Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2023, RV/7102824/2020

Reisespesen, Arbeitszimmer u.a. Werbungskosten einer Filmgeschäftsführerin (ANV)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF StNr*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) gab am eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 ab und machte unter dem Titel Werbungskosten Arbeitsmittel iHv € 1.166,70, beruflich veranlasste Reisekosten iHv € 4.759,80 und sonstige Werbungskosten iHv € 548,80 geltend.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage der Belege zu den beantragten Werbungskosten sowie um eine Kostenaufstellung, aus der ersichtlich sei, wie sich die Gesamtsumme zusammensetzte. Weiters sollte die Bf. ihren beruflichen Aufgabenbereich und den damit zusammenhängenden Konnex ihrer Ausgaben darstellen und etwaige Kostenersätze seitens des Arbeitgebers oder Förderstellen bekanntgeben.

Am übermittelte die Bf. eine Kilometeraufstellung über berufliche Fahrten, eine Aufstellung der beruflichen Ausgaben, eine Beschreibung über die Tätigkeit der Filmgeschäftsführung aus dem Kollektivvertrag der Filmschaffenden sowie eine Tätigkeitsbeschreibung aus dem Jahr 2013. Diese war seitens des Finanzamtes bereits im Jahr 2013 abverlangt worden und hatte sich seit damals nicht geändert. Die Bf. gab auch bekannt, dass ihre Auslagen weder von den Filmproduktionen noch von Förderstellen ersetzt worden waren.

Mit Erstbescheid vom erfolgte letztlich die Arbeitnehmerveranlagung 2018, wobei die geltend gemachten Werbungskosten nicht anerkannt und stattdessen der Pauschbetrag für Werbungskosten gewährt wurde. Begründend führte das Finanzamt aus, dass Reisekosten nur aufgrund eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches zuerkannt werden könnten und eine lediglich grobe Aufstellung nicht als Nachweis ausreichte. Auch hinsichtlich der übrigen Ausgaben waren nur eine Aufstellung, nicht aber belegmäßige Nachweise übermittelt worden.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde begehrte die Bf. die Anerkennung der beantragten Werbungskosten und ersuchte um einen persönlichen Termin beim Finanzamt zwecks Vorlage der Belege. Eine Kopie des Fahrtenbuches 2018 lag der Beschwerde bei.

In der Beschwerdevorentscheidung vom anerkannte das Finanzamt Fahrtkosten iHv € 2.855,88. Dieser Betrag wurde mit 60% der beantragten Reisekosten geschätzt, da aus den vorgelegten Unterlagen die beruflichen Fahrten nicht eindeutig nachvollziehbar waren.

Die Bescheidbegründung enthielt weiter Aussagen zu Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung. Diese Kosten wurden nicht anerkannt, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Bf. bildete und nicht (nahezu) ausschließlich betrieblich und beruflich genutzt wurde.

Dagegen richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom gegen die Beschwerdevorentscheidung, die als Vorlageantrag gewertet wurde. Darin wurde nochmals auf das bereits übermittelte Fahrtenbuch hingewiesen, aus dem sämtliche berufliche als auch private Fahrten mit Datum, Uhrzeit, KM- und Ortsangabe ersichtlich wären. Die Bf. ersuchte um Anerkennung der gesamten beruflich gefahrenen Kilometer.

Hinsichtlich der Kosten für das Arbeitszimmer führte die Bf. aus, dass sie dieses zumindest zu 50% für ihre Arbeit nutzte und daher die Betriebskosten ebenfalls anzuerkennen wären.

Dem Bundesfinanzgericht wurde der Akt am vorgelegt, wobei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung der Fall am zur Bearbeitung zugewiesen wurde. Aus dem vorgelegten Akt war nicht ersichtlich, ob der Bf. der persönliche Termin beim Finanzamt zur Vorlage der Belege gewährt worden war. Zur Wahrung des Parteiengehörs ersuchte die Richterin mittels Beschluss vom nochmals um Vorlage der bereits vom Finanzamt abverlangten Belege für alle beantragten Werbungskosten. Hinsichtlich der Rechnungen über Anbahnungsspesen wurde um Angabe, welches Rechtsgeschäft im Rahmen der Bewirtung zu welchem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen wurde bzw. welches konkrete Rechtsgeschäft im Einzelfall ernsthaft angestrebt wurde (), ersucht.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. die entsprechenden Belege in Kopie.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom machte die Bf. Werbungskosten geltend. Laut Aufstellung handelte es sich dabei um

sowie beruflich veranlasste Reisekosten (KM-Geld iHv € 3.809,40 und Reisespesen/Tagesdiäten iHv € 950,40).

