Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.05.2023, RV/2100797/2019

Einstellung des Beschwerdeverfahrens bei Tod des Beschwerdeführers und Überlassung der Aktiven seiner überschuldeten Verlassenschaft an Zahlungs statt (§ 154 Abs. 1 AußStrG) als Singularsukzession mangels Zustellmöglichkeit; Fehlen der beschwerdeführenden Partei

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin Christoph Wittmann in der Beschwerdesache ***1***, verstorben am , zuletzt wohnhaft ***2***, betreffend Beschwerde vom bzw vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , vom bzw vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Mit Bescheiden vom , bzw betreffend ESt/ANV für die Jahre 2014 bis 2017 setzte die belangte Behörde eine Abgabennachforderung fest und begründete diese damit, dass die ausländischen Pensionseinkünfte der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) von Amts wegen erfasst worden seien.

Dagegen erhob die Bf mit Schriftsatz vom bzw vom Beschwerde. Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass die Bf slowenische Staatsbürgerin sei und seit vielen Jahren in Österreich lebe. Bis in die 1970er Jahre sei sie als Balletttänzerin an der Oper in ***4*** angestellt gewesen, weshalb es sich also eindeutig um einen Dienst für den Staat gehandelt habe, da die Oper damals wie heute ein Staatsbetrieb sei. Daraus resultiere auch die ggst slowenische Pension. In ihrem Fall komme Art 19 Abs 2 lit a DBA-Slowenien zur Anwendung. Damit sei die Pension der Bf in Slowenien zu versteuern. Der Progressionsvorbehalt für Österreich entfalle, da es sich hier um eine "NUR"-Bestimmung handle ("Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat […] an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden"). Diese Formulierung (complete distributive rules) besage, dass das Besteuerungsrecht eines Vertragsstaats zur Gänze ausgeschlossen werde, sodass der Methodenartikel (Art 24 DBA) nicht zur Anwendung komme. Deshalb beantragte die Bf, die slowenische Pension ohne Progression steuerfrei zu belassen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab, da die Bf trotz (mehrmaliger) Aufforderung den Vorhalt vom nicht fristgerecht beantwortet habe, in dem sie ersucht worden sei, die Besteuerung der öffentlichen Pension in Slowenien für die Streitjahre nachzuweisen.

Am beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das BFG ohne neues Vorbringen zu erstatten.

Die Bf verstarb am .

Dem vom Gerichtskommissär der Verlassenschaft nach der Bf vorgelegten Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West vom ist zu entnehmen, dass die Verlassenschaft mit einem Betrag von 122.614,07 Euro überschuldet gewesen sei. Die Aktiva der überschuldeten Verlassenschaft iHv 1.425,59 Euro seien der Tochter der Verstorbenen gegen Bezahlung der Bestattungskosten iHv 3.264,34 Euro sowie der Gerichtskommissionsgebühren iHv 293,28 Euro gem §§ 154 f AußStrG an Zahlungs statt überlassen worden. In der Begründung dieses Beschlusses wird ausgeführt, die Voraussetzungen gem §§ 154 und 155 AußStrG für eine Überlassung an Zahlungs statt seien gegeben, da

  1. die Zuständigkeit österreichischer Gerichte (Art 4 EuErbVO) gegeben und österreichisches Recht (Art 21 Abs 1 iVm Art 22 EuErbVO) anzuwenden sei,

  2. die Verlassenschaft überschuldet sei,

  3. ein Antrag auf Überlassung an Zahlungs statt gestellt worden sei,

  4. keine unbedingte Erbantrittserklärung und kein Antrag auf Überlassung der Verlassenschaft als erblos vorliege und

  5. kein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Mit Eingabe vom teilte der steuerliche Vertreter der verstorbenen Bf dem BFG mit, dass er sie seit deren Ableben nicht mehr steuerlich vertrete und auch vom ruhenden Nachlass nicht mit der steuerlichen Vertretung betraut gewesen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die Bf verstarb am . Die Verlassenschaft war mit einem Betrag von 122.614,07 Euro überschuldet, die Aktiva iHv 1.425,59 Euro wurden der Tochter der Bf gegen Bezahlung der Bestattungskosten iHv 3.264,34 Euro gem §§ 154 f AußStrG an Zahlungs statt überlassen. Eine Einantwortung hat somit nicht stattgefunden. Eine für die Verlassenschaft vertretungsbefugte Person konnte nicht gefunden werden.

