Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2023, RV/3100011/2023

Arbeitsstätte eines Außendienstmitarbeiters (keine Halbierung des Sachbezugswertes nach der Sachbezugs-VO)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht erkannt:

I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang:

1.) Der Beschwerdeführer (Bf) ist in ***3*** wohnhaft und war Dienstnehmer der ***4***; diese hat den Betrieb "***5***" mit ***6*** auf ***7***, ***8***.

2.) Der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 erging am .

2.1.) Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, mit der Arbeitgeberin (der ***9***) sei vereinbart worden, dass der halbe Sachbezug für die Benützung des Dienstfahrzeuges (nachträglich) bei der Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werde. Das monatliche geführte Fahrtenbuch werde beigelegt.

2.2.) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurde dargelegt, bei den Fahrten des Bf zu seinem Arbeitgeber nach ***16*** handle es sich um Privatfahrten. Aus dem Fahrtenbuch ergebe sich, dass die privaten Fahrten mehr als 500 km/Monat betragen hätten. Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Sachbezuges seien daher nicht erfüllt.

2.3.) Mit Eingabe vom wurde fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht beantragt. Ergänzend wurde noch vorgebracht, der Dienstort des Bf sei nicht das ***10*** der ***15***, sondern sein Wohnort. Das ***10*** sei die Firmenzentrale. Dort befinde sich der ***11***, der allen international tätigen Vertriebsmitarbeitern zugänglich sei. Dort würden auch die Kollektionsverkäufe an die ***12*** stattfinden. Der Bf beginne seine Reise in dem Moment, in dem er sein Auto betrete um zu seinen Kunden zu fahren bzw. um seine Kunden im ***11*** zu betreuen. Der Bf verfüge im ***10*** über keinen fest zugewiesenen Arbeitsplatz. Er verfüge dort auch über kein Büro. Der Bf benutze ***13*** oder den ***11***, den alle international tätigen Kollegen benutzen/buchen könnten.

2.4.) Im Vorlagebericht vom wurde ergänzend noch ausgeführt, im Fahrtenbuch seien zumeist mehrmalige wöchentliche Fahrten zum Arbeitgeber nach ***16*** ausgewiesen. Diese Fahrten seien als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu qualifizieren.

II.) Sachverhalt:

1.) Der Bf war im Beschwerdejahr als Sales Manager der ***14***, tätig. Der bezughabende Dienstvertrag wurde am ***20*** abgeschlossen. In Punkt IV. des Vertrages ist der Dienstort geregelt. Wörtlich wird dort festgehalten: "Dienstort des Dienstnehmers ist mit dem Wohnort ident. " Der Wohnort des Bf ist in ***21***.

2.) Die ***4*** hat den Betrieb "***5***" mit ***6*** auf ***7***, ***8***. Der Bf war für die ***15*** für das Gebiet ***23***, ***24*** und ***25*** (***26***) verantwortlich.

In ***22*** hat sich der Firmensitz befunden. Der ***11*** war allen international tätigen Vertriebsmitarbeiter zugänglich; dort wurden die Kollektionsverkäufe durchgeführt. Im ***10*** befanden sich auch Schauräume und ***13***, die von den Vertriebsmitarbeitern buchbar bzw. nutzbar waren.

Der Bf hat in seinem Vertriebsgebiet ***17*** betreut; diese wurden von ihm regelmäßig an den jeweiligen Standorten besucht und zweimal pro Jahr in das ***10*** (***11***) zur Produktpräsentation und Produktbestellung eingeladen.

Die einfache Fahrstrecke zwischen dem Wohnort des Bf und der Arbeitsstätte in ***16*** hat ca. 75 km betragen.

3.) Der Bf hat seine Tätigkeit für die ***4*** bzw. ***15*** im Februar 2021 aufgenommen. Im ***10*** befinden sich das Design-, Produkt- und Finanzteam. Am Firmensitz fanden die Besprechungen/die Termine der Vertriebsmitarbeiter mit den angeführten Abteilungen statt.

4.) Der Bf hat im Februar 2021 am Firmensitz an ***18*** teilgenommen. Diese haben sich im Wesentlichen auf den Zeitraum 01.02.-04.02. und 22.02- beschränkt.

Im Kalendermonat März wurden in ***16*** an jeweils zwei bzw. drei Tagen pro Woche sogenannte Ordertermine abgehalten, die vom Bf wahrgenommen wurden. Dies bedeutet, dass zu diesen Terminen im ***11*** des ***10***, die jeweilige Kollektion vorbereitet, präsentiert und an die ***19*** verkauft wurde. Weitere Ordertermine haben im April (13.-15.04, 19.04., 27.04., 28.04), Juni (18.06., 21.06, 24.06), Juli (05.07.,06.07., 15.07, 19.07., 22.07., 28.07), August (04.08.-06.08., 10.08., 23.08. und 31.08.) und September (01.09, 08.09., 09.09, 14.09.-16.09) stattgefunden.

