Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2023, RV/7300026/2022

Subjektive Tatseite der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sowie Verletzung der Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse bestritten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden ***Ri***, den Richter ***Ri2*** und die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***3*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen Team 2 als Finanzstrafbehörde vom , SpS ***1***, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten, des Amtsbeauftragten ***8*** sowie der Schriftführerin ***4*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als teilweise Folge gegeben, der Schuldspruch zu Punkt 2) des angefochtenen Erkenntnisses aufgehoben und insoweit das gegen den Beschuldigten geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG (Verletzung der Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse) gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.

Der Strafausspruch angefochtenen Erkenntnisses wird dahingehend abgeändert, dass die über den Beschuldigten gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, zu verhängende Geldstrafe für den unverändert aufrecht bleibenden Schuldspruch wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG [Spruch zu Punkt 1) des angefochtenen Erkenntnisses] auf € 16.000,00 sowie die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Tage herabgesetzt wird.

Aus Anlass der Beschwerde wird der Schuldspruch des angefochtenen Erkenntnisses zu Punkt 1) dahingehend berichtigt, dass der Beschuldigte Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate 2-4/2021 (statt 2-4/2020) und 6-8/2021 (statt 6-8/2020) in Höhe von jeweils monatlich € 3.860,63 verkürzt hat.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens in unveränderter Höhe von € 500,00 zu ersetzen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung hat als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen als Finanzstrafbehörde vom , SpS ***1*** , wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG für schuldig erkannt, er habe als Einzelunternehmer vorsätzlich

1) unter der Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und zwar:

Umsatzsteuervoranmeldungen 2/2020 in der Höhe von € 3.310,92
3/2020 in der Höhe von € 3.310,92
4/2020 in der Höhe von € 3.310,92
5/2020 in der Höhe von € 3.310,92
6/2020 in der Höhe von € 3.310,92
7/2020 in der Höhe von € 3.310,92
8/2020 in der Höhe von € 3.310,92
9/2020 in der Höhe von € 3.310,92
10/2020 in der Höhe von € 3.310,92
11/2020 in der Höhe von € 3,310,92
12/2020 in der Höhe von € 3.310.88
insgesamt € 36.420,08

Umsatzsteuervoranmeldungen 1/2021 in der Höhe von € 3.860,83
2/2020 in der Höhe von € 3.860,83
3/2020 in der Höhe von € 3.860,83
4/2020 in der Höhe von € 3.860,83
5/2021 in der Höhe von € 3.860,83
6/2020 in der Höhe von € 3.860,83
7/2020 in der Höhe von € 3.860,83
8/2020 in der Höhe von € 3.860,80
insgesamt € 30.886,61

2) eine abgaben- oder monopolrechtliche Pflicht zur Führung oder Aufbewahrung von Büchern oder sonstigen Aufzeichnungen oder zur Einrichtung technischer Sicherheitsvorkehrungen und zwar durch die nicht bzw. nicht regelmäßige Verwendung einer Registrierkasse verletzt.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG und § 51 Abs. 2 FinStrG wurde über den Bf. dafür eine Geldstrafe in der Höhe von € 23.000,00 und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 57 Tagen verhängt.

Gemäß dem § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG habe der Bf. die Kosten des Finanzstrafverfahrens sowie des allfälligen Vollzuges in der Höhe von € 500,00 zu ersetzen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bf. sei finanzstrafrechtlich unbescholten und betreibe ein Geschäft mit Büroartikel.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass er für die im Spruch genannten Zeiträume keine Umsatzsteuervoranmeldungen angemeldet habe.

Er habe es dabei zumindest nicht nur ernstlich für möglich, sondern für gewiss gehalten, dass dadurch eine Abgabenverkürzung bewirkt werde.

Er habe im Jahr 2020 und 2021, obwohl seine Umsätze € 7.000,00 an Barumsätzen überstiegen hätten, keine manipulationssichere Registrierkasse verwendet. Er habe dies zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden.