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, den aktenkundigen Unterlagen und dem Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West vom und sind unstrittig. Aus dem Beschluss des Bezirksgerichts Graz-West geht hervor, dass die Bf verstorben und die Verlassenschaft überschuldet ist. Das Aktivvermögen und die Passiva sind im Beschluss genau aufgelistet. Die Aktiva setzen sich aus Guthaben bei der Pensionsversicherungsanstalt, bei einer slowenischen Rentenversicherung, bei der ***3*** GmbH sowie bei einer Bank zusammen. Diese Aktiva wurden der Tochter der Verstorbenen an Zahlungs statt überlassen. Ein (allfälliges) Guthaben beim Finanzamt ist im Beschluss über die Überlassung an Zahlungs statt nicht angeführt.

Ein Einantwortungsbeschluss wurde nicht vorgelegt. Es wurden auch keine anderen Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich wäre, wer zur Vertretung der Verlassenschaft berechtigt ist.

Vor diesem Hintergrund nahm das Bundesfinanzgericht den obig festgestellten Sachverhalt gem § 167 Abs 2 BAO als erwiesen an.

Rechtslage:

Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO), BGBl 1961/194 idF BGBl I 2018/62, lautet auszugsweise:

"§ 79.

Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.

[…]

2. Vertreter.

§ 80.

(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

[…]

§ 82.

(1) Soll gegen eine nicht voll handlungsfähige Person, die eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Abgabenbehörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters (§ 1034 ABGB) beim zuständigen Gericht (§ 109 Jurisdiktionsnorm) beantragen.

[…]"

Das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG), BGBl I 2003/111 idF BGBl I 2019/38, lautet auszugsweise:

"Überlassung an Zahlungs statt

§ 154.

(1) Ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden, so hat das Gericht die Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft auf Antrag den Gläubigern zu überlassen, wenn nicht schon eine unbedingte Erbantrittserklärung oder ein Antrag auf Überlassung als erblos vorliegt und kein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren eröffnet wurde.

[…]"

Rechtliche Beurteilung:

Die steuerliche Vertretung, die namens der Bf die Beschwerde eingebracht hatte, vertritt diese (nach ihrem Ableben) aufgrund der Zurücklegung ihrer Vollmacht nicht mehr.

Nach § 19 Abs 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Ein Fall von Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) im zivilrechtlichen Sinn, in dem § 19 Abs 1 BAO anzuwenden ist, ist bspw die Erbfolge nach §§ 547 und 797 ABGB.

Gem § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit (hier: betreffend den Nachlass und nach Einantwortung betreffend die Erben) einer Partei die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes; § 2 ZPO ist sinngemäß anzuwenden. Die Rechtsfähigkeit von natürlichen Personen endet mit dem Tod (; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, § 79, Anm 7). Für den Zeitraum zwischen dem Tod der Person und der Einantwortung kennt das bürgerliche Recht die Rechtsfigur des ruhenden Nachlasses (§ 531 ABGB - hereditas iacens). Da gem § 79 BAO im Abgaben(verfahrens-)recht für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten, ist der ruhende Nachlass bspw auch Adressat von Bescheiden (vgl etwa ). Vor der Annahme durch den Erben wird die Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch vom Verstorbenen besessen würde. Rsp und überwiegende Lehre definieren den Nachlass als juristische Person (vgl nur , mwN; , 3 Ob 149/18k, mwN; Werkusch-Christ in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.09, 2023, § 546, Rz 1, mwN; vgl auch Grabner/Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, 2023, § 1, Anm 2). Der ruhende Nachlass soll als Rechtssubjekt die Zeitspanne zwischen dem Erbfall und der Einantwortung überbrücken (Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, 2017, § 26, Rz 7). Er verliert seine Rechtspersönlichkeit erst mit der Einantwortung. Konsequenterweise besteht er dann weiter, wenn eine Einantwortung nicht stattgefunden hat (Obermaier, Zum Unterbleiben der Verlassenschaftsabhandlung, ÖJZ 2008/15, 127).

