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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.05.2023, RV/5100761/2020

Wird einem berechtigten Mängelbehebungsverfahren nicht Rechnung getragen, ist die Beschwerde zwingend als zurückgenommen zu erklären

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Adr1Bf***, vertreten durch ***Stb1***, und durch ***RA2***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu Steuernummer ***BF1StNr2*** betreffend Einkommensteuervorauszahlung 2019 beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuervorauszahlung für 2019 und die Folgejahre mit 190.000,00 € festgesetzt. Begründend wurde auf die Tz. 20 des BP-Berichtes vom (Einkünfte aus Kapitalvermögen 2019) verwiesen.
Mit Schriftsatz vom wurde durch den ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2009 samt Wiederaufnahme, Einkommensteuer 2010 samt Wiederaufnahme, Umsatzsteuer 2012 samt Wiederaufnahme, Einkommensteuer 2012 samt Wiederaufnahme, Umsatzsteuer 2013, Einkommensteuer 2013, Umsatzsteuer 2014, Einkommensteuer 2014, Umsatzsteuer 2016, Einkommensteuer 2016, Umsatzsteuer 2017, Einkommensteuer 2017, Umsatzsteuer 4-6/2019 sowie Vorauszahlung Einkommensteuer 2019 das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.
Hinsichtlich der angefochtenen Punkte und der beantragten Änderungen wurde festgehalten, dass die angefochtenen Bescheide ihrem gesamten Inhalt nach angefochten würden. Bei der Wiederaufnahme sei die Bestimmung des § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO inhaltsleer, weil die Anfechtung nur die Aufhebung der angefochtenen Bescheide bezwecken könne. Ungeachtet dessen werde die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012 sowie betreffend Umsatzsteuer 2012 beantragt.
Bei den neu erlassenen Jahressteuerbescheiden 2009, 2010 und 2012 werde beantragt, sie ersatzlos aufzuheben. Ein solcher Antrag entspreche den Erfordernissen des § 250 Abs. 1 lit. b und c BAO. Bei den übrigen Sachbescheiden werde beantragt, die Abgaben erklärungskonform bzw. auf Basis dieses Beschwerdevorbringens festzusetzen.
Hinsichtlich der Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeschrift vorerst rein fristwahrend und solcherart relativ frei von einer Begründung sei, die zuverlässig bis Jahresende 2019 nachgeholt werde. Ein Mängelbehebungsauftrag sei nicht erforderlich. Zu dessen Vermeidung seien einige Eckpunkte der Begründung schon jetzt festgehalten:
Tz 3 Sonstige Einkünfte 2010: Dabei handle es sich um eine bloße Bekundung von Prüferseite, die über die Behauptungsebene nicht hinausgehe. Zumal die Formulierung im vorletzten Absatz "offensichtlich vereinnahmt hat" für fundierte Beweislosigkeit der Behörde spreche.
Tz 4 Einkünfte aus VuV 2015 - Superädifikate: Auch insoweit handle es sich um eine reine Spekulation der Behörde fernab der Beweis- und Tatsachenebene. Die Behörde habe in dieser Frage bislang nur Verwendung für jene Unterlagen gehabt, die mit den eigenen - rein ergebnisorientierten - Vorstellungen kompatibel seien. Ein schlüssiger Beweis für die hier aufgestellten Behauptungen sei dem Finanzamt jedenfalls nicht gelungen.
Tz 5 VuV Unterer Stadtplatz und Gewerbepark: Hier gelte das bisher Gesagte analog: Auch diese "Feststellung" sei angesichts einer völlig unzureichenden Ermittlungstätigkeit der Behörde relativ beweis- und feststellungsfrei gehalten.
Tz 7 Kfz-Nutzung MB CL 500 Automatik: Dazu werde auf das gesamte zur Einkommensteuer 2015 erstattete Vorbringen verwiesen.
Tz 9 Kosten Weiterverrechnungen 2012: An die kundenfreundliche Judikatur des EuGH sei erinnert (Stichworte: Sanetex, Barlis 06).
Tz 10 VuV ***1***: Das zitierte Erkennntis des , sei aufgehoben worden. Der VwGH habe die ao Revisionsschrift vom angenommen. Seither sei dieser Fall dort zu Ra 2018/15/0123 anhängig. Dieser nicht unwesentliche Umstand sei von Prüferseite völlig negiert worden.
Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass sich die bisherigen Ausführungen auf folgenden Punkt bringen lassen würden: "Der auffallend ergebnisorientierte Prüfer - aus seiner Feder ist über viele Jahre hinweg noch keine einzige Erledigung zu Gunsten meines Mandanten ausgegangen - unternimmt hier den nächsten Anlauf, mit Hilfe beweisfreier Bekundungen zu einem Ergebnis zu gelangen, das seinen Vorstellungen entspricht. Doch bleibt davon angesichts des Fehlens schlüssiger Beweise nicht allzu viel übrig. Das gilt auch für die weiteren Feststellungen, ohne dass hier und jetzt näher darauf einzugehen ist".

