Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2023, RV/5100903/2018

Forschungsprämie; Beweiswürdigung bei Privatgutachten und FFG-Gutachten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, die Richterin ***1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (jetzt Finanzamt für Großbetriebe) vom betreffend Forschungsprämie für das Jahr 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Antrag
Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei (kurz: bP) für das Jahr 2015 Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung gemäß § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 iHv 293.672,50 Euro. Am hatte die bP ein entsprechendes Jahresgutachten bei der Forschungsförderungsgesellschaft (in der Folge kurz FFG) angefordert.

2. Feststellungsbescheid
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Forschungsprämie für das Jahr 2015 mit 0,- Euro fest.
Begründend wurde ausgeführt, dass laut Jahresgutachten der FFG vom zur Referenznummer ***3*** die inhaltlichen Voraussetzungen des § 108c Abs 2 Z 1 EStG 1988 zur Geltendmachung einer Forschungsprämie nicht vorliegen würden. Bei den Projekten 1 bis 3 handle es sich um Routineanpassungen im Lebensmittelengineering bzw. um die routinemäßige Auswahl von Standardkomponenten zur Installierung eines Produktionsverfahrens. An der Weiterentwicklung des aktuellen Stands der Technik sei nicht gearbeitet worden.
Die belangte Behörde schloss sich den Ausführungen der FFG an.

3. Beschwerde
Mit Eingabe vom erhob die bP nach Fristerstreckung Beschwerde gegen die Festsetzung der Forschungsprämie und beantragte die sofortige Vorlage der Beschwerde beim Bundesfinanzgericht, die Entscheidung durch den gesamten Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt:

"1. Verfahrensablauf/Sachverhalt
Mit Bescheid vom wurde die Forschungsprämie 2015 mit EUR 0,00 festgesetzt.
Wir haben uns entschlossen, die negative Bewertung des Projektes 2 "Forschungsschwerpunkt Trockenmischungen und Würze-Produkte" nicht zu beeinspruchen.
Die Bemessungsgrundlage teilt sich wie folgt auf die Projekte auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Prämie
BMGL Projekt 1 Suppen
458.274,00 EUR
BMGL Projekt 3 Verfahrensentwicklung Trockensuppen
2.308.985,00 EUR
BMGL neu daher
2.767.259,00 EUR
Forschungsprämie 2015 NEU
276.725,90 EUR

2. Rechtliche Würdigung
Gemäß § 93 Abs.3 lit a BAO haben Bescheide u. a. eine Begründung zu enthalten. Der angefochtene Bescheid enthalt zwar eine Begründung, diese lässt aber darauf schließen, dass das Finanzamt der Beurteilung der FFG folgt. Gerade aus der Begründung der FFG ist aber unserer Ansicht nach ersichtlich, dass der Sachverhalt von der FFG und dem Finanzamt nicht richtig angenommen wurde bzw. dass für die Projekte Nr 1 und Nr 3. eine falsche rechtliche Beurteilung erfolgte.

Außerdem muss grundsätzlich vorgebracht werden, dass FFG-Jahresgutachten keine Gutachten sind, die gesetzlichen Anforderungen von Gutachten durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige entsprechen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum in anderen steuerrechtlichen Materien (z.B. Grundwertgutachten für Zwecke der Grunderwerbsteuer) die höchsten Anforderungen an Sachverständigen-Gutachten gestellt werden, die vom Steuerpflichtigen vorgelegt werden müssen, und hier nur kurze nicht aussagekräftige Begründungen durch die FFG ausreichen, bei denen der beurteilende Techniker nicht einmal mit seinem Namen bekannt gegeben wird bzw. Kontakt mit diesem aufgenommen werden kann.

Der Beschwerde beigelegt war ein Gutachten, erstellt am vom allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Lebensmitteltechnologie, Fleisch und Fleischwaren, Ernährungsforschung sowie Lebensmittelhygiene ***Privatgutachter1*** zu den Projekten 1 und 3.

