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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.05.2023, RV/1100417/2019

Steuerbefreiung für Trinkgelder an einen Inspektor eines Casinos

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Beschwerde von ***Bf1*** (künftig Bf genannt) gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge von der belangten Behörde mitübermittelten elektronischen Aktes, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Mit Formular Verf 61 vom meldete der (Bf) die Aufnahme einer Grenzgängertätigkeit nach Liechtenstein. Als ausländischer Arbeitgeber führte er die ***1*** an.

Den Dienstvertrag mit seinem ausländischen Arbeitgeber, welcher vom datiert, übermittelte der (Bf) in diesem Zuge ebenso an die belangte Behörde.

Mit Datum brachte der (Bf) seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 in Papierform bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ mit Datum den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 des (Bf).

Mit Schriftsatz vom , übermittelt via FON, erhob der (Bf) das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid 2018. Darin führte er im Wesentlichen aus wie folgt:

Das Bruttoeinkommen von € 50.152,00 sei nicht reduziert worden. Die sonstigen Bezüge in der Höhe von € 4.986,00 hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei deshalb eine zu hohe Steuerbemessungsgrundlage resultiert.

Der Beschwerde beigelegt wurde eine Bestätigung der Uniqa über die Bezahlung einer Krankenversicherung in der Höhe von € 2.416,56, ein Lohnausweis des (Bf) betreffend den Zeitraum bis sowie das entsprechende Beiblatt für Grenzgänger nach Liechtenstein.

Die belangte Behörde führte in der Folge ein Ermittlungsverfahren durch und richtete am ein Ersuchen um Ergänzung mit folgendem Inhalt an den (Bf):

"Sie haben Ihre Beschwerde wie folgt begründet: "Bruttoeinkommen EUR 50.152 wurde nicht reduziert um Sonstige Bezüge EUR 4986, weshalb eine zu hohe steuerpflichtige Basis entsteht. Bitte um Korrektur".

Wie aus dem der Beschwerde beigefügten Lohnausweis 2018 desausländischen Arbeitgebers ersichtlich ist, beträgt der Bruttolohn inklusive Sonderzahlungen EUR 53.542,--. Die nicht im Bruttolohn enthaltenen Beiträge an die Krankenversicherung betragen EUR 1.594,--. Zunächst wird ausgeführt, dass gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden (oder früheren) Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen. Beiträge des Arbeitgebers dafür, dass sich der Dienstnehmer selbst krankenversichert, stellen einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar und sind daher als Lohnbestandteil dem Bruttolohn hinzuzurechnen. Im Gegenzug wurden die Krankenversicherungsbeiträge der Uniqua EUR 2.416,56 zur Gänze als Werbungskosten berücksichtigt.

Die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug wurden daher mit EUR 50.150,-- wie folgt berechnet: Bruttobezug EUR 53.542,-- zuzüglich Beitrag an die Krankenversicherung EUR 1.594,-- abzüglich Sonderzahlungen EUR 4.986,-- = EUR 50.150,--. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt abzuweisen. Im Zuge der Beschwerde wurden folgende zusätzlichen Ausgaben beantragt: Pendlerpauschale/Pendlereuro EUR 372,--/EUR 22,--, Kosten für Familienheimfahrten EUR 3.672,--, Sonstige Werbungskosten EUR 2.416,56. Dazu wird Folgendes ausgeführt:

Das Pendlerpauschale/der Pendlereuro können dann als Werbungskosten/Absetzbetrag berücksichtigt werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen hierfür vorliegen. Insbesondere ist das große Pendlerpauschale bei einfacher Wegstrecke zwischen 2-20 km dann zulässig, wenn zu den überwiegenden Arbeitszeiten im Lohnzahlungszeitraum (Kalendermonat) keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzbar sind oder die Wegzeit mehr als 1 Stunde beträgt.

Legen Sie eine Bestätigung Ihres Arbeitgebers betreffend Ihrer Arbeitszeiten vor. Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann. Begründet ein allein stehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist jedoch besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist.

