Kein Familienbeihilfenanspruch für das Kind bei Absolvieren der gesamten Mittelschulzeit im EU-Ausland.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***6***, vertreten durch ***7***, ***8*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** datiert mit , zugestellt am , über die Rückforderung von Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) für den Zeitraum 01.2014-08.2019, SVNR ***1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:
"Da ***2*** und ***3*** im oben angeführten Zeitraum nicht in Österreich waren, ist die Familienbeihilfe rückzufordern.
Zu ***5*** ***3***: Sie haben weder einen Wohnsitz noch Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Daher steht Ihnen keine Familienbeihilfe zu (§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967).
Zu ***5*** ***2***: Sie haben weder einen Wohnsitz noch Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Daher steht Ihnen keine Familienbeihilfe zu (§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."
Weiters wurde in diesem Abweisungsbescheid auf die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 hingewiesen.
In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin (Bf) folgendermaßen aus:
"Beschwerdeerklärung: Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den oben bezeichneten Bescheid in subjektiven Rechten verletzt und wird dieser Bescheid daher wegen materieller Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts in seiner Gesamtheit angefochten.
Beschwerdegründe: Die Beschwerdeführerin wurde mit der Begründung, dass die Kinder ***2*** und ***3*** ***5*** im Zeitraum vom Jänner 2014 bis August 2019 nicht ständig in Österreich aufhältig waren, verpflichtet die bezogene Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 27.749,80, zurückzuzahlen. Der angefochtene Bescheid ist aus nachfolgenden Gründen rechtswidrig:
- Zur Rechtslage: Nach der Rsp des VwGH ist der "ständige Aufenthalt" unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen. Danach hat eine Person den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Verweilt diese Person an diesem Ort nicht nur vorübergehend (§ 26 Abs 2 BAO), lässt sich daraus schließen, dass sie sich an jenem Ort ständig aufhält (§ 5 Abs 3 FLAG). Verlangt wird demnach eine nicht nur vorübergehende körperliche Anwesenheit (vgl EIlinger/lro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 26 Anm 12). Die Beurteilung, ob sich eine Person nur vorübergehend und nicht ständig an einem gewissen Ort aufhält, ist nach objektiven Kriterien vorzunehmen und stellt nicht auf den subjektiven Gesichtspunkt des Mittelpunkts der Lebensinteressen ab. Nach stRsp des VwGH hat eine Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu welchem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Unter persönlichen sind dabei all jene Beziehungen zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen, auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden, während den wirtschaftlichen Beziehungen nur eine weitergehenden Zwecken dienende Funktion zukommt (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die stärkste persönliche Beziehung eines Menschen im Regelfall zu dem Ort besteht, an dem er regelmäßig mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen regelmäßig am Ort des Aufenthaltes seiner Familie zu finden sein wird (vgl. -I/06 unter Berufung auf u.a.). Im Zweifel ist lediglich ein Vergleich zwischen den Beziehungen zu den in Betracht kommenden Staaten zu ziehen. § 2 Abs. 8 FLAG verlangt nicht, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ausschließlich Österreich gelten oder gar, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen für immer im Bundesgebiet beibehalten werden muss (vgl. mwN). Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist grundsätzlich eine ex-ante Prüfung vorzunehmen ( mwN).
- Zur Sachlage Die minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin sind österreichische Staatsbürger. Sie sind in Österreich auf die Welt gekommen und haben die Volksschule in Österreich besucht. Seit ihrer Geburt leben sie im gemeinsamen Haushalt mit der Beschwerdeführerin und dem Vater. Im Jahr 2010 hat die Beschwerdeführerin eine Rückenmarksentzündung erlitten, die in der Folge zu einer Ganzkörperlähmung führte. Sie wurde fortschreitend vom Kopf herab bewegungsunfähig, allerdings prognostizierten Ärzte, dass dieser Zustand sich bessern wird. Als im Jahr 2014 noch keine vollständige Besserung eingetreten ist, haben die Eltern beschlossen, die Schulausbildung der Kinder vorübergehend für wenige Monate nach Makedonien (auch: Mazedonien) zu verlegen, um die damals pflegebedürftige Beschwerdeführerin zu entlasten. Der Aufenthalt der Kinder in Makedonien beschränkte sich nur auf den Schulbesuch, wobei anfangs nicht einmal geplant war, dass die Kinder die gesamte Mittelschule in Makedonien absolvieren, sondern von einer viel kürzeren Genesungszeit der Beschwerdeführerin ausgegangen wurde. Die Genesung der Beschwerdeführerin schritt allerdings langsamer voran, als erwartet, sodass der Aufenthalt der Kinder immer verlängert werden musste und die Kinder im Endergebnis die Mittelschule doch in Makedonien absolvierten. Die Kinder verbrachten allerdings die Schulferien und sämtliche schulfreien Zeiten in Österreich bei der Beschwerdeführerin. Die Sommerferien dauern in Makedonien ca. 2,5 Monate und die Winterferien ca. 3 Wochen.