Im Sinne der maßgeblichen Kriterien des "Frascati Manual" und der damit in Zusammenhang ergangenen Judikatur des VwGH beurteilte der Sachverständige das Projekt 1 "Suppen und Suppeneinlagen" und das Projekt 3 "Produktion und Verpackung von Trockensuppen" anhand folgender Fragestellungen:

Zum Projekt 1 "Suppen und Suppeneinlagen" führte der Sachverständige im Wesentlichen Folgendes aus:

Teilprojekt 1.1. Suppen in Premiumqualität "Super Soup"

In diesem Teilprojekt wurde versucht, bisher im Sektor nicht genutzt Rohstoffe aufzuspüren und damit neue Rezeptansätze aufzubauen.
Nach Screening der Möglichkeiten wurden entsprechende Rohstoffstrategien in kleintechnischen Versuchen getestet und in entsprechenden Lagerversuchsreihen auf Ihre Haltbarkeitseignung untersucht. So können auch Art und Ausmaß der notwendigen Produktionsadaptierung ermittelt und die Anforderungen an entsprechende Verpackungskonzepte definiert werden.
Im Ergebnis hat sich das Vorhaben als sehr schwierig gezeigt, die Realisierung wurde auf- geschoben.

1. Unsicherheit/Fragestellung:
IsteineFragestellungerkennbarbzw.eineWissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne folgende Fragestellung:
Istesmöglich,TrockensuppenunterVerwendungbishernichtsektorüblicherZutatenmitausreichenderStabilitätzuerzeugen,dieeinesensorischüberragendeQualitätsanmutungvermitteln,ohneaufüblicherweiseverwendeteZusatzstoffebzw.synthetischeAromenzurückzugreifenunddennochdieetabliertenAnforderungenanQualitätundHaltbarkeitbeidieserProduktgruppesicherstellen?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit.

2. SchöpferischeTätigkeit:IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw.gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich. Da neue Rohstoffe aufzuspüren sind und in einer Vielzahl an Rezeptkombinationen empirisch zu testen und in der Stabilität zu beurteilen sind, ist dies auch keinesfalls als Produktionsroutine anzusehen.

3. Neuheit:IsteineLösungzuerwartenbzw.verwirklicht,dieobjektiveinausbetrieblicherSichtneuesKonzeptdarstellt,mitdemderStanddesbetrieblichenWissensüberdenbekanntenStandderTechnikvermehrtwird?

Da ein derartiges Fertigungskonzept weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt ist, wird durch die Tätigkeit in diesem Projekt betriebliches Wissen iSd Fragestellung vermehrt.

4. Systematisch:Wurdedazueinbewusster,planmäßigablaufenderProzessbedient?
Aus den Antragsunterlagen ergibt sich ein systematisches Vorgehen, das den branchenüblichen Standards bei innerbetrieblicher experimenteller Entwicklung entspricht.

5. Übertragbarkeit und/oder Reproduzierbarkeit:SinddieErgebnissenachvollziehbar?
GibtesHinweise,dieanderReproduzierbarkeitderErgebnissezweifelnlassen? Aus den ersichtlichen Ergebnissen ergeben sich keine Hinweise, die an der Nachvollziehbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit zweifeln lassen.

Teilprojekte 1.2 "Ethnic soup"- türkische Suppen und 1.3. Halal Suppen für arabischen Raum

Für den wachsenden Markt bei Konsumenten mit Migrationshintergrund wurde ein Trockensuppensegment mit mediterraner Kostform eröffnet. Suppen in traditioneller türkischer Qualität und Halal-Eignung gibt es im EU-Raum bisher nicht.
Es geht dabei um Verzicht von aus Schwein gewonnenen Rohstoffen, die Vermeidung von Alkohol in jeder Hinsicht (auch als Desinfektionsmittel oder Trägerstoff) sowie die unbedingte Verhinderung von Kreuzkontakten zu Haram-Materialien.

