I) Stattgabe eines Rückzahlungsantrages bedingt bestehendes, rückzahlbares Guthaben auf dem Abgabenkonto II) Unzuständigkeit des BFG mangels Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom und vom betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages (§ 239 BAO) sowie betreffend Abrechnung (§ 216 BAO), Steuernummer ***BF1StNr1***,
I. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Abweisung eines Rückzahlungsantrages (§ 239 BAO) wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
II. den Beschluss gefasst:
Bezüglich der Beschwerde gegen den Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) wird die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes festgestellt. Das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.
III. Revision
Gegen dieses Erkenntnis bzw. diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 bzw. Art. 133 Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Eingabe vom beantragte die Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers (im Folgenden abgekürzt Bf.) die Rücküberweisung der aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 resultierenden Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € auf das Massekonto des Bf.
Mit Bescheid vom wurde das Ansuchen unter Verweis auf die zugegangenen Buchungsmitteilungen mit der Begründung abgewiesen, auf dem Abgabenkonto des Bf. bestehe derzeit kein Guthaben.
In der von der Insolvenzverwalterin fristgerecht erhobenen, gegen die Abweisung des Rückzahlungsantrages gerichteten Beschwerde brachte diese vor, aus der Insolvenzmasse, resultierend aus dem Verkauf des Wohnungseigentumsobjektes des Bf., seien Masseforderungen des Finanzamtes an Einkommensteuer ab Insolvenzeröffnung für die Jahre 2014 und 2015 im Gesamtbetrag von 11.133,86 € bezahlt worden. Für das Jahr 2014 handle es sich dabei um folgende Beträge:
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Einkommensteuer 07-09/2014 | 4.343,00 € |
Säumniszuschlag 2014 | 86,86 € |
Einkommensteuer 10-12/2014 | 3.032,00 € |
Masseforderung 2014 gesamt | 7.461,86 € |
Die Zahlungsaufforderung des Finanzamtes an sie als Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren des Bf. sowie der Überweisungsbeleg seien als Nachweise der Beschwerde beigelegt worden. Der Zahlungsbeleg beinhalte einen Gesamtbetrag von 13.133,86 €, da mit den Masseforderungen an Einkommensteuer gleichzeitig der Kostenvorschuss zurückbezahlt worden sei.
Die Abgabengutschrift in Höhe von 6.421,00 €, deren Rückzahlung beantragt werde, resultiere aus der Einkommensteuerveranlagung 2014. Nachdem für diesen Zeitraum ein das Guthaben erheblich übersteigender Betrag aus der Insolvenzmasse bezahlt worden sei, bestehe ein Rückzahlungsanspruch der Insolvenzmasse in der gesamten Höhe der Abgabengutschrift.
Eine An- bzw. Aufrechnung eines Rückzahlungsanspruches der Insolvenzmasse (nach Insolvenzeröffnung) einerseits auf bzw. mit vorher aufgelaufenen Abgabenrückständen, sohin Konkursforderungen, andererseits, sei ebenso unzulässig wie es die Bezahlung derartiger Konkursforderungen aus Massemitteln wäre.
Seitens des Finanzamtes sei im Ergebnis nunmehr eine Überzahlung aus Massemitteln an Masseforderungen in unzulässiger Weise auf Konkursforderungen gebucht und angerechnet worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als ein Betrag in Höhe von 3.655,86 € rückgezahlt wurde. Hinsichtlich der Begründung wurde auf den gesondert ergangenen Abrechnungsbescheid verwiesen.
Mit Abrechnungsbescheid vom wurde entschieden, dass die Verrechnung rechtmäßig erfolgt sei. Begründend wurde ausgeführt, die am eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Rückzahlungsantrages vom werde als Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gewertet. In diesem Antrag sei umfassend dargelegt worden, dass die Einkommensteuergutschrift für 2014, welche am entstanden sei, zur Gänze der Insolvenzmasse zustünde.
Festgestellt werde, dass am das BG ***1*** das Schuldenregulierungsverfahren über den Bf. eröffnet habe.
