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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.04.2023, RV/7104428/2020

Stellt ein zweiter neu ausgestellter Lohnzettel einen Wiederaufnahmegrund dar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH, Gartenaugasse 3, 3500 Krems/Donau, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 und 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***

I) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015, jeweils vom wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II) beschlossen:

II.I. Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015, jeweils vom wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

II.II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2014 auf Basis der vom Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelten Lohnsteuerdaten veranlagt.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2015 auf Basis der vom Arbeitgeber an das Finanzamt übermittelten Lohnsteuerdaten veranlagt.

Mit Bescheiden, jeweils vom wurden die Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 und 2015 wiederaufgenommen und mit gleichem Datum neue Sachbescheide erlassen.

Die Wiederaufnahmebescheide 2014 und 2015 wurden gleichlautend wie folgt begründet:

"Wir haben das Verfahren nach § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen, da es nachträglich eine oder mehrere der folgenden Änderungen geben hat:

  1. Ein Lohnzettel wurde berichtigt oder neu übermittelt.

  2. Eine Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe wurde berichtigt oder neu übermittelt.

Die nähere Begründung finden Sie im neuen Einkommensteuerbescheid."

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer wurden nun weitere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bundesministerium ***1***, 2014: 269,38 € und 2015: 290,60 €) angesetzt.

Die Bezug habenden Einkommensteuerbescheide wurden hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren und Änderung nicht begründet.

Mit Eingabe vom stellte der steuerliche Vertreter einen Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 vom , dem Einkommensteuerbescheid 2014 vom , dem Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 vom sowie dem Einkommensteuerbescheid 2015 vom ganz oder teilweise fehlenden Begründung. Weiters wurde ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum gestellt.

Am wurde dem Bf. eine Bescheidbegründung zu den am abgefertigten Wiederaufnahmebescheiden betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 versendet. Begründend wurde ausgeführt:

"Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:

Das Verfahren war gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufzunehmen, weil vom Bundesministerium für ***1*** ein Lohnzettel übermittelt wurde.

Die angeführten Ausführungen sind Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel kann nur gegen den Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden. Im Übrigen wird auf die entsprechende Rechtsmittelbelehrung bzw. Rechtsbelehrung verwiesen."

Mit Eingabe vom erhob der Bf. innerhalb offener (verlängerter) Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015.

2.1. Fehlen jeglicher Bescheidbegründung

Als Begründung wird in den bekämpften Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 angeführt:

"Wir haben das Verfahren nach § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen, da es nachträglich eine oder mehrere der folgenden Änderungen gegeben hat:

  1. Ein Lohnzettel wurde berichtigt oder neu übermittelt.

  2. Eine Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe wurde berichtigt oder neu übermittelt.

Die nähere Begründung finden Sie im neuen Einkommensteuerbescheid."

Entgegen dieser Ankündigung in den Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens würden die bekämpften Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 keine Begründung enthalten.

Für den Bf. sei daher nicht erkennbar, welche Gründe für die Erlassung der bekämpfen Bescheide von Bedeutung waren. Kenntnis dieser Gründe sei aber Voraussetzung für die Überprüfung und die sinnvolle und zielführende Abfassung von Beschwerden gegen die Bescheide. Der Bf. habe daher mit an das Finanzamt Baden Mödling gerichteten Schriftsatz vom u.a. einen Antrag gemäß § 245 Abs. 2 BAO auf Mitteilung der den bekämpften Bescheiden fehlenden Begründung gestellt.

In weiterer Folge kam dem Bf. eine mit datierte "Bescheidbegründung" zur Abgabenkontonummer 11111 mit folgendem Inhalt zu:

"An Sie wurden durch das Bundesrechenzentrum ausgefertigte Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens der Einkommensteuer 2014 und 2015 am abgefertigt. Bitte beachten Sie, dass es bei dem automationsunterstützt versendeten Bescheiden und der vorliegenden händisch versendeten Begründung zu unterschiedlichen Zustellungszeitpunkten kommen kann.

Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:

Das Verfahren war gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufzunehmen, weil vom Bundesministerium für ***1*** ein Lohnzettel übermittelt wurde.

Die angeführten Ausführungen sind Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein nach Maßgabe der Rechtmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel kann nur gegen den Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden. Im Übrigen wird auf die entsprechende Rechtsmittelbelehrung bzw. Rechtsbelehrung verwiesen."

Auch aus diesen weiteren Ausführungen (zu einer noch dazu anderen Abgabenkontonummer) sei für den Bf. nicht erkennbar, welche Gründe nun tatsächlich für die Erlassung der Bescheide von Bedeutung waren.

Die Behörde erster Instanz habe bei Ihrer Vorgehensweise nicht beachtet, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen Bescheid Spruch- und Begründung ausmachen. Erst die Begründung mache den Bescheid für den Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar. Die Bescheidbegründung sei für einen effizienten Rechtsschutz des Abgabepflichtigen von grundlegender Bedeutung: Der Abgabepflichtige soll nicht rätseln müssen, warum ihm eine Abgabe vorgeschrieben wird (Beiser, Steuern10, Wien 2011, Tz 761). Ein zentrales Begründungselement sei die Anführung des Sachverhaltes den die Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt (z.B. ; ; ; ). Aus der Begründung habe weiters hervorzugehen, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliege (; ; ; ). Die Bescheidbegründung habe überdies in der Darstellung der rechtlichen Beurteilung zu bestehen, nach welcher die Behörde die Verwirklichung welcher abgabenrechtlichen Tatbestände durch den in der Begründung angeführten Sachverhalt für gegeben erachte (; ; ; ). Die Begründung müsse in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für die Partei als auch für die Höchstgerichte nachvollziehbar ist (z.B. ; ; ; ). Der VwGH vertrete in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Begründung eines Bescheides nicht nur erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, sondern auch aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und in der Folge aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. ). Der VwGH erachtet den Verweis auf andere Dokumente nur dann als hinreichend, wenn dem Adressaten des Steuerbescheides der Inhalt des Dokumentes bekannt ist und daraus die Begründung für die Festsetzung einer Abgabennachforderung auch tatsächlich hervorgeht. Die Beurteilung von Vorfragen habe in der Begründung zu erfolgen. Enthält ein Wiederaufnahmebescheid keine Wiederaufnahmegründe, ist er nicht sanierbar (vgl. BMF, AÖF 2006/192, Abschn 4; RV/0316-F/07).

Gegenständlichenfalls enthalten die bekämpften Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und Einkommensteuer 2015 nur den Hinweis, dass es nachträglich eine oder mehrere Änderungen gegeben hätte. Dabei wird auf einen berichtigten oder neu übermittelten Lohnzettel und eine Mitteilung über berichtigte oder neu übermittelte progressionswirksame Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe verwiesen. Eine nähere Konkretisierung erfolgte nicht. Erst in der "Bescheidbegründung" vom (zu einer anderen Abgabenkontonummer) werde auf einen vom Bundesministerium für ***1*** übermittelten Lohnzettel hingewiesen. Eine Begründung in den bekämpften Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 fehle vollständig. Sie enthalten bloß Berechnungen zur Abgabennachforderung.

Aus den bekämpften Bescheiden in Verbindung mit der Bescheidbegründung vom (zu Abgabenkontonummer 11111) sei für den Bf. nur erkennbar, dass das Bundesministerium für ***1*** einen Lohnzettel übermittelt habe und sich daraus Einkünfte in Höhe von 269,38 € im Jahr 2014 und 290,16 € im Jahr 2015 ergeben, woraus eine Abgabennachforderung für diese Jahre resultiere. Nähere Angaben über diese Einkünfte insbesondere deren Höhe erfolgten nicht.

Für den Bf. seien die bekämpften Bescheide damit weder nachvollziehbar noch kontrollierbar.

Der Bf. kann nur vermuten, dass sich die Wiederaufnahme der Verfahren, sowie die Abgabennachforderungen auf seine ihm vom Bundesministerium für ***1*** befristet zur Verfügung gestellte Wohnung gründen. Dazu sei ihm nur bekannt, dass das Bundesministerium für ***1*** mit Haftungsbescheiden des Finanzamtes Wien 1/23 im Zusammenhang mit Naturalwohnungen von Bediensteten in Anspruch genommen wird.