In diesen Fällen stehen ab der Wohnsitzbegründung bzw. Wohnsitzverlegung keine Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu. Bei einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn z.B. der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte jährlich erzielt. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, können die Kosten einer beruflich veranlassten Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Für alleinstehende Arbeitnehmer wird ein Zeitraum von sechs Monaten als ausreichend angesehen. Laut Melderegisterabfrage haben Sie am in ***Stadt-A*** einen Hauptwohnsitz angemeldet. Laut Aktenlage wird von einer erstmaligen Hausstandsgründung ausgegangen, weshalb grundsätzlich keine Aufwendungen für Familienheimfahrten abzugsfähig sind.

Belegen Sie allenfalls die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Familienheimfahrten (Nachweis des ausländischen Familienwohnsitzes, Kostentragung, Nachweis Partnerschaft, Begründung der Beibehaltung des Familienwohnsitzes etc.) und belegen Sie die Familienheimfahrten. Die sonstigen Werbungskosten EUR 2416,56 (Krankenversicherung Uniqua) wurden bereits im Einkommensteuerbescheid 2018 vom als Werbungskosten berücksichtigt. Die auf die laufenden Bezüge entfallenden AHV und PK-Beiträge betragen EUR 5497,49 + EUR 2.416,56 = EUR 7914,05 (vgl. "Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschalbetrag" Einkommensteuerbescheid 2018 Seite 1)."

Mit Eingabe via FON vom beantwortete der (Bf) das Ersuchen um Ergänzung und übermittelte der belangten Behörde folgende Unterlagen:

  1. Lohnausweis seines ausländischen Arbeitgebers für den Zeitraum bis samt Beiblatt für österreichische Arbeitnehmer nach Liechtenstein.

  2. Zahlungsbestätigung des bfi über € 495,00 für einen Deutschkurs

  3. Buchungsbestätigung für Flugtickets

  4. Laut Lohnausweis des Arbeitgebers des (Bf) schlüsseln sich die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wie folgt auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  1. Bruttolohn
  1. 53.542,00
  1. Grundlohn brutto
  1. 29.910,00
  1. 13. Monatslohn
  1. 2.470,00
  1. 14. Monatslohn
  1. 2.516,00
  1. Trinkgelder
  1. 18.646,00
  1. Total
  1. 34.896,00
  1. Beiträge an Krankenversicherung
  1. 1.594,00
  1. AHV/IV/ALV/NBU
  1. 3.413,00
  1. Pensionsversicherung
  1. 2.432,00
  1. FL Quellensteuer
  1. 2.142,00
  1. Krankentaggeldversicherung
  1. 217,00

  1. Mit Datum erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung mit welcher sie der Beschwerde teilweise stattgab. Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:

  2. "Sie haben in Ihrer Beschwerde Folgendes vorgebracht:

  3. "Bruttoeinkommen EUR 50.152 wurde nicht reduziert um Sonstige Bezüge EUR 4986, weshalb eine zu hohe steuerpflichtige Basis entsteht. Bitte um Korrektur".

  4. Wie aus dem der Beschwerde beigefügten Lohnausweis 2018 desausländischen Arbeitgebers ersichtlich ist, beträgt der Bruttolohn inklusive Sonderzahlungen EUR 53.542,-. Die nicht im Bruttolohn enthaltenen Beiträge an die Krankenversicherung betragen EUR 1.594,-. Zunächst wird ausgeführt, dass gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden (oder früheren) Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen. Beiträge des Arbeitgebers dafür, dass sich der Dienstnehmer selbst krankenversichert, stellen zweifellos einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar und sind daher als Lohnbestandteil dem Bruttolohn hinzuzurechnen. Im Gegenzug wurden die Krankenversicherungsbeiträge der Uniqua EUR 2.416,56 zur Gänze als Werbungskosten berücksichtigt.

  5. Die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug wurden daher mit EUR 50.150,- wie folgt berechnet: Bruttobezug EUR 53.542,- zuzüglich Beitrag an die Krankenversicherung EUR 1.594,- abzüglich Sonderzahlungen EUR 4.986,- = EUR 50.150,-. Die Beschwerde war in diesem Punkt daher abzuweisen.