Mit Bescheid vom (Mängelbehebungsauftrag) wies das Finanzamt darauf hin, dass die Beschwerde vom gegen Einkommensteuer 2009 samt Wiederaufnahme, Einkommensteuer 2010 samt Wiederaufnahme, Umsatzsteuer 2012 samt Wiederaufnahme, Einkommensteuer 2012 samt Wiederaufnahme, Umsatzsteuer 2013, Einkommensteuer 2013, Umsatzsteuer 2014, Einkommensteuer 2014, Umsatzsteuer 2016, Einkommensteuer 2016, Umsatzsteuer 2017, Einkommensteuer 2017, Umsatzsteuer 4-6/2019 sowie Vorauszahlung Einkommensteuer 2019 durch das Fehlen eines Inhaltserfordernisses einen Mangel aufweise, es fehle die Begründung. Diese sei bis nachzuholen. Bei Versäumung der Frist gelte die Beschwerde als zurückgenommen.

Mit Schreiben vom führte die beschwerdeführende Seite "in offener (bis heute verlängerter)" Frist im Wesentlichen aus, dass der Mängelbehebungsauftrag nicht zulässig sei, weil er nur beim gänzlichen Fehlen einer Begründung ergehen dürfe, nicht wenn eine Begründung unschlüssig oder inhaltlich unzutreffend sei. Eine Begründung liege vor, wenn ihr zu entnehmen sei, welche Unrichtigkeiten der Beschwerdeführer dem Bescheid aus welchen Gründen zuschreiben will. Die Beschwerdeschrift vom enthalte eine bewusst und explizit so bezeichnete Begründung. Die dargelegten Eckpunkte würden den Minimalanforderungen einer Begründung genügen.
In Zusammenhang mit der zusätzlichen Begründung der Beschwerde wies der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers darauf hin, dass das gegenständliche Verfahren unter gravierenden Feststellungsmängel leide, es zu einer unstatthaften Umkehr der Beweislast komme und eine Beweiswürdigung überhaupt fehle.
Zu den Feststellungen des BP-Berichtes nahm die beschwerdeführende Partei in weiterer Folge über 23 Seiten Stellung. In Zusammenhang mit der Einkommensteuervorauszahlung 2019 bzw. mit Tz. 20 des BP Berichtes wurde Folgendes ausgeführt:
"Diese Feststellung - sie betrifft "nur" die Vorauszahlungen an ESt 2019 wird gesamthaft bestritten."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019 als unbegründet ab, weil der Vorhalt zur Erledigung der Beschwerde vom nicht beantwortet worden sei.

Mit Schriftsatz vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Vorlage der Beschwerde betreffend Einkommensteuervorauszahlung 2019 an das Bundesfinanzgericht. Die Begründung des Finanzamtes würde nicht zutreffen. Selbst wenn sie zutreffen würde, sei für das Finanzamt rein gar nichts gewonnen. In diesem Fall stünde der Einkommensteuerpflicht für die Darlehenszinsen der Ausfall der betrieblichen Forderungen des Beschwerdeführers gegenüber. Sie betrage selbst nach Ansicht des Finanzamtes (vgl. Tz. 20 des BP-Berichtes vom ) 6,121.959,66 €. Das seien 78 % der angemeldeten Forderungen von ATS 108 Mio. (umgerechnet 7,848.666,09 €). Dieser Forderungsausfall sei - sei es 2018, sei es in einem Vorjahr - steuermindernd zu berücksichtigen.
Die Einkommensteuervorauszahlungen 2019 seien so oder so unzutreffend: Entweder es bestehe keine Einkommensteuerpflicht auf die Zinsen, dann sei die Sache aus diesem Grund vom Tisch. Oder die Zinsen seien doch einkommensteuerpflichtig, dann dürfe logischerweise der betriebliche Forderungsausfall nicht unter den Tisch fallen. Doch das sei hier der Fall.

Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Beschwerde betreffend Vorauszahlungen Einkommensteuer 2019 an das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012, Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2012, Einkommensteuervorauszahlung 2019, Umsatzsteuer 2012, 2013, 2014, 2016, 2017 sowie 4-6/2019 die Begründung fehlt. Insofern sei der Mängelbehebungsauftrag vom jedenfalls zu Recht ergangen, mit dem aufgetragen wurde, die Mängel bis zu beheben. Laut Auskunft des Finanzamtes sei kein Fristverlängerungsansuchen eingebracht worden. Das würde bedeuten, dass das Schreiben vom , soweit es die Mängelbehebung betrifft, verspätet eingebracht wurde. Sollte tatsächlich kein Fristverlängerungsansuchen eingebracht worden sein, wäre die Beschwerde vom , soweit sie die Wiederaufnahme Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012, Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2012, Einkommensteuervorauszahlung 2019, Umsatzsteuer 2012, 2014, 2016, 2017 sowie 4-6/2019 betrifft (Umsatzsteuer 2013 wurde bereits erledigt), gemäß § 85 Abs. 2 BAO für zurückgenommen zu erklären. Um eine schriftliche Stellungnahme bis werde ersucht!

Mit Schreiben vom legte die beschwerdeführende Partei einen Schriftsatz vom vor, mit dem die Verlängerung zur Erledigung des Mängelbehebungsauftrages bis beantragt wurde. Eine Kopie der entsprechenden Seite des Postaufgabebuches wurde dem Schreiben beigelegt.

2. Rechtliche Grundlagen

§ 85 BAO lautet - soweit gegenständlich relevant -:
(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 250 Abs. 1 BAO lautet:
Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

§ 269 BAO lautet:
(1) Im Beschwerdeverfahren haben die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Dies gilt nicht für:
a) § 245 Abs. 3 (Verlängerung der Beschwerdefrist),
b) §§ 262 und 263 (Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung),
c) §§ 278 Abs. 3 und 279 Abs. 3 (Bindung an die für den aufhebenden Beschluss bzw. für das Erkenntnis maßgebliche Rechtsanschauung).
(2) Die Verwaltungsgerichte können das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihnen selbst zu bestimmende Abgabenbehörde durchführen oder ergänzen lassen.
(2a) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung die Voraussetzungen und das Verfahren für die Möglichkeit einer Abgabenberechnung durch die Amtspartei (§ 265 Abs. 5) festzulegen.
(3) Der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter kann die Parteien zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie zur Beilegung des Rechtsstreits laden. Über das Ergebnis ist eine Niederschrift anzufertigen.

§ 278 Abs. 1 BAO lautet:
Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3. Rechtliche Erwägungen

Zunächst ist festzustellen, dass das Finanzamt Österreich gemäß § 323b Abs. 1 BAO an die Stelle des den angefochtenen Bescheid erlassenden Finanzamtes ***FA*** getreten ist.

Aus § 278 Abs. 1 BAO ergibt sich, dass das Bundesfinanzgericht zuerst zu überprüfen hat, ob die Beschwerde mit Beschluss als unzulässig oder als zu spät zurückzuweisen (§ 260) oder als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären ist.

Eine gesetzeskonforme Beschwerde hat sämtliche in § 250 Abs. 1 BAO genannten Merkmale kumulativ zu enthalten. Das sind die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet; die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; die Erklärung, welche Änderung beantragt wird und eine Begründung.

Inhaltliche Mängel liegen nur vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Entspricht eine Beschwerde diesen inhaltlichen Erfordernissen nicht, berechtigt dies die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung der Beschwerde. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde vielmehr - verpflichtend - ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung der betreffenden Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die als Beschwerde intendierte Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht (vgl. § 85 Abs. 2 BAO).

Das Erlassen eines Mängelbehebungsauftrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO, ist die Behörde verpflichtet, einen derartigen Auftrag zu erlassen. Enthält eine Beschwerde hingegen ein Anfechtungssubstrat, welches unabhängig von einem allfälligen weiteren Vorbringen einer meritorischen Erledigung zugänglich ist, kommt ein Vorgehen nach § 85 Abs. 2 BAO nicht mehr in Betracht (vgl. mit Verweis auf ).

