Familienbeihilfe für Juli 2020 bis Juni 2021 erfolgte am (Dok.6).

Das Anspruchsüberprüfungsschreiben vom (Dok.7) sowie auch das Erinnerungsschreiben dazu vom (Dok.8) wurden von der Bf. nicht beantwortet.

Mit Rückforderungsbescheid vom (Dok.2) wurden daher Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 von der Bf. zurückgefordert, da laut amtlicher Erhebung ab März 2020 keine Berufsausbildung mehr vorgelegen habe (Dok.11).

Am beantragte die Bf. die Aussetzung der Einhebung des strittigen Betrages in Höhe von 3.936 Euro (Dok.9).

Gegen den Rückforderungsbescheid vom richtet sich die Beschwerde vom (Dok.3). In der Beilage befanden sich wiederum die Schulbestätigung vom über den Berufsschulbesuch (jeden Dienstag von 8.00 bis 13.15 Uhr) sowie die Lehrabschlussprüfungszeugnisse Kosmetikerin vom und Fußpflegerin vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.4) wurde der Beschwerde insoweit stattgegeben, als nunmehr die Familienbeihilfe für den Zeitraum März 2020 bis Juli 2020 aufgrund der Berufsausbildung zur Kosmetikerin bzw. Fußpflegerin und für den Zeitraum August 2020 bis März 2021 aufgrund von § 15 FLAG 1967 gewährt wurde.

Für den Zeitraum von April 2021 bis Juli 2021 begründe der Berufsschulbesuch alleine keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, da die Bf. seit laufend als Arbeiterin gemeldet sei.

Am stellte die Bf. einen Antrag auf Vorlage zur Entscheidung der Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgericht (Dok.5) und beantragte gleichzeitig die Aussetzung des strittigen Betrages in Höhe von 670,50 Euro.

Mittels Ergänzungsersuchen vom (Dok.12) wurde die Bf. aufgefordert Fragen zu ihrer Ausbildung ab Juli 2020 zu beantworten.

In ihrem Schreiben vom (Dok.14) teilte die Bf. dazu mit, dass der Besuch der Berufsschule im Zeitraum bis mit ihrer Zusatzausbildung zur Masseurin in Zusammenhang gestanden habe. Diese Ausbildung habe sie ohne Lehrvertrag absolviert und am abgeschlossen. Die Lehrabschlussprüfung fehle aufgrund der Einschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie allerdings noch.

Weiters führte die Bf. aus im Ausmaß von 10 Wochenstunden von bis , 25 Wochenstunden ab und 30 Wochenstunden ab September oder Oktober 2021 als Fußpflegerin beschäftigt gewesen zu sein.

Im Rahmen des o.a. Berufsschulbesuches seien aufgrund technischer Probleme im Distance Learning meist nur Arbeitsaufträge erteilt worden. Für deren Bearbeitung und die selbständige Aneignung der notwendigen Inhalte habe die Bf. wöchentlich etwa 15 bis 20 Stunden aufgewendet. Ab seien es durchschnittlich 8 bis 10 Wochenstunden gewesen.

Beweismittel:

insbesondere

Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Schönheitsberufe vom (Dok.1) AJ-WEB-Auskunft vom (Dok. 11)

Antwort der Bf. vom (Dok.14)

Stellungnahme:

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 StudFG nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. 2003/13/0157, mwN). Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die erfolgreiche Absicht tatsächlich gelingt (vgl. 2009/15/0089).

Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen ( 2009/13/0127).

Wie die Bf. ihrem Schreiben vom (Dok.14) ausführt, habe sie im Zeitraum bis die Berufsschule für ihre Zusatzausbildung zur Masseurin besucht. Wegen der Covid-19-Pandemie sei der Schulbesuch im Distance Learning gestaltet gewesen. Allerdings hätten aufgrund technischer Probleme nur wenige der Einheiten von den Unterrichtenden aktiv gehalten werden können, so dass zumeist selbständig zu lösende Arbeitsaufträge erteilt worden seien.

Im Zeitraum von September 2020 bis inkl. März 2021 habe die Bf. für die zu lösenden Arbeitsaufträge und die selbstständige Aneignung der notwendigen Inhalte wöchentlich etwa 15 bis 20 Stunden aufgewendet. Ab April 2021 habe ihr Zeitaufwand durchschnittlich nur noch 8 bis 10 Wochenstunden betragen.

Der Berufsschulbesuch der 2. Fachklasse für Masseure hat nach Ansicht des Finanzamtes somit zu keiner Zeit die volle Zeit der Bf. in Anspruch genommen.