Die Bf. arbeitete laut ihrer Tätigkeitsbeschreibung als Filmgeschäftsführerin. Darunter versteht man laut Kollektivvertrag der Filmschaffenden eine dispositiv-administrative Mitarbeiterin des Produzenten bzw. Herstellungsleiters sowie der Produktionsleitung. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Lohnverrechnung von Darstellern und Stab sowie in der Durchführung der gesamten Buchhaltung und Budgetüberwachung der verschiedenen Filmdepartments. Die Erstellung der Kostenrechnung und Ausweisung des jeweiligen Brancheneffekts (wie zB Wien, NÖ, Steiermark etc.) gehörte ebenso zu ihren Aufgaben wie die Vertretung gegenüber Förderern (wie Österr. Filmförderung, Wiener Filmförderung, ORF etc.) und öffentlichen Stellen eines Filmprojekts.

Diese Tätigkeit (Übernahme der Belegabrechnungen, Kontrolle der Kosten etc) übte die Bf. selbständig an den verschiedenen Dreh-Motiven, zu Hause in ihrem Büro sowie im Büro der jeweiligen Filmfirma (Erstellung der Lohnverrechnung, Buchhaltung und Kostenstand) aus.

Im Jahr 2018 war die Bf. laut aufliegender Lohnzettel bei den Filmfirmen ***1*** GmbH, ***Adr 1*** Wien (vollbeschäftigt von ***Zeitraum 1***) und ***2*** GmbH, ***Adr 2*** Wien (vollbeschäftigt von ***Zeitraum 2*** und ***Zeitraum 3***) angestellt. Von ihren Arbeitgebern erhielt die Bf. keine Ersätze für Diäten und KM-Gelder, wie aus den Lohnzetteln ersichtlich war.

Für die Fahrten zu den einzelnen Drehorten verwendete die Bf. ihr eigenes Fahrzeug. Aus dem vorgelegten Fahrtenbuch waren genaue Aufzeichnungen über Datum, Ort, Beginn und Ende der Fahrten (Uhrzeit), gefahrene berufliche und private Kilometer sowie Zweck der Reise ersichtlich. In den Monaten Jänner und Februar 2018 wurden vier mehrtägige berufliche Reisen (inkl Nächtigung) nach Bad Gastein und Haag Dorf und Umgebung (in Summe 13 Tage) vorgenommen. Im Mai und September 2018 handelte es sich um zwei mehrtägige Reisen (in Summe 5 Tage) zu Drehorten in Krems und Umgebung. Im Oktober 2018 wies das Fahrtenbuch eine zweitägige Reise nach Graz aus. Bei den übrigen Reisebewegungen handelte es sich um eintägige Fahrten.

Die übrigen übermittelten Belege konnten der Aufstellung zugeordnet werden. Hinsichtlich der Anbahnungsspesen (Bewirtung) und Werbespesen (Weinflaschen, Präsentkorb, Dosen ua) finden sich keine Vermerke auf den Belegen, welches Rechtsgeschäft im Rahmen der Bewirtung tatsächlich abgeschlossen wurde bzw. welches konkrete Rechtsgeschäft im Einzelfall ernsthaft angestrebt wurde. Die Bewirtungsspesen wurden von der Bf. nur zu 50% als abzugsfähige Werbungskosten angesetzt. Im Begleitschreiben wies die Bf. jedoch darauf hin, dass "man um Aufträge zu erhalten, Personen treffen und Einladungen aussprechen und auch ab und zu kleine Geschenke machen muss".

Die Bf. übermittelte auch einen Plan des Arbeitszimmers sowie eine detaillierte Aufstellung der damit zusammenhängenden Kosten. Sie setzte 10% der Betriebskosten als anteilige Werbungskosten für das Arbeitszimmer an.

2. Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig aufgrund des vorliegenden Akteninhalts sowie der Beantwortung des richterlichen Vorhalts vom . Die Feststellungen zum Jobprofil einer Filmgeschäftsführerin basieren einerseits auf einer durchgeführten Internetrecherche zum Thema Filmgeschäftsführung und andererseits auf den Unterlagen der Bf., die sowohl die abstrakte Tätigkeitsbeschreibung aufgrund des Kollektivvertrages geliefert als auch anschaulich ihre eigenen tatsächlichen Aufgabengebiete beschrieben hat. Ihre Aussagen zur Verrichtung ihrer Tätigkeit an unterschiedlichen Arbeitsorten fließen ebenfalls in die Beurteilung ein.

Die Feststellungen zu den geltend gemachten Reisen basieren auf dem von der Bf. vorgelegten Fahrtenbuch. Im Abgleich "Fahrtenbuch zu Kilometeraufstellung" ergab sich eine Abweichung, die durch einen Übertragungsfehler vom Fahrtenbuch in die Fahrtkostenaufstellung erklärt werden kann. Für die rechtliche Beurteilung werden daher die Angaben laut Fahrtenbuch herangezogen. Die Entfernungen sowie die Lage der angefahrenen Orte sind objektiv überprüfbar und sind daher glaubhaft. Eine Internetrecherche ergab, dass die zu den Fahrten angeführten Filmprojekte tatsächlich in den jeweiligen Einsatzorten gedreht wurden. Die angegebenen Reisedauern - insbesondere bei Berücksichtigung der Arbeitsleistung der Bf. am Zielort - erscheinen plausibel.

Die übermittelten Belege wurden überprüft und werden entsprechend gewürdigt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen abzugsfähig. Dazu zählen beispielsweise auch Ausgaben für Arbeitsmittel (Z 7) und Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen (Z 9).

Für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ist gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von € 132,- jährlich abzusetzen. Daraus ist ersichtlich, dass darüberhinausgehende Werbungskosten stets des Nachweises oder zumindest der Glaubhaftmachung bedürfen.

Die Grenze der Abzugsfähigkeit der Werbungskosten wird durch § 20 EStG 1988 gezogen. § 20 Abs. 1 Z 2 und 3 EStG 1988 lautet auszugsweise:

Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden: ….

2.a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

d) Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Errichtung abzugsfähig.

3.. Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden. …

1. Arbeitsmittel

Die Bf. beantragte Arbeitsmittel iHv € 1.166,70. Diese setzten sich aus Kosten für Büromaterial, Büroausstattung, Parkgebühren, Porto, Handy und Betriebskosten für ein Arbeitszimmer zusammen. Nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht übermittelte die Bf. sämtliche dazugehörigen Belege. Es handelte sich dabei um klassisches Büromaterial wie beispielsweise Kopierpapier, Klarsicht- und Aktenhüllen, Hefter, Jahresplaner und ähnliches. Die Werbungskosten sind iHv € 76,52 abzugsfähig.

Bei der Büroausstattung iHv € 20,36 handelt es sich laut Rechnung um einen Bürosessel und somit um einen Einrichtungsgegenstand für das sich im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer. Die steuerliche Beurteilung desselben erfolgt unter Punkt 2. Arbeitszimmer.

Die Telefon- und Handykosten, von denen die Bf. einen Privatanteil von 20% ausgeschieden hatte, waren in den Vorjahren und auch in den Jahren nach 2018 nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens und wurden seitens des Finanzamtes antragsgemäß veranlagt. Belege über Handykauf wurden ebenso beigebracht wie Handyabrechnungen samt Einzelgesprächsnachweise. Die Einschätzung der beruflich veranlassten Verwendung erscheint mit 80% hoch, jedoch wurden die Gesprächspartner mit langer Gesprächsdauer stichprobenartig überprüft (Internetrecherche) und ergab sich, dass diese durchwegs im Filmbusiness tätig sind. Die Höhe der im Jahr 2018 geltend gemachten Telefonkosten von € 249,43 liegt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht außerhalb der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblicherweise erwachsenden Kosten. Sie werden wie in den Vorjahren erklärungskonform, jedoch unter dem Titel "sonstigen Werbungskosten" und nicht unter dem Titel "Arbeitsmittel" berücksichtigt.

Das Mobiltelefon gehört als geringwertiges Wirtschaftsgut zu den Arbeitsmitteln und wird dort erfasst. Der Nachweis wurde durch Beibringung des Beleges erbracht. Die Werbungskosten sind iHv € 158,00 abzugsfähig.

