Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2023, RV/3100362/2020

DBA-Deutschland Ruhebezüge aus Öffentlichem Dienst

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRichter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_1, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes_A, nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend
a) Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2018 (mit Ausfertigungsdaten 10. bzw. ) und
b) die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2019 und Folgejahre (mit Ausfertigungsdatum ),
StNr._1, zu Recht erkannt:

1.) Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2018 (mit Ausfertigungsdaten 10. bzw. ) sowie gegen den Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2019 (mit Ausfertigungsdatum ) wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2018 sowie Einkommensteuervorauszahlung für 2019 (sämtliche Bescheide mit Ausfertigungsdatum ) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2.) Die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid für 2020 und Folgejahre (mit Ausfertigungsdatum ) wird als unbegründet abgewiesen.

3.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
Der in Österreich wohnhafte Beschwerdeführer war bei der Arbeitgeber_A, Deutschland, beschäftigt. Er bezieht aus seiner nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in Deutschland nunmehr Renten sowohl von der Rentenanstalt_A als auch von der Rentenanstalt_B.

Die österreichische Finanzverwaltung erhielt aufgrund einer internationalen Kontrollmitteilung Kenntnis von den vom Beschwerdeführer bezogenen ausländischen Einkünften. Über Ersuchen des Finanzamtes_A vom teilte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom ua. mit, dass es sich bei der Zusatzrente um eine Rente mit Überleitungsabkommen respektive einer Rente aus öffentlicher Kassa handle. Zur Berechnung werde mitgeteilt, dass zum Rentenbezug kein wie immer geartetes Einkommen gegeben sei. Dies sei bei der Erstellung der notwendigen Bescheinigungen EU/EWR von 2010 bis 2014 zur Veranlagung in Deutschland angegeben worden. Es sei seit dieser Zeit keine Änderung eingetreten. Zu den Zusatz-Rentenzahlungen der Stadt_A werde ergänzend mitgeteilt, dass vertraglich eine jährliche Erhöhung von 1% jeweils ab dem 1.6. eines Folgejahres vereinbart sei.

Das Finanzamt_A unterwarf in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 bis 2018 (mit Ausfertigungsdatum 10. bzw. ) die Rente der Rentenanstalt_B als Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug der österreichischen Einkommensteuer; die Rente der Rentenanstalt_A wurde hingegen bei der Steuerberechnung unter Anwendung des Progressionsvorbehaltes zum Ansatz gebracht. Die Bemessungsgrundlage wurde von der Abgabenbehörde geschätzt, da trotz Aufforderung keine diesbezüglichen Unterlagen nachgereicht worden waren.
Des Weiteren setzte das Finanzamt_A mit Vorauszahlungsbescheid 2019 (mit Ausfertigungsdatum ) die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre fest.

In der gegen obige Bescheide fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer ua. aus, der Progressionsvorbehalt (Befreiungsmethode) der deutschen Rente sei durch das Wohnsitzfinanzamt zwingend vorzunehmen. Dieser sei in allen Berechnungsjahren nicht vorgenommen worden. Die Betriebsrente des früheren Arbeitgebers - der Arbeitgeber_A - sei durch Beitrags-Zahlungen durch den Arbeitgeber bezahlt worden und sei daher als Arbeitslohn zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu rechnen. Es handle sich bei der Zusatzversorgungsrente um einen Altersvorsorgevertrag mit Überleitungsabkommen, wobei die Beiträge vom Arbeitgeber geleistet worden wären. Nach OGH Entscheidung seien diese Rentenarten nicht - respektive erheblich geringer - zu versteuern. Sonderausgaben seien ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Da sich die Bemessungsgrundlage verändern würde, werde angenommen, dass ein Befreiungsantrag Resonanz finde. Es werde daher beantragt, die Einkommensteuerbescheide ersatzlos aufzuheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass diese steuerfrei gesetzt werden.
Der Beschwerdeführer brachte in seiner Eingabe vom ergänzend vor, dass Bezüge als Leistung aus einer Pensions-Rentenzusatzversicherung aus öffentlichen Diensten nach dem Einkommensteuergesetz steuerfrei seien. Gerade das treffe bei ihm zu, da die Bezüge aus der Rentenanstalt_B herrühren würden, welche Trägerin des öffentlichen Dienstes sei.