Der Bf. ist seit 24 Jahren im Ruhestand und bezieht seither vom Bundesministerium für ***1*** keine Einkünfte. Mangels Bescheidbegründung sei für ihn Grund und Höhe der vom Bundesministerium für ***1*** bekannt gegebenen Einkünfte überhaupt nicht erkennbar. Vielmehr sei er, den Grund der Einkünfte betreffend, auf Vermutungen angewiesen. Die Höhe der Einkünfte lasse sich selbst durch Vermutungen nicht erschließen.

Zusammengefasst mangle es daher den bekämpften Bescheiden nicht nur generell an einer den Maßstab einer ordnungsgemäßen Bescheidbegründung erfüllenden Begründung für die Abgabennachforderungen, sondern im speziellen vor allem auch an nachvollziehbaren Feststellungen.

2.2. Verfahrensmängel

Gemäß § 115 Abs. 2 BAO hat die Abgabebehörde den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach § 161 Abs. 3 BAO sind dem Abgabenpflichtigen, wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, die Punkte in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt zur vorherigen Äußerung mitzuteilen. Nach § 183 Abs. 4 BAO ist den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

Der Grundsatz des Parteiengehöres (des Rechts auf Gehör) gehört zu den fundamentalen Grundsätzen des Rechtsstaates (, 0276; , 95/13/0033) bzw. zu den allgemeinen Grundsätzen eines geordneten Verfahrens (; ). Das Parteiengehör besteht vor allem darin, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen (z.B. ) sowie zur Kenntnisnahme der Ergebnisse des Beweisverfahrens und zur Stellungnahme hierzu zu geben (z.B. ). Das Parteiengehör ist auch zu als offenkundig behandelten Tatsachen zu gewähren (vgl. ).

Die Abgabenbehörde habe dem Bf. vor Erlassung der Bescheide nicht die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt. Die bekämpften Bescheide leiden daher auch unter Verfahrensmängeln. Diese Verfahrensmängel sind wesentlich, weil bei Einräumung der Möglichkeit zur Äußerung die Bescheiderteilung unterblieben wäre. Der Bf. hätte geeignete Beweismittel nennen und darlegen können, dass sich eine Abgabennachforderung nicht ergebe.

2.3. Grundsätzliche Erwägungen zur Rechtsfrage

Der Bf. weist mit der gebotenen Deutlichkeit darauf hin, dass er bis zur Erlassung der bekämpften Bescheide in keiner Weise in das oben genannte Finanzverfahren als Partei eingebunden wurde und er sich mangels Vorliegens einer Bescheidbegründung auch gezwungen sehe, seine Rechtsmittelausführungen nur basierend auf Mutmaßungen zu den Grundlagen der festgesetzten Steuerschuld zu erstatten.

Die Ausführungen des Bf., der nur mutmaßend davon ausgeht, dass die Festsetzung einer Steuerschuld auf der Tatsache der Benutzung einer ihm gegen Vergütung bereitgestellten Wohnung beruhe, sehe sich daher gezwungen seine Rechtsmittelausführungen (vorerst) auf allgemeine Erwägungen zur Frage der Einkommensteuerpflicht aus geldwerten Vorteilen aus der Benutzung vom Bundesministerium für ***1*** zugewiesenen Wohnung beschränken, deren Benutzung auch über den Übertritt in den Ruhestand befristet weiter gestattet wird.

Dazu sei zunächst festzuhalten, dass bereits in der Stammfassung des Gehaltsgesetzes 1956 (damals gab es zu dieser Thematik nur den § 24) dem Beamten für Sachbezüge der Monatsbezug zu kürzen war. Maßgeblich für die Kürzung seien nach der Stammfassung die örtlichen Verhältnisse sowie die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten.

Die Zuweisung der jeweiligen Wohnung und Gestattung deren Benutzung auch über den Zeitpunkt des Eintrittes in den Ruhestand hinaus erfolgte wiederum nach den Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 unter den dort genannten Voraussetzungen.

Auch nach der geltenden Fassung des Gehaltsgesetzes hatten auch Beamte im Ruhestand für die Benutzung einer Naturalwohnung eine angemessene Vergütung zu leisten.

Durch den erst später in das Gehaltsgesetz eingefügten § 24a Gehaltsgesetz wurde die Errechnung der angemessenen Vergütung abschließend geregelt.

Dabei sieht § 24a Gehaltsgesetz für im Eigentum des Bundes stehende Wohnungen die Berechnung der Vergütung gemessen an jenem Betrag vor, den der Bund üblicherweise bei Neuvermietung erhalten würde.

Bei den vom Bund gemieteten Wohnungen sei der Hauptmietzins maßgeblich, den der Bund zu leisten hat. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den zu leistenden, nicht jedoch tatsächlich geleisteten Mietzins abzustellen sei.

Bei Beamten im Ruhestand sei nach Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Grundvergütung im Ausmaß von 100% der Bemessungsgrundlage festzusetzen, womit die Anpassung der von Beamten im Ruhestand bezahlten Vergütungen für die Nutzung einer Wohnung an ein wohnungsmarktkonformes Entgelt erreicht werden soll.

Nach dem Informationsstand des Bf. seien nahezu sämtliche Naturalwohnungen vom Bundesministerium für ***1*** von gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften angemietet und auch vom Bund Mietzinsvorauszahlungen in erheblicher Höhe geleistet worden.

Weiters seien auch seitens des Bundesministeriums für ***1*** langfristige vertragliche Bindungen eingegangen worden, um den Wohnungsbestand im Lichte der mit den Anmietungen offensichtlich verfolgten (strategischen) Zielsetzungen auch entsprechend langfristig zu sichern.

Das Bundesministerium für ***1*** habe demnach bereits vor vielen Jahren für das Vorhandensein eines Bestandes von Wohnungen für eigene Dienstnehmer (Beamte im Ruhestand) Sorge getragen, dies ausgehend von den damit verbundenen strategischen Erwägungen, welche auch maßgeblich für die Ausgestaltung jener Mietverträge waren, welche der Beschaffung dieser Naturalwohnungen dienten.

Es ist davon auszugehen, dass die vertraglichen Bestimmungen, die den Mietzins in den langfristigen Verträgen festlegen, bei denen jeweils entweder eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft oder die Bundesimmobiliengesellschaft selbst als Vermieter auftreten, auf den Umstand bedacht nehmen, dass leistbarer Wohnraum für die Mitarbeiter des Bundesministeriums für ***1*** und auch Beamte im Ruhestand in Verfolgung dessen strategischer Interessen geschaffen werden sollte.

Weiters sei davon auszugehen, dass die Mietzinsfestlegung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen erfolgte, dies getragen von der Zielsetzung die strategischen Interessen durch die Mietzinsbildung umzusetzen, sodass auch die im Gehaltsgesetz normierte Vergütung nur in einer diesen Zielsetzungen entsprechenden Höhe festgesetzt werden könne.

Weiters sei auch davon auszugehen, dass die Mietzinsbildung in den Gesamtmietverträgen direkt mit den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes korreliert, was sich daraus erklärt, dass die Mietverträge auf der Grundlage der Zielsetzung der Umsetzung der strategischen Interessen des Bundesministeriums für ***1*** und der damit verbundenen Notwendigkeit der Schaffung leistbaren Wohnraums für Bedienstete aufbauen.

Zusammengefasst sei daher davon auszugehen, dass bereits für die Mietzinsbildung bei der Anmietung des Wohnraumes durch den Dienstgeber des Bf., das Bundesministeriums für ***1***, die Umsetzung der im Einvernehmen mit dem Bundeministerium für Finanzen verfolgten strategischen Zielsetzung der Schaffung leistbaren Wohnraumes an den Dienstorten der Mitarbeiter des Bundesministeriums für ***1*** und unter den gesetzlichen Voraussetzungen die Gestattung der Weiterbenutzung auch für Beamte im Ruhestand maßgeblich waren. Aus diesem Grund scheitere auch jeder Abgleich mit der Preisbildung für Wohnraum am allgemeinen Markt (wie auch immer dieser definiert wird), um daraus wiederum einkommensteuerpflichtige Vorteile für den Nutzer abzuleiten, von Vornherein.

