Erbschaftsteuer - Auslegung einer letztwilligen Anordnung (Vorausvermächtnis oder Teilungsanordnung)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten) vom betreffend Erbschaftssteuer zu ***ERfNr***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert wie folgt:
Die Erbschaftsteuer wird gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG festgesetzt mit € 2770,34
(2 % einer Bemessungsgrundlage von € 138.517,00).
Das darüber hinausgehende Begehren wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Erbanfall/letztwillige Verfügung/Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung
Die am xx.xx2004 verstorbene Frau ***ERBL*** (kurz Erblasserin) hat mit letztwilliger Anordnung vom ihre Kinder ***A***, ***Bf1*** (der nunmehrige Beschwerdeführer, kurz Bf.) und ***C*** sowie ihren Lebensgefährten ***D*** ohne Nennung einer Quote zu Erben eingesetzt. Ihren Ehegatten ***WITWER*** setzte sie auf den Pflichtteil. und verfügte sie, dass er in Anrechnung auf den Pflichtteil Liegenschaften bzw Fruchtgenussrechte an diversen Liegenschaften erhalten soll.
Zu Gunsten der Erben traf sie umfangreiche Anordnungen über die Zuweisung einzelner Nachlasswerte (vor allem Liegenschaften), zu Gunsten des Bf. wie folgt:
"1) Zweifamilienhaus in ***PLZ***, ***1***
2) Eigentumswohnung in ***PLZ***, ***2***
3) Eigentumshälfte der Wohnung ***PLZ***, ***3***.
Diese 3 Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile hatten zum xx.xx2004 einen anteiligen 3-fachen Einheitswert von insgesamt € 200.842,53 (siehe dazu die folgende Aufstellung)
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EZ | Grundbuch | Adresse | Anteil | ant. 3-facher EW |
***EZ*** | ***a*** | ***1*** 52 | 1/1 | 150.868,80 |
***EZ*** | ***b*** | ***2*** | 35/5781 | 19.176,24 |
***EZ*** | ***c*** | ***3*** | 52/16829 | 30.797,49 |
Summe | 200.842,53 |
Aufgrund der letztwilligen Anordnung hat ua der Bf. eine Erbserklärung abgegeben.
Am schloss der Bf. mit den übrigen Miterben (Dr. ***A*** ***B***, ***C*** und ***D***) ein Erbteilungsübereinkommen ab und wurde darin ua. vereinbart, dass der Bf. folgende Liegenschaften aus dem Nachlass erhält
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EZ | Grundbuch | Adresse | Anteil | ant. 3-facher EW |
***EZ*** | ***a*** | ***4*** | 66/2114 | 22.032,93 |
***EZ*** | ***a*** | ***1*** 52 | 1/1 | 150.868,80 |
***EZ*** | ***b*** | ***2*** | 35/5781 | 19.176,24 |
Summe | 192.077,97 |
Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes ***X*** vom (rechtskräftig und vollstreckbar seit ) wurde der Nachlass nach Frau ***ERBL*** dem Bf zu einem Viertel eingeantwortet. Weiters wurde ausgesprochen, dass auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung und im Zusammenhang mit dem Erbteilungsübereinkommen vom Grundbuchseintragungen vorzunehmen sein werden, darunter zu Gunsten des Bf. bei den oben angeführten 3 Liegenschaften.
Kenntnis des FA vom Erwerb von Todes wegen durch den Bf
Nach der Aktenlage wurde der Erwerbsvorgang vom Bf. dem (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienstelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA) nicht gemeldet, sondern erlangte das FA erst durch das Einlangen des Abhandlungsaktes des BG ***X*** ***xxx*** am Kenntnis davon, dass durch den Bf. ein Erwerb von Todes wegen nach der Erblasserin stattgefunden hat.
Zuvor sind dem FA lediglich die von der Erblasserin mit ***WITWER*** abgeschlossenen Schenkungsverträge auf den Todesfall hinsichtlich der Liegenschaften ***EZ*** ***e***, ***5*** (Schreiben vom ) sowie ***EZ*** ***d***, ***6*** (Schreiben vom ) angezeigt wurden. Den Schreiben war neben den Schenkungsverträgen nur eine Sterbeurkunde angeschlossen, Informationen über die Abgabe von Erbserklärungen/Annahme von Legaten enthalten diese Schreiben nicht.
Vorhalteverfahren des FA
Am ersuchte das FA den Bf. bekanntzugeben, ob die Vorauslegate lt. Testament vom angenommen wurden, um Übermittlung einer Auflistung der erhaltenen Vermögenswerte und der zur Zahlung übernommenen Schulden, um eine Bewertung des Fruchtgenussrechtes für den Pflichtteilsberechtigten ***WITWER*** pro Liegenschaft sowie um Übersendung des Einantwortungsbeschlusses in der Verlassenschaft nach ***WITWER***.
Mit Schriftsatz vom teilte der Bf. dem FA mit, dass er die Vorauslegate Zweifamilienhaus in ***PLZ***, ***1*** und Eigentumswohnung in ***PLZ***, ***2*** angenommen habe. Den Hälfteanteil an der Eigentumswohnung ***PLZ***, ***3*** habe er nicht angenommen und habe er auch nicht annehmen können, weil diese Hälfte seinem Vater ***WITWER*** als Ehemann der ***ERBL*** und Eigentümer des anderen Hälfteanteils per Gesetz zugewachsen sei.
