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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2023, RV/5100802/2020

Keine Energieabgabenvergütung bei einem Metall-Recycling-Betrieb

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2003/2023 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Stockinger & Torreiter Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs OG, Adalbert-Stifter-Platz 2, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Energieabgabenvergütung 07.2012-06.2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Angefochten ist der Abweisungsbescheid betreffend Energieabgabenvergütung für die Zeiträume 7/2012-6/2013, 7/2013-6/2014 und 7/2014-6/2015.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom die Anträge vom auf Energieabgabenvergütung ab, da für Dienstleistungsbetriebe nach § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz idF Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010, ab kein Vergütungsanspruch mehr bestünde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist Beschwerde und beantragte, die Vergütung der Energieabgaben in der geltend gemachten Höhe anzuerkennen; auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab; auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragte durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsätzen vom (Vorlageantrag Teil I) und vom (Vorlageantrag Teil II) innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Unternehmen der Beschwerdeführerin (T GmbH) beschäftigt sich mit dem Recycling von Metallteilen, die von Kunden zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich hierbei um durch Rost beschädigte oder durch andere Oberflächenfehler nicht mehr brauchbaren Metallteile, oder solche mit fehlerhafter Lackierung, sowie Metallteile in verschiedensten Farben, die für eine Neulackierung vorbereitet werden.

Die Haupttätigkeit liegt dabei im Entlacken (Entfernen von Lackschichten, Verschleißbelegen, Gummierungen, Kunststoffanhaftungen und Kleberesten), die Nebentätigkeit in der Behandlung durch Sandstrahlung als Vorbereitung für eine nachfolgende Lackierung.

Im weitesten Sinne handelt es sich bei der Tätigkeit der Beschwerdeführerin um verschiedene Werkstoffveredelungsverfahren in den drei folgenden Varianten:

  1. Chemische Entlackungsverfahren

  2. Mechanische Entlackungsverfahren

  3. Thermische Entlackungsverfahren

Sämtliche Verfahren sind mit einem erheblichen Energiebedarf von Strom und Erdgas verbunden.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG) idF Budgetbegleitgesetz 2011 (BGG 2011), BGBl I Nr. 111/2010, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.

Gemäß § 4 Abs. 7 EnAbgVergG idgF sind die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des BGG 2011, BGBl I Nr. 111/2010, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Befassung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Vorabentscheidungsweg und Ergehen des Urteils vom , Dilly's Wellnesshotel (II), C-585/17 - mit Erkenntnis vom , Ro 2016/15/0041, entschieden, dass die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010, normierten Änderungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes mit in Kraft getreten sind und damit für Dienstleistungsbetriebe ein Anspruch auf eine Energieabgabenvergütung ab nicht mehr besteht. Aufgrund des Vorranges des zwingenden europäischen Rechtes ist dafür auch keine Veröffentlichung nach österreichischem Recht notwendig.

Strittig ist, ob die Voraussetzungen für eine Vergütung der Energieabgaben bei der Beschwerdeführerin vorliegen.

Nach § 2 Abs. 1 EnAbgVergG besteht ein Energieabgabenvergütungsanspruch seit dem nur mehr für Produktionsbetriebe.

Bei Produktionsbetrieben handelt es sich um solche Betriebe, die körperliche Wirtschaftsgüter herstellen.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0021, hinsichtlich der Interpretation "körperliches Wirtschaftsgut" (Rz 14 bis 16) aus:

"14 Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch der auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vergl. , VwSlg.8627/F) Erläuterungen zur Regierungsvorlage können im Rahmen der Interpretation des Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten (vergl. mit weiteren Nachweisen ).

15 Nach den Erläuterungen zum Budgetbegleitgesetz 2011 (vergl. 981 BlgNR 24. GP 141) sollen alle Betriebe, deren Schwerpunkt in der Erbringung von Dienstleistungen besteht, keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung haben. Zu den "unkörperlichen Sachen" zählen neben Rechten insbesondere auch Dienstleistungen (vergl. Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15, RZ 766).

16 Die Herstellung ist auf die Schaffung bisher nicht in dieser Form vorhandener Wirtschaftsgüter gerichtet (vgl. VwGH, , 2012/15/0207)."

Beim Unternehmen der Beschwerdeführerin handelt es sich um einen Metallrecycling-Betrieb. Hier werden von Kunden zur Verfügung gestellte Metallteile durch verschiedene Methoden der Entlackung auf eine neuerliche Lackierung vorbereitet. Es handelt sich dabei nicht um die Schaffung von Wirtschaftsgütern anderer Marktgängigkeit, sondern um eine bloße Bearbeitung (Entfernen von Lackschichten, Verschleißbelegen, Gummierungen, Kunststoffanhaftungen und Kleberesten und nachfolgende Reinigung) bereits vorhandener Gegenstände, um sie später einer weiteren Verwendung zuführen zu können.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liegt, sodass ein Produktionsbetrieb nicht gegeben ist.

Der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die von ihr erbrachte Entlackung als Teil einer Produktionskette von mehreren Betrieben anzusehen sei und daher auch bei ihr ein Produktionsbetrieb vorliege, kann nicht gefolgt werden. Für die Beurteilung des Anspruches einer Energieabgabenvergütung kann nur die tatsächlich durchgeführte Tätigkeit ihrerseits herangezogen werden, worauf die Tätigkeiten anderer Betriebe in der Produktionskette keinen Einfluss haben können.

Es handelt sich bei dem Betrieb der Beschwerdeführerin um keinen Produktionsbetrieb. Somit besteht auch kein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben.

Ebenso wenig besteht ein Rechtsanspruch einer Partei auf Durchführung eines Erörterungstermins gemäß § 269 Abs. 3 BAO (Ritz, BAO6, § 269 Rz 12).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die oben dargelegten Gründe nicht vorliegen, ist eine Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100802.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at