Im vorliegenden Fall ging das Finanzamt davon aus, dass die Beschwerde vom keine Begründung enthält - und dies hinsichtlich sämtlicher von der Beschwerde erfasster Abgabenbescheide. Ein Mängelbehebungsauftrag wird nicht allein dadurch verbindlich, dass ihn die Behörde erteilt. Seine Verbindlichkeit ist auch davon abhängig, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ihn vorliegen und er diesen entspricht ().

Das bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass im ersten Schritt zu prüfen ist, ob das Finanzamt berechtigt war, einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen, das heißt, ob die Beschwerde tatsächlich keine Begründung enthält.

Von einem gänzlichen Fehlen einer Begründung ist erst dann auszugehen, wenn eine Beschwerde keine Ansatzpunkte dafür erkennen lässt, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll. Dem Fehlen einer Begründung ist nicht gleichzuhalten, wenn eine Begründung allenfalls unschlüssig oder inhaltlich unzutreffend ist ().

Im Rechtssatz zur Entscheidung des , wurde Folgendes festgehalten: "Wird in einem Schriftsatz gegen mehrere verschiedene Abgabenvorschreibungen oder Feststellungsbescheide Beschwerde erhoben, hat sich die Begründung der Beschwerde (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO) mit jeder dieser Abgabenvorschreibungen oder Feststellungsbescheide in irgendeiner Form auseinander zu setzen. Wird hinsichtlich einer der bekämpften Abgabenvorschreibungen oder Feststellungen keine Begründung vorgebracht, liegt ein in diesem Punkt inhaltlicher Mangel der Beschwerde vor, dem mit Mängelbehebung (§ 85 Abs. 2 BAO) zu begegnen ist. Wird die in diesem Punkt mangelhafte Beschwerde nicht oder nicht rechtzeitig verbessert, ist die Beschwerde in diesem Punkt als zurückgenommen zu erklären."

Das bedeutet, es muss festgestellt werden, ob bzw. inwieweit sich die Begründung der Beschwerde vom mit sämtlichen angefochtenen Bescheiden auseinandersetzt.

Die Beschwerde vom enthält "einige Eckpunkte der Begründung" in der Form, dass die beschwerdeführende Partei zu einigen Textziffern des Betriebsprüfungsberichtes vom jeweils eine kurze Stellungnahme hat. Auch wenn diese Ausführungen äußerst kurz gefasst und nicht wirklich stichhaltig sind, lassen sie erahnen, dass der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass die vom Betriebsprüfer in den einzelnen Textziffern getroffenen Feststellungen nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entsprechen würden und die diesbezüglichen Zurechnungen zu Unrecht erfolgt seien. Insofern kann nicht von einem Fehlen der Begründung ausgegangen werden. Allerdings setzt sich diese kurze Begründung nicht mit sämtlichen mit der Beschwerde vom angefochtenen Bescheiden auseinander. Wie bereits im Ergänzungsersuchen vom dargestellt wurde, fehlt in Zusammenhang mit der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012, Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2012, Einkommensteuervorauszahlung 2019, Umsatzsteuer 2012, 2013, 2014, 2016, 2017 sowie 4-6/2019 die Begründung gänzlich. Insofern erfolgte der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom jedenfalls zu Recht.

Mit Beschluss des Finanzamtes vom wurde der beschwerdeführende Partei gemäß § 85 Abs. 2 BAO aufgetragen, die in der Beschwerde vom fehlende Begründung bis zum nachzuholen, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Einen entsprechenden Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurücknahmefiktion enthielt der gegenständliche Mängelbehebungsauftrag somit, sodass den Erfordernissen des § 85 Abs. 2 BAO genüge getan wurde.

In einem weiteren Schritt ist nunmehr zu klären, ob die bestehenden Mängel der Beschwerde vom fristgerecht beseitigt wurden.

Der Mängelbehebungsauftrag muss eine angemessene Frist enthalten, binnen der die Behebung des Mangels erfolgen muss. Im Rechtssatz zum Erkenntnis vom , 2010/15/0024, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Wenn die zur Mängelbehebung eingeräumte Frist jener entspricht, die der Berufungswerber selbst zur Nachreichung der fehlenden Begründung in Aussicht stellte, kann diese Frist nicht als unangemessen erkannt werden (vgl. Ritz, BAO3, § 275 Tz 12; sowie das hg. Erkenntnis vom , 1114/74, ÖStZB 1975, 97)."