  6. Falls im vorliegenden Fall davon ausgegangen wurde, dass die Trinkgelder (CHF 18.646,-) steuerfrei zu behandeln wären, wird Folgendes ausgeführt:

  7. Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 bezieht sich auf ortsübliche Trinkgelder. Bei der Beurteilung der Steuerfreiheit von ortsüblichen Trinkgeldern kommt es auch auf den wirtschaftlichen Gehalt an. Trinkgelder sind daher im Hinblick auf einen etwaigen Lohncharakter zu beurteilen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich dadurch, dass es sich um Beträge handeln muss, die zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Bestehen die Einkünfte zu einem großen Teil aus Trinkgeldern (Cagnotte), so kann nicht mehr von "Trinkgeldern" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 gesprochen werden.

  8. Dem wirtschaftlichen Gehalt nach handelt es sich vielmehr um steuerpflichtiges Arbeitsentgelt. Wirtschaftlich betrachtet ersetzten die Anteile an der Cagnotte daher nicht ein Trinkgeld, sondern bilden den wesentlichen Teil eines Arbeitseinkommens. Zusätzlich ist zu beachten, dass eine gesetzliche Bestimmung oder eine lohngestaltende Vorschrift die Annahme von Trinkgeld durch den Arbeitnehmer selbst verbieten kann. Kommt es in der Folge zu einer Verteilung durch den Arbeitgeber an die Arbeitnehmer, ist von voller Steuerpflicht auszugehen.

  9. Im Zuge der Beschwerde wurden folgende zusätzlichen Ausgaben beantragt:

  10. Pendlerpauschale/Pendlereuro EUR 372,-/EUR 22,-, Kosten für Familienheimfahrten EUR 3.672,-, Sonstige Werbungskosten EUR 2.416,56. Dazu wird Folgendes ausgeführt:

  11. Es wurde keine Arbeitszeitbestätigung vorgelegt. Das Pendlerpauschale/der Pendlereuro wurden jedoch antragsgemäß berücksichtigt, da aufgrund der Öffnungszeiten des ausländischen Arbeitgebers davon auszugehen war, dass entweder keine öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden konnten oder die Wegzeit unzumutbar lang gewesen wäre.

  12. Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

  13. Begründet ein allein stehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist jedoch besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist. In diesen Fällen stehen ab der Wohnsitzbegründung bzw. Wohnsitzverlegung keine Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu. Bei einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn z.B. der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte jährlich erzielt.

  14. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, können die Kosten einer beruflich veranlassten Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Für alleinstehende Arbeitnehmer wird ein Zeitraum von sechs Monaten als ausreichend angesehen.

  15. Laut Melderegisterabfrage haben Sie und Ihre Partnerin ***2*** am in ***Stadt-A*** einen Hauptwohnsitz angemeldet. Somit war von einer erstmaligen Hausstandsgründung sowie Begründung eines Lebensmittelpunktes in Österreich auszugehen, weshalb keine Aufwendungen für Familienheimfahrten abzugsfähig sind.

  16. Die im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom vorgelegten Flugtickets konnten daher nicht als Ausgaben für Familienheimfahrten anerkannt werden. Eine Erläuterung für die Beibehaltung des Wohnsitzes in Bulgarien sowie entsprechende Kostennachweise wurden nicht beigebracht. Die sonstigen Werbungskosten EUR 2.416,56 (Krankenversicherung Uniqua) wurden bereits im Einkommensteuerbescheid 2018 vom als Werbungskosten berücksichtigt.

  17. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung: Die AHV-, Pensionskassen- und Krankentaggeldversicherungsbeiträge belaufen sich auf EUR 6.062,- (AHV € 3.413,-, PK € 2.432,-, Krankentaggeldversicherung € 217,-). Auf die laufenden Bezüge entfallen € 5.497,49 (€ 6.062,-/53.542,- x (53.542,- - 4.986,-)). Nach Hinzurechnung der privaten Krankenversicherung (€ 2.416,56) berechnen sich Ausgaben von insgesamt EUR 7914,05 (vgl. "Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschalbetrag - 7.914,05 €" des Einkommensteuerbescheides 2018 vom Seite 1).

  18. Somit war spruchgemäß zu entscheiden. Wir berücksichtigen 60 Euro als Topf-Sonderausgaben z. B. für Wohnraumschaffung und -Sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen. Der Grund: Die Topf-Sonderausgaben können wir nur zu einem Viertel anrechnen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter bis maximal 60 Euro (§ 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988)."