Der weit überwiegende Teil jener Wohnungen, deren Benutzung angeblich zu einem über die zu leistende Vergütung hinausgehenden, geldwerten Vorteile beim Nutzer führen soll, stammt aus diesem Bestand an Wohnungen, welche dem Markt durch langfristige Mietverträge mit gemeinnützigen Bauträgern bzw. der Immobiliengesellschaft des Bundes (BIG) entzogen sind, bei denen sich die Preisgestaltung des vom Bund selbst bezahlten Mietzinses aus den, von den erwähnten strategischen Erwägungen getragenen Inhalten der Mietverträge ergibt.

Dazu kommt, dass nach dem Kenntnisstand des Bf. der Bund selbst im Wege des Bundeskanzleramtes Durchführungsbestimmungen für die Berechnung der Vergütung von Dienst-und Naturalwohnungen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen erlassen habe, welche die Errechnung der Vergütung abschließend im Wege der Vorgabe von Richtlinien regeln.

Auch diesen Richtlinien, welche im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen gefasst wurden, sei zu entnehmen, dass Hinzurechnungen zu den Bemessungsgrundlagen für Lohn- (Einkommens-)steuer und Sozialversicherung aus der Benutzung von Natural- und Dienstwohnungen nicht zu erfolgen haben, wodurch auch ausgeschlossen sei, dass über die geleistete Vergütung hinaus ein geldwerter Vorteil aus der Benutzung der jeweiligen Wohnung der Einkommensteuer zu unterziehen sei.

Vollkommen unverständlich erscheint, weshalb die Finanzbehörde nunmehr entgegen der vom Bundesministerium für Finanzen selbst mitgetragenen Richtlinie und in Abkehr von den dort festgelegten Grundsätzen davon ausgeht, dass sich aus der Nutzung einer Dienst- oder Naturalwohnung ein Vorteil ergeben würde, welcher einkommensteuerpflichtig sei.

Dazu sei nur angemerkt, dass das Bundesministerium für Finanzen in einem Höchstgerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten hat, dass:

"die im GG (Gehaltsgesetz) 1956 verankerte Vergütung, die ein Beamter für eine ihmzugewiesene Dienstwohnung zu leisten hat, naturgemäß eine Zahlung ist, der sich derBeamte nicht entziehen kann. Dem Umstand, dass der Beamte die Dienstwohnung zurErfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muß, ist bereits dadurch Rechnunggetragen, dass die Grundvergütung in diesem Fall nur 50 v.H. der Bemessungsgrundlagebeträgt."

Damit bestätigt das Bundesministerium für Finanzen, dass der dienstlichen Natur der Nutzung einer vom Bund bereitgestellten Wohnung durch die im Gehaltsgesetz geregelten Abzüge von der Bemessungsgrundlage Rechnung getragen werde, womit kein Raum für weitere "Verbilligungserwägungen", getragen vom Wunsch bleiben, angeblich Vorteile, welche über die gesetzlich errechnete Vergütung hinaus bestünden, der Lohnsteuer zu unterziehen.

Bei Beamten des Ruhestandes kommt noch dazu, dass mit der Weitergestattung nach Antritt des Ruhestandes im Regelfall eine Anhebung auf 100% der Bemessungsgrundlage verbunden ist, sodass schlichtweg ohnehin ein marktkonformes Entgelt für die Nutzung zu leisten ist.

Gemäß § 15 Abs. 2 EStG ist der geldwerte Vorteil aus der Benutzung einer Wohnung aus den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.

§ 15 EStG enthält auch eine Verordnungsermächtigung auf deren Grundlage die Sachbezugswerteverordnung ergangen ist.

Deren § 2 regelt die Berechnung des Sachbezuges für Wohnraum, der vom Arbeitgeber kostenlos oder verbilligt zur Verfügung gestellt wird. Im Falle einer Naturalwohnung könnte aufgrund der unstrittig zu zahlenden Vergütung nur eine Verbilligung der Wohnraumzurverfügungstellung die Annahme des Sachbezuges nach sich ziehen.

Dazu sei festzuhalten, dass Wohnraum, der Dienstnehmern eines Bundesministeriums oder Beamten im Ruhestand um eine gesetzlich errechnete Vergütung, ausgehend von den aus strategischen Erwägungen vom Bundesministerium vereinbarten Mietzinsen, zur Verfügung gestellt wird, bereits denklogisch nicht "verbilligt" sein kann, weil für dessen Nutzung eine gesetzlich errechnete Vergütung zu bezahlen sei.

Das Gehaltsgesetz 1956 und die auf dessen Grundlage ergangenen Richtlinien regeln das Entgelt, das für die Nutzung einer vom Bund als Dienstgeber bereitgestellten Wohnung zu entrichten ist, endgültig und abschließend, sodass eine gleichsam nachprüfende Kontrolle der gesetzlichen Berechnung der Vergütung aus einkommensteuerrechtlicher Sicht durch Anwendung einer in Konkretisierung des Einkommensteuergesetzes ergangenen Verordnung vollkommen undenkbar sei.

Dies finde auch dadurch Bestätigung, dass der in der Sachbezugswerteverordnung angesetzte Referenzwert des mietrechtlichen Richtwertes für, vom Bundesministerium für ***1*** zur Verfügung gestellte Wohnungen ohne Relevanz ist, weil der überwiegende Teil der vom Bundesministerium für ***1*** zur Verfügung gestellten Wohnungen auf der Basis von Mietverträgen angemietet wurde, welcher unter langfristiger Bindung des Mieters und Mietzinsvereinbarungen, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und Leistbarkeitserwägungen aufbauen, diese Wohnungen dem Markt entziehen und diese daher auch nicht anderen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen.

Der im § 15 EStG Erwähnung findende Endpreis einer Dienst-Naturalwohnung am Abgabeort entspreche der gesetzlichen Vergütung, die der Nutzer zu leisten hat.

Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes davon ausgehen wollte, dass Nutzer einer Dienst-/Naturalwohnung Einkommensteuer für einen nur hypothetisch zu berechnenden Vorteil zu bezahlen haben, der über die vom jeweiligen Nutzer bezahlte Vergütung hinausgehe.

Dies vor allem im Lichte des Umstandes, dass das Bundesministerium für Finanzen im Regelfall in die Mietzinsbildung bei dem vom Bundesministerium für ***1*** angemieteten Wohnraum eingebunden war und vor allem auch die Festlegung der welche auf den Bestimmungen des Richtlinien für die Berechnung der Vergütung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen unter der gleichzeitigen Klarstellung erfolgt, dass keine Hinzurechnungen zur Bemessungsgrundlage für die Lohn-/ Einkommensteuer zulässig seien, die über die gesetzliche Vergütung hinausgehen.

Im Stufenbau der Rechtsordnung stehen das Einkommensteuergesetz und das Gehaltsgesetz als einfache Gesetze einander gleichrangig gegenüber.

Eine aufgrund des Einkommensteuergesetzes ergangene Verordnung (Sachbezugswerteverordnung) könne jedenfalls den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes nicht derogieren.

Die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes in Form deren Konkretisierung durch die ergangenen Richtlinien regeln die für die Benutzung von Wohnraum zu zahlende Vergütung nach Zuweisung einer Wohnung und Gestattung deren Weiterbenutzung nach dem Übertritt in den Ruhestand, abschließend.

Die Zurverfügungstellung einer Dienst-/Naturalwohnung und die Gestattung deren Weiterbenutzung auch im Ruhestand durch ein Bundesministerium könne daher nicht als Bereitstellung verbilligten Wohnraumes, sondern bescheidmäßige Zuweisung/Gestattung der Benutzung einer Wohnung zu einem gesetzlich festgelegten Entgelt gewertet werden, weshalb auch eine Anwendung der Sachbezugswerteverordnung ausscheide.