Am sei die Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2013 und Folgejahre in Höhe von 9.500,00 € bescheidmäßig festgesetzt worden. Im Hinweis des Bescheides werde erläutert, dass bis zur Zustellung eines neuen Bescheides die festgesetzten Vorauszahlungen mit je einem Viertel jeweils am 15. Februar, am 15. Mai, am 15. August und am 15. November fällig würden. Am sei die Einkommensteuervorauszahlung für 2014 und Folgejahre in Höhe von 12.125,00 € bescheidmäßig neu festgesetzt worden. Aufgrund der Änderung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 2014 und Folgejahre am ergebe sich die vierteljährliche Vorauszahlung wie folgt:
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Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2014 | 2.375,00 € | Insolvenzforderung |
Einkommensteuervorauszahlung 04-06/2014 | 2.375,00 € | Insolvenzforderung |
Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2014 | 4.343,00 € | Masseforderung |
Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2014 | 3.032,00 € | Masseforderung |
Am sei eine Zahlung in Höhe von 13.133,86 € geleistet worden. Diese Zahlung betreffe unter anderem die Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2014 in Höhe von 4.343,00 €, die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2014 in Höhe von 3.032,00 € sowie den Säumniszuschlag für die verspätete Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung 07-09/2014 in Höhe von 86,86 €.
Die Insolvenzverwalterin vertrete im eingebrachten Antrag die Ansicht, dass der konkrete Rückforderungsanspruch zur Gänze rückzahlbar sei, da für den Zeitraum 2014 insgesamt 7.461,86 € einbezahlt worden seien, und die Abgabengutschrift aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 eine Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € ergebe. Im Antrag werde angeführt, dass eine An- bzw. Aufrechnung eines Rückzahlungsanspruches der Insolvenzmasse (nach Insolvenzeröffnung) einerseits auf bzw. mit vorher aufgelaufenen Abgabenrückständen, sohin Konkursforderungen andererseits, ebenso unzulässig sei, wie es die Bezahlung derartiger Konkursforderungen aus Massemitteln wäre.
Abgabenansprüche entstünden grundsätzlich ohne behördliches Tätigwerden ex lege. Einkommensteuervorauszahlungsansprüche entstünden allerdings nur dann kraft Gesetzes, wenn eine bescheidmäßige Festsetzung von Vorauszahlungen vorangegangen sei (Ritz, BAO³ § 4 Rz 17; ). Den Zeitpunkt des Entstehens des Einkommensteueranspruchs regle die BAO wie folgt:
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 BAO entstehe der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer für die Vorauszahlungen grundsätzlich mit Beginn des Kalendervierteljahres, für das die Vorauszahlungen zu entrichten sind.
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO entstehe der Abgabenanspruch für die zu veranlagende Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden sei.
Wie bereits erwähnt worden sei, sei die Einkommensteuervorauszahlung 2014 und Folgejahre erstmals am bescheidmäßig festgesetzt worden.
Zur Verrechnung der veranlagten Einkommensteuergutschrift sei Folgendes festzuhalten:
Erfolge nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabepflichtigen eine Veranlagung, die vor der Eröffnung liegende Zeiträume betreffe, und würden dabei die Vorauszahlungen auf die Jahresabgabenschuld angerechnet, so würden die Vorauszahlungen selbst dann keinen unter das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO fallenden Gegenanspruch des Schuldners gegen den Bund darstellen, wenn die Gutschrift der Vorauszahlungen zu einem auf dem Abgabenkonto aufscheinenden Guthaben führe (siehe RAE RZ 155).
Vorauszahlungen bildeten mit der Jahresabgabenschuld eine rechtliche Einheit.
Der Anspruch auf Gutschrift der Einkommensteuervorauszahlungen sei daher ein Gegenanspruch (negativer Abgabenanspruch), der im selben Zeitpunkt begründet werde, in dem die Einkommensteuervorauszahlungsschuld entstehe.
Liege der Entstehungszeitpunkt einer rückständigen Einkommensteuervorauszahlungsschuld vor Insolvenzeröffnung (Insolvenzforderung), dann sei im Fall einer späteren, aus der Anrechnung dieser Vorauszahlungsschuld resultierenden Veranlagungsgutschrift auch der Anspruch des Abgabepflichtigen auf Gutschrift dieser Vorauszahlungsschuld eine Insolvenzforderung und damit eine Aufrechnung mit einer Insolvenzforderung des Finanzamtes gegen diese Einkommensteuergutschrift zulässig.
Es handle sich dabei lediglich um die kassenmäßige Verrechnung bereits vor Insolvenzeröffnung entstandener Ansprüche und Gegenansprüche (vgl. 14/0842/80, und der darin zitierten Vorjudikatur; ausführlich dazu siehe ).