Diese Feststellungen gründeten sich auf die Erhebungen der Finanzstrafbehörden im Zusammenhalt mit der Stellungnahme des Beschuldigten. Er habe keinen Steuerberater beschäftigt und es in den genannten Zeiträumen unterlassen, Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. Er habe sich damit verantwortet, dass er infolge einer Erkrankung seinen beruflichen Pflichten nicht nachgehen habe können, habe in diesem Zeitraum aber einen € 200.000,00 übersteigenden Umsatz erzielt, sodass ihm jedenfalls zuzumuten gewesen wäre, seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Betriebsprüfer habe der Beschuldigte bis zum Verhandlungstag keine gesetzliche Registrierkasse in Verwendung gehabt, sodass auch diesbezüglich der objektive als auch der subjektive Tatbestand erfüllt sei. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Erfahrung sei dem Beschuldigten gewiss gewesen, dass er durch Nichtmeldung seiner Umsätze die gesetzlichen Abgaben verkürze.

Er habe hiedurch die im Spruch genannten Finanzstrafvergehen verwirklicht.

Bei der Strafbemessung habe der Spruchsenat als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und die 100%ige Schadensgutmachung, als erschwerend hingegen den doch längeren Deliktszeitraum gewertet.

Angesichts eines Strafrahmes von über € 134.000,00 sei auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse die verhängte Geldstrafe gerade noch schuld- und tatangemessen.

Die übrigen Entscheidungen gründeten sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

---------

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Bf. wird wie folgt ausgeführt:

"Ich möchte Beschwerde zu SpS ***1*** einlegen und zwar hinsichtlich mehrerer Punkte.

1.) Ich habe keine Kenntnis davon gehabt, dass am eine mündliche Verhandlungstattgefunden hat.

Wie ist die Information, dass so eine Verhandlung stattfindet, mir ergangen?per mail, telefonisch,RSA-Brief?

2.) die angezeigte Umsatzsteuer Verkürzung hat nicht wissentlich stattgefunden.

Wie ich bereits am bei der mündlichen Einvernahme beim Amt für Betrugsbekämpfung, Adresse2, gesagt hatte, bin ich gleich zu Beginn der Corona-Krise Mitte März 2020 schwer an COVID erkrankt, und hatte daraufhin fast 1,5 Jahre Long-COVID Symptome, wie dauerhaften Schwindel, Gedächtnisausfall und Müdigkeit bis zu depressiven Suiziderscheinungen.

Wie Ihnen sicherlich nicht entgangen ist, waren diese letzten 2 Jahre die einschneidendsten und kräfteraubendsten für sehr viele in unserer Gesellschaft.

Wir mussten alle mit Entbehrungen,Depressivität,Auswegslosigkeit,etc. fertig werden.

Mein Sohn hat,während ich vollkommen unfähig war nur irgendeiner Geschäftstätigkeit nachzugehen, die Geschäfte geleitet und sich um alles andere auch gekümmert.

Dabei ist er unter der Dauerbelastung nicht imstande gewesen, die Umsatzsteuermeldungen abzugeben. Er hatte auch keinen Zugang zum Finanz-Online System.

Ich beschäftige seit 2008 keinen Steuerberater.
- weil ich über das entsprechende Wissen verfüge um die Ust und Est-Erklärung selbst auszufüllen.

Der Beweis ist 12 Jahre erfolgt

- weil ich mir dadurch auch jedes Jahr ca. 2000,- gespart habe.

Es kann nicht sein, dass ich als jemand, der fast 20 Jahre seine Umsatzsteuervoranmeldungen rechtzeitig abgegeben hat, dafür auch noch bestraft werde, wenn ich in diesen 20 Jahren einmal schwer erkranke, und es dadurch nicht schaffe, solches zu tun.