Nach Screening der Möglichkeiten wurden entsprechende Rohstoffstrategien in kleintechnischen Versuchen getestet und in entsprechenden Lagerversuchsreihen auf Ihre Haltbarkeitseignung untersucht. So können auch Art und Ausmaß der notwendigen Produktionsadaptierung ermittelt und die Anforderungen an entsprechende Verpackungskonzepte definiert werden.
Im Ergebnis gelang es, die Entwicklung bis zur Marktreife zu führen und im Folgejahr (2016) vier Produkte am Markt zu platzieren.

Das Teilprojekt 1.3. unterscheidet sich vom Teilprojekt 1.2. darin, dass der arabische Raum andere Bedingungen an die Beschaffenheit, den Geschmack und die Halal-Kriterien stellt. Auch ist wegen der höheren Durchschnittstemperaturen im Zielgebiet ein entsprechend adaptiertes Produkthaltbarkeitskonzept notwendig.

1. Unsicherheit/Fragestellung:
IsteineFragestellungerkennbarbzw.eineWissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne folgende Fragestellung:
IstesentgegenderhistorischenWurzelnmöglich,Trockensuppenals"ethnicfood"unterVerwendungbishernichtsektorüblicher"Halal"-Zutatensozuerzeugen,dassdasspezielldavonangesprocheneZielgruppensegmentdiesealsakzeptabelvergleichbarmitdertraditionellenkulinarischenErscheinungwahrnimmt?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit.

2. SchöpferischeTätigkeit:
IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw.gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich. Halal- Rohstoffe können infolge der schwierigen ethnischen Anforderungen eigene Eigenschaften entwickeln, die in einer entsprechenden Vielzahl an Rezeptkombinationen empirisch zu testen und in der Stabilität zu beurteilen sind. Dies ist keinesfalls als Produktionsroutine anzusehen.

3. Neuheit:IsteineLösungzuerwartenbzw.verwirklicht,dieobjektiveinausbetrieblicherSichtneuesKonzeptdarstellt,mitdemderStanddesbetrieblichenWissens über denbekanntenStandderTechnikvermehrtwird?

Da ein Gesamtprozess zur Herstellung von Halal-Trockensuppen weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt ist, wird durch die Tätigkeit in diesem Projekt betriebliches Wissen iSd Fragestellung vermehrt.

4. Systematisch:Wurdedazueinbewusster,planmäßigablaufenderProzessbedient? Aus den Antragsunterlagen ergibt sich ein systematisches Vorgehen, das den branchenüblichen Standards bei innerbetrieblicher experimenteller Entwicklung entspricht.

5. Übertragbarkeit und/oder Reproduzierbarkeit:
SinddieErgebnissenachvollziehbar?GibtesHinweise,dieanderReproduzierbarkeitderErgebnissezweifelnlassen?
Aus den ersichtlichen Ergebnissen ergeben sich keine Hinweise, die an der Nachvollziehbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit zweifeln lassen.

Teilprojekt 1.4. Hefe-freie Suppen

Die verkehrsübliche Beschaffenheit von Trockensuppen ist neben den verwendeten Zusatzstoffen und Aromen insbesondere stark geprägt durch die verwendeten Eiweißhydrolysate und -extrakte. Hier nimmt Hefeextrakt und -autolysat als "nicht-tierisches"-Erzeugnis eine zentrale Stellung im gesamten Sektor ein. Allerdings ist Hefe ohne wissenschaftlich ersichtlichen Grund stark "ins Gerede gekommen" - der Markt verlangt nach Produkten ohne Hefe.
Der Projektbeschreibung lasst sich entnehmen, dass in diesem Teilprojekt nach Alternativen zu charakteristischen Zutaten aus Hefe geforscht werden soll, mit denen das übliche und erwartete Erscheinungsbild der Produkte jedoch nicht maßgeblich verändert wird. Dabei wurde in diesem Teilprojekt versucht, entsprechende Rohstoffe aufzuspüren und damit alternative Rezepturanansätze aufzubauen.