Das Finanzamt_A berichtigte mit Beschwerdevorentscheidungen vom auf Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen die Höhe der deutschen Rentenbezüge und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab. Die Abgabenbehörde führte hierzu in der Begründung aus, der Beschwerdeführer sei unstrittig in Österreich ansässig und erhalte zwei Renten aus Deutschland. Bei der Rente der Rentenanstalt_A handle es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung, welche unter Anwendung des Progressionsvorbehaltes in Österreich von der Besteuerung befreit sei und nur zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen werde. Bei der Rente der Rentenanstalt_B handle es sich um eine Betriebsrente der Arbeitgeber_A. Betriebsrenten seien gemäß Artikel 18 Abs. 1 DBA-Deutschland nur in Österreich zu versteuern. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 seien Werbungskosten bei jener Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen seien. Werde bei Bezug einer ausländischen Rente im Sinne des § 73a ASVG der für diese Rente zu entrichtende Krankenversicherungsbeitrag von der inländischen Pension einbehalten bzw. bei zu geringer Höhe der inländischen Pension gesondert vorgeschrieben, würden Pflichtbeiträge gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 vorliegen. Diese Werbungskosten würden im Zusammenhang mit der ausländischen Rente stehen und seien daher nicht beim inländischen Pensionsabzug zu berücksichtigen (vgl. auch LStR 2002 idgF, Rz 243). Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften, die nur für die Berechnung eines Durchschnittssteuersatzes heranzuziehen seien (DBA-befreite Einkünfte), seien bei den diesbezüglichen Einkünften zu berücksichtigen (vgl. auch LStR 2002 idgF, Rz 229). Somit seien die zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge bei jener Rente als Werbungskosten zu berücksichtigen, mit der sie in Zusammenhang stehen würden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die Abgabenbehörde den Vorauszahlungsbescheid für 2019 und Folgejahre auf Grundlage obiger Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 ab, da die für die Festsetzung der Vorauszahlung maßgebliche Veranlagung das Jahr 2018 betreffe.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte hierzu im wesentlichen ergänzend aus, entgegen der Ansicht des Finanzamtes_A liege eine gänzliche Steuerbefreiung der Zusatzrente vor. Die Anmerkung in der Beschwerde, dass die Versicherungsbeiträge vom Dienstgeber geleistet worden wären, sei so zu verstehen, dass diese vom Dienstgeber an die Zusatzversorgungskasse überwiesen worden wären. Der im April 1976 gefertigte Dienstvertag habe nicht beigebracht werden können, sodass der Beweis, dass tatsächlich sämtliche Zahlungen an die Rentenanstalt_B erfolgt seien, nicht erbracht hätte werden können. Aus einer nunmehr aufgefundenen Mitteilung der Stadt_A sei eine Anlage zur Ermittlung der Eigenbeteiligung der Beitragszahlungen zu finden. Die Rentenanstalt_B sei unbestritten eine Versorgungskasse des Landes_A und somit Träger des öffentlichen Dienstes. Die Rentenanstalt_B sei somit laut Satzung § 2 Gesetz_A für ihre Mitglieder und der Beamtenversorgung zuständig. Aufgabe sei die Berechnung und Zahlung der beamtenrechtlichen sowie der Angestellten, Leistungen zu übernehmen und die dadurch entstandenen Lasten durch Umlagen und im Wege der Erstattung auszugleichen. Die Versorgungskasse habe den Zweck - nach den Bestimmungen der Satzung - den Aufwand auszugleichen, der den Mitgliedern und deren Hinterbliebenen sowie Unfallfürsorge der Beamten entstehe. Im Rahmen der bestehenden Mitgliedschaft könne die Versorgungskasse auch für sonstige Bedienstete die Zahlung sowie Versorgungsbezüge nach der Bestimmung der Satzung vornehmen (Anm.: beim Beschwerdeführer werde dies nachweislich durch Bezahlung der Behindertenrente erbracht). Die Berufungsentscheidung des UFS Wien vom , RV/2091-W/08/, und vom , RV/2077-W/09, würden festhalten wie folgt: "Sinn und Zweck der inländischen wie auch der ausländischen Einrichtung ist die Versorgung von dem öffentlichen Rechtsträger zuzurechnenden Bediensteten Mitglieder/Hinterbliebenen im Fall der Berufsunfähigkeit des Alters und des Ablebens. Ein wesentlicher Unterschied der österreichischen und der deutschen Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung der eine Vergleichbarkeit ausschließen würde, ist für den unabhängigen Finanzsenat nicht ersichtlich. " Da diese Erkenntnisse auch von mehreren VwGH - Urteilen bestätigt werde, werde ersucht, die Zusatzrente für Schwerbehinderte der Öffentlichen Rentenanstalt_B steuerfrei zu stellen.

