Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2023, RV/5100025/2023

Liebhaberei - Begrenzung der UID

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 30.10.20220 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer-Identifikationsnummer UID zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Von der belangten Behörde wurde mit Bescheid vom die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) des Beschwerdeführers ***Bf1*** mit begrenzt. In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurden als Begründung nicht erklärte Umsätze angeführt sowie unter Verweis auf das BFG-Erkenntnis vom ***Dat***, ***Zl*** Liebhaberei angenommen.

Im Vorlageantrag wurde hinsichtlich der Liebhabereiproblematik vom Beschwerdeführer (Bf) auf eine zu Aktenzahl ***Zl2*** anhängige außerordentliche Revision beim VwGH betr. Einkommensteuer 2013-2018 hingewiesen.

Mittlerweile wurde nach einem vom Finanzamt ergänzend mitgeteilten Sachverhalt vom Bf am für zwei andere - bis einschließlich 2022 ertragsfähige - Mietobjekte (***Adr1*** und ***Adr2***) ein Antrag auf Erteilung einer UID gestellt, der hier aber nicht verfahrensgegenständlich ist. Die Entscheidung über ein Wiederaufleben der UID obliegt gem. Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 dem Finanzamt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom ***Dat***, ***Zl*** betr. Einkommensteuer 2013-2018 wurde festgestellt, dass einerseits bei der Einbringung gekaufter Forderungen gemäß § 1 Abs. 1 LVO keine zu berücksichtigenden gewerblichen Einkünfte vorliegen und andererseits hinsichtlich der Vermietung des Zubaus zum Wohnhaus in ***Bf1-Adr*** von einer steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO auszugehen ist.

Von der belangten Behörde wurde mit Bescheid vom die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID) des Beschwerdeführers (Bf) mit begrenzt, weil keine unternehmerische Tätigkeit feststellbar gewesen sei. Die letzten Umsatzsteuervoranmeldungsdaten wurden demnach für 07-09/2021 eingereicht. In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde dazu ergänzend angeführt, dass lt. obigem BFG-Erkenntnis von Liebhaberei auszugehen sei.

Der in der Beschwerde enthaltene Verweis des Bf auf eine zu Aktenzahl ***Zl2*** anhängige außerordentliche Revision beim VwGH betr. Einkommensteuer 2013-2018 wäre nach Ansicht der belangten Behörde zum Nachweis der Unternehmereigenschaft des Bf nicht ausreichend gewesen. Wegen der Revision sei es dem Bf auch nicht möglich gewesen, Steuererklärungen abzugeben. Daraus dürfe die belangte Behörde aber nicht den Schluss ziehen, dass eine Aufgabe oder Nichtbestehen der unternehmerischen Tätigkeit vorliegen würde. Diese Revision wurde mittlerweile vom VwGH mit Beschluss vom ***Dat2*** zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen und den von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Unterlagen sowie den erteilten Auskünften.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 UStG 1994:

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(5) Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt

1. die von Funktionären im Sinne des § 29 Z 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 in Wahrnehmung ihrer Funktionen ausgeübte Tätigkeit;

2. eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei).

Art. 28 UStG 1994:

(1) Das Finanzamt hat Unternehmern im Sinne des § 2, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, oder innergemeinschaftliche Erwerbe bewirken oder zur Inanspruchnahme der Sonderregelung gemäß § 25b oder Art. 25a eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist nicht zu erteilen, wenn der Unternehmer nur Lieferungen oder sonstige Leistungen im Inland erbringt, die über eine Sonderregelung gemäß Art. 358 bis 369 der Richtlinie 2006/112/EG, gemäß Art. 369a bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG oder gemäß Art. 369l bis 369x der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat erklärt werden. Das Finanzamt hat Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen, wenn sie diese benötigen für

- innergemeinschaftliche Lieferungen,

- innergemeinschaftliche Erwerbe,

- im Inland ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die sie als Leistungsempfänger die Steuer entsprechend Art. 196 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung der Richtlinie 2008/8/EG schulden, oder für

- im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen, für die gemäß Artikel 196 der Richtlinie 2006/112/EG in der Fassung der Richtlinie 2008/8/EG der Leistungsempfänger die Steuer schuldet.

Der zweite Satz gilt - soweit er sich auf innergemeinschaftliche Erwerbe bezieht - für juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, entsprechend. Im Falle der Organschaft wird auf Antrag für jede juristische Person eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt. Der Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist schriftlich zu stellen. In dem Antrag sind Name, Anschrift und Steuernummer, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird, anzugeben. Der Bescheid über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist zurückzunehmen, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer maßgebend gewesen sind oder wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse zu Unrecht angenommen worden ist. Der Unternehmer ist verpflichtet, jede Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen sind, insbesondere die Aufgabe seiner unternehmerischen Tätigkeit, dem Finanzamt binnen eines Kalendermonats anzuzeigen.

§ 1 Liebhabereiverordnung 1993 (LVO):

(1) Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die - durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und - nicht unter Abs. 2 fällt. Voraussetzung ist, daß die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

(2) Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder

2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind oder

3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten. Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

§ 2 Liebhabereiverordnung 1993

(1) Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,

3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuß erzielt wird,

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

(4) Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

§ 6 Liebhabereiverordnung 1993:

Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn kann nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.