Nach Screening der Möglichkeiten wurden entsprechende Rohstoffstrategien in kleintechnischen Versuchen getestet und in entsprechenden Lagerversuchsreihen auf Ihre Haltbarkeitseignung untersucht. Die Eignung der Lösungen wurde mittels Unterschiedsprüfung zu den bestehenden Produkten bewertet. Im Ergebnis hat sich das Vorhaben als sehr schwierig gezeigt, die Forschungsarbeiten reichen über das Jahr 2015 hinaus.

1. Unsicherheit/Fragestellung:
IsteineFragestellungerkennbarbzw.eineWissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne folgende Fragestellung: Istesmöglich,TrockensuppenunterVerwendungbishernichtüblicherZutatenmitausreichenderStabilitätzuerzeugen,dieeinevergleichbareQualitätsanmutungvermitteln,ohneaufüblicherweiseverwendeteHefeerzeugnissebzw.synthetischeAromenzurückzugreifenunddennochdieetabliertenAnforderungenbeidieserProduktgruppesicherstellen?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit.

2. SchöpferischeTätigkeit:IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw.gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich. Da neue Rohstoffe aufzuspüren sind und in einer Vielzahl an Rezeptkombinationen empirisch zu testen und in der Stabilität zu beurteilen sind, ist dies auch keinesfalls als Produktionsroutine anzusehen.

3. Neuheit:IsteineLösungzuerwartenbzw.verwirklicht,dieobjektiveinausbetrieblicherSichtneuesKonzeptdarstellt,mitdemderStanddesbetrieblichenWissensüberdenbekanntenStandderTechnikvermehrtwird?

Da ein derartiges Fertigungskonzept weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt ist, wird durch die Tätigkeit in diesem Projekt betriebliches Wissen iSd Fragestellung vermehrt.

Teilprojekt 1.5. Suppeneinlagen (Nockerl)

Die traditionellen automatisierten Verfahren bei der Produktion von Suppeneinlagen zeigen infolge noch immer unbekannter Einflussfaktoren regelmäßig eine deutliche Prozessstreuung und damit relativ hohe Ausschussraten. Diese sind nun in den Betrachtungsmittelpunkt gerückt. Im Lichte der Diskussion "Food-Waste" ist es ein europaweites Anliegen, nach den Möglichkeiten zur Reduktion von Lebensmittelverlusten zu forschen und diese zu reduzieren.

Im Falle der Trockensuppeneinlagen bedarf es dazu, mit Anwendungstests im Großversuch die für die Verringerung von Lebensmittelabfall bestimmenden Parameter festzumachen und diese infolge zu steuern. Dazu muss durch gesteuerte Varianz von Rohstoff- und Prozessfaktoren ein Abhängigkeitsmuster erkannt, in Steuerparameter aufgelöst und in die Prozessführung eingehen. Im Ergebnis hat sich im Jahr 2015 gezeigt, dass vermutlich die innere Beschaffenheit des Hauptrohstoff Grieß, insbesondere die Beschaffenheit und Verteilung bzw. der Gehalt der unterschiedlichen im Grieß enthaltenen Eiweiß-Fraktionen ein wesentlicher Varianzfaktor sein könnte.

1. Unsicherheit/Fragestellung:
IsteineFragestellungerkennbarbzw.eineWissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne folgende Fragestellung:
WelcheinnerenundäußerenEinflussfaktorenbestimmendenAusschussgradbeiderErzeugungvonTrockensuppeneinlagenundmitwelchenSteuerparameternkannderAusschussunddamitderLebensmittelabfall(FoodWaste)minimiertwerden?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit.

Diese ist auch hinsichtlich der technologischen Umsetzbarkeit lösungsoffen, wenngleich in den Einreichunterlagen bereits Detailaspekte der Lösung in die Fragestellung mit aufgenommen wurden.

2. SchöpferischeTätigkeit:
IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw.gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich. Da eine Vielzahl an Rezeptänderungen empirisch zu testen und eine Vielzahl an Parametern herauszufinden sind, ist dies auch keinesfalls als Produktionsroutine anzusehen."

