Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2023, RV/7101009/2023

Kein Kindermehrbetrag mangels steuerpflichtiger Einkünfte oder ganzjährig bezogenem Kinderbetreuungsgeld

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in Folge kurz: Bf.) reichte am ihre Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 ein. Die Anzahl der (inländischen) gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen gab sie mit 0 und die Anzahl der Kinder, für die für mindestens 7 Monate die Familienbeihilfe bezogen wurde, mit 2 bekannt.

Mit via FinanzOnline eingebrachtem sonstigem Anbringen vom erklärte sie beim "Steuerausgleich" vergessen zu haben, den Alleinerzieherabsetzbetrag anzugeben.

Am erließ das Finanzamt Österreich den Einkommensteuerbescheid 2022 mit einer Gutschrift in Höhe des Alleinerzieherabsetzbetrags von € 669,-.

In der am fristgerecht via FinanzOnline eingebrachten Beschwerde bestätigte die Bf. das Formularfeld "Ich erkläre für einen allfälligen Kindermehrbetrag, dass ich 2022 betriebliche oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an zumindest 30 Tagen oder ganzjährig Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz oder Pflegekarenzgeld bezogen habe" und führte aus, dass sie leider vergessen habe den Kindermehrbetrag für ihre beiden Kinder zu beantragen und sie um eine Nachberechnung bitte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass ab der Veranlagung 2022 Anspruch auf den Kindermehrbetrag bestehe, wenn der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zustehe und eine errechnete Tarifsteuer unter 550 Euro vorliege oder wenn in einer (Ehe)Partnerschaft beide Partner Einkünfte erzielen würden und die darauf entfallende Tarifsteuer jeweils weniger als 550 Euro betrage. Voraussetzung sei, dass zumindest 30 Tage im Kalenderjahr steuerpflichtige aktive Erwerbseinkünfte erzielt würden (darunter würden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb oder aus nichtselbständiger Arbeit fallen). Ein Anspruch auf den Kindermehrbetrag bestehe außerdem, wenn ganzjährig Kinderbetreuungsgeld oder Pflegekarenzgeld bezogen worden sei. Da die Bf. im Jahr 2022 weder betriebliche Einkünfte noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an zumindest 30 Tagen und nicht ganzjährig Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz oder Pflegekarenz bezogen habe, habe der Kindermehrbetrag nicht berücksichtigt werden können.

Mit Vorlageantrag vom übermittelte die Bf. Fotos eines Schreibens der Österreichischen Gesundheitskasse vom , worin ihre "Mutterschaft ab bis " und die Geburt am bestätigt wurden, sowie einer Mitteilung der Österreichischen Gesundheitskasse über den Anspruch auf Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, woraus ein Anspruch ab ersichtlich ist.

Am legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte diese als unbegründet abzuweisen.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. bezog von bis Wochengeld und ab Kinderbetreuungsgeld. Ansonsten erzielte sie im Jahr 2022 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder nichtselbständiger Arbeit.

Der Bf. wurde für ihre beiden Kinder im Jahr 2022 jeweils für mehr als sechs Monate Familienbeihilfe gewährt.

2. Beweiswürdigung

Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt (insbesondere aus dem Versicherungsdatenauszug und der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung). Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs 7 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 93/2022) lautet:

Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die

  1. zumindest an 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielen, oder

  2. ganzjährig Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, oder Pflegekarenzgeld bezogen haben,

nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 550 Euro, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:

Die Differenz zwischen 550 Euro und der Einkommensteuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten, wenn

a) der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht oder

b) sich auch beim (Ehe)Partner gemäß § 106 Abs. 3, der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielt, eine Einkommensteuer nach Abs. 1 unter 550 Euro ergibt; in diesem Fall hat nur der Familienbeihilfeberechtigte Anspruch auf den Kindermehrbetrag.

Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 550 Euro.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit a EStG 1988 ist das Wochengeld von der Einkommensteuer befreit.

Voraussetzung für den Kindermehrbetrag ist nicht nur, dass die nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 errechnete Einkommensteuer des Steuerpflichtigen (und gegebenenfalls seines Partners) weniger als € 550 beträgt und mindestens ein Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 vorhanden ist, sondern auch, dass entweder steuerpflichtige Erwerbseinkünfte an mindestens 30 Tagen im Kalenderjahr erzielt wurden oder ganzjährig Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde.

Die Bf. bezog im Jahr 2022 Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld. Das von bis bezogene Wochengeld ist gem. § 3 Abs. 1 Z 4 lit a EStG 1988 steuerfrei. Kinderbetreuungsgeld wurde erst ab und damit nicht ganzjährig bezogen.

Es liegen daher im Kalenderjahr 2022 weder steuerpflichtige Einkünfte noch ganzjährig bezogenes Kinderbetreuungsgeld vor, sodass der Kindermehrbetrag nicht zusteht. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, weil sich die gegenständliche Entscheidung unmittelbar aus dem Wortlaut der oben zitierten Gesetzesbestimmung ableitet und keine Zweifel an der Auslegung rechtlicher Vorschriften existierten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101009.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at