Vor allem auch die detaillierten Richtlinien, welche die gesetzmäßige Berechnung einer Vergütung für die Nutzung einer Wohnung regeln zeigen, dass damit den Spezifika der Errechnung einer Gegenleistung für Wohnungen des Bundes als Dienstgeber Rechnung getragen werden soll.

In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf verwiesen, dass bei Übertritt in den Ruhestand die Vergütung noch dazu auf 100 % der Bemessungsgrundlage (im Regelfall, sofern nicht soziale Gründe dagegensprechen) anzuheben ist.

Diese gesetzlichen Bestimmungen schließen jedoch gleichzeitig aus, dass mittels ebenfalls hypothetischer Berechnung nach den Grundsätzen der Sachbezugswerteverordnung, welche in keiner Weise auf die Spezifika der Beschaffung von Wohnraum durch das Bundesministerium für ***1*** Bezug nimmt, parallel ein hypothetischer Nutzungsvorteil aus einem Abgleich mit Preisen für Wohnraum errechnet wird, bei dem die Preisbildung auf gänzlich anderen rechtlichen Grundlagen und vollständig anderer Zielsetzung aufbaut.

Für die Annahme einer Einkommensteuerpflicht aus der Nutzung einer Dienst/Naturalwohnung beruhend auf einem angeblich feststellbaren, geldwerten Vorteil, welcher über die bezahlte, gesetzliche Vergütung hinausgeht, mangelt es daher bereits an den grundsätzlichen rechtlichen Erfordernissen.

Dazu kommt, dass im Regelfall das Heerespersonalamt den Nutzern von Dienst/Naturalwohnungen zur Vorlage beim Wohnsitzfinanzamt Bestätigungen der an die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften als Vermieter dieser Wohnungen geleisteten Zahlungen auch umfassend die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge ausstellte, damit diese Beträge im Rahmen der Sonderausgaben geltend gemacht werden konnten, womit klargestellt ist, dass diese Beträge die Steuerbemessungsgrundlage vermindern. Für eine Erhöhung derselben im Rahmen der Unterstellung eines Sachbezuges bleibe dann kein Raum.

2.4. Unrichtige bzw. nicht nachvollziehbare Steuerbemessungsgrundlage

Der Bf. hält wiederholt fest, dass ihm wider sämtliche Verfahrensgrundsätze über die Wahrung des Parteiengehörs vor Erlassung des bekämpften Bescheides keine Möglichkeit gegeben worden sei, eine Stellungnahme zur Berechnung des der Steuerberechnung offensichtlich zugrunde gelegten Sachbezuges aus seiner Sicht abzugeben.

Wie im Vorstehenden näher ausgeführt, geht der Bf. ohnehin davon aus, dass eine Annahme des Vorliegens geldwerter Vorteile aus der Nutzung einer Naturalwohnung bereits im Sinne der vorstehenden rechtlichen Erwägungen unzulässig sei.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass dem Bf. trotz der Leistung einer gesetzmäßig errechneten, angemessenen Vergütung nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes ein lohnsteuerpflichtiger, geldwerter Vorteil aus der Nutzung der Naturalwohnung zukommt, könnte dieser nur durch Sachverständige ermittelt werden, dies sowohl was die Frage des Standards der Wohnung, als auch die Frage des Preises am Abgabeort betrifft.

Es handle sich dabei um Tatsachenfragen, welche nicht alleine durch die Finanzbehörde einer Beurteilung unterzogen werden können, weil es dazu spezifischen Fachwissens bedarf.

Sollte daher eine allfällige Berechnung des Wertes eines Sachbezuges der vorgeschriebenen Steuer zu Grunde liegen, diese jedoch ohne Beiziehung von Sachverständigen erfolgt sein, wäre der angefochtene Bescheid ohnehin mit grober Rechtswidrigkeit behaftet.

Dazu kommt, dass - unterstellt man überhaupt die Anwendbarkeit der Sachbezugswerteverordnung auf die Beurteilung des geldwerten Vorteiles aus der Nutzung von Naturalwohnungen des Bundesministeriums für ***1*** - man in die Beurteilung den Umstand miteinzubeziehen haben werde, auf welcher Rechtsgrundlage diese Wohnungen vom Bundesministerium für ***1*** angemietet wurden und welchem rechtlichen Regime diese in Bezug auf die Mietzinsbestimmung unterliegen.

Erst dann werde eine rechtsrichtige Beurteilung möglich sein, ob im Lichte der Verordnungsermächtigung gemäß § 15 EStG die Sachbezugswerteverordnung anwendbar sei und/oder gerade im Lichte der besonderen Umstände der Beschaffung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen infolge Verletzung verfassungsgemäßer Grundsätze diese allenfalls sogar aufzuheben sei.

Jedenfalls werde dem Bf. die Möglichkeit zu eröffnen sein, sich zur konkreten Berechnung der Bemessungsgrundlage für die vorgeschriebene Steuer und auch die Anwendung der rechtlichen Grundlagen, auf die sich die Berechnung bezieht, unter Wahrung seiner Parteienrechte zu äußern.

Der Bf. stellt an das Bundesfinanzgericht die nachstehenden Anträge:

1. Eine mündliche Verhandlung über die Beschwerden anzuberaumen;

2. den Beschwerden gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 und die Einkommensteuerbescheide 2014 sowie 2015 Folge zu geben und diese ersatzlos aufzuheben; in eventu

3. den Beschwerden Folge zu geben und die bekämpften Bescheide aufzuheben und der Abgabenbehörde erster Instanz die Ergänzung des Verfahrens und Erlassung erstinstanzlicher Bescheide aufzutragen.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass die Abgabenbehörde erwäge die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 abzuweisen und gab dem Bf. die Möglichkeit unter Wahrung des Parteiengehörs sich vor Erledigung zur Sachlage zu äußern und gegebenenfalls noch Unterlagen nachzureichen.

Mit Eingabe vom ergänzte der Bf. die Beschwerde folgendermaßen:

Die mit Beschwerden vom angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 leiden insbesondere unter Verfahrensmängel und unter einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

A) Verfahrensmängel

Aus gleich gelagerten Beschwerdeverfahren sei dem Bf. bekannt, dass die Abgabenbehörde auf, vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Wohnungsdatenbanken verweist, welche die Grundlage für die Ermittlung der Sachbezugswerte bilden sollen. Die genannten Wohnungsdatenbanken sind dem Bf. unbekannt. Die Abgabebehörde habe ihm bislang auch nicht die Möglichkeit eingeräumt, sich zu diesen Wohnungsdatenbanken zu äußern.

Dies obwohl das Parteiengehör vor allem darin besteht, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen sowie zur Kenntnisnahme der Ergebnisse des Beweisverfahrens und zur Stellungnahme hierzu zu geben. Dafür wäre auch erforderlich, dass die Abgabenbehörde nicht nur allgemein auf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Wohnungsdatenbanken verweist, sondern konkret begründe, welche Auswirkungen ihm zur Verfügung gestellte Wohnungsdatenbanken auf die Frage einer Einkommensteuerpflicht des Bf. haben.

Die bekämpften Bescheide leiden daher auch in diesem Zusammenhang unter wesentlichen Verfahrensmängeln, weil bei Einräumung der Möglichkeit zur Äußerung die Bescheide unterblieben wären. Der Bf. hätte geeignete Beweismittel nennen und darlegen können, dass sich eine Abgabennachforderung nicht ergebe.

B) Unrichtige rechtliche Beurteilung

a) Grundsätzliche Erwägungen zur Rechtsfrage

Der Bf. weist wiederholt darauf hin, dass er bis zur Erlassung der bekämpften Bescheide in keiner Weise in das Finanzverfahren als Partei eingebunden wurde.

Die Festsetzung einer Steuerschuld beruhe auf der Tatsache der Benutzung einer dem Bf. gegen Vergütung bereitgestellten Wohnung. Es stellt sich hier die Frage der Einkommensteuerpflicht aus der Benutzung vom Bundesministerium für ***1*** zugewiesenen Wohnungen, deren Benutzung auch über den Übertritt in den Ruhestand befristet weiter gestattet werde.

Dazu kann auf die Ausführungen in den Beschwerden vom verwiesen werden.