  19. Am brachte der (Bf) einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 bei der belangten Behörde ein. Darin führte er aus wie folgt:

  20. "Hiermit beantrage ich die Vorlage des Falles an die nächst höhere Instanz. Es werden auf dem Lohnzettel Trinkgelder in Höhe von EUR 18.646,- ausgewiesen. Trinkgelder sind gemäss geltender Rechtsauffassung nicht zu besteuern, wenn diese ortsüblich sind, einem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von einem Dritten und freiwillig ohne dass ein Rechtsanspruch darauf besteht bezahlt wird. Da dies im gegenständlichen Falle erfüllt ist, beantrage ich hiermit, die Trinkgelder nicht der Besteuerung in Österreich zu unterwerfen."

  21. Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der (Bf) aufgefordert, die gesetzliche Regelung, als auch die innerbetriebliche Regelung betreffend Trinkgeld vorzulegen.

  22. Da der (Bf) das Ersuchen um Ergänzung nicht beantwortete, sendete die belangte Behörde am eine Erinnerung an den (Bf) und bat darin nochmals um Vorlage der betreffenden Unterlagen. Als Frist zu Beantwortung wurde der festgelegt.

  23. Der (Bf) ließ sowohl das Ersuchen um Ergänzung vom , als auch die Erinnerung vom unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der (Bf) hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist Grenzgängerin nach Liechtenstein.

Sein Arbeitgeber ist die ***1***. Gemäß dem Dienstvertrag vom ist der (Bf) als Inspektor tätig.

Im Jahr 2018 hat die (Bf) in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Trinkgelder in der Höhe von € 18.646,00 erhalten.

In Liechtenstein ist das gewerbsmässig oder öffentlich betriebene Glücks- und Geschicklichkeitsspiel um Geld oder andere geldwerte Vorteile im Geldspielgesetz (GSG) vom geregelt.

Art 32 GSG lautet wie folgt:

Trinkgelder

1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschliesslich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal.

Strittig ist, ob die Trinkgelder, welche der (Bf) erhalten hat, in Österreich der Steuerpflicht unterliegen.

2. Beweiswürdigung

  1. Die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes fußen auf den im Zuge der Vorlage der Beschwerde übermittelten Unterlagen und der Einsichtnahme in den bei der belangten Behörde geführten elektronischen Akt des (Bf).

  2. Die Feststellung in Bezug auf die Grenzgängertätigkeit leitet das Bundesfinanzgericht aus dem im elektronischen Akt bei der belangten Behörde einliegenden Formular ab. Darin meldet der (Bf) am , den Beginn einer Grenzgängertätigkeit nach Liechtenstein per .

  3. Die berufliche Tätigkeit der (Bf) als Inspektor erschließt sich dem Bundesfinanzgericht aufgrund dem im Abgabeninformationssystem bei der belangten Behörde einliegenden Dienstvertrag vom .

  4. Die Höhe des Trinkgeldes, welches die (Bf) im Jahr 2018 erhalten hat, leitet dasBundes-finanzgericht aus dem vorliegenden Jahreslohnzettel 2018 ab, in welchem Trinkgelder in der Höhe von € 18.646,00 ausgewiesen sind.

  5. Die gesetzliche Bestimmung des § 32 Geldspielgesetz ist dem Liechtensteinischen Landesgestzblatt entnommen.

  6. Das Bundesfinanzgericht hegt keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Echtheit der vorliegenden Beweismittel.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Steuerfreiheit von Trinkgeldern ist in § 3 Abs 1 Z 16a EStG geregelt. § 3 Abs 1 Z 16a EStG lautet wie folgt:

  1. Steuerfrei sind "ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist".

  2. Vor der Einführung der Steuerbefreiung (mit BGBl I 2005/35) waren Trinkgelder Gehaltsbestandteile und somit steuerpflichtig. Tatsächlich erfasst wurden allerdings nur Kreditkartentrinkgelder im Wege des Lohnsteuerabzugs; bar zugewendete Trinkgelder hätten vom Dienstnehmer im Rahmen der Veranlagung versteuert werden müssen. Da eine Überwachung (durch den Arbeitgeber) sowie Überprüfung (im Rahmen von Lohnsteuerprüfungen) bar zugewendeter Trinkgelder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich gewesen wäre, wurde aus Gründen der Verfahrensökonomie die Steuerbefreiung eingeführt.