Rechtliche Beurteilung: Die Kinder haben ihre Ferien regelmäßig in Österreich verbracht und besuchen seit 2019 wieder eine Schule in Österreich. Sie haben sich in Makedonien nur vorübergehend zum Zwecke des Schulbesuches befunden. In Abwägung der Bindungen zu den beiden Staaten befand sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Kinder immer in Österreich, weil sie hier die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen auf Grund ihrer Geburt, Staatsbürgerschaft und familiären Beziehungen hatten und nur auf Grund der Krankheit ihrer Mutter vorübergehend in Makedonien in die Schule gehen mussten. Auf Grund der oben dargelegten Krankheit der Beschwerdeführerin war am Anfang nur ein befristeter Aufenthalt in Makedonien geplant. Der Aufenthalt in Makedonien war daher bloß für wenige Monate angelegt und nicht ständig. Erst der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin machte im Nachhinein jedes Schuljahr eine erneute Verlängerung des Aufenthalts der Kinder in Makedonien notwendig. Obwohl die Beschwerdeführerin diese Begründung mündlich bekanntgab, wurden jegliche Ermittlungsschritte seitens der Behörde unterlassen. Vorübergehende Abwesenheit unterbricht idR den Zustand des Verweilens und damit den gewöhnlichen Aufenthalt nicht (vgl Stoll, BAO 337 mit Verweisen ua auf RFH , RStBl 1934, 341). Nach Stoll steht "die vorübergehende Unterbrechung (...) dem Verbundenbleiben mit dem Aufenthaltsort (dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt) nicht unbedingt entgegen" (Stoll, BAO 337). Im Rahmen der ex-ante Betrachtung überwiegen daher ohne jeden Zweifel die Anknüpfungspunkte eindeutig zu Österreich und war der Aufenthalt in Makedonien immer zeitlich begrenzt. Beweis: Einvernahme der Beschwerdeführerin; Krankenakte."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde begründet wie folgt:
"Sachverhalt: Ihre Kinder, geboren am TTMM2004 und geboren am TTMM2007 lebten von Jänner 2014 bis August 2019 in Mazedonien und haben dort die Schule besucht. Sie und Ihr Gatte lebten durchgehend in Österreich. Die Familienbeihilfe wurde in Folge für den Zeitraum von Jänner 2014 bis August 2019 rückgefordert. In Ihrer Beschwerde führen Sie aus, dass der Aufenthalt der Kinder in Mazedonien aufgrund Ihrer Krankheit und nur vorübergehend war. Gesetzliche Grundlagen: Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder sowie unter bestimmten Voraussetzungen für volljährige Kinder. Abs. 8 dieser Gesetzesstelle bestimmt, dass Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Würdigung: Voraussetzung für einen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe ist gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967, dass die den Anspruch geltend machende Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hat und dass sich die Kinder ständig in Österreich aufhalten. Bei der Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (vgl. ). Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln (vgl. VwGH29.1.2015, Ra 2014/15/0059). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabevorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wer sich in einem Land unter erkennbaren Umständen aufhält, dass er dort nicht nur vorübergehend verweilt, von dem muss bei objektiver Betrachtung angenommen werden, dass er sich in diesem Land ständig aufhält (vgl , ). Die Frage des ständigen Aufenthaltes im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ist somit nach dem objektiven Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten. Erstreckt sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum, liegt kein nur vorübergehendes Verweilen mehr vor (vgl. ). Ein auf voraussichtlich mehrere Jahre angelegter Schul- bzw. Universitätsbesuch ist laut Judikatur des VwGH nicht mehr als bloß vorübergehender Aufenthalt zu beurteilen (vgl. ). Gemäß § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordung (BAO) hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens und nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Ihre Kinder haben von Jänner 2014 bis August 2018 in Mazedonien gelebt und die Schule besucht, somit war der überwiegende Aufenthalt und der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland. Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."
