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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2023, RV/1200030/2017

Entstehen einer Einfuhrzollschuld für ein Beförderungsmittel (Nicht-Unionsware), wenn sich der gewöhnliche Wohnsitz im Zollgebiet der Union befindet

Entscheidungstext

Im Namen der republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Deutschland, vertreten durch ***V***, Rechtsanwälte, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***ZA*** (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zl. ***1***, betreffend Eingangsabgaben und Verzugszinsen, zu Recht erkannt:

  • I. Der Beschwerde wird dahingehend Folge gegeben, dass die Einfuhrumsatzsteuer
    und die Verzugszinsen mit jeweils € 0,00 festgesetzt werden.
    Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

  • Gegenüberstellung:


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Abgabenart
bisher
neu
Gutschrift
Zoll (A00)
€ 372,26
€ 372,26
€ 0,00
Einfuhrumsatzsteuer (B00)
€ 818,96
€ 0,00
€ 818,96
Verzugszinsen (D00)
€ 11,75
€ 0,00
€ 11,75
1.202,97
372,26
€ 830,71

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom , Zl. ***1***, teilte das damalige Zollamt Feldkirch Wolfurt dem Beschwerdeführer die buchmäßige Erfassung der für das Kraftfahrzeug der Marke Audi A6 Quattro mit dem amtlichen schweizerischen Kennzeichen ***2***, FIN ***3***, entstandenen Eingangsabgaben in Höhe von € 372,26 an Zoll und € 818,96 an Einfuhrumsatzsteuer mit und setzte Verzugszinsen in Höhe von € 11,75 fest, weil das Beförderungsmittel im Jänner 2017 vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom frist- und formgerecht Beschwerde.

Begründend wurde vorgebracht, dass die Feststellung, der Beschwerdeführer habe seinen Hauptwohnsitz in Deutschland, unrichtig sei. Der Beschwerdeführer habe seinen Hauptwohnsitz nicht in Deutschland gemeldet. Er habe sich im September 2016 in Deutschland nur deshalb angemeldet, weil er dort geheiratet habe. Im Ergebnis habe sich nichts geändert, da die Ehefrau dort gemeldet war und er auch vor dem September 2016 regelmäßig seine Lebensgefährtin - im Durchschnitt alle zwei Wochen - an den Wochenenden besucht habe. Die Anmeldung sei lediglich zum Zwecke der Heirat erfolgt. Seinen Hauptwohnsitz habe der Beschwerdeführer in der Schweiz. Dort arbeite er das ganze Jahr. Sein gesamtes Einkommen versteuere er in der Schweiz, sein Fahrzeug sei in der Schweiz angemeldet und er sei auch in der Schweiz versichert. Es könne nicht darauf abgestellt werden, dass der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers aufgrund seiner persönlichen Beziehungen in Deutschland liege. Vielmehr müsse hier darauf abgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mehr als 185 Tage im Jahr in der Schweiz lebe und arbeite und in der Schweiz seinen Lebensmittelpunkt aufgrund der überwiegenden Dauer seines Verbleibs habe. Es könne sich nicht mit den europäischen Regelungen decken, wenn beim gewöhnlichen Wohnsitz lediglich auf die persönlichen Bindungen abgestellt werde. Unrichtig sei die Angabe des Beschwerdeführers vom gewesen, dass er seinen Hauptwohnsitz in Deutschland habe. Eine vorschriftswidrige Einfuhr des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges in das Zollgebiet der Union sei nicht gegeben.

Hilfsweise werde auch die Bewertung des Zollwerts der gegenständlichen Ware angegriffen. Festgestellt sei ein Fahrzeugwert von € 3.722,56. Es handelt sich allerdings um ein Fahrzeug, welches im Jahr 2000 zugelassen und bereits zum Zeitpunkt der behaupteten Einfuhr 370.000 km gefahren worden sei, insofern liege der Zeitwert dieses Fahrzeuges zum behaupteten Tatzeitpunkt allenfalls bei € 1.500,00.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ***5***, wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.