Belegmäßig nachgewiesen wurden auch Parkgebühren iHv € 76,60, die jedoch unter dem Titel "beruflich veranlasste Reisekosten" und nicht unter dem Titel "Arbeitsmittel" geltend zu machen sind. Eine entsprechende Zuordnung wird vorgenommen.

Nicht zu berücksichtigen sind Portokosten iHv € 40,00, da für diese kein belegmäßiger Nachweis erbracht wurde.

2. Arbeitszimmer

Für die Begründung der Abzugsfähigkeit muss das Arbeitszimmer "den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen" darstellen. Diesbezüglich weist noch nicht einmal der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger über keinen anderen Arbeitsraum verfügt, das häusliche Arbeitszimmer zwangsläufig als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit aus (; zu Versicherungsvertretern); vielmehr ist das typische Berufsbild entscheidend (Doralt, EStG § 20 Tz 104/5 ff).

Allgemein ist bei Nichtselbständigen das Arbeitszimmer idR nicht Tätigkeitsmittelpunkt, da die berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers (zB am vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz) ausgeübt wird (ErlRV 72 BlgNR XX GP).

Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; nur in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (; , 2011/15/0104; , 2013/15/0165).

Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist - gegebenenfalls im Rahmen einer "wertenden Gewichtung" - nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen, somit nach dem "typischen Berufsbild" (; , 2001/13/0272; Doralt, EStG, § 20 Rz 104/6). Dient das Arbeitszimmer daher einer Tätigkeit, die im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird, dann sind die Aufwendungen generell (also auch unabhängig von der darin verbrachten Zeit) nicht abzugsfähig (). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung etwa bei einem Lehrer oder Vortragenden ein für Vorbereitungs- und Korrekturzwecke verwendetes häusliches Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt dar: dieser liegt vielmehr dort, wo die Vermittlung von Wissen und Können selbst erfolgt ().

Liegt der materielle Schwerpunkt schon aufgrund des typischen Berufsbildes nicht im Arbeitszimmer, so wird die Abzugsfähigkeit auch nicht durch die überwiegende zeitliche Nutzung begründet (; , 2004/15/0148), unabhängig davon, wie geringfügig die zeitliche Komponente außerhalb des Arbeitszimmers ist (; RV/0297-G/04). Stellt das Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt dar, so sind die Aufwendungen auch dann nicht abzugsfähig, wenn es vollkommen als solches ausgestattet ist (; , 2003/13/0166).

Die Bf. war als Filmgeschäftsführerin bei diversen Filmproduktionsfirmen angestellt. Ihr oblag die Lohnverrechnung von Darstellern und Stab sowie die Buchhaltung und Budgetüber-wachung der verschiedenen Filmdepartments. Im Rahmen dieser Tätigkeit war die Bf. an den einzelnen Drehmotiven vor Ort. Dies ergibt sich schlüssig aus dem vorgelegten Fahrtenbuch und den beantragten Reisespesen. Auch der Zeitrahmen der Aufzeichnungen entspricht den Angestelltenverhältnissen laut Lohnzettel. Die Bf. brachte weiter vor, dass sie die Lohnverrechnung und Buchhaltung einerseits bei sich zuhause im Arbeitszimmer und andererseits am Arbeitsplatz der jeweiligen Filmfirma erstellte. Ein Dienstvertrag, aus dem hervorgeht, dass die Bf. verpflichtet sei, für ein Arbeitszimmer an einem bestimmten Standort zu sorgen und die Tätigkeit auch überwiegend dort auszuüben, wurde nicht vorgelegt. Da es sich um namhafte, in Österreich etablierte Filmproduktionsgesellschaften handelt, geht das Bundesfinanzgericht daher davon aus, dass die Bf. über einen Arbeitsplatz bei ihrem Dienstgeber verfügte, von dort sie jederzeit ihren Aufgaben nachgehen konnte. Der freiwillige Verzicht auf die Nutzung eines Büros beim Arbeitgeber führt nicht zu einer Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers (; ; , RV/7104966/2014 ).

Der materielle Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit lag daher zweifelsfrei nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern außerhalb desselben und zwar unabhängig von dessen zeitlicher Nutzung. Wenn die Bf. also vorbringt, dass sie das Arbeitszimmer zumindest zu 50% für ihre Arbeit nutze, so ist dies unbeachtlich, weil der Mittelpunkt ihrer Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer lag.

Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Voraussetzungen für ein steuerlich abzugsfähiges Arbeitszimmer nicht vorliegen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Höhe der beantragten Kosten.