  3. Nach dem VfGH sind Charakteristika des Trinkgeldes die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis ( ; ebenso E , 2009/15/0173; vgl auch § 3 Z 51 dEStG; BFH, BStBl 2009 II 820; BFH, BStBl 2007 II 712 zur Abgrenzung von Sonderzahlungen). Derartige Trinkgelder (bar oder mittels Kreditkarte) sind von der Lohnsteuer, dem Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer befreit. Bezieher betrieblicher Einkünfte können nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kommen ( ).

  4. Die Steuerfreiheit für Trinkgelder stieß auf verfassungsrechtliche Bedenken. Es schien nicht sachgerecht, dass Entgelte von dritter Seite unter den im Gesetz angeführten Voraussetzungen steuerfrei sind. Da sich das Trinkgeld zudem am Rechnungsbetrag orientiere, ist das Trinkgeld in höherpreisigen Lokalen insgesamt erheblich höher als in anderen Lokalen, weshalb auch eine Durchschnittsbetrachtung nicht möglich sei. Derartige Bedenken wurden vom VfGH nicht geteilt.

  5. Danach ist die Steuerfreiheit von ortsüblichen Trinkgeldern einschließlich der Steuerpflicht von Trinkgeldern, dessen direkte Annahme dem Arbeitnehmer verboten ist, verfassungsrechtlich zulässig ( ), wonach die Erfassungsprobleme der Verwaltung einschließlich der zu erwartenden Einsprüche sowie die Involvierung eines unbeteiligten Dritten als Trinkgeldgeber rechtfertigend wirken.

  6. Für die Steuerfreiheit müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  7. - Ortsüblichkeit der Zuwendung,
    - Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite,
    - Freiwilligkeit der Zuwendung sowie
    - Zulässigkeit der Annahme der Zuwendung (kein gesetzliches oder kollektivvertragliches Verbot der Annahme) (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz23, RZ 197 zu § 3).

  8. Die Annahme des Trinkgeldes darf nicht aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen verboten sein. Damit sind ua jene Bestimmungen gemeint, die eine Annahme von Zuwendungen strafrechtlich sanktionieren. Geschenkannahmen durch Beamte, durch leitende Angestellte eines öffentlichen Unternehmens, durch Sachverständige, durch Mitarbeiter und sachverständige Berater (§§ 304 ff StGB). Verschiedene weitere Bundes- und Landesgesetze enthalten weitere Verbote (zB § 59 BDG; § 42 NÖ LBG; § 27 GSpG;) (vgl hierzu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz23, RZ 202 zu § 3).

  9. Laut dem vorliegenden Dienstvertrag, ist der (Bf) bei seinem liechtensteinischen Arbeitgeber als Inspektor tätig.

  10. Art 32 Abs 2 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes (GSG) erlaubt die Annahme individueller Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art ausschließlich Mitarbeitern im persönlichen Dienstleistungsbereich. Dazu zählt das Restaurant- und Garderobepersonal.

  11. Der (Bf) gehört als Inspektor nicht zu dem in Art 32 Abs 2 GSG definierten Kreis von Mitarbeitern. Ihm ist die Annahme von Trinkgeldern somit aufgrund der Bestimmung des Art 32 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes (GSG) untersagt.

Stellt man den Jahresbruttolohn und die Summe der Trinkgelder einander gegenüber, so ist für den beschwerdegegenständlichen Fall zu sagen, dass diese wohl nicht mehr als ortsübliches Trinkgeld bezeichnet werden können.

Die Trinkgelder belaufen sich auf mehr als 30 % des Bruttolohnes. Von dem in der gesetzlichen Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 16a EStG normierten Charakter eines ortsüblichen Trinkgeldes kann diesbezüglich nicht mehr gesprochen werden.

  1. Die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern gemäß § 3 Abs 1 Z 16a EStG liegt somit im beschwerdegegenständlichen Fall nicht vor.

  2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche in der bisherigen Judikatur des VfGH bzw VwGH bereits beantwortet wurden und um solche, welche im Gesetz klar und eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der gegenständliche Beschwerdefall von der Lösung nicht über den Einzelfall hinausgehender Sachverhaltsfragen ab.

Die ordentliche Revision ist damit nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100417.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at