Rechtslage:

Gemäß Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (Zollkodex der Union - UZK) entsteht für einfuhrabgabenpflichtige Waren eine Einfuhrzollschuld, wenn eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet nicht erfüllt ist.

Gemäß Art. 79 Abs. 2 Buchst. a UZK ist für das Entstehen der Zollschuld der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Verpflichtung, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht oder nicht mehr erfüllt ist.

Gemäß Artikel 250 UZK können in der vorübergehenden Verwendung für die Wiederausfuhr bestimmte Nichtunionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein ohne dass sie Folgendem unterliegen:
a) sonstigen Abgaben nach anderen geltenden Vorschriften oder
b) handelspolitischen Maßnahmen, soweit diese nicht das Verbringen oder den Ausgang von Waren in das oder aus dem Zollgebiet der Union untersagen.

Nach Abs. 2 der Bestimmung ist die vorübergehende Verwendung nur zulässig, wenn

"a) keine Veränderungen der Waren beabsichtigt ist, außer der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs,
b) die Nämlichkeit der in das Verfahren übergeführten Waren gewährleistet ist, außer wenn angesichts der Beschaffenheit der Waren oder der beabsichtigten Verwendung beim Verzicht auf Maßnahmen zur Nämlichkeitsmittel nicht mit einem Missbrauch des Verfahrens zu rechnen ist, oder im Falle des Art. 223, wenn nachgeprüft werden kann ob die für Ersatzwaren vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind,
c) der Inhaber des Verfahrens außerhalb des Zollgebietes der Union ansässig ist, es sei denn anderweitig ist etwas anderes vorgesehen,
d) die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind."

Gemäß Art. 212 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK-DA) lautet:

"(3) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;

b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.

Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde."

Gemäß Art. 5 Z 31 Buchst. a UZK ist eine "im Zollgebiet der Union ansässige Person, eine natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hat.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG bedeutet im Zollrecht "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 BAO) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Gemäß Art. 139 Abs. 1 Buchst. a UZK sind die in das Zollgebiet der Union verbrachten Waren bei ihrer Ankunft bei der bezeichneten Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort oder in der Freizone unverzüglich von der Person, die die Waren in das Zollgebiet der Union verbracht hat, zu gestellen.

Gemäß Art. 158 Abs. 1 UZK ist für alle Waren, die in ein Zollverfahren - mit Ausnahme des Freizonenverfahrens - übergeführt werden sollen, eine Zollanmeldung zu dem jeweiligen Verfahren erforderlich.

Gemäß Art. 136 Abs. 1 Buchst. a UZK-DA können für Paletten, Container und Beförderungsmittel sowie Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für Paletten, Container und Beförderungsmittel gemäß den Art. 208-216 Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung mündlich abgegeben werden.

Gemäß Art. 139 UZK-DA gelten die in Art. 136 Abs. 1 Buchst. a) - d), Buchst. h) und i) genannten Waren gemäß Art. 141 als zur vorübergehenden Verwendung angemeldet, sofern sie nicht mit anderen Mitteln angemeldet werden.

Artikel 141 UZK-DA lautet:

"(1) Für die in Artikel 138 Buchstaben a bis d und h, Artikel 139 und Artikel 140 Absatz 1 genannten Waren gilt jede der folgenden Handlungen als Zollanmeldung:
a) Benutzen des grünen Ausgangs "Anmeldefreie Waren", sofern bei der betreffenden Zollstelle getrennte Kontrollausgänge vorhanden sind;
b) Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge;
c) Anbringen einer Zollanmeldungsvignette oder eines Aufklebers "Anmeldefreie Waren" an der Windschutzscheibe von Personenwagen, sofern dies in den einzelstaatlichen Vorschriften vorgesehen ist.
d) das einfache Überschreiten der Grenze des Zollgebiets der Union in einer der folgenden Situationen:

i) wenn ein Verzicht auf die Verpflichtung des Beförderns zum zugelassenen Ort gemäß den besonderen Vorschriften in Artikel 135 Absatz 5 des Zollkodex gilt;

ii) wenn Waren gemäß Artikel 139 Absatz 2 dieser Verordnung als zur Wiederausfuhr angemeldet gelten;
iii) wenn Waren gemäß Artikel 140 Absatz 1 dieser Verordnung als zur Ausfuhr angemeldet gelten.
iv) wenn Beförderungsmittel im Sinne des Artikels 212 gemäß Artikel 139 Absatz 1 dieser Verordnung als zur vorübergehenden Verwendung angemeldet gelten;
v) wenn Beförderungsmittel aus Nicht-Unionsländern, die die Bedingungen von Artikel 203 des Zollkodex erfüllen, gemäß Artikel 138 Buchstabe c dieser Verordnung in das Zollgebiet der Union verbracht werden."

Gemäß Art. 219 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-IA) gilt die Zollanmeldung für diese Waren als nicht abgegeben, wenn eine Kontrolle ergibt, dass eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 UZK-DA erfolgt ist, die verbrachten oder ausgeführten Waren aber nicht die Voraussetzungen der Art .138, 139 und 140 der Delegierten Verordnung erfüllen.

Nach § 5 ZollR-DG hat derjenige, der im Verfahren der Zollbehörden eine abgabenrechtliche Begünstigung oder eine Verfahrenserleichterung in Anspruch nehmen will oder einen Wegfall der Folgen einer Zollzuwiderhandlung anstrebt, dies geltend zu machen und das Vorliegen der hierfür maßgebenden Voraussetzungen der Zollbehörde nachzuweisen. Wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung.

Erwägungen und Beweiswürdigung:

Nach den Aussagen im Rahmen der Kontrolle und der Vorhaltsbeantwortung vom war der Beschwerdeführer im Zollschuldentstehungszeitpunkt verheiratet und hatte gemeinsam mit seiner Gattin und deren Sohn einen Wohnsitz an der Adresse "***Bf1-Adr***" in Deutschland. Der Beschwerdeführer arbeitete in der Schweiz im Bereich der Tunnelsanierung (90 % Nachtschicht) und hatte dort einen weiteren Wohnsitz an der Adresse "***6***". Der Beschwerdeführer kehrte in der Regel alle 14 Tage zu seiner Gattin nach Deutschland zurück. Die Wohnung in Deutschland bestand aus drei Zimmern mit einer Wohnfläche von ca. 70 m2. Der Wohnsitz des Beschwerdeführers in der Schweiz bestand aus einen möblierten Zimmer (20 m2) mit der Möglichkeit weitere Gemeinschaftsräume mitzubenützen. Der Beschwerdeführer war im Besitz einer Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung) in der Schweiz und war in Deutschland steuerlich nicht erfasst. Neben dem Arbeitseinkommen gab es in der Schweiz keine weiteren Vermögensinteressen. Es bestanden weder in Deutschland noch in der Schweiz weitere relevante persönlichen Bindungen, wie Vereinstätigkeiten, soziale Engagements oder ehrenamtliche Tätigkeiten.

Der Beschwerdeführer bringt entgegen seiner Angabe im Rahmen der Kontrolle zur Frage des Hauptwohnsitzes vor, dass er nur besuchsweise alle 14 Tage zu seiner Ehegattin nach Deutschland gefahren wäre und seine Anmeldung nur aufgrund der Heirat und wegen seines deutschen Passes erfolgt sei.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Eine Wohnung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. Damit Räumlichkeiten nach der Verkehrsauffassung als Wohnung geeignet sind, müssen sie so ausgestattet sein, dass sie es erlauben, sich nicht nur ganz kurzfristig dort aufzuhalten: Die Möglichkeiten zum Schlafen, zur Körperpflege, zur Zubereitung von Essen und zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände muss gewährleistet sein (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 26 Rz 1 mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Als Innehabung kommen auch familienrechtliche Ansprüche in Betracht.