Das Finanzamt_A setzte zwischenzeitlich mit Vorauszahlungsbescheid 2020 (mit Ausfertigungsdatum ) gemäß § 45 Abs. 4 BAO die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2020 und Folgejahre neu fest. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, der letzten Einkommensteuerveranlagung würden ausschließlich Pensionseinkünfte zu Grunde liegen. Abweichend von den allgemeinen Vorschriften seien zur Ermittlung der Vorauszahlungen die Einkommensteuerschuld des letztveranlagten Jahres gemäß § 45 Abs. 4 EStG in Anlehnung an den Aufwertungsfaktor im Pensionsrecht (§ 108 Abs. 4 ASVG) nur um 1,3 % erhöht worden.

Mit Eingabe vom iV mit dem Schreiben vom wies der Beschwerdeführer ausdrücklich auf den Umstand hin, dass er die streitgegenständlichen Unterlagen der Abgabenbehörde bereits mit Schreiben vom übermittelt habe.

2.) Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und war nach der Aktenlage in den strittigen Jahren ausschließlich in Österreich wohnhaft (siehe Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom und die unwidersprochene Feststellung der Abgabenbehörde in den Beschwerdevorentscheidungen).

Der Abgabepflichtige war bei der Arbeitgeber_A beschäftigt und als deren Bediensteter bei der Rentenanstalt_B pflichtversichert (siehe das unwidersprochene Beschwerdevorbringen vom ). Er bezog in den Jahren 2014ff sowohl Rentenzahlungen von der Rentenanstalt_A als auch von der Rentenanstalt_B.

Bei den Zahlungen der Rentenanstalt_A handelt es sich um eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung, bei jenen der Rentenanstalt_B um einen Ruhegehalt einer deutschen Gebietskörperschaft.

3.) Beweiswürdigung:
3.a) Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.
Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Rentenanstalt_A eine Versicherungsanstalt der gesetzlichen Sozialversicherung darstellt (siehe ua. die Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes_A vom ). Das Bundesfinanzgericht erhebt hiergegen keine Bedenken und schließt sich der diesbezüglichen Qualifizierung an.

3.b) Der Umstand, dass es sich bei den von der Rentenanstalt_B erbrachten Zahlungen um Ruhegehälter einer deutschen Gebietskörperschaft handelt, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Gesetz über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Landes_A, vom , in Verbindung mit den Statuten der Rentenanstalt_B.

Gemäß § 10 Abs. 1 Gesetz_A ist die bei der Stadt_A nach bisherigem Recht genehmigte Zusatzversorgungskasse als örtliche Zusatzversorgungskasse eine kommunale Zusatzversorgungskasse. Die kommunalen Zusatzversorgungskassen sind nach Abs. 2 leg.cit. rechtlich unselbständige Einrichtungen ihres Trägers.
Aufgabe der kommunalen Zusatzversorgungskassen ist nach § 12 Gesetz_A, durch Versicherung den Beschäftigten ihrer Mitglieder eine zusätzliche betriebliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Die Angelegenheiten der kommunalen Zusatzversorgungskassen werden nach § 13 Gesetz_A durch Satzung geregelt.

Nach § 1 der Satzung der Rentenanstalt_B vom hat die Rentenanstalt_B (Kasse) die Aufgabe, den Beschäftigten ihrer Mitglieder eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.

Die Rentenanstalt_B wird nach § 2 der Statuten als Sonderkasse der Stadt_A (kassentragendes Mitglied) geführt.

Die Rentenanstalt_B führt hierzu auf ihrer Homepage erklärend weiter aus wie folgt: "Wenn Sie bei uns versichert sind, erhalten Sie mit der - überwiegend durch den Arbeitgeber verschafften - Betriebsrente der Zusatzversorgungskasse, neben der gesetzlichen Rente eine zusätzliche Betriebsrente. Damit verbessern Sie Ihre Versorgung im Ruhestand. Die betriebliche Altersversorgung des öffentlichen Dienstes bietet eine hohe Versorgungsqualität. Sie trifft Vorsorge zur Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Absicherung für die ehemaligen Beschäftigten der Mitglieder der Kasse." (siehe Homepage_Adresse_1).