Es gab und gibt unzählige unrechtmäßige erhaltenen Corona-Zuschüsse und Hilfsgelder für viele Unternehmer. Ich habe davon nicht Gebrauch gemacht und habe keine staatlichen Gelder erhalten.

Und jetzt soll ich auch noch dafür bestraft werde, weil ich erst verspätet die Ust-Meldungen gemacht habe?

Das kann und darf nicht sein in einem Rechtsstaat.

3.) Beschwerde wegen des Vorwurfs von Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG

Hr. ***5*** war zur Prüfung am .

Dabei ist im Raumgestanden, dass es unter Umständen, wenn erwiesener Maßen die Barumsätze mehr als € 7.500,00 ausmachen, dann eine Registrierkasse angeschafft werden müsste.

Dem habe ich auch zugestimmt.

Es wurden jedoch in diesem überprüften Zeitraum keinerlei Hinweise auf ein Übersteigen der Barumsätze nachgewiesen.

Daher wurde auch keine Registrierkasse angeschafft.

Ich beantrage daher eine vollständige Einstellung sämtlicher Finanzstrafermittlungen bezüglich SpS ***1***.

Sollten Sie noch jedwelche Beweise oder Unterlagen benötigen, kann ich Ihnen diese gerne nachliefern.

Jedoch müsste eine ordentliche Kommunikation möglich sein, daher wäre es am besten die Kommunikation auf ***6*** durchzuführen."

-----------

Mit Schriftsatz vom ersuchte der Bf. zur Untermauerung seines Vorbringens im Schriftsatz vom um meine persönliche Anhörung vor dem Bundesfinanzgericht.

In eventu werde aus folgenden Gründen um eine deutliche Herabsetzung der verhängten Verwaltungsstrafe ersucht:

"Wie im angefochtenen Erkenntnis richtig ausgeführt wurde, kommt mir der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugute. Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang, dass ich seit über 20 Jahren beruflich selbstständig bin und in diesem langen Zeitraum sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Finanzbehörden fristgerecht nachgekommen bin. Überdies habe ich so schnell wie es mir finanziell möglich war, eine 100-prozentige Schadensgutmachung durchgeführt und sämtliche offenen Abgaben beglichen.

Diese Milderungsgründe hätten bei der Strafbemessung angemessen berücksichtigt werden müssen.

Ich habe keineswegs vorsätzlich gehandelt, vielmehr war es mir aufgrund meiner schlechten gesundheitlichen Verfassung nicht möglich, sämtlichen beruflichen Verpflichtungen (so auch den gegenständlichen gegenüber der Finanzbehörde) vollumfänglich nachzukommen. Auch der im angefochtenen Erkenntnis angeführte längere Tatzeitraum resultierte allein aufgrund meiner schlechten gesundheitlichen Verfassung, in welcher ich mich in diesem Zeitraum erwiesener Maßen befunden habe.

Meine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse hätten bei der Strafbemessung angemessen berücksichtigt werden müssen. Diese stellen sich derzeit wie folgt dar: Einkommen € 1.000 netto/mtl, Unterhalt für 2 Kinder: € 480,00/mtl, Vermögen keines vorhanden.

Die Höhe der im angefochtenen Erkenntnis verhängten Strafe stellt sich für mich als existenzbedrohend dar.

Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien hätte die verhängte Strafe deutlich niedriger bemessen werden müssen und wird daher der Eventualantrag gestellt, die verhängte Strafe herabzusetzen."

--------

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des Bundesfinanzgerichtes am führte der Bf. ergänzend aus, er habe in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren sämtliche Melde- und Entrichtungspflichten in Bezug auf die Umsatzsteuervorauszahlungen erfüllt und durchschnittlich ca. € 40.000,00 Umsatzsteuer pro Jahr bezahlt.