Da auch die Einrichtungsgegenstände des Arbeitszimmers von der Beurteilung der Abzugsfähigkeit desselben mitumfasst sind, sind die Werbungskosten für die beantragte Büroausstattung (Bürosessel) iHv € 20,36 nicht abzugsfähig.

3. Anbahnungs- und Werbespesen (Kundengeschenke)

Wie bereits zuvor ausgeführt, dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Nach Z 3 dieser Gesetzesstelle dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden, außer der Steuerpflichtige weist nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt.

Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Ausnahme von dem grundsätzlichen Abzugsverbot von Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben ist somit von dem der Bf. obliegenden Nachweis zweier Voraussetzungen - Werbungszweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung - abhängig. Eine bloße Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen reicht daher für die Abzugsfähigkeit der Ausgaben nicht aus ().

Mit Beschluss vom hat das Bundesfinanzgericht die Bf. aufgefordert, die entsprechenden Belege hinsichtlich der Bewirtungsspesen vorzulegen. Dies unter Angabe, welches Rechtsgeschäft im Rahmen der Bewirtung zu welchem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen wurde bzw. welches konkrete Rechtsgeschäft im Einzelfall ernsthaft angestrebt wurde.

Die Bf. übermittelte zwar die gewünschten Belege, machte jedoch weder Empfänger namhaft, noch führte sie aus, mit welchen Geschäftsabschlüssen die jeweilige Einladung eines Geschäftsfreundes oder potentiellen Arbeitgebers im Zusammenhang gestanden hat. Die Bf. erbrachte daher weder den Nachweis, dass die Bewirtung der Werbung, nämlich der Werbung für ihre konkrete Tätigkeit als Filmgeschäftsführerin, gedient hat, noch darüber, dass die betriebliche oder berufliche Veranlassung des Bewirtungsaufwandes weitaus überwogen hat.

Neben den ausdrücklich im Gesetz erwähnten Bewirtungsspesen zählen zu den nicht abzugsfähigen Repräsentationskosten nach der Rechtsprechung auch Blumen, Einladungen und gelegentliche Geschenke an Kunden oder Klienten zu besonderen Anlässen (; , 89/13/0174). Es handelt sich auch danach um Aufwendungen, die der Bewirtung ähnlich oder in ihrer Funktion vergleichbar sind. Diese sind aber selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie der Werbung dienen (; , 2005/13/0049, Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (20. Lfg 2018). Nach der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers enthält die Nichtabzugsfähigkeit der Repräsentationsaufwendungen ein absolutes Abzugsverbot, ohne Rücksicht auf ihre Veranlassung, ihre Zwangsläufigkeit und ein gegebenes berufliches Interesse (), soweit das Gesetz nicht selbst eine Ausnahme normiert (Bewirtung zur Werbung).

Kleinere Sachgeschenke, Wein, Präsentkörbe und ähnliches stellen daher keine Werbungskosten dar, wobei den Gründen, die einen Steuerpflichtigen veranlassen, solche Aufwendungen zu tragen, keine Bedeutung zukommt (; ). Die beantragten Anbahnungs- und Werbespesen iHv insgesamt € 548,80 sind daher nicht abzugsfähig.

4. Fahrtkosten

Fahrtkosten stellen keine spezifischen Reisekosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 dar, sondern sind als Werbungskosten allgemeiner Art gemäß § 16 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen (). Werden Dienstreisen mit dem eigenen Fahrzeug nachgewiesen bzw glaubhaft gemacht, so kann der Steuerpflichtige das nach § 26 Z 4 lit. a EStG 1988 höchstens mit dem den Bundesbediensteten zustehenden Satz bemessene Kilometergeld für die Benützung des eigenen Kfz geltend machen; dieses betrug im Streitjahr für Pkw € 0,42 je gefahrenen Kilometer.

Aufgrund des vorgelegten Fahrtenbuches im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzbeschreibung und der Aufstellung der Reisekosten gelang es der Bf. die von ihr geltend gemachte Kilometerleistung glaubhaft zu machen. Es waren die tatsächlich laut Fahrtenbuch ausgewiesenen gefahrenen Kilometer zu berücksichtigen. Die Fahrtkosten (Kilometergeld) iHv € 3.976,98 sind daher abzugsfähig.