An Vermögenswerten habe er das Zweifamilienhaus in ***PLZ***, ***1*** sowie die Eigentumswohnung in ***PLZ***, ***2*** erhalten. Laut Erbteilungsübereinkommen vom habe er zusätzlich noch die 66/2114 Anteile der Liegenschaft ***EZ*** KG ***a***, mit welchen das Wohnungseigentum an der Wohnung ***4*** verbunden sei, sowie gemäß Punkt 1.6 des Erbteilungsübereinkommens das übrige zum Nachlass gehörige Vermögen, wie im Protokoll des Gerichtskommissärs vom dargestellt, mit Ausnahme der bereits einvernehmlich aufgeteilten Fahrnisse, erhalten (aus endbesteuerten Kontenguthaben € 63.933,57, Realisat der endbesteuerten Sparbücher € 42.046,91).
Dazu übermittelte er eine Aufstellung der Liegenschaften mit folgendem Inhalt:
[...]
Weiters gab der Bf. dem FA die Höhe der übernommenen Schulden sowie der angefallenen Kosten bekannt.
Erbschaftssteuerbescheid
Mit Bescheid vom setzte das FA gegenüber dem Bf Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG ausgehend von einer Bemessungsgrundlage (Wert der Grundstücke) iHv € 175.553,00 unter Anwendung eines Steuersatzes von 2% mit € 3.511,06 fest.
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie zur Begründung enthält der Bescheid folgende Ausführungen:
[...]
Beschwerde
In der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde wandte der Bf. ein, dass laut dem vorliegenden Inventar Liegenschaften mit einem dreifachen Einheitswert von insgesamt € 554.071,05 verlassenschaftszugehörig seien.
Wie dem beiliegenden Beschluss des Landesgerichtes für ZRS vom , ***R*** zu entnehmen sei, sei eine Erbseinsetzung nach Köpfen anzunehmen. Aus diesem Grund sei auch in der Einantwortungsurkunde der Nachlass zu je einem Viertel eingeantwortet worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das FA die vorliegenden Einheitswerte von insgesamt € 554.071,05 für jeden Erben vierteln müssen, woraus sich für jeden Erben ein Anteil von € 138.517,76 ergebe.
Wenn man von diesem Betrag die sonstigen Kosten und Freibeträge abziehe ergebe sich ein steuerpflichtiger Erwerb von € 0,00, weshalb ihm eine Erbschaftsteuer nicht vorzuschreiben sei.
Die Erbschaftssteuer habe maximal vom Viertelanteil der dreifachen Einheitswerte der Liegenschaften von € 138.517,76 mit € 2.770,35 (2% gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG) ausgemessen werden dürfen.
Abschließend beantragte der Bf., den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Erbschaftsteuer mit Null festgesetzt werde, in eventu mit lediglich € 2.770,35.
Beschwerdevorentscheidung
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hielt das Finanzamt dem Folgendes entgegen:
"Das Finanzamt ist an die Feststellungen des Verlassenschaftsgerichts gebunden. Es ist richtig, dass mit Einantwortungsurkunde die Erbseinsetzung zu je einem Viertel erfolgte. Die mit Schenkungsvertrag auf dem Todesfall übertragenen Grundstücke sowie die nach dem Wohnungseigentumsgesetz dem Witwer angefallene Wohnung sind auszuscheiden. Jedoch wurden mit dem Testament der Erblasserin zahlreiche Grundstücke an bestimmte Personen legiert. Auch wenn die letztwillige Verfügung keine Erbseinsetzung enthält, so wurde sie trotzdem vom Gericht als gültig festgestellt und sind demnach die Legate bei den einzelnen Erwerbern zu berücksichtigen.Ihnen wurden daher die legierten ***EZ*** ***a*** ( ***1***) und ***EZ*** ***b** ( ***2***) zugerechnet. Lediglich die im Rahmen des Erbübereinkommens übertragenen ***EZ*** ***a*** ( ***4***) fällt in den Nachlass und Ihnen somit zu einem Viertel zu. Bei der Bemessung wurden jeweils die anteiligen Einheitswerte angesetzt ( ***EZ*** ***a*** € 150.868,80, ***EZ*** ***b** € 19.176,24 sowie ***EZ*** ***a*** ¼ Erbteil € 5.508,23)."
Vorlageantrag
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag betonte der Bf. nochmals, dass die Einantwortung mit einem Viertelanteil erfolgt sei. Nur darauf komme es bei der Bemessung der Erbschaftssteuer an. Wie diese Erbschaft dann von den Miterben aufgeteilt werde, sei für die Bemessung der Erbschaftssteuer nicht relevant. Sein Viertelanteil der dreifachen Einheitswerte der Liegenschaften betrage € 138.517,76 und hätte die Erbschaftsteuer maximal mit € 2.770,35 (2% gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG) ausgemessen werden dürfen.
Vorlage ans BFG
Mit Vorlagebericht vom (eine Ausfertigung davon wurde auch dem Bf. übermittelt) legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Darin gab das FA eine Stellungnahme mit folgendem Inhalt ab:
"Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegt u.a. der Erwerb von Todes wegen dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. Die Aufhebung dieser Bestimmung durch den VfGH mit Erkenntnis vom , G 54/06 u.a. trat mit in Kraft. Die Aufhebung der Gesetzesstelle bedeutet, dass diese auf Sachverhalte, die sich vor dem ereignet haben, weiterhin anzuwenden ist.
Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Die im Testament vermachten Vorauslegate wurden vom Bf angenommen. Nach Auffassung des UFS ist im Zweifel ein echtes Vorausvermächtnis anzunehmen. Eine Qualifikation als unechtes Vorausvermächtnis (Hineinvermächtnis), welches auf den Erbteil anzurechnen ist, findet nur statt, wenn dies vom Erblasser ausdrücklich angeordnet ist (-K/05).
Im gegenständlichen Fall liegen zweifelsfrei echte Vorauslegate vor. Dies wurde vom Bf in seinem Schreiben vom auch bestätigt, heißt es doch in diesem Schreiben: "Ich habe die Vorauslegate Zweifamilienhaus in ***PLZ***, ***1*** und Eigentumswohnung in ***PLZ***, ***2*** angenommen."
Eine quotenmäßige Aufteilung der Einheitswerte - wie dies der Bf begehrt - ist jedenfalls nicht vorzunehmen.
Die Mindeststeuer gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG ist auch dann zu erheben, wenn sich im Übrigen keine Erbschaftssteuerschuld ergibt, wenn die Zuwendung infolge des Abzuges von Freibeträgen und Verbindlichkeiten ganz oder zum Teil steuerfrei bleibt.
Antrag des Finanzamtes: Das Finanzamt beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom nahm der Geschäftsverteilungsausschuss (ua) die gegenständliche Rechtssache gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 1005 zum Stichtag ab und wurde diese der Gerichtsabteilung 1062 zur Erledigung zugewiesen.
Beweisaufnahme durch die zuständige Richterin
Die nunmehr zuständige Richterin nahm zunächst Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile. Weiters wurde vom BG ***X*** der Abhandlungsakt ***xxx*** angefordert und dieser eingesehen und ergibt sich daraus der dargestellte Verfahrensablauf.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die am xx.xx2004 verstorbene Frau ***ERBL*** hat mit letztwilliger Anordnung vom , bekräftigt am , ihre 3 Kinder, ***A***, ***Bf1***, ***C*** sowie ihren Lebensgefährten ***D*** ohne Nennung einer Quote zu Erben eingesetzt.
Ihren Ehegatten ***WITWER*** setzte sie auf den Pflichtteil. und verfügte sie, dass er in Anrechnung auf den Pflichtteil Liegenschaften bzw Fruchtgenussrechte an diversen Liegenschaften erhalten soll.
Weiters enthält die letztwillige Anordnung vom folgende Vermögenszuteilung:
"Meinen Nachlaß vererbe ich wie folgt:
***A***
…
***Bf***
"1) Zweifamilienhaus in ***PLZ***, ***1***
2) Eigentumswohnung in ***PLZ***, ***2***
3) Eigentumshälfte der Wohnung ***PLZ***, ***3***. Mein Mann erbt den Fruchtgenuß meiner Liegenschaften, abgesehen von den bereits auf Seite 2) erwähnten Liegenschaften nur dann, wenn er bereits nach meinem Tode die Hälfte der Wohnung in ***PLZ***, ***3*** meinem Sohn, ***Bf***, schenkt.
Die Wohnung ***xxxx*** hat mein Sohn bereits als Voraus erhalten.
***C***
…
***D***
…
Soweit noch vorhanden sollen meine Kinder je ein Sparbuch von € 7.267,-- erhalten. …
Ich hoffe, dass ich mein Vermögen gerecht verteilt habe. …."
Im Zeitpunkt ihres Todes war die Erblasserin (Mit-)Eigentümerin folgender Liegenschaften mit nachstehend angeführtem anteilige dreifachen Einheitswert von in Summe € 748.164,39
[...]
Der Hälfteanteil an den Liegenschaften ***EZ*** ***e***, ***5*** (ant EW 83.283,06) sowie ***EZ***, ***d***, ***6***, (anteiliger EW 80.012,79) wurde auf Grund von der Erblasserin abgeschlossenen Schenkungsverträgen auf den Todesfall durch ihren Ehegatten ***WITWER*** erworben.
Die halbe Eigentumswohnung ***PLZ***, ***3*** (52/16829 Anteile an der EZ ***EZ*** KG ***c*** (ant EW € 30.797,49) ist auf Grund des Gesetzes ***WITWER*** als Wohnungseigentümer der 2. Hälfte angewachsen.
Am erklärte der Bf. gegenüber dem Verlassenschaftsgericht die ihm zugedachten Legate anzunehmen und beantragte er hinsichtlich der vermachten Liegenschaften um Übersendung einer Amtsbestätigung. Gleichzeitig ersuchte er um Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Erbserklärung (Akt ***xxx***, ON 71).
Am gab der Bf. gegenüber dem BG ***X*** auf Grund des Testaments vom / eine bedingte Erbserklärung mit dem Zusatz "Die Bestimmung der Erbquote bleibt vorbehalten" ab.
Weiters gaben aufgrund der letztwilligen Anordnung ***D*** und ***C*** zu jeweils einem Viertel und ***A*** zu einem Drittel des Nachlasses Erbserklärungen ab.
Diese Erbserklärungen wurden vom BG ***X*** beschlussmäßig zu Gericht angenommen.
Mit Beschluss vom (ON 129) wies das BG ***X*** den Antrag des Bf. vom auf "Übersendung" einer Amtsbestätigung ab (Punkt 4. des Beschlusses) und sprach gleichzeitig aus, dass die Einantworungsurkunde erlassen und mit deren Rechtskraft die Verlassenschaft für beendet erklärt wird (Punkt 5. des Beschlusses). Die Entantortungsurkunde vom sah eine Einantwortung an den Bf. zu einem Sechstel des Nachlasses vor.