Im Vorlageantrag vom führte die Bf ergänzend aus wie folgt:
"Die belangte Behörde hat auch in ihrer Beschwerdevorentscheidung übersehen, dass die Beantwortung der Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG im Rahmen einer ex-ante Prüfung zu erfolgen hat. Die Beschwerdeführerin ging - als sie die Schulausbildung ihrer Kinder vorübergehend ins Ausland verlegte, weil sie gesundheitlich nicht in der Lage war ihre Kinder zu betreuen - von einer Genesungszeit von wenigen Monaten aus. Die Krankheit der Beschwerdeführerin verlief allerdings trotz aller guten Prognosen fortschreitend. Der Auslandsaufenthalt der Kinder musste Monat für Monat verlängert werden. Ex ante betrachtet, lag daher auch bei Beurteilung nach objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit immer ein vorübergehender und zeitlich begrenzter Aufenthalt vor. Die in der Beschwerde begehrte ex-ante Prüfung wurde durch die belangte Behörde erneut nicht vorgenommen."
Das Finanzamt Österreich (FA) legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt
Sachverhalt: Die Familienbeihilfe wurde von der Bf für den Zeitraum Jänner 2014 - August 2019 zurückgefordert, weil die Kinder sich in diesem Zeitraum nicht in Österreich aufgehalten haben. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Am stellte die Bf einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.
Das Gericht bezieht sich mangels widerstreitender Sachverhaltselemente auf das wiedergegebene verwaltungsbehördliche Geschehen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 2 Abs 1 lit a Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder,
…
Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind hat nach § 2 Abs 2 FLAG die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.
§ 2 Abs 5 FLAG 1967 idgF lautet:
"(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) …."
Gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 idgF besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Nach § 26 Abs 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabenpflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabenpflicht auch auf die ersten sechs Monate.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen (vgl das Erkenntnis des sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 9 zweiter Absatz zu § 5).
Dem Wortlaut des § 26 Abs 2 erster Satz BAO ist zunächst zu entnehmen, dass ein nicht nur vorübergehendes Verweilen in einem Land keinen eigenen Begriff darstellt, sondern als ständiger Aufenthalt zu sehen ist.
Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs 3 FLAG 1967 ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl das o. erwähnte Erkenntnis des sowie Nowotny, aaO, Rz 9 erster Absatz zu § 5). Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der genannten Rechtsprechung zu § 5 Abs 3 FLAG, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl das Erkenntnis des ), weshalb auch bei der im Zuge der vorzunehmenden ex-ante Betrachtung des Auslandsaufenthaltes der Kinder der Bf die auch nach objektiven Gesichtspunkten als annähernd gewiss anzunehmende Rückkehr nach Österreich nach dem Auslandsaufenthalt der Kinder nicht entscheidend ist.
Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. das VwGH- Erkenntnis vom , 2002/14/0103).
Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt jedenfalls vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 337, und VwGH-Erkenntnisse vom , 98/15/0016, und , 91/13/0175). Der gewöhnliche Aufenthalt erfordert nicht, dass der Aufenthalt freiwillig genommen wird (vgl Ritz, BAO3, § 26 Tz 14). Daher kann auch aus den Beschwerdeausführungen, der Aufenthalt der Kinder im Ausland (EU-Drittland) sei lediglich zwecks Absolvierens der Mittelschule wegen der schweren Erkrankung der Bf gewesen, für das Beschwerdebegehren nichts gewonnen werden.
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass auf Grund der in der Beschwerde geschilderten Umstände zu erkennen gewesen sei, dass die Kinder nur vorübergehend in Mazedonien verweilten und sobald wie möglich zurückkommen hätten sollen bzw. würden. Der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder sei daher immer Österreich gewesen. Die belangte Behörde kommt im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, dass der Aufenthalt der Kinder in Mazedonien, wo sie auch die Mittelschule besucht haben, nicht bloß vorübergehend war, dass also der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder im Beschwerdezeitraum in Mazedonien gelegen ist. Nicht entscheidungsrelevant ist im beschwerdegegenständlichen Fall, dass die Kinder der Bf österreichische Staatsbürger sind.