Als juristische Person bedarf es eines Vertreters, der für diese juristische Person (Verlassenschaft) handelt. Solche Vertreter können ein Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder der bzw die erbantrittserklärten Erben sein. Mit der Bestellung des Verlassenschaftskurators enden die Rechte der präsumtiven oder erbantrittserklärten Erben nach § 810 ABGB (Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, 2017, § 810, Rz 11). Die "Antretung der Erbschaft", die Erbantrittserklärung, ist gegenüber dem Gerichtskommissär oder dem Gericht abzugeben (§ 157 Abs 1 AußStrG; Bittner/Gruber in Rechberger/Klicka, Außerstreitgesetz³, 2020, § 171, Rz 6).

Als Verlassenschaftsverfahren bezeichnet das Gesetz alle Verfahren, die sich mit der rechtlichen Abwicklung des Nachlasses befassen. Dazu zählen neben der Verlassenschaftsabhandlung auch alle Verfahren, in denen es nicht zu einer Einantwortung kommt (kein ausreichendes Vermögen, überschuldetes Vermögen, Fehlen der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit oder erblose Verlassenschaft; vgl Bittner in Rechberger/Klicka, Außerstreitgesetz³, 2020, Vor § 143, Rz 1, mwN). Die Bestimmungen über die eigentliche Verlassenschaftsabhandlung beginnen mit der Vertretungsvorsorge, die in § 156 AußStrG geregelt ist. Davor finden sich die Bestimmungen über das Vorverfahren. Zu diesem Vorverfahren gehört auch die Überlassung an Zahlungs statt(§§ 154 f AußStrG).

Stirbt ein Bf - wie im ggst Fall - während eines beim Verwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens, so bedarf es zu einer Fortsetzung des Verfahrens eines Rechtsnachfolgers, andernfalls fehlt es an der Partei. Tritt für den Bf kein Rechtsnachfolger ein, so führt dies zur Einstellung des Verfahrens (vgl nur , mwN). Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035, auch entschieden, dass bei Wegfall der Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden (revisionswerbenden) Partei in sinngemäßer Anwendung des § 256 Abs 3 bzw § 261 Abs 1 BAO das Beschwerdeverfahren einzustellen bzw als gegenstandslos zu erklären ist (vgl auch ).

Im Beschwerdefall ist aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-West nicht ersichtlich, dass eine Person eine Erbantrittserklärung (Erklärung einer erbberechtigten Person, eine Erbschaft anzunehmen, wobei zwischen bedingter und unbedingter Erbantrittserklärung unterschieden wird) abgegeben hätte. Vielmehr lässt sich aus dem Beschluss, mit dem die Aktiva an Zahlungs statt überlassen wurden, ableiten, dass gerade keine Erbantrittserklärung abgegeben wurde und das Verlassenschaftsverfahren mit der Überlassung an Zahlungs statt beendet wurde. Hat kein Erbe eine Erbantrittserklärung abgegeben, kann die in § 810 ABGB vorgesehene Vertretungsfunktion nicht ausgeübt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass im ggst Fall ein Verlassenschaftskurator oder Erbenmachthaber - eine Person, die von einem Erben mit der Vertretung im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung betraut ist - bestellt worden wäre.

Nach § 154 AußStrG hat das Gericht die Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft auf Antrag den Gläubigern zu überlassen, wenn nicht schon eine unbedingte Erbantrittserklärung oder ein Antrag auf Überlassung als erblos vorliegt und kein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren eröffnet wurde. Unterbleibt die Verlassenschaftsabhandlung mangels Aktiven (§ 153 AußStrG) oder wird das Nachlassvermögen an Zahlungs statt überlassen (§ 154 AußStrG), erfolgt jedoch keine Einantwortung und es kommt daher zu keiner Gesamtrechtsnachfolge (vgl Ritz/Koran, BAO7, 2021, § 19, Tz 13, mwN).

Der Beschluss über die Überlassung an Zahlungs statt stellt einen materiell-rechtlichen Erwerbstitel dar. Er stellt aber keinen Erwerbstitel für die Erbschaft selbst, sondern nur für die im Beschluss bezeichneten einzelnen Bestandteile dar und führt zur Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession). Der Zustand des ruhenden Nachlasses bleibt im Übrigen erhalten (Nemeth in Schwimann/Kodek, ABGB: Praxiskommentar5, 2018, § 798, Rz 6; Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, 2017, § 798, Rz 2). Allerdings wirkt die Überlassung an Zahlungs statt verfahrensbeendend (Obermaier, Zum Unterbleiben der Verlassenschaftsabhandlung, ÖJZ 2008/15, 130).