Die Abweisung des Antrages auf "Übersendung" einer Amtsbestätigung wurde vom BG ***X*** auszugsweise wie folgt begründet
"Der erbserklärte Miterbe ***Bf1*** hat der Gericht gegenüber erklärt die im Testament zugedachten Legate, nämlich die Liegenschaften … und das vermachte Sparbuch anzunehmen und weiteres hinsichtlich vermachten Liegenschaften "eine Amtsbestätigung zur Verbücherung zu übersenden" (womit wohl gemeint war hinsichtlich des vorgenannten Liegenschaftsvermögens die Ausstellung einer Amtsbestätigung zu beantragen).
Der Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung war abzuweisen, da zugunsten von Erben gemäß ständiger Rechtsprechung eine Amtsbestätigung nicht auszustellen ist, da es sich hiebei nicht um ein Vorausvermächtnis handelt. Die diesbezügliche Anordnung der Erblasserin ist eine Teilungsanordnung ("Meinen Nachlass vererbe ich wie folgt:"), sohin ein Hineinvermächtnis. Im übrigen liegt auch keine Zustimmung der Miterben zur Ausstellung einer Amtsbestätigung vor."
Gegen den Mantelbeschluss und die Einantwortungsurkunde vom erhob ua der Bf. Rekurs. Bekämpft wurde von ihm sowohl die Abweisung seines Antrages auf "Übersendung einer Amtsbestätigung" als auch der Ausspruch über die Erbquote und begehrte er die Erbquote zu seinen Gunsten auf 37% zu erhöhen. Diese Quote errechnete der Bf. aus dem Verhältnis der gemeinen Werte der ihm zugedachten Vermögenswerte zur Summe aller Vermögenswerte.
Gleichzeitig mit dem Rekurs vom ergänzte der Bf. seine Erbserklärung dahingehend, dass diese auf 37% des Nachlasses lautet.
Mit Beschluss vom , ***R*** (= ON 154) hob das ZRS Wien die Einantwortungsurkunde und die Punkte 3) und 5) des Mantelbeschlusses auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zur Begründung verwies das Rekursgericht auf das Vorliegen widerstreitender Erbserklärungen, weshalb das Erstgericht daher zunächst ein Verfahren gemäß §§ 125 ff AußstrG aF einzuleiten und unter Verteilung der Parteirollen eine Verweisung auf den strittige Rechtsweg zur Klärung der Erbansprüche vorzunehmen haben wird. Erst nach rechtskräftiger Erledigung dieser Rechtsstreite oder nach Ablauf der zu setzenden Frist zur Einleitung eines solchen Verfahrens könne abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang der Nachlass den erbansprechenden Personen einzuantworten sein wird.
Der Punkt 4) des Mantelbeschlusses (Abweisung des Antrages auf Übersendung einer Amtsbestätigung) hingegen wurde vom Rekursgericht bestätigt, weil der Bf. sich auf Legate, die gleichzeitig aber Grundlage für seine behauptete Erbseinsetzung seien, berufe. Es sei daher zunächst im streitigen Rechtsweg zu entscheiden sei, ob der Bf. als Erbe ausscheide.
Mir Beschluss des BG ***X*** vom wurde auf Grund der widerstreitenden Erbserklärungen ***A*** die Klägerrolle gegen ***C***, ***D*** und dem Bf. zugewiesen und dieser eine Frist zur Einbringung einer Klage eine Frist vom 8 Wochen gesetzt.
Mit Beschluss des ZRS Wien vom , ***R*** (ON 209) wurde der Beschluss des BG ***X*** vom dahingehend abgeändert, dass ***A*** lediglich gegen ***D*** gemäß § 125 AußStrG als Klägerin aufzutreten hat um zunächst zu klären, ob ***D*** erbunwürdig ist. Erst nach Beendigung des Erbrechtsstreites zwischen ***A*** und ***D*** wäre allenfalls ein weiteres Verfahren nach § 125 AußStrG alt zur Verteilung der (weitern) Klägerrollen einzuleiten. Bei einer Bestimmung der Erbquoten auf Grund der zugedachten Vermögenswerte komme es auf den Umfang des Vermögens im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung und nicht auf den Todeszeitpunkt an. Auch diese Frage der Auslegung der letztwilligen Verfügung sei im streitigen Rechtsweg zu klären.
In der Folge nahm ***A*** von einer Klagsführung gegen ***D*** Abstand und modifizierte sie ihre Ersberklärung dahin, dass sie die Einantwortung nur mehr zu einem Viertel beantragte (ON 215)
Mit Beschluss des BG ***X*** vom wurde infolge der weiterhin vorliegenden widerstreitenden Erbserklärungen dem Bf. gemäß § 125 AußStrG alt die Klägerrolle im Erbrechtsstreit gegen ***A***, ***C*** und ***D*** zugewiesen und zur Einbringung einer Klage eine Frist vom 8 Wochen gesetzt.
Dem dagegen vom Bf. eingebrachte Rekurs wurde vom ZRS Wien mit Beschluss vom , ***R*** (ON 263) nicht Folge gegeben. In der Begründung führte das ZRS Wien ua aus, dass im vorliegenden Testament im Zweifel keine definierte Erbteilung nach bestimmten Erbteilen im Sinn des § 555 ABGB vorgesehen sei, weshalb nach dieser Bestimmung eine Erbseinsetzung nach Köpfen anzunehmen sei. Somit habe das Erstgericht dem dagegen ankämpfenden Rekurswerber zu Recht die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zugewiesen.