Ergänzend sei noch darauf hinzuweisen, dass die, aufgrund des Einkommensteuergesetzes ergangene Sachbezugswerteverordnung den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes nicht derogieren könne und die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes in Form deren Konkretisierung durch die dazu ergangenen Richtlinien, die für die Benutzung von Wohnraum zu zahlende Vergütung abschließend regeln. Die Zurverfügungstellung einer Naturalwohnung und die Gestattung deren Weiterbenutzung auch im Ruhestand durch ein Bundesministerium könne daher nicht als Bereitstellung verbilligten Wohnraumes gewertet werden, sondern vielmehr als bescheidmäßige Zuweisung/Gestattung der Benutzung einer Wohnung zu einem gesetzlich festgelegten Entgelt.

b) Unrichtige bzw. nicht nachvollziehbare Steuerbemessungsgrundlage

Wie bereits unter Punkt A) ausgeführt, sei dem Bf. keine Möglichkeit gegeben worden, eine Stellungnahme zur Berechnung des, der Steuerberechnung zugrunde gelegten Sachbezuges aus seiner Sicht abzugeben. Vielmehr werde bloß auf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Wohnungsdatenbanken verwiesen. Weiters werde in den, dem Bf. aus gleich gelagerten Beschwerdeverfahren bekannten Beschwerdevorentscheidungen darauf verwiesen, dass die Höhe des Sachbezuges durch eine Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode ermittelt worden sei. Die Berechnung des Wertes des Sachbezuges nur durch die Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode sei unzulässig. Vielmehr bedürfe die Berechnung spezifischen Fachwissens und wären dazu Sachverständige beizuziehen gewesen.

Jedenfalls wäre aber dem Bf. die Möglichkeit einzuräumen gewesen, sich zur konkreten Berechnung der Bemessungsgrundlage für die vorgeschriebene 5teuer unter Wahrung seiner Parteienrechte zu äußern.

c) Zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme

Der Bf. verweist auch darauf, dass die Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer 2014 und 2015 bereits rechtskräftig abgeschlossen waren und ein Grund zur Wiederaufnahme nicht vorliege. Dazu seien folgende Erwägungen anzustellen:

Dem Bf. sei bekannt, dass die Wiener Gebietskrankenkasse bereits für die Finanzjahre 2005 - 2009 eine GPLA-Prüfung zu Abgabenkonten des Bundesministeriums für ***1*** durchführte. Zu dieser Prüfung ergingen durch das Finanzamt Wien 1/23 in der weiteren Folge mit Datum vom Haftungsbescheide die nach Einspruch durch das Bundesministerium für ***1*** mittels Berufungsvorentscheidung vom aufgehoben worden seien. Im Zuge der Prüfung sei kein Sachbezug bei der Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen an die Bediensteten des Bundesministeriums für ***1*** durch das Finanzamt Wien 1/23 festgestellt worden. Das Finanzamt Wien 1/23 habe zusätzlich im Zeitraum bis zum eine Nachschau zur Lohnsteuer beim Bundesministerium für ***1*** durchgeführt. Der Schwerpunkt dabei lag auf der Prüfung des Sachbezuges im Zeitraum 2008 - Mai 2013. Auch dabei sei es nicht zur Feststellung eines Sachbezuges im Zusammenhang mit den Naturalwohnungen gekommen. Erst anlässlich einer weiteren Prüfung für den Zeitraum 2010 bis 2015 sei nunmehr von der Abgabenbehörde ein Sachbezug unterstellt worden. Welche Umstände eine Änderung der Rechtsmeinung der Abgabenbehörde hervorgerufen haben, sei nicht erkennbar. Insbesondere habe eine gesetzliche Änderung in Bezug auf den Sachbezug von Wohnraum nicht stattgefunden.

Die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 resultieren aus einer geänderten Rechtsansicht der Abgabenbehörde.

Dazu verweist der Bf. auf den Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , BMF-010103/0023-VI/2006 über die Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben. Nach diesem Erlass werde bei der Ermessensübung für die Frage, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen (§ 303 Abs. 4 BAO) vorzunehmen ist (nicht zuletzt aus verwaltungsökonomischen Überlegungen), die Unbilligkeit der Einhebung der aus der Wiederaufnahme (bzw. dem neuen Sachbescheid gemäß § 307 Abs. 1 BAO) resultierenden Nachforderung, ein gegen die Verfügung der Wiederaufnahme sprechender Umstand sein; was vor allem bei, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben resultierender sachlicher Unbilligkeit der Einhebung, gilt.

Der Bf. durfte auch darauf vertrauen, dass bei der Beurteilung der Frage eines Sachbezuges, der in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen kundgemachte Erlass zur steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen mit der Rechtsverordnung GZ 923.101/35-11/2/86 beachtet werde. Die Nichtbeachtung dieses Erlasses habe eine sachliche Unbilligkeit des Vorgehens der Abgabenbehörde erster Instanz zur Folge. Der Bf. konnte aufgrund des Erlasses zur steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen davon ausgehen, nicht im Nachhinein mit Lohnabgaben belastet zu werden. In diesem Erlass ist festgehalten, dass Naturalwohnungen nicht als Sachbezug zu versteuern seien. Diese Richtlinie wurde durch das Bundesministerium für ***1*** in den Jahren seit Bestehen dieses Erlasses vollzogen. Bei diesem Erlass handle es sich um eine Rechtsverordnung, weil diese nach außen, nämlich an die Naturalwohnungsnutzer wirke und damit Außenrecht schaffe. Der Erlass dürfe daher im Rahmen der Abgabenprüfung nicht negiert werden.

Gegenständlichenfalls sei in zweifacher Hinsicht davon auszugehen, dass unter Anwendung der von der Finanzverwaltung selbst publizierten Richtlinie (Erlass) zur Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme und somit auch für die Erlassung der bekämpften Bescheide nicht vorliegen.

Zunächst habe die Abgabenbehörde erster Instanz unstrittig in davor geführten Abgabenprüfungsverfahren bei gleichem Sachverhalt und gleicher Rechtslage eine vollständig andere Rechtsansicht zur Frage der Abgabenpflicht aus der Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen vertreten und keinen Sachbezug von Naturalwohnungen unterstellt.

Wendet man nunmehr die Grundsätze aus dem Erlass zu Treu und Glauben (wie sie obenstehend dargestellt wurden) auf das gegenständliche Verfahren an, widerspreche die bloße Änderung der Rechtsansicht der Abgabenbehörde erster Instanz dem auch von ihr zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben und ziehe die Unbilligkeit bei der Ermessensübung der Abgabenbehörde und letztendlich auch Einhebung der verfahrensgegenständlichen Abgabe nach sich.

Der Bf. musste aus der Erfahrung vergangener Abgabenprüfungen, betreffend die Nutzung von Naturalwohnungen, auf der Grundlage einer bei gleichem Sachverhalt und gleicher Rechtslage diametral entgegengesetzten Rechtsanwendung, nicht mit einem geänderten Vollzugsverhalten ein und derselben Abgabenbehörde rechnen.

Bereits die Unbilligkeit der Ermessensausübung bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes müsse die Bescheidaufhebung zur Folge haben.

Darüber hinaus durfte der Bf. darauf vertrauen, dass bei der Beurteilung der Frage eines Sachbezuges der in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen kundgemachte Erlass zur steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen mit der Rechtsverordnung GZ 923.101/35-11/2/86 beachtet werde.

Die Nichtbeachtung dieses Erlasses habe eine (weitere) sachliche Unbilligkeit des Vorgehens der Abgabenbehörde erster Instanz zur Folge, welche sich an den erwähnten Erlass nicht gebunden erachtet.

Nach deren eindeutiger Textierung treffe die kundgemachte Rechtsverordnung Klarstellungen in abgabenrechtlicher Hinsicht, auf deren Anwendung nicht zuletzt auch der Bf. vertrauen durfte.