Liebhaberei kann gem. § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 nach der Judikatur (vgl. ) nur im Fall von Betätigungen nach § 1 Abs 2 LVO 1993 ("kleine Vermietungen") gegeben sein.

Die verlustträchtige Vermietung von privat nutzbarem Wohnraum iSd § 1 Abs 2 LVO 1993 unterliegt nicht der Umsatzsteuer und vermittelt kein Recht auf Vorsteuerabzug (; sowie ). Die gegenständliche Vermietung eines Zubaus zum Wohnhaus des Bf fällt demnach unter diesen Tatbestand.

Nachdem der Bf bei der Vermietung von Räumlichkeiten des Zubaus seines Wohnhauses die für diese Betätigung geltende Liebhabereivermutung des § 1 Abs. 2 Z 3 LVO nicht widerlegt hat, liegt eine steuerlich unbeachtliche Liebhabereitätigkeit vor.

Bei der gegenständlichen Einbringung via eBay gekaufter Forderungen handelt es um gewerbliche Einkünfte, die gem. § 1 Abs. 1 LVO keine steuerlich zu berücksichtigenden Einkünfte darstellen. Aus der Gegenüberstellung der in den Jahren 2006 bis 2018 vom Bf erzielten Ergebnisse aus dieser Tätigkeit (Verlust iHv € 37.506,74) wird deutlich, dass diese nicht durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen (vgl. BFG ***Dat***, ***Zl***). Eine Prüfung anhand der in § 2 Abs. 1 LVO angeführten Kriterien ergibt, dass die vereinzelt angefallenen Gewinne in keinem Verhältnis zu den Verlusten stehen und ist auch nicht absehbar, dass sich daran wegen der damit verbundenen hohen Kosten (etwa Notargebühren sowie Eintreibungskosten) etwas ändern könnte. Ein marktgerechtes Verhalten erscheint im Hinblick auf angebotene Leistungen hier gar nicht möglich und ist für den Bf auch eine Preisgestaltung - wenn überhaupt - dann nur sehr eingeschränkt machbar. In einer Gesamtbetrachtung kann daher nicht von einer Einkunftsquelle ausgegangen werden.

Da die verfahrensgegenständliche ao. Revision mittlerweile vom VwGH mit Beschluss vom ***Dat2*** zurückgewiesen wurde, ist - entsprechend dem angeführten BFG-Erkenntnis - bei den gewerblichen Einkünften von Liebhaberei iSd § 1 Abs. 1 LVO und bei den Vermietungseinkünften von einer solchen iSd § 1 Abs. 2 Z 3 LVO 1993 auszugehen.

Hinsichtlich der Einbringung gekaufter Forderungen ist auf eine einschlägige UFS-Entscheidung vom , RV/1341-L/10 hinzuweisen, wo sowohl der VfGH, B 628/2011 als auch der VwGH, 2011/15/0125 eine Behandlung der Beschwerde mit Beschluss abgelehnt haben.

In umsatzsteuerlicher Hinsicht liegt im konkreten Fall gem. § 2 Abs. 1 UStG 1994 keine unternehmerische Tätigkeit vor, weil für den erkennenden Richter eine Absicht zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen hier nicht erkennbar ist. Zudem mangelt es bei den vorliegenden Einkünften aus der Einbringung gekaufter Forderungen überhaupt an einer leistungsbezogenen Gegenleistung, weshalb hier keine auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit vorliegt (). Da nach Zurückweisung der gegenständlichen Revision im Bereich der Einkommensteuer von einer Betätigungen iSd § 1 Abs. 1 LVO auszugehen ist, kommt eine umsatzsteuerliche Liebhabereibeurteilung demnach gar nicht in Betracht (; ).

Die belangte Behörde hat bei den gewerblichen Einkünften die fehlende unternehmerische Tätigkeit nicht ausreichend begründet. Es wurde dabei lediglich auf das angeführte BFG-Erkenntnis und die anhängige Revision verwiesen sowie darauf, dass keine Umsatzsteuervoranmeldung mehr abgegeben und keine Umsätze erklärt wurden. Es ist für den erkennenden Richter aber auch nicht nachvollziehbar, warum es wegen einer anhängigen Revision dem Bf nicht möglich gewesen sein soll, Steuererklärungen abzugeben. Es wurde von ihm auch verabsäumt, geeignete Nachweise für das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit vorzulegen. Hinsichtlich der vom Bf eingewendeten fehlenden Ermittlungstätigkeit durch das Finanzamt wird auf die umfangreichen Erhebungen im Zuge der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2020 vom verwiesen.

Bei Abwägung aller Umstände ist aber festzustellen, dass von der belangten Behörde - im Hinblick auf die tatsächlich fehlende unternehmerische Tätigkeit des Bf - die Gültigkeit der UID gem. Art. 28 Abs. 1 UStG 1994 zu Recht begrenzt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100025.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at