Im März 2020 sei er schwer an Corona erkrankt, habe in Bezug auf diese Zeit heute noch Gedächtnislücken und sein Sohn (Wirtschaftsstudent) habe die geschäftlichen Belange so gut als möglich weitergeführt. Die Umsatzsteuernachforderungen seien in zwei Teilbeträgen bis Jänner 2022 bezahlt und dem Prüfer ***9*** die Umsatzsteuerzahllasten im Rahmen der Prüfung auch eigenständig offengelegt worden. Für seine Aufzeichnungen habe er vom Prüfer ein Lob erhalten. Eine wissentliche Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen werde aus diesen Gründen in Abrede gestellt.

In den ersten Monaten seiner Erkrankung habe er durchgehend hohes Fieber gehabt und keine klaren Gedanken fassen können. Er sei nur müde und antriebslos gewesen. Seine ganzen Sorgen hätten um seine Gesundheit und um den Betrieb gedreht.

Während des Zeitraumes seiner Erkrankung sei er nicht in ärztlicher Behandlung gestanden. Es habe keine Erstickung gedroht und deshalb wären Ärzte auch kaum gekommen. Er habe sich selbst mit fiebersenkenden Medikamenten und Schmerzmitteln behandelt.

Sein Sohn sei bis Ende Mai 2020 als Einjährig-Freiwilliger beim Bundesheer gewesen, sei aber schon früher freigestellt worden und habe den Bf. ab Beginn seiner Krankheit im Betrieb unterstützt. Er habe Lieferungen durchgeführt, Lieferscheine und Rechnungen ausgestellt, Warenversand durchgeführt, Vorauskassen geprüft etc. Am Bankkonto habe der Sohn die Online-Zugangsdaten schon vor seiner Erkrankung gehabt. Im Zeitraum der Erkrankung des Bf. sei der Umsatz im Webshop durch vermehrtes Home-Office gestiegen.

Eine Verletzung der Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse stellte der Bf. in Abrede und brachte vor, die Barumsätze hätten aus seiner Sicht die Grenze von € 7.500,00 nicht überstiegen, da er sehr viele "Lieferscheinkunden" (Freiberufler) habe und nahezu keine Laufkundschaft ins Geschäft komme. Auch im Webshop würden die Zahlungen im Überweisungswege erfolgen.

Er habe deswegen bis jetzt keine Registrierkasse angeschafft, weil er unter der Umsatzgrenze für Barumsätze von € 7.500,00 liege. In seinem EDV-Warenbewirtschaftungssystem könne er Barumsätze kennzeichnen und auf diese Weise deren Höhe ermitteln. Nach seinen Aufzeichnungen würden seine Barumsätze jährlich zwischen € 5.000,00 und € 6.000,00 liegen. Ein Kassabuch oder die Höhe der Barumsätze seien vom Prüfer nicht verlangt worden und er wisse nicht, wie der Prüfer zur Aufforderung hinsichtlich Führung der Registrierkasse gekommen sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer, ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, vorsätzlich eine abgaben- oder monopolrechtliche Pflicht zur Führung oder Aufbewahrung von Büchern oder sonstigen Aufzeichnungen oder zur Einrichtung technischer Sicherheitsvorkehrungen verletzt. Gemäß § 51 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit wird mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro geahndet.

§ 131b Abs. 1 BAO lautet:

1. Betriebe haben alle Bareinnahmen zum Zweck der Losungsermittlung mit elektronischer Registrierkasse, Kassensystem oder sonstigem elektronischen Aufzeichnungssystem unter Beachtung der Grundsätze des § 131 Abs. 1 Z 6 einzeln zu erfassen.
2. Die Verpflichtung zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (Z 1) besteht ab einem Jahresumsatz von 15 000 Euro je Betrieb, sofern die Barumsätze dieses Betriebes 7.500 Euro im Jahr überschreiten.
3. Barumsätze im Sinn dieser Bestimmung sind Umsätze, bei denen die Gegenleistung (Entgelt) durch Barzahlung erfolgt. Als Barzahlung gilt auch die Zahlung mit Bankomat- oder Kreditkarte oder durch andere vergleichbare elektronische Zahlungsformen, die Hingabe von Barschecks, sowie vom Unternehmer ausgegebener und von ihm an Geldes statt angenommener Gutscheine, Bons, Geschenkmünzen und dergleichen.