Die Unbilligkeit des Vorgehens der Abgabenbehörde erster Instanz zeige sich auch gerade aus der Perspektive des Bf., der in vollem Vertrauen auf die bisherige Praxis bei den Abgabenprüfungen und auch den im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen ergangenen Erlass zur Höhe der von ihm für die Nutzung einer Naturalwohnung zu leistenden Vergütung, davon ausgehen konnte nicht im Nachhinein durch eine rechtswidrige Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde (mit Einkommensteuer) belastet zu werden.

Überdies verkenne die Abgabenbehörde erster Instanz, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel die Möglichkeit eröffnen soll, bisher unbekannten aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen; sie diene aber nicht dazu, bloß - wie hier - die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen.

Der Bf. hält daher die in seiner Beschwerde vom gestellten Anträge offen.

Über diese Beschwerde hat das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom entschieden und die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Die Abweisung der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide 2014 und 2015 wurde folgendermaßen begründet:

"Ihre Beschwerde richtet sich gegen den Wiederaufnahmebescheid 2014 sowie 2015 und war wie folgt zu entscheiden:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Im gegenständlichen Fall wurde im Zuge der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei Ihrem Arbeitgeber (pensionsauszahlende Stelle) festgestellt, dass Sie von Ihrem (ehemaligen) Arbeitgeber begünstigten Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommen und die Höhe des steuerlich relevanten Sachbezuges dafür nicht den Bestimmungen der Sachbezugswerteverordnung idF BGBl 11468/2008 (§ 2 dieser VO) entsprechen. Die Beurteilung der Frage, ob wegen verbilligter Überlassung von Wohnungen an Dienstnehmer steuerlich ein Sachbezug zu berücksichtigen ist, hat ausschließlich nach dem Abgabenrecht zu erfolgen.

Aus diesem Grund wurden die korrigierten Sachbezüge in einem gesonderten Lohnzettel an die Abgabenbehörde übermittelt.

Diese neuen Tatsachen rechtfertigen die Erlassung eines Bescheides gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO.

Die von Ihnen eingebrachte Beschwerde gegen die Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 war daher als unbegründet abzuweisen."

Die Abweisung der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 wurde folgendermaßen begründet:

"Mit Vorhalt vom wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich zur Sachlage zu äußern und noch Unterlagen oder Beweismittel, die für die Erledigung der Beschwerden wichtig sein könnten, vorzulegen. Da im Zuge der Vorhaltsbeantwortung keine neuen Beweismittel nachgereicht wurden, war aufgrund der Aktenlage wie folgt zu entscheiden.

§ 15 Abs. 2 EStG 1988 in der jeweils geltenden Fassung zählt zu den geldwerten Vorteilen demonstrativ und ausdrücklich "die Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge".

Die Bewertung bestimmter Sachbezüge wird durch die hierzu ergangene SachbezugswerteVO idF BGBl II 468/2008 geregelt, wie insbesondere im Anlassfall die Wohnraumbewertung iSd § 2 SachbezugswerteVO (vgl Lenneis in Jakom EStG, 2018, § 15 Rz 8).

Das heißt, sofern die SachbezugswerteVO keine Aussagen trifft, sind geldwerte Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen wie dies in § 15 Abs. 2 gesetzlich verankert wurde.

Im Beschwerdefall geht es um die Wohnraumbewertung, die in § 2 SachbezugswerteVO idF BGBl II 468/2008 festgelegt ist (vgl Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 15, Rz 11). Für dieBeurteilung des Vorliegens eines Sachbezuges aus der verbilligten Überlassung von Wohnraum ist daher ausschließlich die SachbezugswerteVO in der für den streitgegenständlichen Zeitraum jeweils geltenden Fassung maßgeblich.

Im gegenständlichen Fall wurde Wohnraum begünstigt zur Verfügung gestellt, weshalb zu untersuchen war, ob dies einen geldwerten Vorteil darstellt. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung stellt nur dann keinen geldwerten Vorteil dar, wenn der Arbeitnehmer sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers in Anspruch nimmt und seine bisherige Wohnung beibehält ( 84/14/0149; 87/14/0060; 93/14/0190; 95/13/0078; 2003/08/0030). Wird hingegen eine Wohnung zur Verfügung gestellt, die nach objektiven Kriterien als Mittelpunkt der Lebensinteressen verwendet werden kann, liegt ein steuerpflichtiger Sachbezug auch dann vor, wenn die eigene Wohnung beibehalten wird ( 97/15/0089).

Der Arbeitgeber hat Wohnungsdatenbanken zur Verfügung gestellt, welche die Grundlage für die Ermittlung der Sachbezugswerte bildete. Die Höhe des Sachbezuges wurde nach § 2 der Sachbezugswerte-Verordnung in der jeweils anzuwendenden Fassung durch eine Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode ermittelt. Der sich daraus ergebende günstigere Wert wurde als Sachbezug herangezogen.

Die von Ihnen an den Arbeitgeber bezahlte Grundvergütung (Miete) wurde dem ermittelten Sachbezugswert als Kostenbeitrag gegengerechnet. Ferner führten die selbst bezahlten Betriebskosten ebenfalls zu einer Verminderung des Sachbezugswertes. Der sich daraus ergebende geldwerte Vorteil für die verbilligte Nutzung der Wohnung (Sachbezug) unterliegt im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer.

Daher sind die nachträglich erfassten Beträge steuerrechtlich korrekt und die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Mit Eingabe vom hat der Bf. einen Vorlageantrag gestellt und führte begründend aus:

Die Beschwerdevorentscheidung vom , gegen die Wiederaufnahmebescheide 2014 und 2015 vom wurde den Vertretern des Bf. am zugestellt. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom erfolgte am . Die Beschwerdevorentscheidung gegen die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde ebenfalls am zugestellt.

Das unrichtige Ergebnis der Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Wiederaufnahmebescheide 2014 und 2015 sowie die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 wird nicht akzeptiert.

Die mit Beschwerden vom angefochtenen Bescheide leiden insbesondere unter Verfahrensmängel und unter einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die auch durch die Beschwerdevorentscheidungen nicht ausgeräumt werden.

Aus den Beschwerden vom und der Ergänzung vom ist dazu hervorzuheben wie folgt:

A) Zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme

Der in der Beschwerdevorentscheidung relevierte Wiederaufnahmsgrund des § 303 Abs. 1 lit b BAO liege nicht vor. Es seien hier keine Tatsachen oder Beweismittel, wie von § 303 Abs. 1 lit b BAO gefordert, neu hervorgekommen. Vielmehr sei der Finanzbehörde bereits im den Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 vom zugrundeliegenden Verfahren bekannt gewesen, dass dem Bf. eine Naturalwohnung vom Bundesministerium für ***1*** zur Verfügung gestellt wurde. Im Zuge von Prüfungen durch die Wiener Gebietskrankenkasse und durch das Finanzamt Wien 1/23 wurde kein Sachbezug für die Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen an Bedienstete des Bundesministeriums für ***1*** festgestellt. Erst anlässlich einer weiteren Prüfung für den Zeitraum 2010 bis 2015 wurde nunmehr von der Finanzbehörde erstmals ein Sachbezug unterstellt.

Die Wiederaufnahme erfolgte hier also nicht aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel, sondern dient diese hier nur dazu, die Folgen einer seinerzeitigen von der Finanzbehörde nun als unzutreffend betrachteten rechtlichen Würdigung eines offen gelegten Sachverhaltes zu beseitigen. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2013, 2014 und 2015 resultieren aus dieser geänderten Rechtsansicht der Finanzbehörde.

Unter Berücksichtigung des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom , BMF-010103/0023-VI/2006 über die Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben wäre eine Wiederaufnahme von Amts wegen, auch sachlich unbillig. Eine sachliche Unbilligkeit ergebe sich auch deshalb, weil der Bf. darauf vertrauen durfte, dass der in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen kundgemachte Erlass zur steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen mit der Rechtsverordnung GZ 923.101/35-11/2/86 beachtet werde. Der Bf. konnte aufgrund dieses Erlasses davon ausgehen, nicht im Nachhinein mit Lohnabgaben belastet zu werden. Wo doch in diesem Erlass auch festgehalten ist, dass Naturalwohnungen nicht als Sachbezug zu versteuern sind.

B) Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung

In den Beschwerdevorentscheidungen zu den Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015 beruft sich die Finanzbehörde auf § 15 Abs. 2 EStG 1988 und die dazu ergangene Sachbezugswerteverordnung. Ohne Begründung habe die Finanzbehörde angenommen, dass im gegenständlichen Fall Wohnraum begünstigt zur Verfügung gestellt worden sei. Weiters verweist die Finanzbehörde darauf, dass der Arbeitgeber Wohnungsdatenbanken zur Verfügung gestellt habe, welche als Grundlage für die Ermittlung des Sachbezugswertes dienen.

Die genannten Wohnungsdatenbanken seien dem Bf. unbekannt. Eine Möglichkeit sich dazu zu äußern, sei dem Bf. nicht eingeräumt worden. Die Finanzbehörde habe auch nicht begründet, welche Auswirkungen die zur Verfügung gestellten Wohnungsdatenbanken gerade auf die Frage einer Einkommensteuerpflicht des Bf. haben. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie die Berechnung des Sachbezuges bleiben völlig offen.

Dem Bf. sei es daher bislang nicht möglich gewesen, eine Stellungnahme zur Berechnung des, der Steuerberechnung zugrunde gelegten Sachbezuges aus seiner Sicht abzugeben. Vielmehr erfolgte neben dem Hinweis auf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Wohnungsdatenbanken bloß eine Bezugnahme auf § 2 der Sachbezugswerteverordnung und, dass die an den Arbeitgeber bezahlte Grundvergütung ebenso wie die vom Bf. selbst bezahlten Betriebskosten Berücksichtigung gefunden hätten. Inwieweit die vom Bf. bezahlte Grundvergütung und die ebenfalls von ihm bezahlten Betriebskosten in die Berechnung Eingang fanden, werde nicht dargelegt.

Die Berechnung des Wertes eines Sachbezuges nur durch Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode wäre überdies unzulässig. Eine Berechnung bedürfte vielmehr spezifischen Fachwissens und könne nicht auf eine bloße Gegenüberstellung von Berechnungsmethoden reduziert werden.

Bereits für die Mietzinsbildung bei der Anmietung des Wohnraumes durch das Bundesministerium für ***1*** seien die Umsetzung der im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen verfolgten strategischen Zielsetzungen, die Erschaffung leistbaren Wohnraumes an den Dienstorten der Mitarbeiter des Bundesministeriums für ***1*** und unter den gesetzlichen Voraussetzungen die Gestattung der Weiterbenutzung auch für Beamte im Ruhestand, maßgeblich gewesen. Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen kam es durch das Bundeskanzleramt zu Durchführungsbestimmungen für die Berechnung der Vergütung von Dienst- und Naturalwohnungen, welche die Errechnung der Vergütung abschließend regeln.

Daraus ergibt sich, dass Hinzurechnungen zu den Bemessungsgrundlagen für Lohnsteuer aus der Benutzung von Naturalwohnungen nicht zu erfolgen haben, wodurch auch ausgeschlossen ist, dass über die geleistete Vergütung hinaus ein geldwerter Vorteil aus der Benutzung der jeweiligen Wohnung der Einkommensteuer zu unterziehen ist. Tatsächlich bestehe für den Bf. auch gar kein geldwerter Vorteil aus der Benutzung der ihm zur Verfügung gestellten Wohnung.

Das Gehaltsgesetz 1956 und die auf dessen Grundlage ergangenen Richtlinien regeln das Entgelt, das für die Nutzung eines vom Bund als Dienstgeber bereit gestellten Wohnung zu entrichten ist, endgültig und abschließend, sodass eine gleichsam nachprüfende Kontrolle der gesetzlichen Berechnung der Vergütung aus einkommensteuerrechtlicher Sicht durch die Anwendung einer in Konkretisierung des Einkommensteuergesetzes ergangenen Verordnung, wie der Sachbezugswerteverordnung, unzulässig sei. Die aufgrund des Einkommensteuergesetzes ergangene Sachbezugswerteverordnung könne die Bestimmungen des Gehaltsgesetzes auch nicht derogieren.

Zusammengefasst könne die Zurverfügungstellung einer Naturalwohnung und die Gestattung deren Weiterbenutzung im Ruhestand durch ein Bundesministerium nicht als Bereitstellung verbilligten Wohnraumes, sondern nur als bescheidmäßige Zuweisung bzw. Gestattung der Benutzung einer Wohnung zu einem gesetzlich festgelegten Entgelt gewertet werden. Für die Anwendung der Sachbezugswerteverordnung verbleibt kein Raum.

Der Bf. stellte sowohl einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhanldung als auch auf Entscheidung durch den Senat.

Im Vorlagebericht vom beantragte das Finanzamt der Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer sowie gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 abzuweisen. Hinsichtlich der Wiederaufnahme begründete die Abgabenbehörde ihren Antrag auf Abweisung dahingehend, dass der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren Tatsachen neu bekannt wurden, deren Sachverhalt bei Berücksichtigung im abgeschlossenen Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Bezüglich ihres Antrages auf Abweisung betreffend Einkommensteuer verwies die Abgabenbehörde auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Eingabe vom zog der Bf. die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Beamter des Bundesministeriums für ***1*** und befindet sich seit 1995 in Ruhestand. Dem Bf. wird von seinem Dienstgeber die verfahrensgegenständliche Naturalwohnung zur Verfügung gestellt.

Für die Wohnung leistete der Bf. die nach § 24a Gehaltsgesetz 1956 vorgeschriebene Grundvergütung.

Dem Bf. wurde in den gegenständlichen Jahren ein Ruhebezug ausbezahlt.

Der Bf. wurde für das Jahr 2014 mit Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) vom aufgrund eines am vom Dienstgeber übermittelten Lohnzettels bzw. für das Jahr 2015 mit Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) vom veranlagt.

Infolge einer bei der Dienstgeberin durchgeführten GPLA-Prüfung langten für die Jahre 2014 und 2015 jeweils ein weiterer neuer Lohnzettel mit dem strittigen Sachbezug der Wohnung betreffend bei der belangten Behörde ein. Aufgrund dieser Lohnzettel wurden die Einkommensteuerverfahren des Bf. im Jahr 2019 wiederaufgenommen und entsprechende Sachbescheide (Einkommensteuerbescheid 2014 und 2015, jeweils vom ) erlassen, in denen weitere Einkünfte "Bundesministerium ***1***" angesetzt wurden. Eine Begründung zu der Änderung findet sich nicht.

Nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (vom bzw. ) und Einbringung eines Vorlageantrages (Eingabe vom ) wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten und aus dem Vorbringen des Bf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Ein Wiederaufnahmebescheid und der daraus resultierende Sachbescheid sind zwei Bescheide, die jeder für sich einer Bescheidbeschwerde zugänglich sind bzw. der Rechtskraft teilhaftig werden können. Auch hinsichtlich ihrer Behebbarkeit sind sie getrennt zu beurteilen. Sind beide Bescheide mit Bescheidbeschwerde angefochten, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (Ritz, BAO6, § 307 Tz 7)

3.1. Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid vom

Rechtsgrundlagen:

§ 303 BAO (Bundesabgabenordnung):

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) …

(3) …

In Bezug auf die Wiederaufnahme des Verfahrens hat die Behörde die wesentlichen Sachverhaltselemente, welche Grund für die Wiederaufnahme waren, klar darzustellen.

Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens ist zu beurteilen, ob die Abgabenbehörde die Wiederaufnahme des Verfahrens ausreichend begründet hat, indem sie jene (als Wiederaufnahmsgründe tauglichen) Umstände, die als Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Abgabenbehörde im wiederaufgenommenen Verfahren zu einem anderslautenden Bescheid veranlasst haben, dem Abgabepflichtigen bekannt gegeben hat.

Als "Tatsachen" im Sinne des § 303 BAO sind ausschließlich die mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängenden tatsächlichen Umstände gemeint, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten.