Dass die im gegenständlichen Mängelbehebungsauftrag dazu gesetzte Frist unangemessen gewesen wäre, kann nicht erkannt werden, hat doch die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde vom selbst darauf hingewiesen, dass diese Beschwerdeschrift vorerst rein fristwahrend und relativ frei von einer Begründung sei, die zuverlässig bis Jahresende 2019 nachgeholt werde.

Im Rechtssatz zum Erkenntnis vom , Ra 2022/15/0083, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Bescheidbeschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache Bezug nehmenden, vom BFG im Sinne des § 278 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassenden Beschluss nicht begründet, sondern festgestellt, und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage im Anwendungsbereich des § 275 BAO vor dessen Aufhebung durch BGBl. I Nr. 20/2009 , mwN)."

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Verlängerung der Frist zur Mängelbehebung bis . Mit Schreiben vom wurde grundsätzlich die fehlende Begründung nachgereicht. Nur hinsichtlich der Beschwerde betreffend Einkommensteuervorauszahlung 2019 wurde dem Mängelbehebungsauftrag nicht Rechnung getragen. Es wurde ausgeführt: "Diese Feststellung - sie betrifft "nur" die Vorauszahlungen an Einkommensteuer 2019 - wird gesamthaft bestritten."

"Die Berufungsbegründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO soll der Behörde aufzeigen, aus welchen Gründen der Berufungswerber sein Berufungsbegehren für gerechtfertigt bzw. erfolgversprechend hält (vgl. Ritz, BAO4, § 250 Tz 14). Die Begründung soll aufzeigen, was der Berufungswerber anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2576). Nicht näher begründete Behauptungen, eine vorgeschriebene Abgabe oder festgestellte Bemessungsgrundlage sei zu hoch, stellen keine ausreichende Begründung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0223)." (vgl. )

Wenn die beschwerdeführende Partei ausführt, eine Feststellung der Betriebsprüfung werde "gesamthaft bestritten", so ist daraus nicht erkennbar, worin die Unrichtigkeiten des bekämpften Bescheides gelegen sein sollen. Diese Behauptung stellt keine ausreichende Behauptung dar, die bereits in der Beschwerde fehlende Begründung wurde damit nicht nachgeholt, der berechtigte Mängelbehebungsauftrag wurde nicht erfüllt.

Gemäß § 264 Abs. 3 BAO gilt eine Bescheidbeschwerde, zu der eine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist, von der Einbringung eines Vorlageantrages an wiederum als unerledigt. Entsprechend hat die gegenständliche Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über die Bescheidbeschwerde vom und nicht über die dazu ergangenen Beschwerdevorentscheidungen abzusprechen.

Zusammenfassend ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Beschwerde vom - soweit sie Einkommensteuervorauszahlung 2019 betrifft - nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO entsprach. Insofern erging der Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes vom gesetzeskonform. Des weiteren wurde dargelegt, dass diesem Mängelbehebungsauftrag nicht fristgerecht (bis ) nachgekommen wurde. Die weitere Folge ergibt sich direkt aus dem Gesetzestext des § 85 Abs. 2 iVm § 278 Abs. 1lit b BAO, wonach die Beschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes für zurückgenommen zu erklären ist. Der Eintritt dieser Folge wird nicht durch diesen Beschluss begründet, sondern festgestellt. (vgl. )

Aus verwaltungsökonomischen Überlegungen räumt der Gesetzgeber in § 274 Abs. 3 Z. 2 BAO die Möglichkeit ein, im Falle von Formalerledigungen (§ 278 BAO) von der mündlichen Verhandlung abzusehen. Da im gegenständlichen Fall eine Zurücknahmeerklärung nach § 85 Abs. 2 BAO zu erfolgen hat, ist es nicht zweckmäßig, die von der beschwerdeführenden Partei beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde vom , soweit sie die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012, Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2012, Einkommensteuer 2009, 2010, 2012, 2013, 2014, 2016 und 2017 sowie Umsatzsteuer 2012, 2016 und 2017 betrifft, in anderen Verfahren einer Erledigung zugeführt werden wird.

4. Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 269 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100761.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at