In diesem Sinne ist im Beschwerdefall von zwei Wohnsitzen auszugehen. Auch das möblierte Zimmer im Ausmaß von ca. 20 m2 mit der Möglichkeit weitere Gemeinschaftsräume zu benützen ist als Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO zu beurteilen.

Strittig ist hingegen, wo sich der gewöhnliche Wohnsitz befindet bzw. im Zollentstehungszeitpunkt befunden hat.

Nach § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer natürlichen Person, deren beruflichen Bindungen an einem anderen Ort als dem ihre persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Der Beschwerdeführer ist in der Regel alle 14 Tage und somit regelmäßig zum Wohnsitz in Deutschland, wo seine Ehegattin und deren Sohn wohnt, zurückgekehrt. Für die Annahme, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz am Wohnort seiner Ehegattin befindet, spricht auch, dass in Deutschland eine vollständige Wohnung zur Verfügung steht, in der Schweiz zwar die Möglichkeit besteht Gemeinschaftsräume zu benützen, der Beschwerdeführer ansonsten jedoch nur ein Zimmer innehat. Die fallweisen Besuche der Ehegattin in der Schweiz und freundschaftliche Bindungen zu Arbeitskollegen machen das in der Schweiz gelegene Zimmer noch nicht zum gewöhnlichen Wohnsitz. Die Miete der in Deutschland gelegenen Wohnung als auch die Kostentragung für anfallende Reparaturen durch die Ehegattin ändern nichts an der Beurteilung als Wohnort. Es ist nicht erforderlich, dass bei einer Ehewohnung eine "Extra-Zimmer" vorhanden sein muss. Jedenfalls kann aus dem Fehlen eines solchen Zimmers nicht abgeleitet werden, dass lediglich ein Besuch vorliege. Es liegt eine aufrechte Ehe vor und die vierzehntägige Abwesenheit ist nur der beruflichen Tätigkeit in der Schweiz geschuldet.

Die Niederlassungsbewilligung für die Schweiz als auch die fehlende steuerliche Erfassung in Deutschland können bei der gegebenen Sachlage an der Beurteilung nichts ändern. Im Übrigen bringt auch die Angabe des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme anlässlich der Kontrolle zum Ausdruck, dass auch seinem persönlichen Empfinden nach, sich sein "Hauptwohnsitz" also der Wohnsitz zu dem er die stärkeren persönlichen Bindungen hat, in Deutschland befindet. Die meldebehördliche An- und Abmeldung ist für die Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes nicht entscheidend. Es kommt auf die tatsächliche Gestaltung der Dinge an.

Unter Würdigung aller Umstände ist daher festzustellen, dass im Zollschuldentstehungszeitpunkt der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in Deutschland, als dem Ort zu dem der Beschwerdeführer die stärksten persönlichen Beziehungen hat und zu dem er regelmäßig zurückkehrte, gelegen ist. Mögen die wirtschaftlichen Beziehungen auch überwiegend in der Schweiz gelegen sein, die maßgeblichen und hier ausschlaggebenden persönlichen stärkeren Beziehungen liegen in Deutschland. Maßgebliche gewichtiger persönliche Beziehungen zum Arbeitsort und zur Wohnung in der Schweiz liegen nicht vor.

Die Voraussetzungen für die Überführung in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung im Sinne des Art. 250 UZK wurden vom Beschwerdeführer somit nicht erfüllt.

Das Beförderungsmittel konnte aus diesem Grund auch nicht durch eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 des UZK-DA konkludent angemeldet werden. Mit dem Passieren der Zollstelle gilt somit für das Beförderungsmittel eine Zollanmeldung als nicht abgegeben. Dadurch wurde eine in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegte Verpflichtung in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union nicht erfüllt. Die Zollschuld ist daher nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entstanden.