Zur Rückzahlung habe daher nicht die gesamte beantragte Gutschrift gelangen können, sondern nur ein Betrag in Höhe von 3.655,69 €, der sich wie folgt ergebe:
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Einkommensteuer Jahresveranlagung 2014 | 5.704,00 € |
Aufteilung auf 4 Quartale = pro Quartal | 1.426,00 € |
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Gemäß den Ausführungen aufrechenbare Insolvenzforderung Einkommensteuervorauszahlung 01-06/2014 somit | 2.852,00 € |
Gutschrift Einkommensteuer 2014 | -6.421,00 € |
Aufhebung Säumniszuschlagsbescheid gemäß § 217 Abs. 8 BAO | -86,86 € |
Rückzahlungsbetrag | -3.655,86 € |
Aus obigen Ausführungen ergebe sich die Berechtigung der Abgabenbehörde, die sich aus der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2014 ergebende Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € zur Tilgung der Insolvenzforderung Einkommensteuervorauszahlungen 01-06/2014 in Höhe von 2.852,00 € zu verwenden.
In der Folge wurde von der Insolvenzverwalterin fristgerecht ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen die Abweisung eines Rückzahlungsantrages vom durch das BFG gestellt. Ein ergänzendes Vorbringen wurde nicht erstattet.
Mit Schriftsatz vom , eingebracht am , wurde zudem fristgerecht gegen den Abrechnungsbescheid vom , zugestellt am , Beschwerde erhoben. Beantragt wurde, der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Abrechnungsbescheid dahingehend abzuändern, dass der Rückzahlungsbetrag mit dem weiteren Betrag von 2.852,00 €, sohin mit insgesamt 6.421,00 € abgerechnet und festgesetzt, dem Rückzahlungsantrag zur Gänze stattgegeben und die Rückzahlung auch im noch offenen Differenzbetrag von 2.852,00 € vorgenommen werde.
Begründend wurde vorgebracht, der Abrechnungsbescheid sei insoweit unrichtig, als dieser von der Berechtigung der Abgabenbehörde zur Verwendung der sich aus der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2014 ergebenden Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € zur Tilgung der Insolvenzforderung Einkommensteuervorauszahlung 01-06/2014 in Höhe von 2.852,00 € ausgehe.
Aus der Insolvenzmasse, resultierend aus dem Verkauf des Wohnungseigentumsobjektes des Schuldners, seien Masseforderungen des Finanzamtes ***1*** an Einkommensteuer ab Insolvenzeröffnung für die Jahre 2014 und 2015 im Gesamtbetrag von 11.133,86 € bezahlt worden. Wie bereits dargelegt worden sei, handle es sich für das Jahr 2014 um folgende Beträge:
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Einkommensteuer 07-09/2014 | 4.343,00 € |
Säumniszuschlag 2014 | 86,86 € |
Einkommensteuer 10-12/2014 | 3.032,00 € |
Masseforderung 2014 gesamt | 7.461,86 € |
Darüber hinausgehende (Masse)forderungen seien gegenüber der Insolvenzverwalterin vom Finanzamt nie vorgeschrieben oder geltend gemacht worden. Die Zahlungsaufforderung an die Insolvenzverwalterin und der Überweisungsbeleg seien als Nachweise der Beschwerde beigelegt worden. Der Zahlungsbeleg beinhalte einen Gesamtbetrag von 13.133,86 €, da mit den Masseforderungen an Einkommensteuer gleichzeitig der Kostenvorschuss zurückbezahlt worden sei.
Die Abgabengutschrift in Höhe von 6.421,00 €, deren Rückzahlung beantragt worden sei, ergebe sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2014. Nachdem für diesen Zeitraum ein das Guthaben erheblich übersteigender Betrag aus der Insolvenzmasse bezahlt worden sei, bestehe ein Rückzahlungsanspruch der Insolvenzmasse in der gesamten Höhe der Abgabengutschrift.
Eine An- bzw. Aufrechnung eines Rückzahlungsanspruches der Insolvenzmasse (nach Insolvenzeröffnung) einerseits auf bzw. mit vorher aufgelaufenen Abgabenrückständen, sohin Konkursforderungen andererseits, sei ebenso unzulässig wie es die Bezahlung derartiger Konkursforderungen aus Massemitteln wäre.