Gemäß § 131b Abs. 2 BAO ist das elektronische Aufzeichnungssystem (Abs. 1 Z 1) durch eine technische Sicherheitseinrichtung gegen Manipulation zu schützen. Dabei ist die Unveränderbarkeit der Aufzeichnungen durch kryptographische Signatur bzw. durch kryptographisches Siegel jedes Barumsatzes mittels einer dem Steuerpflichtigen zugeordneten Signatur- bzw. Siegelerstellungseinheit zu gewährleisten und die Nachprüfbarkeit durch Erfassung der Signatur bzw. des Siegels auf den einzelnen Belegen sicherzustellen.

Gemäß § 131b Abs. 3 BAO bestehen die Verpflichtungen nach Abs. 1 sowie Abs. 2 mit Beginn des viertfolgenden Monats nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Grenzen des Abs. 1 Z 2 erstmals überschritten wurden.

Werden die Umsatzgrenzen (Abs. 1 Z 2) in einem Folgejahr nicht überschritten und ist aufgrund besonderer Umstände absehbar, dass diese Grenzen auch künftig nicht überschritten werden, fällt die Verpflichtung zur Losungsermittlung mit elektronischem Aufzeichnungssystem gemäß § 131b BAO mit Beginn der nächstfolgenden Kalenderjahres weg.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Sachverhalt und objektive Tatseite:

Unstrittig steht fest, dass der Bf. als Einzelunternehmer ("Firmenname" - Handel mit Büroartikel, Adresse1) für die Monate
2-12/2020 und 1-8/2021 weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet und - durch Unterlassung der Entrichtung zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen - eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für diese Zeiträume in Höhe von insgesamt € 67.306,69 bewirkt hat.

Die objektive Tatseite der vom Spruchsenat der Bestrafung zugrunde gelegten Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist somit zweifelsfrei erwiesen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde stellt der Bf. eine Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse wegen Überschreitung der Barumsatzgrenze von € 7.500,00 entschieden in Abrede. Der Prüfer habe ihn zwar auf diese Grenze aufmerksam gemacht, diese sei von ihm jedoch bis heute nicht überschritten worden.

Aus der Aktenlage können keinerlei Feststellungen getroffen werden, ob bzw. wenn ja, ab wann der Bf. wegen Überschreitung der Barumsatzgrenze von € 7.500,00 (§ 131b Abs. 1 BAO) zur Führung einer Registrierkasse verpflichtet gewesen wäre. Derartige Schlussfolgerungen können aus den vorgelegten Akten nicht getroffen werden, sodass gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG eine Verletzung der Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse nicht zum Nachteil des Bf. angenommen werden kann.

Nicht ausreichend zum Nachweis der objektiven Tatseite der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG - weil nicht auf einer gesicherten Tatsachenfeststellung beruhend - ist der Umstand, dass der Bf. im Rahmen der Schlussbesprechung vom auf seine Verpflichtung zur Führung einer Registrierkasse ab einem Barumsatz von € 7.500,00 aufmerksam gemacht wurde und er dem Prüfer zugesagt hat, eine solche anzuschaffen.

Somit ist kann schon die objektive Tatseite der erstinstanzlich der Bestrafung zugrunde gelegten Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG nicht als erwiesen angesehen werden und es war insoweit mit Verfahrenseinstellung gemäß §§ 136, 157 FinStrG vorzugehen.