Das Finanzamt ersucht um daher um Abweisung der Beschwerde für die noch strittigen Monate April 2021 bis Juli 2021 und somit Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.4).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die im November 2000 geborene Bf ***1*** ***4*** war von bis Arbeiterlehrling. Danach war sie arbeitssuchend gemeldet. Am legte die Bf die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Kosmetikerin ab, am die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Fusspflegerin. Von bis war die Bf zunächst als geringfügig beschäftigte Arbeiterin mit 10 Wochenstunden erwerbstätig, seit arbeitet sie bei dieser Arbeitgeberin als Arbeiterin 20 Wochenstunden, seit September oder Oktober 2021 30 Wochenstunden. Von bis besuchte sie jeden Dienstag in der Zeit von 8:00 Uhr bis 13:13 Uhr die Berufsschule für Schönheitsberufe. Dieser Berufsschulbesuch diente der Vorbereitung der Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Masseurin, die bis zur Beschwerdevorlage zufolge der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen im Bereich körpernaher Dienstleistungen, die einem Praxiserwerb der erforderlichen Kenntnisse entgegenstanden, nicht ablegt werden konnte. Für die Erlangung der erforderlichen Kenntnisse im Distance Learning und durch Selbststudium sowie praktischen Übungen an Familienmitgliedern wandte die Bf bis März 2021 etwa 15 bis 20 Stunden wöchentlich auf, ab April 2021 etwa 8 bis 10 Wochenstunden.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den Angaben der Bf und sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen

§ 6 FLAG 1967 lautet:

§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a)sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b)ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c)für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie

a)das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

b)das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran, wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder

c)das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder

d)wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder

(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

f)In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

g)erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

h)sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

i)das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa)bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

j)das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

k)das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am

aa)Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb)Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc)Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd)Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:

a)das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b)Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c)Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,

d)Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.

e)Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.

(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.

(7) Die Anspruchsdauer nach Abs. 2 lit. a bis c und lit. f bis i verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a)für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b)für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c)für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d)für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 15 FLAG 1967 lautet:

§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 EStG 1988 lautet:

(3)

1. Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro (Anm. 1) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

2. Der Kinderabsetzbetrag ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG zu vervielfachen. Der Vervielfachung ist der im vorangegangenen Kalenderjahr geltende Betrag zugrunde zu legen. Der vervielfachte Betrag ist kaufmännisch auf eine Dezimalstelle zu runden. Der Bundesminister für Finanzen hat den für das folgende Kalenderjahr geltenden Betrag bis spätestens 15. November jeden Jahres zu ermitteln und mit Verordnung kundzumachen.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ). Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ). Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist somit zu prüfen, ob die Bf im Rückforderungszeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hatte.

Verfahrensgegenstand

Verfahrensgegenständlich vor dem Bundesfinanzgericht ist nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrags nur mehr der Zeitraum April 2021 bis Juni 2021.

Berufsschulbesuch allein keine Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967

Die Berufsausbildung in einem Lehrberuf erstreckt sich jedenfalls auf die Dauer eines Lehrverhältnisses und des Berufsschulbesuchs. Die anschließende Zeit bis zur Lehrabschlussprüfung ist dann zur Berufsausbildung zu zählen, wenn der Prüfungswerber das in der Rechtsprechung geforderte ernstliche und zielstrebige Bemühen erkennen lässt. Dies ist der Fall, wenn er zeitgerecht (§ 23 Abs. 2 BAG) die Zulassung zur Lehrabschlussprüfung beantragt (vgl. ).

Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Eine Berufsausbildung kann unabhängig davon vorliegen, ob ein "gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg", "ein gesetzlich definiertes Berufsbild" oder ein "gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung" existiert (vgl. ). Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (vgl. , unter Verweis auf ). Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus. Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet. Auch Teilabschnitte einer gesamten Berufsausbildung können den Begriff der Berufsausbildung erfüllen. Es kommt nicht darauf an, ob eine Berufsausbildung aus dem Motiv erfolgt, diesen Beruf später tatsächlich auszuüben, oder aus anderen Motiven (vgl. ); die Beurteilung des Anspruchs auf Familienbeihilfe hat ex ante zu erfolgen (vgl. ).

Der Besuch einer Schule für Berufstätige kann Berufsausbildung darstellen, wenn der Schulbesuch samt Vor- und Nachbereitungszeit die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt. Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn bei kursmäßigen Ausbildungen oder bei Maturaschulen ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ; ). Ein Berufsschulbesuch nimmt bei einer ganzjährigen Berufsschule rund 20% der Ausbildungszeit des Kindes in Anspruch (die restliche Ausbildungszeit wird im Lehrbetrieb verbracht). Wird wie hier nur einmal wöchentlich die Berufsschule besucht, steht mangels überwiegender zeitlicher Auslastung des Kindes Familienbeihilfe nicht zu (vgl. ; ; ).

Die Bf hat vorgebracht, seit April 2021 20 Wochenstunden gearbeitet und zur Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung Masseurin seit April 2021 etwa 8 bis 10 Wochenstunden aufgewandt zu haben. Damit ist seit April 2021 die Voraussetzung, dass die weitaus überwiegende Arbeitszeit für die Ausbildung verwendet werden muss, damit eine Berufsausbildung gemäß FLAG 1967 vorliegt, nicht erfüllt. Im verbleibenden Rückforderungszeitraum lag zwar eine Berufsausbildung im allgemeinen Sprachsinn vor, nicht aber eine Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967, da für diese die Inanspruchnahme der überwiegenden Zeit des Kindes erforderlich ist, sodass das Kind nicht gleichzeitig einem Beruf voll nachgehen kann.

Keine Rechtswidrigkeit des noch dem Rechtsbestand angehörenden Teils des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Umfang seiner Anfechtung durch den Vorlageantrag nicht als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG), die gegen ihn gerichtete Beschwerde in der Fassung des Vorlageantrags ist gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Nichtzulassung der Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Daher ist eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

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