Seitens des ***FA*** sei im Ergebnis nunmehr eine Überzahlung aus Massemitteln an Masseforderungen in unzulässiger Weise auf Konkursforderungen gebucht und angerechnet worden.
In ihren Ausführungen im angefochtenen Abrechnungsbescheid übersehe die Abgabenbehörde, dass es sich bei der rückgeforderten Zahlung nicht um eine Überzahlung aufgrund von im Schätzungswege zu hoch festgesetzten Vorauszahlungen vor Insolvenzeröffnung durch den Schuldner, sondern um lange nach Insolvenzeröffnung aus Massemitteln von der Insolvenzverwalterin geleisteten Zahlungen an Masseforderungen handle. Von der Insolvenzverwalterin seien aus den Massemitteln ausdrücklich die Vorauszahlungsbeträge für den Zeitraum 07-12/2014 = Masseforderungen und nicht die Vorauszahlungsbeträge für den Zeitraum 01-06/2014 = Insolvenzforderungen bezahlt worden. Letztere hätte nämlich eine Ungleichbehandlung der Insolvenzgläubiger und eine Bevorzugung der Republik Österreich als Insolvenzgläubigerin gegenüber den weiteren Insolvenzgläubigern bedeutet und bewirkt und wäre daher im Insolvenzverfahren verboten und unzulässig gewesen.
Genau dieses verbotene und unzulässige Ergebnis werde nunmehr von der Abgabenbehörde durch den bekämpften Abrechnungsbescheid für sich bzw. die Insolvenzgläubigerin Republik Österreich in Anspruch genommen und bescheidmäßig festgelegt. Die Vorgehensweise der Abgabenbehörde sei nichts anderes als die Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit einem Rückzahlungsanspruch der Insolvenzmasse aus einer Überzahlung an Masseforderungen nach Insolvenzeröffnung durch die Insolvenzverwalterin, was einen Verstoß gegen das Kompensationsverbot der Insolvenzordnung darstelle.
Im gegenständlichen Insolvenzverfahren habe zunächst Masseunzulänglichkeit bestanden, welche auch in der Ediktsdatei kundgemacht gewesen sei. Nach Wegfall der Masseunzulänglichkeit aufgrund der erfolgten Liegenschaftsverwertung seien die Masseforderungen, welche vorher nicht gedeckt gewesen seien und nicht bezahlt hätten werden können, von der Insolvenzverwalterin bezahlt worden. Wäre die Masseunzulänglichkeit erst nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides 2014 weggefallen, wäre selbstverständlich nur die sich daraus ergebende Einkommensteuer für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung, also 07-12/2014 bezahlt worden und keinesfalls die Insolvenzforderung für den Zeitraum 01-06/2014, welche sich die Abgabenbehörde nunmehr im Wege einer unzulässigen Aufrechnung selbst abdecke. Auch daraus ergebe sich, dass die Verwendung der Gutschrift bzw. Zahlung von Masseforderungen von der Insolvenzverwalterin aus der Masse zur Abdeckung der Insolvenzforderungen für den Zeitraum 01-06/2014 nicht zulässig und berechtigt sei bzw. sein könne.
Die Zahlung der Masseforderungen habe die Insolvenzverwalterin im Vertrauen darauf vorgenommen, dass allfällige, sich aus der konkreten Veranlagung ergebende Überzahlungen aus der Masse in diese rückerstattet würden. Hätte die Insolvenzverwalterin auch nur ansatzweise Bedenken dahingehend gehabt, dass seitens der Abgabenbehörde die Überzahlung an Masseforderungen auf Insolvenzforderungen angerechnet und als solche einbehalten würde, so hätte die Insolvenzverwalterin mit der Bezahlung der Masseforderungen jedenfalls bis zum Vorliegen der Steuerbescheide abgewartet und dann die berechtigten Masseforderungen, nämlich die sich ergebenden Einkommensteuern für den Zeitraum 07-12/2014 bezahlt. Der bekämpfte Abrechnungsbescheid sei sohin im angefochtenen Umfang unrichtig und rechtswidrig.
