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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2023, RV/7102920/2011

Beschwerde gegen den Sachbescheid für den Fall der Nichtigkeit des Grundlagenbescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen den Bescheid des FA Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2008, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde vom gegen den gemäß § 295 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2008 vom wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von Euro 0,00 berücksichtigt, die aus einem Feststellungsbescheid abgeleitet werden. Der Berufungswerber bzw. nunmehr Beschwerdeführer (Bf.) hat für den Fall Rechtsmittel erhoben, dass der Grundlagenbescheid als Nichtbescheid beurteilt wird.

Am erging ein vorläufiger Bescheid betreffend Einkommensteuer 2008, da der die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betreffende Feststellungsbescheid noch nicht vorliege.

Am erklärte die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 für endgültig und setzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Euro 0,00 fest.

Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom Berufung. Die Berufung wurde nur für den Fall erhoben, dass die angefochtenen Grundlagenbescheide in den entsprechenden Berufungsverfahren als Nichtbescheide beurteilt werden sollten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wird ausgeführt, dass sich die Änderungen aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsbescheides ergeben und der Sachbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden könne, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien.

Mit Eingabe vom ersuchte der Bf. um Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde am die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Am wurde der Bescheid vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO von der belangten Behörde abgeändert. Die Änderung ergab sich aufgrund von bescheidmäßigen Feststellungen in drei weiteren Verfahren.

Mit Beschluss vom setzte das Bundesfinanzgericht das Verfahren bis zur Beendigung des beim Bundesfinanzgericht zur GZ RV/7100162/2014 anhängigen Verfahrens aus.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der GA 1017 zur Entscheidung zugeteilt.

Das Bundesfinanzgericht stellte das Beschwerdeverfahren zur GZ RV/7100162/2014 mit Verständigung vom ein, da mangels vollständiger Berufungs- bzw. Beschwerdevorlage eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht nicht in Betracht komme.

Am nahm das Bundesfinanzgericht das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Amts wegen wieder auf.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. bezieht im Streitjahr 2008 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem ist der Bf. als atypisch stiller Gesellschafter an der ***GmbH & atyp stille Gesell*** beteiligt.

Im Feststellungsverfahren der ***GmbH & atyp stille Gesell*** wurde mit Bescheid vom gemäß § 92 iVm § 190 Abs. 1 BAO betreffend das Jahr 2008 festgestellt, dass für die näher bezeichneten 124 Beteiligten eine Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO unterbleibt. In der Begründung wird ausgeführt, dass mangels Gewinnabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr eine steuerlich beachtliche Einkunftsquelle nicht vorliege. Außerdem handle es sich um keine ertragsteuerliche Mitunternehmerschaft.

Der Feststellungsbescheid vom wurde an alle 124 Beteiligten einzeln adressiert und zugestellt.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betreffend die Beteiligung an der ***GmbH & atyp stille Gesell*** wurden infolge der angeführten bescheidmäßigen Nichtfeststellung für das Jahr 2008 mit Euro 0,00 festgesetzt.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, auf Datenbankabfragen sowie auf Unterlagen aus dem Feststellungsverfahren der ***GmbH & atyp stille Gesell***. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die für die Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, lauten wie folgt:

§ 192. In einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

§ 252. (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

[…]

§ 253. Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

§ 295. (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

[…]

Die vom Bf. eingebrachte Berufung richtet sich gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom . Diesen Bescheid änderte die belangte Behörde mit Bescheid vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO.

Für den Fall, dass ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, soll nach § 253 BAO die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet gelten. Einen Anwendungsfall des § 253 BAO stellen nachträgliche Bescheidänderungen gemäß § 295 BAO dar (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 253 Rz 2). Gemäß § 323 Abs. 37 BAO ist die Bestimmung des § 253 BAO in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013 am in Kraft getreten und auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen anzuwenden.

Die gegenständliche Berufung des Bf. gilt damit auch als gegen den Bescheid vom gerichtet.

Der Bf. hat gegen den Einkommensteuerbescheid betreffend das Jahr 2008 für den Fall Berufung erhoben, dass der zugrundeliegende Feststellungsbescheid als Nichtbescheid beurteilt werden sollte.

§ 252 Abs. 1 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. So sollen Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Die Anfechtung eines Steuerbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (vgl. ). Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 252 Rz 3).

Der Grundlagenbescheid des vom Bf. angefochtenen Bescheides ist der die ***GmbH & atyp stille Gesell*** betreffende Nichtfeststellungsbescheid vom .

Wird eine Mehrheit von Personen (als Einschreiterin) nicht als Mitunternehmerschaft steuerlich anerkannt, ist im Bescheid auszusprechen, dass eine Feststellung zu unterbleiben hat. Ein solcher Bescheid muss die Gesamtheit der einschreitenden Rechtssubjekte erreichen und ist daher individuell an all jene Rechtssubjekte zu richten, denen die Abgabenerklärung (oder das Rechtsmittel) zuzurechnen ist (vgl. mwN).

Der Nichtfeststellungsbescheid vom hat alle 124 Adressaten im Bescheidspruch bezeichnet und wurde jedem einzelnen Adressaten individuell zugestellt. Infolge Vorliegens dieser beiden kumulativen Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass der Grundlagenbescheid die Gesamtheit der Rechtssubjekte - und damit auch den Bf. - erreicht hat, denen gegenüber das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften ausgesprochen wird. Der Bescheid über die Nichtfeststellung für das Jahr 2008 vom ist daher dem Bf. gegenüber wirksam geworden.

Das Bundesfinanzgericht hat das Beschwerdeverfahren der ***GmbH & atyp stille Gesell*** (RV/7100162/2014) mit Verständigung vom eingestellt, da mangels vollständiger Berufungs- bzw. Beschwerdevorlage eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht nicht in Betracht kommt. Das Bundesfinanzgericht ist demnach auch im Beschwerdeverfahren betreffend die Feststellungsbescheide von rechtswirksam ergangenen Erledigungen ausgegangen. Andernfalls wäre in Form einer Zurückweisung mit Beschluss entschieden worden.

Da sich die Beschwerde des Bf. ausschließlich auf die Nichtigkeit des Grundlagenbescheides bezieht und kein weiteres Vorbringen betreffend den angefochtenen Sachbescheid enthält, ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Sollte es im (fortgesetzten) Beschwerdeverfahren der ***GmbH & atyp stille Gesell*** zu einer Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheides für das Jahr 2008 kommen, hätte eine Änderung des abgeleiteten Einkommensteuerbescheides 2008 gemäß § 295 BAO zwingend zu erfolgen (vgl. ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich einerseits aus den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 252 und 295 BAO), andererseits wurde der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Insgesamt liegt damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102920.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAC-33519