Der dagegen vom Bf. eingebrachte außerordentliche Revisionsrekurs wurde vom OGH am , ***Ob*** zurückgewiesen.
In der Folge nahm der Bf. von einer Klagsführung Abstand und kam es schließlich am zum Abschluss eines Erbteilungsübereinkommens zwischen den 4 Erben. In diesem Erbteilungsübereinkommen ist zentraler Punkt die Verteilung der Liegenschaften der Erblasserin zwischen den 4 Miterben und wurde darin festgelegt, dass der Bf. aus dem Nachlass folgende Liegenschaften erhält:
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EZ | Grundbuch | Adresse | Anteil |
***EZ*** | ***a*** | ***4*** | 66/2114 |
***EZ*** | ***a*** | ***1*** 52 | 1/1 |
***EZ*** | ***b*** | ***2*** | 35/5781 |
Weiters wurden im Erbteilungsübereinkommen auch die Verteilung der übrigen Vermögenswerte und der Erträgnisse für die Zeit seit dem Tod der Erblasserin geregelt. Als Wertausgleich verpflichtete sich der Miterbe ***D*** eine Zahlung an die Miterbin ***A*** zu leisten. Hinsichtlich der im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens entstandenen und noch entstehenden Kosten wurde eine Kostentragung zu je einem Viertel vereinbart. Bei Abschluss dieses Erbübereinkommens gingen die 4 Miterben davon aus, dass sie zu gleichen Teilen als Erben von der Erblasserin eingesetzt wurden und ihnen wertmäßig gleiche Vermögenswerte zukommen sollen.
Dieses Erbteilungsübereinkommen wurde von den Erben am dem BG ***X*** mit dem Antrag auf Erlassung der Einantwortungsurkunde und Einantwortung zu je einem Viertel vorgelegt.
Mit Einantwortungsurkunde vom (rechtskräftig und vollstreckbar seit ) wurde der Nachlass nach Frau ***ERBL*** dem Bf zu einem Viertel eingeantwortet und gleichzeitig ausgesprochen, dass auf Grund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung und im Zusammenhang mit dem Erbteilungsübereinkommen vom Grundbuchseintragungen vorzunehmen sein werden, darunter zu Gunsten des Bf. hinsichtlich folgender Liegenschaften:
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EZ | Grundbuch | Adresse | Anteil |
***EZ*** | ***a*** | ***4*** | 66/2114 |
***EZ*** | ***a*** | ***1*** 52 | 1/1 |
***EZ*** | ***b*** | ***2*** | 35/5781 |
Am verfügte das BG ***X*** die Übersendung des Abhandlungsaktes ans FA und langte in der Folge der Abhandlungsakt ***xxx*** am beim FA ein.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den eingesehenen Unterlagen (insbesondere dem Abhandlungsakt) und dem damit im Einklang stehenden Vorbringen des Bf. in seinen Schriftsätzen.
Bereits der Wortlaut der letztwilligen Anordnung spricht dafür, dass darin auch eine Erbseinsetzung - bloß ohne Festlegung von Erbquoten - von der Erblasserin angeordnet wurde. Davon wurde auch in sämtliche Gerichtsentscheidungen (sowohl des BG ***X***, des ZRS Wien als auch des Obersten Gerichtshofes) ausgegangen. Die Ansicht des FA in der BVE, dass die letztwillige Verfügung keine Erbseinsetzung enthalte, ist daher für das BFG nicht nachvollziehbar. Zu den Ausführungen des FA im Vorlagebericht, dass "zweifelsfrei echte Vorauslegate" vorlägen, weil dies der Bf. in seinem Schreiben vom bestätigt habe, wird bemerkt, dass dieses Schreiben im Zusammenhang mit der Anfrage des FA zu sehen ist, in dem von Vorausvermächtnissen die Rede ist.
Das über mehrere Jahre andauernde Abhandlungsverfahren, in dem von den Miterben zahlreiche Entscheidungen wechselseitig durch Rechtsmittel bekämpft wurden (der Abhandlungsakt umfasste insgesamt 6 Bände) war geprägt davon, dass zwischen den Miterben keine Einigkeit über die Auslegung der letztwilligen Verfügung bestand. Es kann daher hier ausgeschlossen werden, dass die letztendliche Einigung der Miterben auf eine Erbquote je Erbe von einem Viertel und der Abschluss des Erbübereinkommens darauf beruhen, dass sich die Miterben wechselseitig etwas zuwenden wollten, dass nicht dem Willen der Erblasserin entsprach. Es wird daher davon bei der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass die Erblasserin die 4 Erben wertmäßig gleichteilig bedenken wollte (dafür spricht auch der von ihr der letztwilligen Verfügung angefügte Satz "Ich hoffe, dass ich mein Vermögen gerecht verteilt habe. …." und sie zur Vermeidung von Streitigkeiten nach ihrem Tod (von ihr ausgedrückt durch den Satz: "haltet im Leben zusammen, das wäre mein größter Wunsch") vorgegeben hat, wer welche Liegenschaften erhalten soll, sie aber die 4 Erben nicht im unterschiedlichem Ausmaß bereichert wollte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Verwirklichung des Tatbestandes des Erwerbes von Todes wegen (Erwerb durch Erbanfall) vor dem
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 54/06 ua., VfSlg 18.093, § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.
Art. 140 Abs. 7 B-VG lautet:
"(7) Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden."
Wann ein "verwirklichter Tatbestand" im Sinn des Art. 140 Abs. 7 B-VG gegeben ist, hängt im Allgemeinen vom materiellen Recht ab, um dessen Anwendung es geht (vgl. etwa und , 2011/16/0209, jeweils mwN).