Die Kinder haben mittlerweile die Mittelschule in Mazedonien absolviert. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage angenommen hat, der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder der Bf habe sich in Mazedonien befunden, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Die belangte Behörde konnte daher für den hier beschwerdegegenständlichen Zeitraum zu Recht annehmen, dass sich die Kinder des Bf ständig im Ausland, nämlich in Mazedonien, aufhielten, sodass dort ihr gewöhnlicher Aufenthalt lag. Die belangte Behörde hat daher weiters zu Recht angenommen, dass der Bf für den gegenständlichen Zeitraum kein Beihilfenanspruch zukam (vgl. ).
Den diesbezüglichen Behauptungen im Vorlageantrag, wonach nach Ausführung der Bf Monat für Monat (offenbar jahrelang) entschieden worden sei, ob die Kinder in Mazedonien bleiben oder wieder nach Österreich zurückkehren würden, ist auch zu entgegnen, dass ein Schuleintritt in eine adäquate Schule von einem Monat auf den nächsten in Österreich (unterjährig) bekannter Weise de facto grundsätzlich nur schwer, falls überhaupt, möglich ist. Demgegenüber wurde in der Beschwerde dazu widersprüchlich ausgeführt, dass jedes Schuljahr eine neue Verlängerung des Aufenthalts der Kinder im Ausland notwendig gewesen sei. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass in der Beschwerde von einer jährlichen Entscheidung betreffend den weiteren Aufenthalt der Kinder für ein weiteres ganzes Schuljahr in Mazedonien die Rede war.
Auch aus dem von der Bf in der Beschwerde zitierten VwGH-Erkenntnis , 2010/16/0084 kann für das gegenständliche Beschwerdebegehren insofern nichts gewonnen werden, als es sich bei diesem Erkenntnis um einen gänzlich anders gelagerten Fall handelt, bei dem die Frage des Familienbeihilfenanspruchs bei Überschreiten der nach Studienplan festgelegten Studiendauer einschließlich Toleranzsemester im ersten Studienabschnitt für den Familienbeihilfenanspruch thematisiert wurde.
Beschwerdegegenständlich ist auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" iSd § 26 Abs. 2 BAO abzustellen, wonach es aufgrund der objektiv geforderten körperlichen Anwesenheit eben nur einen Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes geben kann. Daran ändert auch nichts der eingewendete Umstand, dass die Kinder "in Abständen" in Österreich bei der Familie seien. Nach der einhelligen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist nämlich zB das Verbringen der Ferien in Österreich jeweils nur als vorübergehende Abwesenheit (vom Auslandsaufenthalt) zu beurteilen; das Gleiche muss wohl auch für allfällige gelegentliche Familienbesuche im Inland gelten. Dadurch wird der ständige Aufenthalt der Kinder im Ausland keinesfalls unterbrochen.
Insgesamt ist das Bundesfinanzgericht aus o.a. Gründen zum Erkenntnis gelangt, dass insbesondere auch in Anbetracht der Tatsache, dass die beiden Kinder der Bf ihre (gesamte) Mittelschulzeit in Mazedonien absolviert haben, wobei der Beschwerdezeitraum einen Zeitraum beginnend erst 4 Jahre nach Ausbruch der schweren Erkrankung der Bf (der Krankheitsbeginn der schweren Erkrankung der Bf war laut Beschwerdeausführungen bereits im Jahr 2010) betraf, im Beschwerdezeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die beiden Kinder besteht. Laut Aktenlage hatten die beiden Kinder der Bf im Beschwerdezeitraum ihren ständigen Aufenthalt im Ausland (in einem "Drittland" bezüglich EU).
In diesem Zusammenhang wird auch auf die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 idgF in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 der von der Bf zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) hingewiesen.
Aus obigen Erwägungen des Bundesfinanzgerichts ergibt sich überdies, dass aus angeführten Gründen aus den Beweisanträgen der Bf für das gegenständliche Beschwerdebegehren nichts gewonnen werden kann.
Darüber hinaus wird auf die ausführlich Begründung des Finanzamtes Österreich in der o.a. BVE hingewiesen, und diese Begründung ist auch ausdrücklich Teil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden (§ 2 Abs 1 lit. a FLAG 1967 idgF, § 5 Abs 3 FLAG 1967 idgF, § 26 Abs. 1 FLAG 1967 idgF iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz [EStG] 1988 idgF).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100674.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at