5. Tagesgelder

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 stellen Mehraufwendungen aus Anlass ausschließlich beruflicher Reisen Werbungskosten dar, soweit sie die Beträge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 nicht übersteigen. Laut § 26 Z 4 EStG 1988 darf das Tagesgeld für Inlanddienstreisen maximal € 26,40 pro Tag betragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Grundvoraussetzung für die Geltendmachung von Tagesgeldern aufgrund dieser Bestimmung, dass dem Abgabepflichtigen auch tatsächlich ein Verpflegungsmehraufwand erwachsen ist (; , 2004/15/0130; , 2005/15/0135).

Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen gehören grundsätzlich zu den Kosten der Lebensführung, zumal ein bedeutender Teil der Erwerbstätigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten außerhalb des Haushaltes einzunehmen. Mehraufwendungen für Verpflegung können daher nur dann vorliegen, wenn über dieses Ausmaß hinaus Aufwendungen anfallen. Die einkünftemindernde Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 findet ihre Begründung darin, dass dem Reisenden die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort in der Regel nicht bekannt sind, weshalb die Verpflegung durch die örtliche Gastronomie typischerweise zu Mehraufwendungen führt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Tagesgelder nur dann steuerlich gemäß § 4 Abs. 5 EStG 1988 bzw § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 berücksichtigt werden, soweit eine Nächtigung erforderlich ist. In diesem Fall ist - "für den ersten Zeitraum von ca. einer Woche" - der Verpflegungsmehraufwand zu berücksichtigen. Hält sich der Steuerpflichtige jedoch - unter Umständen auch mit Unterbrechungen - länger an einem Ort auf, sind ihm die örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten ausreichend bekannt, sodass ein Mehraufwand für die Verpflegung nicht mehr steuerlich zu berücksichtigen ist (; , 2012/15/0074).

Hingegen liegt ein steuerlich zu berücksichtigender Verpflegungsmehraufwand nicht vor, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält. Allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehrauf-wendungen können in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden (; , 95/14/0156; , 99/13/0001; , 2000/15/0151). In diesem Sinne vertritt auch das Bundesfinanzgericht in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass für nicht mit einer Nächtigung verbundene Reisen kein Tagesgeld zusteht (; , RV/1100045/2011; , RV/2100635/2010; , RV/3100033/2023).

Wie das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung laut den Aufzeichnungen im Fahrtenbuch feststellte, hat die Bf. in den Monaten Jänner und Februar 2018 mehrtägige Reisen nach Bad Gastein sowie Dorf Haag, im Mai und September 2018 zwei mehrtägige Reisen nach Krems und im Oktober 2018 eine zweitägige Reise nach Graz unternommen. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werden daher die ersten fünf Aufenthaltstage (eine Arbeitswoche) in Bad Gastein, Dorf Haag und Krems zu je € 26,40 und zwei Aufenthaltstage in Graz zu je € 26,40 anerkannt. Für die übrigen eintägigen Reisen steht kein Verpflegungsmehraufwand zu. Von den strittigen Reiseaufwendungen iHv € 950,40 sind somit insgesamt € 448,80 steuerlich anzuerkennen.

Zusammenfassend zu den obigen Ausführungen soll die nachfolgende Tabelle die anerkannten Werbungskosten darstellen:


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KZ alt
Bezeichnung
Beantragte WK
KZ neu
Abzugsfähige WK lt BFG
719
Büromaterial
€ 76,52
719
€ 76,52
719
Büroausstattung
€ 20,36
719
€ 0,00
719
Parken
€ 76,60
721
€ 76,60
719
Porto ohne Beleg
€ 40,00
724
€ 0,00
719
Handy
€ 158,00
719
€ 158,00
719
Telefonkosten
€ 249,43
724
€ 249,43
719
Bürobetriebskosten (AZ)
€ 545,79
719
€ 0,00
721
Fahrtkosten (KM-Gelder)
€ 3.809,40
721
€ 3.976,98
721
Tagesgelder
€ 950,40
721
€ 448,80
724
Bewirtungsspesen
€ 334,50
724
€ 0,00
724
Werbespesen
€ 214,30
724
€ 0,00

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im o.a. Sinne liegt nicht vor, da es bereits zahlreiche einschlägige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Thema Arbeitszimmer, Reisespesen, Bewirtungs- und Werbespesen gibt. Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhalts entscheidungswesentlich. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

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