Die mit dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehobene Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG enthielt den Tatbestand "Erwerb von Todes wegen".
§ 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG lautet:
"§ 2. (1) Als Erwerb von Todes wegen gilt:
1. der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches;"
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit a ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers.
Erbanfall bedeutet nach den §§ 536 und 545 ABGB die Entstehung des Erbrechts, die grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers eintritt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 3 zu § 2). Erbrecht ist gemäß § 532 ABGB das ausschließliche, dingliche und gegen jedermann wirkende Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen Bruchteil der ganzen Verlassenschaft in Besitz zu nehmen. Aufgrund des Erbrechtes entsteht dem zur Erbschaft Berufenen ein Rechtsanspruch auf die Inbesitznahme der Erbschaft, und zwar mit dem Anteil, der seinem Erbrechtstitel entspricht. Dieser Anspruch bezieht sich grundsätzlich nur auf den jeweils zustehenden ideellen Anteil selbst, nicht aber auf einzelne Gegenstände des Nachlassvermögens. Der Erbe übt sein Erbrecht auf Grund seines Erbrechtstitels (Berufungsgrundes) durch die Abgabe der Erbantrittserklärung aus. Die Erbantrittserklärung ist die gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene, einseitige und unwiderrufliche Erklärung, eine Erbschaft anzunehmen (Fellner, a.a.O., Rz 11).
Die Abgabenbehörde ist an die gerichtliche Feststellung der Erbenqualität gebunden (, und ). Die Abgabenbehörde ist also mit Ausnahmen wie Erbschaftskauf oder Erbschaftsschenkung an die im Abhandlungsverfahren abgegebenen, vom Gericht angenommenen und den rechtskräftigen Einantwortungsurkunden zu Grunde gelegten Erbantrittserklärungen gebunden ().
Für das materielle Erbschaftssteuerrecht bedarf es, um einen die Steuerpflicht auslösenden Erwerb von Todes wegen annehmen zu können, neben dem gültigen Erbrechtstitel bloß der Erbantrittserklärung, mit deren Abgabe der Erwerb durch Erbanfall erbschaftssteuerrechtlich vollzogen ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0031 und vom , 2009/16/0006, mwN). Daran ändert nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nichts, dass die Erbschaftssteuerschuld gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG grundsätzlich schon mit dem Tod des Erblassers eintretenden Erbanfall entsteht. Das Entstehen der Steuerschuld ist eine Rechtsfolge und setzt voraus, dass der diese Rechtsfolge auslösende Tatbestand des Erwerbs durch Erbanfall erfüllt ist. Erst wenn der Tatbestand des Erwerbs erfüllt ist, tritt die (hier auf einen zurückliegenden Zeitpunkt bezogene) Rechtsfolge des Entstehens der Steuerschuld ein (vgl. erneut ).
Im vorliegenden Fall hat der Bf. am eine Erbserklärung ohne Nennung einer Quote abgegeben, die mit dem Rekurs vom auf eine Quote von 37 % konkretisiert wurde. Die Erbserklärung erfolgte somit noch vor dem und ist das ErbStG daher noch in der Fassung vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof anzuwenden.
Die Erbserklärung wurde auch zu Gericht angenommen und wurde der Nachlass dem Bf. schließlich vom BG ***X*** am mit der Einantwortugnsurkunde vom zu einem Viertel eingeantwortet.
Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, dass der dem Erbteil entsprechende Anteil am steuerlich bewerteten Nachlassvermögen und nicht der effektiv zugeteilte Vermögensgegenstand als angefallen gilt (vgl dazu ua , 0022, und ).
Umfang und Zusammensetzung des erworbenen Vermögens sind im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zu beurteilen (, 0362).
Abgrenzung Teilungsanordnung vs Vorausvermächtnis
Gemäß § 648 ABGB kann der Erblasser auch einem oder mehreren Miterben ein Vermächtnis vorausbestimmen, in Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
Nach § 684 ABGB erwirbt der Legatar in der Regel gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtnis.
Will der Erblasser einem besonders bezeichneten Erben einzelne Vermögensgegenstände des Nachlasses zuwenden, so muss er eine vorweggenommene Nachlassteilung in der letztwilligen Verfügung vornehmen. Dies kann durch eine Teilungsanordnung oder durch ein Vorausvermächtnis (§ 648 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015) geschehen. Durch ein echtes Vorausvermächtnis (Prälegat) wird eine Sache einem Mit- oder Alleinerben ohne Anrechnung auf den Erbteil vermacht. Das Prälegat belastet also ohne besondere Anordnung des Erblassers alle Erben (einschließlich des Prälegatars) verhältnismäßig und begünstigt insoweit den Prälegatar gegenüber den anderen Miterben. Es hat zur Folge, dass dem derart bedachten Erben mehr zukommt, als es seiner Erbquote entspricht. Der Begünstigte gilt als Vermächtnisnehmer. Demgegenüber erhält der Miterbe aufgrund eines unechten Prälegats (Hineinvermächtnisses) nicht mehr, als seiner Erbquote entspricht. Es ist deshalb nicht als echtes Legat zu behandeln, sondern als Teilungsanordnung, wodurch der bedachte Miterbe die ihm zugedachte Sache nicht als Legatar, sondern als Erbe erwirbt. Die Abgrenzung zwischen Voraus- und Hineinvermächtnis ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln für Vermächtnisse (§§ 655 ff ABGB) vorzunehmen. Als das wesentlichste Abgrenzungskriterium wurde erachtet, ob der Erblasser denjenigen Erben, den er mit einem Vermächtnis bedacht hat, wertmäßig vor den anderen Erben begünstigen wollte (vgl. dazu mwN).