Das Finanzamt legte die Beschwerden gegen den Bescheid über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages sowie gegen den Abrechnungsbescheid dem BFG mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor. In seiner Stellungnahme führte es aus, Gegenstand des Rückzahlungsverfahrens sei die Durchführung der Rückzahlung bestehender Guthaben auf Abgabenkonten. Bestehe kein Guthaben, könne eine Rückzahlung nicht erfolgen. Ob ein Guthaben bestehe oder nicht, sei im Rückzahlungsverfahren eine reine Tatsachen- und keine Rechtsfrage. Die Frage der Rechtmäßigkeiten von Buchungen wie im Beschwerdefall sei hingegen im Abrechnungsbescheidverfahren zu prüfen. Es werde daher beantragt, die Beschwerde mangels Guthabens als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom , Aktenzeichen ***2***, wurde über das Vermögen des Bf. ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, dem Bf. die Eigenverwaltung entzogen und eine Insolvenzverwalterin bestellt.
Das Finanzamt hat in diesem Verfahren zunächst Insolvenzforderungen in Höhe von insgesamt 57.489,69 € (unter anderem Einkommensteuer für das erste und zweite Quartal in Höhe von jeweils 2.375,00 €, gesamt somit 4.750,00 €) angemeldet. Nachfolgend erfolgte eine Einschränkung der Insolvenzforderungen auf 54.913,05 €, sodann auf 27.894,79 € und letztlich auf 21.471,79 €. Mit Schriftsatz vom meldete das Finanzamt beim Bezirksgericht ***1*** weitere Insolvenzforderungen in Höhe von 3.569,00 € (Einkommensteuer 10-12/2013) an.
Mit Eingabe vom forderte das Finanzamt die Insolvenzverwalterin zur Zahlung folgender fälliger Masseforderungen in Höhe von insgesamt 11.133,86 € auf:
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag in € |
Einkommensteuer | 07-09/2014 | 4.343,00 € |
Säumniszuschlag | 2014 | 86,86 € |
Einkommensteuer | 10-12/2014 | 3.032,00 € |
Einkommensteuer | 01-03/2015 | 1.836,00 € |
Einkommensteuer | 04-06/2015 | 1.836,00 € |
11.133,86 € |
Am wurde der von der Insolvenzverwalterin entrichtete Betrag von 11.133,86 € auf dem Abgabenkonto des Bf. als Gutschrift verbucht.
Die mit Bescheid vom erfolgte Arbeitnehmerveranlagung 2014 ergab eine Abgabengutschrift in Höhe von 6.421,00 €. Mit Eingabe vom beantragte die Insolvenzverwalterin die Rücküberweisung dieser Gutschrift auf das Massekonto des Bf.
Nach Berechnung, Genehmigung und erfolgter Verteilung der Konkursquote von 0,388854% an die Insolvenzgläubiger wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom das Insolvenzverfahren mangels Mitwirkung des Schuldners aufgehoben.
Der Bf. hat letztmalig für das Jahr 2018 eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben. Erklärt wurden Einkünfte aus einer nichtselbständigen Grenzgängertätigkeit, die Einkommensteuerfestsetzung erfolgte erklärungsgemäß mit Bescheid vom .
Für das Jahr 2019 erfolgte mit Bescheid vom ebenfalls eine Arbeitnehmerveranlagung, wobei die Höhe der Grenzgängereinkünfte in Anlehnung an das Vorjahr gemäß § 184 BAO geschätzt wurde. In den Folgejahren wurden keine Veranlagungen durchgeführt.
Gegenwärtig (Stand ) haften auf dem Abgabenkonto des Bf. fällige Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 33.052,25 € aus.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde im Beschwerdefall vorgelegten Akten sowie aus Abfragen des BFG im Abgabeninformationssystem.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe betreffend Rückzahlungsantrag (§ 239 BAO) sowie Einstellung des Verfahrens vor dem BFG betreffend Abrechnungsbescheid)
In Streit steht, ob dem Antrag auf Rückzahlung der aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 resultierenden Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € zur Gänze oder lediglich in Höhe von 3.655,86 € Folge zu geben war. Strittig ist überdies die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheides vom .
Antrag auf Rückzahlung
Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Gemäß § 215 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 9/2010, ist das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist gemäß § 215 Abs. 3 BAO ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
Gemäß § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht nach Absatz 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 BAO zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Gemäß § 239 Abs. 1 erster Satz BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Wie die Abgabenbehörde zutreffend ausgeführt hat, kann ein Rückzahlungsantrag dem Wortlaut des § 239 BAO folgend regelmäßig nur dann Erfolg haben, wenn im Antragstellungszeitpunkt auf dem betroffenen Abgabenkonto ein Guthaben existiert (). Ein Guthaben entsteht lediglich dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt ().
Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich auf die tatsächlich durchgeführten Gutschriften und Lastschriften und nicht auf diejenigen an, die nach Auffassung des Abgabepflichtigen durchgeführt werden bzw. unterbleiben hätten müssen (siehe dazu z.B. , ).
Im Beschwerdefall bestand am - dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrages der Insolvenzverwalterin auf Auszahlung der aus der Arbeitnehmerveranlagung 2014 resultierenden Abgabengutschrift in Höhe von 6.421,00 € beim Finanzamt - auf dem Abgabenkonto des Bf. ein Guthaben in Höhe von 51,03 €. Am wurde die am erfolgte Zahlung der Einkommensteuervorauszahlung für das vierte Quartal 2015 in Höhe von 1.838,00 € - dabei handelt es sich um eine Masseforderung - verbucht, wodurch sich eine Gutschrift in Höhe von 1.889,03 € ergab. Mit Buchungen vom und vom wurde die Einbringung von zwischenzeitlich ausgesetzten Insolvenzforderungen im Ausmaß von insgesamt 23.360,82 € wiederaufgenommen, sodass das Abgabenkonto des Bf. nunmehr eine Lastschrift in Höhe von 21.471,79 € aufwies. Das Finanzamt hat in der Folge mit dem ebenfalls angefochtenen Abrechnungsbescheid vom festgestellt, dass die aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 resultierende Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € im Ausmaß von 2.852,00 € mit den Einkommensteuervorauszahlungen der ersten beiden Quartale 2014 - dabei handelt es sich um Insolvenzforderungen - verrechnet werden könne, sodass lediglich das verbleibende Guthaben von 3.569,00 € sowie das sich aus der Aufhebung des Säumniszuschlagsbescheides vom ergebende Guthaben von 86,86 €, insgesamt somit ein Betrag von 3.655,00 € rückzuzahlen wäre.
Ob diese von der Abgabenbehörde vorgenommene Forderungsaufrechnung zulässig war, wird deshalb im Beschwerdeverfahren betreffend den Abrechnungsbescheid zu beurteilen sein, weil - wie erwähnt - in dem den Rückzahlungsantrag betreffenden Beschwerdeverfahren lediglich auf die tatsächlich durchgeführten Buchungen abzustellen ist.
Der Beschwerde gegen den Rückzahlungsbescheid war daher im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge zu geben.
Abrechnungsbescheid
Die Abgabenbehörde hat die Beschwerde gegen den Abrechnungsbescheid dem BFG vorgelegt, ohne zuvor eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Vor Eingehen auf die Beschwerdesache ist deshalb die Zuständigkeit des BFG zur Erlassung einer Sachentscheidung zu prüfen.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird (lit. a) und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt (lit. b).
Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist gemäß § 262 Abs. 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
Gemäß § 262 Abs. 4 BAO ist weiters keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 262 BAO ist nur dann nicht obligatorisch von der Abgabenbehörde über Bescheidbeschwerden mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen, wenn eine der in § 262 Abs. 2, 3 und 4 BAO geregelten Ausnahmebestimmungen zum Tragen kommt. Solche Fallkonstellationen - expliziter Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung in der Bescheidbeschwerde, ausschließliche Geltendmachung der Gesetzes- oder Verfassungswidrigkeit einer Norm sowie vom BMF erlassene Bescheide - liegen im Beschwerdefall nicht vor.
Mangels Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist das BFG daher im derzeitigen Verfahrensstadium unzuständig zur Entscheidung über diese Beschwerde und das Beschwerdeverfahren ist - da Vorlageberichte keine Anbringen iSd 291 Abs. 1 BAO sind (siehe dazu zB ) - einzustellen (siehe dazu ; ).
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis bzw. einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis bzw. der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Entscheidung über die Frage, ob dem Antrag auf Rückzahlung der aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 resultierenden Gutschrift in Höhe von 6.421,00 € zur Gänze oder teilweise Folge zu geben war, hat sich das BFG an der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur orientiert.
Bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gegen den Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) folgt das BFG ebenfalls der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden daher nicht berührt, weshalb gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG und Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.
Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100313.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at