"Beweismittel" dagegen sind Mittel zur Herbeiführung der Überzeugung vom gegebenen Sein oder Nichtzutreffen von Tatsachen, letztlich zur Herbeiführung eines Urteils über einen rechtsbedeutenden Sachverhalt. Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Als Beweismittel können daher Urkunden, Datenträger, Sachverständigengutachten, aber auch Aufzeichnungen, Aktenvermerke und Lohnzettel in Betracht kommen.

"Neu hervorgekommene Tatsachen" und "neu hervorgekommene Beweismittel" sind zwei eigenständig zu beurteilende, jeweils für sich wirksame, somit für sich völlig selbständige Wiederaufnahmegründe (Stoll, BAO, 2924).

Die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens steht gemäß § 305 Abs. 1 BAO der Abgabenbehörde zu, die den zu ersetzenden Bescheid erlassen hat. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Behörde (vgl. ).

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen durch das gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Finanzamt ist die "Sache", über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid, wie dem der Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen, wird die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. ).

Aufgabe des Bundesfinanzgerichtes bei Entscheidungen über Beschwerden gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wiederaufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat dieses die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid ersatzlos beheben (vgl. ; ). Am Finanzamt liegt es dann, ob es etwa andere Wiederaufnahmegründe aufgreift und zu einer (neuerlichen) Wiederaufnahme heranzieht (vgl. ).

Ein von Amts wegen erlassener Bescheid hat gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO unter anderem eine Begründung zu enthalten. Die Ermessensübung ist ebenfalls entsprechend zu begründen.

Das bedeutet für den Beschwerdefall:

Die Begründung der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide - jeweils vom - erschöpft sich im Verweis auf das Einlangen "eines berichtigten oder neu übermittelten Lohnzettels oder einer Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen (Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe)", auf Grund dessen es eine oder mehrere Änderungen gegeben habe.

Die am übermittelte Begründung betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 und 2015 verweist lediglich auf die Übermittlung von neuen Lohnzetteln vom Bundesministerium für ***1***.

Die in den wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheide weisen gegenüber dem Erstbescheid lediglich höhere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus. Eine diesbezügliche Begründung findet sich nicht.

Weder aus den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden noch aus den Sachbescheiden ergaben sich somit weitere Informationen darüber, welche Umstände oder Tatsachen zur Erstellung und Erfassung der Lohnzettel der bezugsauszahlenden Stelle nach Erlassung des Einkommensteuer(erst)bescheides 2014 vom und 2015 vom - geführt hatten.

Aus dem oben dargestellten Verwaltungsgeschehen lässt sich der genaue Wiederaufnahmegrund nicht klar definieren.

Entscheidend für eine amtswegige Wiederaufnahme ist, welcher Wiederaufnahmegrund bzw. welche Wiederaufnahmegründe vom zuständigen Finanzamt herangezogen wurden. Dies deshalb, weil das Bundesfinanzgericht lediglich darüber zu entscheiden hat, ob die von der Behörde angeführten Gründe tatsächlich eine Wiederaufnahme rechtfertigen, nicht aber, ob andere (neue) Wiederaufnahmegründe vorliegen.

Einziger Wiederaufnahmegrund der Behörde war der Hinweis auf einen berichtigten oder neu übermittelten Lohnzettel bzw. der Hinweis auf eine nähere Begründung im (neuen) Sachbescheid. Die neuen Sachbescheide enthielten diesbezüglich keine begründenden Ausführungen.

Welche konkreten Sachverhaltsmomente bzw. Tatsachen, die neu hervorgekommen wären, tatsächlich dafür bestimmend waren, ergab sich weder aus den Wiederaufnahme- noch aus den Sachbescheiden.

Eine Wiederaufnahme ist jedoch nur zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind. Wiederaufnahmegründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existente Tatsachen oder Beweismittel, die erst später hervorkommen und im abgeschlossenen Verfahren nicht bekannt waren (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) bilden hingegen keinen Wiederaufnahmegrund (vgl. ). Ist eine Tatsache als solche nicht bekannt gewesen, vermag aber hierüber ein nachträglich zu Stande gekommenes Beweismittel erstmals die erforderliche Sachkenntnis zu verschaffen, so ist das Beweismittel, das den Wiederaufnahmegrund abgeben soll, ungeachtet der neu hervorgekommenen Tatsache nicht neu hervorgekommen und kann nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem Grund des neu hervorgekommenen Beweismittels führen, weil das Beweismittel nicht während des Verfahrens existent war (Stoll, BAO, 2923ff).

Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 303 BAO mit der Anführung der "neu hervorgekommenen Tatsachen" und "neu hervorgekommenen Beweismitteln" zwei eigenständig nebeneinander stehende Wiederaufnahmegründe festgelegt hat, impliziert, dass aus der sich aus dem Sachbescheid ergebenden Änderung der Bemessungsgrundlagen (hier: höhere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) nicht automatisch eine aus dem Wiederaufnahmegrund des Beweismittels ableitbare neu entstandene Tatsachen abgeleitet werden kann. Würde man dies unterstellen, dann würde jedes als Wiederaufnahmegrund herangezogene Beweismittel automatisch auch eine als Wiederaufnahmegrund zu wertende Tatsache in Form der Änderung der Bemessungsgrundlagen darstellen. Die Heranziehung eines eigenen Wiederaufnahmegrundes "neu hervorgekommene Beweismittel" wäre diesfalls obsolet und kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er dem Wiederaufnahmetatbestand des neu hervorgekommenen Beweismittels keine eigenständige Bedeutung zugewiesen hätte. Schon allein auf Grund dieser Überlegungen kann die sich aus dem Sachbescheid ergebende Änderung der Bemessungsgrundlagen nicht als ausreichende Beschreibung einer Tatsache, die neu hervorgekommen ist, erachtet werden. Vielmehr müsste sich aus der Begründung der Wiederaufnahme eine Beschreibung jener Tatsache(n) ergeben, die von der Abgabenbehörde als maßgeblich für die Erhöhung der Bemessungsgrundlage und somit als Wiederaufnahmegrund herangezogen wurden (vgl. ).

lm gegenständlichen Verfahren sah das Finanzamt offenbar im zusätzlichen Lohnzettel (bzw. Mitteilung oder Meldung) als Beweismittel bezüglich der Höhe der Einkünfte einen tauglichen Wiederaufnahmegrund. Der maßgebliche Lohnzettel wurde allerdings erst auf Grund einer GPLA-Prüfung erstellt, somit also zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Einkommensteuer(erst)bescheide 2014 und 2015 schon längst ergangen und in Rechtskraft erwachsen waren. Es handelte sich dabei unbestritten um nachträglich entstandene, nicht aber um neu hervorgekommene Beweismittel. Mit dem Verweis auf die gegenständlichen Lohnzettel bzw. Mitteilungen bezog sich das Finanzamt somit auf einen untauglichen Wiederaufnahmegrund.

Somit ist der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015 vom Folge zu geben und sind die angefochtenen Wiederaufnahmsbescheide ersatzlos aufzuheben.

3.2. Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015

§ 261 Abs. 2 BAO lautet:

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist gemäß § 307 Abs. 1 BAO unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren nach § 307 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Das bedeutet für den Beschwerdefall:

Da der Beschwerde gegen die die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheide entsprochen wurde, ist durch die Aufhebung der die Wiederaufnahme verfügenden Bescheide das Verfahren gemäß § 307 Abs. 3 BAO in die Lage zurückgetreten, in der sie sich vor der Wiederaufnahme befunden haben.

Nach Aufhebung der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahren gehören die angefochtenen Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 folglich nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 jeweils vom ist daher gemäß § 261 Abs. 2 BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a VwGG hat das Veraltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu 3.1. Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, Bescheide vom : Die Frage, ob Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen, ist auf Ebene der Beweiswürdigung im Einzelfall zu klären. Das gegenständliche Erkenntnis war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Da diese Voraussetzung im gegenständlichen Verfahren aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Zu 3.2. Einkommensteuerbescheide, jeweils vom : Die Verpflichtung zur beschlussmäßigen Gegenstandsloserklärung der gegen die Sachbescheide gerichteten Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus § 261 Abs. 2 BAO, weshalb auch in diesem Punkt eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 305 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 161 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

































ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104428.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at