Subjektive Tatseite

Wie der Bf. selbst im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme vor der Finanzstrafbehörde am zu Protokoll gegeben hat, hatte er aufgrund seiner langjährigen Unternehmertätigkeit (seit dem Jahre 2002) die Kenntnis von der Verpflichtung zur Abgabe monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen und zur Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen zu den jeweiligen Fälligkeitstagen. Zu den gegenständlichen steuerlichen Verfehlungen ist es aufgrund einer Long-Covid-Erkrankung mit den geschilderten Begleitumständen (Müdigkeit, Depression, etc.) gekommen. Dazu hat der Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des Bundesfinanzgerichtes ausgesagt, dass er mit dieser Krankheit nicht in ärztlicher Behandlung war, sondern er diese selbst behandelt hat. Im Geschäft wurde der Bf. nach seinen Angaben durch seinen Sohn vertreten, mangels steuerlicher Vertretung unterblieb jedoch die Abgabe der hier in Rede stehenden Umsatzsteuervoranmeldungen und die Entrichtung der entsprechenden tatgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen. Bei diesen Gegebenheiten war es für ihn klar, dass er seine steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen würde und es wäre dem Bf. jedenfalls zumutbar gewesen, auch für die Erledigung der steuerlichen Belange einen Vertreter zu bestellen. Indizien (Befunde, ärztliche Bestätigungen) in Richtung einer völligen Dispositionsunfähigkeit des Bf. zu den tatgegenständlichen Zeitpunkten (Fälligkeitstagen) liegen nicht vor und wurden vom Bf. auch nicht behauptet.

Führt man sich vor Augen, dass der laufende Geschäftsbetrieb in den während der Pandemie besonders umsatzstarken tatgegenständlichen Zeiträumen durch den Sohn des Bf. vertretungsweise aufrechterhalten wurde und - bis auf die hier tatgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen - sämtliche andere Zahlungen geleistet wurden, so wäre es wohl auch möglich gewesen, für die Meldung und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen Sorge zu tragen.

Am Vorliegen der subjektiven Tatbestandselemente der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG dahingehend, dass es der Bf. für die tatgegenständlichen Monate ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und er auch gewusst hat, keine Umsatzsteuervorauszahlungen bis zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu entrichten, besteht daher kein Zweifel.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, welche im gegenständlichen Fall aufgrund der schweren Erkrankung des Bf. als eingeschränkt angesehen werden kann. Dass der eingeschränkte Grad des Verschuldens des Bf. bei der Strafbemessung berücksichtigt worden wäre, kann aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht abgeleitet werden.

Bei der Strafneubemessung wurden der bisherige ordentliche Lebenswandel des Bf., die 100%ige Schadensgutmachung und die eigenständige Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen durch den Bf. als mildernd, als erschwerend hingegen die oftmaligen Tatentschlüsse während des doch längeren Deliktszeitraumes von 19 Monaten berücksichtigt.

Zu den gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnissen und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bf. wurden bislang durch den Spruchsenat keine Feststellungen getroffen. Laut dem ergänzenden Beschwerdevorbringen des Bf. beträgt sein monatliches Einkommen derzeit ca. € 1.000,00 netto, er leistet Unterhalt für die 2 Kinder in Höhe von € 480,00 monatlich hat kein Vermögen. Es ist daher von einer eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bf. auszugehen.

Unter Berücksichtigung des durch die schwere Erkrankung des Bf. eingeschränkten Verschuldens und seiner eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei Sorgepflichten für zwei Kinder, war aus Sicht des erkennenden Senates mit einer Herabsetzung der Geldstrafe auf das auf den Spruch dieses Erkenntnisses ersichtliche Ausmaß vorzugehen.

Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Dafürhalten des Senates dem festgestellten Verschulden des Bf. unter Berücksichtigung der genannten Erschwerungs- und Milderungsgründe.

Einer weiteren Strafherabsetzung standen sowohl general- als auch im besonderen spezialpräventive Gründe entgegen, die es dem erkennenden Senat nicht ermöglichten, bei nicht gegebener Schuldeinsicht mit einer noch weiteren Strafreduktion vorzugehen.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und hat die Beurteilung der Tatbestandvoraussetzungen im Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300026.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at