In Anwendung der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass mangels Einantwortung keine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, sodass keine Rechte oder Pflichten übergegangen sind.

Gibt es jedoch - wie in casu - keinen Vertreter der juristischen Person "ruhender Nachlass", der für diese Person rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann, kann es auch niemanden geben, der für die juristische Person einen Bescheid oder eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes entgegennehmen kann. Ohne einen Vertreter für die Verlassenschaft erscheint auch eine gewillkürte Vertretung durch einen Wirtschaftstreuhänder nicht denkbar, weil die Bevollmächtigung durch den Vertreter der Verlassenschaft erfolgen müsste. Wegen der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtsmittelentscheidung einer vertretungslosen Verlassenschaft zuzustellen, kann eine solche durch das Gericht auch nicht wirksam erlassen werden. Ein noch anhängiges Beschwerdeverfahren kann nur eingestellt werden. Dies hat zur Konsequenz, dass eine Erledigung des BFG nur an die Abgabenbehörde zugestellt werden kann. Auch eine (in casu nicht beantragte) mündliche Verhandlung kann nicht stattfinden, weil die Verlassenschaft - mangels Vertreter - nicht geladen werden kann und es niemanden gibt, der für die Verlassenschaft Erklärungen abgeben kann.

Gem § 82 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn es die Wichtigkeit der Sache erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden (die Verlassenschaft) die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters (§ 1034 ABGB) beim zuständigen Gericht (§ 109 JN) beantragen. Dasselbe gilt sinngemäß, wenn zweifelhaft ist, wer zur Vertretung einer Verlassenschaft befugt ist (§ 82 Abs 2 BAO). Gem § 269 Abs 1 BAO haben im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.

Aufgrund der vorgenommenen Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO wurde die streitggst Abgabennachforderung bisher nicht entrichtet, sodass sich selbst bei stattgebender Entscheidung des BFG kein Aktivvermögen in Form eines abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruches der Bf ergeben würde (vgl etwa , mwN) und im Fall der Abweisung der Beschwerde könnte das Finanzamt eine Forderung mangels vorhandener Aktiva nicht durchsetzen. In Anbetracht der mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes gerichtlich festgestellten Überschuldung des Nachlasses würde bei stattgebender Entscheidung und gänzlichem Wegfall der strittigen Abgabennachforderungen somit eine Überschuldung des Nachlasses bestehen bleiben, sodass bei Stattgabe der Beschwerde auch keine - ebenfalls mit Kosten verbundene - Nachtragsabhandlung durchzuführen wäre.

Da selbst bei einer gänzlichen Stattgabe der Beschwerde die laut Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-West festgestellte Verlassenschaftsüberschuldung von 122.614,07 Euro lediglich verringert, aber nicht beseitigt würde, würde die Bestellung eines Verlassenschaftskurators vermeidbare Kosten und hohen Verwaltungsaufwand verursachen, weshalb in Ausübung des eingeräumten Ermessens von einem Antrag auf Bestellung mangels Erforderlichkeit Abstand genommen wird.

Zu einer (Gesamt-)Rechtsnachfolge im anhängigen Beschwerdeverfahren nach dem Tod der Bf ist es mangels eingeantworteter Erben nicht gekommen. Für die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens fehlt es daher an einer beschwerdeführenden Partei. Wegen der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtsmittelentscheidung an die vertretungslose Verlassenschaft zuzustellen, kann eine solche durch das BFG auch nicht wirksam erlassen werden.

Das ggst Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen.

Dieser Beschluss (des BFG) kann daher rechtswirksam nur an die Amtspartei ergehen, weil aus den bereits genannten Gründen an die Verlassenschaft ohne Bestellung eines Verlassenschaftskurators nicht zugestellt werden könnte und das BFG eine derartige Bestellung nicht als geboten erachtet.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die ggst Entscheidung nach den klaren gesetzlichen Vorgaben richtet und diese auch der st Rsp des VwGH entspricht, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, weshalb die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100797.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at