Nach § 30 der Statuten (Rentenarten) zahlt die Kasse als Betriebsrenten: a) Altersrenten für Versicherte, b) Erwerbsminderungsrenten für Versicherte und c) Hinterbliebenenrenten für Witwen, Witwer und Waisen der Versicherten. Der Versicherungsfall tritt nach § 31 der Statuten (Versicherungsfall und Rentenbeginn) am Ersten des Monats ein, von dem an der Anspruch auf gesetzliche Rente wegen Alters als Vollrente bzw. wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung besteht. Der Anspruch ist durch Bescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuweisen. Den in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten, die bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Satz 1 die Wartezeit nach § 32 erfüllt haben, wird auf ihren schriftlichen Antrag von der Kasse eine Betriebsrente gezahlt. Die Betriebsrente beginnt - vorbehaltlich des § 39 - mit dem Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

4.) Rechtslage:
4.a) Artikel 18 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002 idF BGBl. III Nr. 32/2012 (DBA-Deutschland) lautet:
Abs. 1: "Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden".
Abs. 2.: "Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden".

Art. 19 DBA-Deutschland lautet:
Abs. 1: "Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Vergütungen dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die Dienste in diesem Staat geleistet werden und die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und a) ein Staatsangehöriger dieses Staates ist oder b) nicht ausschließlich deshalb in diesem Staat ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten."
Abs. 2: "Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, dürfen abweichend von Artikel 18 nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist."

Art. 19 DBA-Deutschland beinhaltet ebenso wie Art. 19 OECD-Musterabkommen 2000 das sogenannte eingeschränkte Kassenstaatsprinzip sowie den Ortskräftevorbehalt.

Eine Ausnahme vom Kassenstaatsprinzip normiert Art. 19 (2b) OECD-MA (Ortskräftevorbehalt). Für Ansässige eines Vertragsstaates, die auch die Staatsangehörigkeit ihres Ansässigkeitsstaates besitzen, soll die Kassenstaatsregel ausgehebelt werden und der Ansässigkeitsstaat allein besteuerungsberechtigt sein. Das Besteuerungsrecht des Kassenstaates entfällt demnach, wenn der Pensionsberechtigte im anderen Staat ansässig ist und die Staatsangehörigkeit des Ansässigkeitsstaates besitzt.
Durch das Zusammenspiel von Art. 19 (1) und (2) OECD-MA kann die Situation entstehen, dass ein Steuerpflichtiger während seiner Aktivtätigkeit für im Kassenstaat erbrachte Dienste (obwohl Ansässigkeit und Staatsangehörigkeit eines anderen Staates vorliegen) unter die Kassenstaatsregel fällt, während beim Ruhebezug das Besteuerungsrecht auf den Ansässigkeitsstaat übergeht. Die Zuteilung des Besteuerungsrechts des Ruhebezugs hängt nämlich nicht vom früheren Tätigkeitsstaat ab, weshalb der Ansässigkeitsstaat bereits bei Erfüllung des Staatsbürgerschaftskriteriums besteuerungsberechtigt ist (Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, IV.7. Der Ortskräftevorbehalt des Artikels 19 (2b) OECD-MA; Schmidjell-Dommes in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar², Art. 19, II. Art 19 Rz. 32).

Nach Art. 23 Abs. 2 DBA-Deutschland wird bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person die Steuer wie folgt festgesetzt:
a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.


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4.b) Der Steuerpflichtige hat nach § 45 Abs. 1 EStG auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a EStG Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:
- Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 und Z 3 EStG
- Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4%, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.4.c) Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt gemäß § 253 BAO die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet.
An die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretende Bescheide sind vor allem gemäß § 45 Abs. 4 EStG 1988 erlassene Bescheide über die Anpassung von Einkommensteuervorauszahlungen (Ritz, RdW 2002, 560; Ritz/Koran, BAO7, § 253 Rz 2).

5.) Erwägungen:
5.a) Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2018:
Der Beschwerdeführer, ein österreichischer Staatsbürger, ist laut Aktenlage ausschließlich in Österreich wohnhaft; der Ansässigkeitsstaat iS DBA-Deutschland ist damit Österreich.