Für die Besteuerung ist entscheidend, ob ein Vorausvermächtnis im eigentlichen Sinn (echtes Vorausvermächtnis) vorliegt, dass die Gesamtheit der Erben belastet, somit auch den Vermächtnisnehmer in seiner Eigenschaft als Miterben nur im Ausmaß seiner Erbquote. Ein unechtes Vorausvermächtnis (Hineinvermächtnis) wird zur Gänze auf den Anteil des damit begünstigten Erben angerechnet. Seiner Rechtsnatur nach ist es nach herrschender Ansicht eine bloße Teilungsanordnung (vgl. dazu , 0022; -K/05).
Die Abgrenzung zwischen Voraus- und Hineinvermächtnis ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln für Vermächtnisse vorzunehmen. Die Auslegung letztwilliger Erklärungen hat nach dem Willen des Erblassers zu geschehen. Eine letztwillige Erklärung ist daher immer so auszulegen, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt. Dabei stellt die letztwillige Anordnung selbst, die als Einheit in ihrem gesamten Zusammenhang zu betrachten ist, nicht die einzige Quelle der Auslegung dar; es sind vielmehr auch außerhalb dieser Anordnung liegende Umstände aller Art, etwa sonstige mündliche oder schriftliche Äußerungen (ohne dass diese die Testamentsform aufweisen müssten), sowie ausdrücklich oder konkludente Erklärungen des Erblassers heranzuziehen. Allerdings muss diese Auslegung in der letztwilligen Anordnung irgendeinen, wenn auch noch so geringen Anhaltspunkt finden und darf dem darin unzweideutig ausgedrückten Willen des Erblassers nicht zuwiderlaufen (vgl. ).
Vermächtnisse an einen Erben sind im Zweifel nicht Vorausvermächtnisse, sondern "Hineinvermächtnisse" (unechte Prälegate), dh sie sind auf den Erbteil anzurechnen, sodass bloße Teilungsanordnung vorliegt (vgl. dazu auch ).
In dem eben genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass auch dann, wenn der Erblasser eine verbindliche Teilungsanordnung getroffen hat, die Besteuerung entsprechend der Erbquoten vorzunehmen ist und es nicht entscheidend ist, welchem Erben letztendlich die einzelnen Nachlassgegenstände zukommen.
Bei einem Hineinvermächtnis (Teilungsanordung) hat also die Besteuerung gerade nicht nach den effektiv zugewiesenen Vermögensgegenständen zu erfolgen, sondern sind sämtliche Nachlaßgegenstände (somit inklusive der vermachten Liegenschaftsanteile) bei allen Erben entsprechend der Erbquote zu erfassen (vgl. dazu ; und ).
Wie oben bei der Beweiswürdigung näher dargelegt ist hier davon auszugehen, dass die Erblasserin die 4 Erben vom Wert her gleichmäßig bedenken wollte und sie neben der Erbseinsetzung eine bloße Teilungsanordnung (und keine Vorausvermächtnisse) verfügt hat.
Es ist daher die Erbschaftsteuer nach § 8 Abs. 5 ErbStG als Mindeststeuer für den Erwerb des Bf. wie folgt neu zu berechnen:
Steuerlicher Wert aller Liegenschaften der Erblasserin im Zeitpunkt ihres Todes € 748.164,39 (siehe dazu die folgende Aufstellung):
[...]
Davon gingen auf Grund der von der Erblasserin abgeschlossenen Schenkungsverträge auf den Todesfall bzw auf Grund des Gesetzes an ihren Ehegatten ***WITWER*** Liegenschaften mit einem anteiligen steuerlichen Wert von € 194.093,34:
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E | Grundbuch | Adresse | Anteil | ant. 3-facher Einheitswert |
1405 | ***d*** | ***6*** | 1/2 | 80.012,79 |
892 | ***e*** | ***5*** | 1/2 | 83.283,06 |
***EZ*** | ***c*** | ***3*** | 52/16829 | 30.797,49 |
Summe | 194.093,34 |
Damit verblieben zur Verteilung zwischen den 4 Miterben insgesamt Liegenschaften mit einem steuerlichen Wert iHv € 554. 071,05 (€ 748.164,39 abz € 194.093,34) und entfällt somit auf den Erbteil des Bf. von einem Viertel ein anteiliger steuerlicher Wert iHv € 138.517,76 (1/4 von € 554.071,05).
Der Beschwerde ist daher teilweise Folge zu geben und die Mindeststeuer gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG mit 2 % vom gemäß § 28 ErbstG abgerundeten Betrag von € 138.517,00, ds € 2.770,34 festzusetzen.
Zum Einwand des Bf., dass auf Grund der sonstigen Kosten und Freibeträge sich ein steuerpflichtiger Erwerb von € 0,00 ergebe und die Erbschaftsteuer daher mit Null festzusetzen sei, wird bemerkt, dass auch das FA im angefochtenen Bescheid von einem steuerpflichtigen Erwerb von Null ausgegangen ist und ohnehin keine Erbschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG nach dem Tarif gegenüber dem Bf. festgesetzt hat.