Darüber hinaus hat der Bf am Firmensitz regelmäßig an Meetings mit den Design-, Produkt- und Finanzteams teilgenommen. Meetings mit dem Produktteam haben beispielsweise am 19.05., 20.05., 26.05., 19.10., 20.10. und 21.10. stattgefunden. Termine mit dem Sales Team fanden zum Beispiel am 01.11., 03.11. und am 30.11. statt. Der Bf hat den Firmensitz auch ohne Bekanntgabe eines konkreten Grundes aufgesucht (zB 20.04., 27.05., 01.06., 15.06.). Im Dezember des Beschwerdejahres fand im ***10*** die Kollektionsvorstellung statt (09.12., 13.12. -17.12.). Die Teilnahme an den angeführten Meetings gehörte zu den Dienstpflichten des Bf.

5.) Sämtliche Büroarbeiten wurden vom Bf an seinem Wohnort durchgeführt. Hiezu gehörten die Vor-/Nachbereitung von Außendienstterminen, die Durchführung von Videomeetings mit Kunden, Videoteambesprechungen, Videobesprechungen mit anderen Stakeholdern, Budgetbesprechungen, Mitarbeitergespräche, Calls mit anderen Abteilungen, Besprechungen, Besprechungen mit ***19***.

6.) Vom Arbeitgeber des Bf wurde im gesamten Lohnzahlungszeitraum ein Sachbezug angesetzt. Dieser hat sich für den ***1*** (-) auf € 460,95/Monat belaufen, der Sachbezug für den ***2*** hat € 640/Monat (-) betragen.

Der Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den Vorhaltsbeantwortungen des Bf vom und .

III.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für seine Privatfahrten (einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) zu benutzen, ist einmonatlicher Sachbezug nach § 4 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung, BGBl II 416/2001 idF BGBl II 314/2019 anzusetzen.

Betragen die Privatfahrten im Jahresdurchschnitt nachweislich nicht mehr als 500 km monatlich, ist der halbe Sachbezugswert anzusetzen (§ 4 Abs. 2 Sachbezugs-VO).

2.) Zeitraumbezogene regelmäßige Tätigkeiten im Betrieb des Arbeitgebers sind geeignet, den Betrieb als Arbeitsstätte iSd § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 der betroffenen Außendienstmitarbeiter zu qualifizieren. Selbst wenn der Dienstnehmer die Betriebsstätte lediglich zu Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten oder Dienstbesprechungen aufsucht, liegt Innendienst vor (vgl Doralt, EStG21, § 16 Tz 174, , weiters ).

3.) Das Finanzamt stützt seinen ablehnenden Standpunkt (zunächst) auf den Umstand, dass kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliege. Zu diesen Ausführungen der Abgabenbehörde ist zu bemerken, dass die Sachbezugs-VO keine Nachweisführung durch ein Fahrtenbuch verlangt. Wie der VwGH in den Erkenntnissen vom , 2001/13/0092, und vom , 2001/15/0191, zum Ausdruck gebracht hat, muss die Nachweisführung im Sinne des § 4 Abs. 2 der zitierten Verordnung nicht zwingend durch die Führung eines Fahrtenbuches erfolgen.

4.) Die Abgabenbehörde ist aber auch davon ausgegangen, dass dem Bf die Halbierung des Sachbezuges für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges deshalb nicht zustehe, weil die Privatnutzung im Streitjahr - unter Zugrundelegung der (vom Bf vorgelegten) monatlichen Fahrtenaufstellungen - mehr als 6.000 km/Jahr (500 km/Monat) betragen habe. Das Finanzamt hat in seine Berechnung neben den ausdrücklich als "privat" bezeichneten Fahrten auch die (regelmäßigen) Fahrten zum Firmensitz einbezogen.

Diesen Ausführungen der Abgabenbehörde kommt Berechtigung zu. Nach den Auswertungen des Fahrtenbuchs hat der Bf im ***10*** (wiederkehrend) Verkaufsveranstaltungen abgehalten, an diversen Meetings mit den unterschiedlichen Teams und an der Kollektionspräsentation mitgewirkt bzw. teilgenommen. Damit hat der Bf im Beschwerdejahr aber regelmäßig Innendienst am Firmensitz verrichtet. Auf Punkt II. dieses Erkenntnisses wird verwiesen. Die beantragte Halbierung des Sachbezuges konnte sohin nicht gewährt werden.

Nicht entscheidend sind hingegen die subjektive Sichtweise des Bf und der Wortlaut des Dienstvertrages. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Bf am Firmensitz über kein eigenes Büro verfügt hat, zumal er dort unbestritten diverse Räumlichkeiten für seine Agenden nutzen konnte.

IV.) Zulässigkeit einer Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil die gegenständliche Rechtsfrage (Qualifikation des Betriebes als Arbeitsstätte bei zeitraumbezogenen regelmäßigen Tätigkeiten eines Außendienstmitarbeiters im Betrieb) durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100011.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at