Österreich als Ansässigkeitsstaat kommt nach dem DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht an den vom Beschwerdeführer bezogenen Rentenzahlungen zu, sofern diese ua. nicht aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung (Art. 18 DBA-Deutschland) oder von einer deutschen Gebietskörperschaft an einen nicht österreichischen Staatsbürger für die ihr geleisteten Dienste (Art. 19 Abs. 2 1. Satz DBA-Deutschland) gezahlt werden.

Bei der Rentenanstalt_A handelt es sich zum einen um eine deutsche gesetzliche Sozialversicherungsanstalt. Deutschland kommt demzufolge nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht an diesen Bezügen zu.

Die Rentenanstalt_B stellt zum anderen eine unselbständige Einrichtung ihres Trägers, nämlich der Stadt_A und sohin einer deutschen Gebietskörperschaft dar. Den Zahlungen der Rentenanstalt_B liegt die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers als ehemaligen Bediensteten bei der Arbeitgeber_A zugrunde, sodass diese Ruhegehälter unzweifelhaft von einer deutschen Gebietskörperschaft an den Beschwerdeführer als natürliche Person für dessen von ihm in Deutschland an die Gebietskörperschaft geleisteten Dienste in der Vergangenheit erbracht werden.
Der Beschwerdeführer ist jedoch österreichischer Staatsbürger und war in den strittigen Jahren in Österreich iSd DBA-Deutschland ansässig. Nachdem der Abgabepflichtige als Einkünftebezieher im "anderen Vertragsstaat", nämlich in Österreich, ansässig und dessen Staatsangehöriger ist, kommt abweichend von Art. 19 Abs. 2 1. Satz DBA-Deutschland nach Art. 19 Abs. 2 2. Satz DBA-Deutschland wiederum ausschließlich der Republik Österreich das Besteuerungsrecht an diesen Zahlungen zu.

Die Abgabenbehörde hat damit in den bekämpften Bescheiden zu Recht die von der Rentenanstalt_B bezogenen Einkünfte der Besteuerung in Österreich unterzogen.

Die Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuerberechnungen wurden erstmalig in den Beschwerdevorentscheidungen 2014 bis 2018 (mit Ausfertigungsdatum ) in zutreffender Höhe zum Ansatz gebracht, weshalb hieraus diese sowie die Höhe der festgesetzten Abgaben zu entnehmen sind und einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden. Der Beschwerde ist daher teilweise Folge zu geben

5.b) Beschwerde gegen die Bescheide über die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre:
Mit (angefochtenem) Vorauszahlungsbescheid vom wurden auf Grundlage der Veranlagung des Jahres 2018 die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre mit Betrag_1,00 € festgesetzt. Nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 wurde die Vorschreibung mit der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuervorauszahlung für 2019 auf Betrag_3,00 € berichtigt (beide Bescheide mit Ausfertigungsdatum ).

Mit der gegenständlichen Entscheidung wird die bekämpfte Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2018 in der Höhe der Beschwerdevorentscheidung (vom ) bestätigt. Da die Einkommensteuervorauszahlungen für 2019 in der diesbezüglichen Beschwerdevorentscheidung (vom ) auf Grundlage der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2018 (vom ) zutreffend berechnet und festgesetzt wurden, wird nunmehr hierauf verwiesen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses. Der diesbezüglichen Beschwerde ist daher teilweise Folge zu geben.

Soweit sich der angefochtene Einkommensteuervorauszahlungsbescheid auf das Jahr 2020 und Folgejahre bezogen hat, ist dieser durch den Bescheid des Finanzamtes vom , mit dem die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2020 und Folgejahre mit Betrag_4,00 € festgesetzt wurden, ersetzt worden. Gemäß § 253 BAO richtet sich die Beschwerde vom daher nunmehr auch gegen den Vorauszahlungsbescheid vom .

Der Festsetzung der Vorauszahlungen für das Jahr 2020 und Folgejahre erfolgte gemäß § 45 Abs. 4 BAO auf Grundlage der Einkommensteuerschuld des letztveranlagten Jahres 2018 in Anlehnung an den Aufwertungsfaktor im Pensionsrecht (§ 108 Abs. 4 ASVG). Nachdem mit der vorliegenden Entscheidung diese Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2018 in der Höhe der Beschwerdevorentscheidung (vom ) als zutreffend erkannt wird, erfolgte die Vorschreibung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2020 und Folgejahre zu Recht, weshalb die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen ist.

5.) Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem DBA-Deutschland. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde darüber hinaus nicht aufgeworfen, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 18 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100362.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at