Für die Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs und nichttarifärer Maßnahmen, die in Unionszollvorschriften zu bestimmten Bereichen des Warenverkehrs geregelt sind, wird der Zollwert von Waren nach den Artikeln 70 und 74 ermittelt. Vorrangige Grundlage für den Zollwert von Waren ist nach Art. 70 UZK der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, der erforderlichenfalls anzupassen ist.

Im Beschwerdefall liegt jedoch kein Transaktionswert vor. Die Ermittlung des Zollwertes erfolgte daher nach den in Artikel 74 UZK angeführten nachrangigen Methoden. Weil weder ein Transaktionswert gleicher oder ähnlicher Waren, die zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren vorliegt, ein Wert mangels Vorliegens entsprechender Unterlagen auch nicht nach der so genannten deduktiven Methode (Abs. 2 Buchst. c) bzw. auch nicht nach dem errechneten Wert (Abs. 2 Buchst. d) ermittelt werden kann, hat die Bestimmung des Zollwertes auf der Grundlage von im Zollgebiet der Union verfügbaren Daten und unter Einsatz sinnvoller Hilfsmittel nach der so genannten Schlussmethode zu erfolgen (Abs. 3) zu erfolgen.

Gegen die Ermittlung des Zollwertes aufgrund der Eurotax-Liste bestehen daher keine Bedenken. Der Kilometerstand wurde berücksichtigt.

Hinsichtlich der Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer ist allerdings die neuere Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen. Dieser hat mit seinem Urteil im Vorabentscheidungsverfahren vom , C-7/20 "VS" ausgeführt, dass die Einfuhr von Gegenständen gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchstabe d der Mehrwertsteuerrichtlinie der Mehrwertsteuer unterliegt und gemäß Art. 30 Abs. 1 als Einfuhr eines Gegenstands die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr befindet, in die Union gilt. Neben einer Zollschuld könne daher auch eine Mehrwertsteuerpflicht bestehen, wenn aufgrund eines Fehlverhaltens, das zur Entstehung der Zollschuld führte, angenommen werden kann, dass die fraglichen Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind und somit einem Verbrauch, d.h. dem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang, zugeführt werden konnten.

Eine solche Vermutung könne aber widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass trotz des zollrechtlichen Fehlverhaltens, das zur Entstehung einer Einfuhrzollschuld in dem Mitgliedstaat führte, in dem dieses Fehlverhalten begangen wurde, ein Gegenstand im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, in dem dieser Gegenstand zum Verbrauch bestimmt war, in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist. In diesem Fall trete der Tatbestand der Einfuhrmehrwertsteuer in diesem anderen Mitgliedstaat ein.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Fahrzeug zwar in Österreich in das Zollgebiet der Union gelangt, sodass hier gegen die zollrechtlichen Verpflichtungen verstoßen wurde. Zufolge der Feststellungen im gegenständlichen Verfahren lag der gewöhnliche Wohnsitz im maßgeblichen Zeitpunkt in Deutschland. Bei diesem Ergebnis ist aber nachgewiesen, dass das Fahrzeug an diesem Wohnsitz bzw. von diesem Wohnsitz aus benutzt worden ist und die Einfuhrumsatzsteuerpflicht daher in Deutschland entstanden ist. Die Einfuhrumsatzsteuer war daher mit € 0,00 festzusetzen.

Durch die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer mit € 0,00 waren auch die Verzugszinsen entsprechend anzupassen und würden € 3,67 (€ 372,26 x 2 x 180/36500) betragen. Gemäß Art. 114 Abs. 4 UZK verzichten die Zollbehörden jedoch auf die Erhebung von Verzugszinsen, wenn der Betrag für jede einzelne Einhebungsmaßnahme unter 10 EUR liegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war vom Bundesfinanzgericht keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 79 Abs. 2 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 5 Z 31 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1200030.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at