§ 8 ErbStG 1955 sieht bei Zuwendungen von Grundstücken in Abs. 4 eine Erhöhung der sich nach dem Tarif ergebenden Steuer vor und gestaltet diesen Zuschlag in Abs. 5 als Mindeststeuer, die somit auch dann zu entrichten ist, wenn sich im übrigen eine Erbschaftsteuerschuld nicht ergibt. Die Funktion und Rechtfertigung des Zuschlages nach § 8 Abs. 4 und 5 ErbStG wird in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und in der Lehre darin gesehen, einen Ausgleich für die entfallende Grunderwerbsteuerpflicht zu schaffen. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Doppelbesteuerung kann in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden, solange die Erfassung von Grundstückserwerben nach den beiden Steuern in sich sachlich ist. Es erscheint daher auch unbedenklich, dass dieses Grunderwerbsteueräquivalent auch bei einem überschuldeten Nachlass vorzuschreiben ist, solange der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger tatsächlich ein Grundstück erwirbt (mag er auch keine Bereicherung erfahren). Der Gerichtshof kann es in dem zitierten Fall dahingestellt sein lassen, welche Bedeutung dem sog. Bereicherungsprinzip im Erbschaftsteuerrecht zukommt. Dies deswegen, weil die hier zu lösende Frage nicht nach den Grundsätzen des Erbschaftsteuerrechtes, sondern nach jenen des Grunderwerbsteuerrechtes zu beantworten ist. Anlass für die Anforderung der Mindeststeuer nach § 8 Abs. 5 ErbStG ist ja nicht die Bereicherung des Erben sondern ein Grundstückserwerb (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich bei Ansatz der Verkehrswerte anstatt der steuerlichen Wert und Außerachtlassung der Freibeträge überdies deutlich, dass eine Bereicherung des Bf. stattgefunden hat und bestehen daher für das BFG keinerlei Bedenken gegen eine Festsetzung der Mindeststeuer nach § 8 Abs. 5 ErbStG ausgehend vom anteiligen steuerlichen Wert der Grundstücke gegenüber dem Bf.
Keine Verjährung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides
Auch wenn der Bf. keine dahingehenden Einwände erhob wurde vom BFG auf Grund der amtswegigen Ermittlungspflicht im Hinblick auf die lange Zeit zwischen dem Todeszeitpunkt im Jahr 2004 und der Erlassung des Erbschafsteuerbescheides im Jahr 2016 überprüft, ob allenfalls bereits Verjährung eingetreten war.
Gemäß § 208 Abs. 2 BAO beginnt die Verjährung bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerben von Todes wegen frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde vom Erwerb Kenntnis erlangt.
Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4). In den Fällen eines Erwerbes von Todes wegen verjährt das Recht auf Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der Anzeige.
Maßgebend für den Verjährungsbeginn ist die behördliche Kenntniserlangung des Erwerbsvorganges an sich (Ritz, SWK 2003, S 828; Rathgeber, SWK 2005, S 86; Achatz/ Brandl in Kofler/ Kanduth-Kristen, Steuerreform 2005, Rz 496).
Die Steuerschuld ist im gegenständlichen Fall nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit a ErbStG mit dem Tode der Erblasserin im Jahr 2004 entstanden.
Gemäß § 22 Abs. 1 ErbStG ist Jeder der Steuer nach diesem Bundesgesetz unterliegende Erwerb vom Erwerber binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall dem Finanzamt anzumelden.
Gemäß § 23 Abs. 1 ErbStG kann in den Fällen des § 22 das Finanzamt von den zur Anmeldung Verpflichteten innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist die Abgabe einer Erklärung verlangen. Die Frist muß mindestens einen Monat betragen.
Gemäß § 23 Abs. 2 ErbStG hat die Erklärung ein Verzeichnis der zum Nachlass gehörenden Gegenstände und die sonstigen für die Feststellung des Gegenstandes und des Wertes des Erwerbes erforderlichen Angaben nach näherer Bestimmung des Bundesministeriums für Finanzen zu enthalten.
Gemäß § 24 Abs. 1 ErbStG haben die Gerichte, sofern eine Abhandlung stattfindet, dem Finanzamt die Todesfälle, die eröffneten letztwilligen Anordnungen und die Vornahme von Erbteilungen bekannt zu geben.
Gemäß § 27 ErbStG ist auf Grund der Steuererklärung der ihr entsprechende Betrag der Steuer vom Finanzamt vorläufig festzusetzen. Der festgesetzte Betrag wird binnen einem Monat nach der Zustellung des Steuerbescheides fällig.
Im gegenständlichen Fall nahm der Bf. keine Anmeldung des Erwerbes nach § 22 ErbStG beim FA vor und war daher dem FA auch keine auf § 27 ErbStG gestützte vorläufige Festsetzung der Erbschafteuer möglich.
Das FA erfuhr erst durch die Einsicht in den am beim FA eingelangten Abhandlungsakt des BG ***X***, ***xxx***, dass dem Bf. durch Erbanfall nach seiner bereits 2004 verstorbenen Mutter Vermögen angefallen ist. Die fünfjährige Verjährungsfrist war daher im Zeitpunkt der Erlassung des Erbschaftsteuerbescheides am noch nicht abgelaufen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zu klärenden Rechtsfragen konnten sich auf die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Entscheidungswesentlich war hier im Wesentlichen die Auslegung der konkreten letztwilligen Verfügung.
Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. ua. , , Ra 2016/16/0084, , Ra 2017/16/0088 und , Ra 2017/16/0111). Auch Einzelfragen der Auslegung von Verträgen stellen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. ). Die vertretbare Auslegung einer Urkunde geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und wirft in der Regel keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. ; sowie ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105779.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at