Zum Projekt 3 "Produktion und Verpackung von Trockensuppen" führte der Sachverständige im Wesentlichen Folgendes aus:

1. Unsicherheit/Fragesteilung:IsteineFragestellungerkennbarbzw. eine Wissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne hier folgende Fragestellung:
a) Istesmöglich,TrockenproduktemitHochgeschwindigkeitderartinBeutelabzufüllenundauszubringen,dassderInhaltgleichmäßigimBeutelvolumenverteiltistundeszukeinergeometrischenUnordnungaufder weiterenFörderstreckekommt,umdienachfolgendenProzessschrittewieDetektion,KontrolleundKartonverpackungkeinenStörfaktorenauszusetzen?
b) Ist
esmöglich,HühnerfettinderTrockensuppenproduktionentgegenderüblichenVorgangsweisenichtvolumetrischzudosierenundviskositätsunabhängigsoindenPulvermischereinzubringen,dassdieempfindlicheStrukturdesHühnerfettesnichtnachteiligbeeinflusstwird?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit. Diese ist auch hinsichtlich der technologischen Umsetzbarkeit lösungsoffen.

2. SchöpferischeTätigkeit:IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw. gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich.

3. Neuheit:IsteineLösungzuerwartenbzw.verwirklicht,dieobjektiveinausbetrieblicherSichtneuesKonzeptdarstellt,mitdemderStanddesbetrieblichenWissensüberdenbekanntenStandderTechnikvermehrtwird?

Da ein derartiges Verfahren weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt ist, wird durch die Tätigkeit in diesem Projekt betriebliches Wissen iSd Fragestellung vermehrt.

4. Systematisch: Wurdedazueinbewusster,planmäßigablaufenderProzessbedient?
Aus den Antragsunterlagen ergibt sich ein systematisches Vorgehen, das den branchenüblichen Standards bei innerbetrieblicher experimenteller Entwicklung entspricht.

5. Übertragbarkeit und/oder Reproduzierbarkeit:SinddieErgebnissenachvollziehbar?GibtesHinweise,dieanderReproduzierbarkeitderErgebnissezweifelnlassen?

Aus den Antragsunterlagen ergeben sich keine Hinweise, die an der Nachvollziehbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit zweifeln lassen."

4. Vorlage
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.
Das mit der Beschwerde vorgelegte Gutachten übermittelte das Finanzamt der FFG zur neuerlichen Stellungnahme.

5. Stellungnahme FFG vom
Am wurde die FFG vom Finanzamt um neuerliche Beurteilung der Projekte 1 und 3 ersucht.
Die FFG gab -nach Beantwortung einer Rückfrage durch die bP am eine Stellungnahme zum Gutachten der bP ab.
Darin wurde zusammenfassend festgestellt, dass es sich bei den im Rahmen des Projektes 3 durchgeführten Tätigkeiten, wie bereits in der Stellungnahme für das Wirtschaftsjahr 2014 vom festgestellt, auch im Wirtschaftsjahr 2015 um industrielles Engineering handle, da das Ziel des Schwerpunktes / Projektes keine wissenschaftliche und/oder technologische Unsicherheit adressiere, zu deren Lösung F&E-Aktivitäten durchgeführt worden seien.

Die Entwicklung eines neuen Verfahrens bzw. wesentlich verbesserten Verfahrens sei gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen, wenn F&E-Aktivitäten zur Entwicklung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen sei jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der dargestellten Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten lösbar seien. Der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens ("Neuheit") werde daher nicht erweitert. Der Schwerpunkt/das Projekt erfülle daher nicht die inhaltlichen Voraussetzungen der Forschungsprämienverordnung iVm § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sowie in Ergänzung des Frascati Manuals zur Geltendmachung einer Forschungsprämie.

Die beschriebenen Anforderungen (z.B. Automatische Zudosierung von Hühnerfett; Dosierung v. stückigen bzw. Pulverkomponenten) zur Steigerung der Produktionsleistung konnten durch den Einsatz von üblichen Engineering-Methoden bzw. Vorgehensweisen (Adaptierung einzelner Verfahrensparameter, Änderungen im Anlagendesign) bewerkstelligt werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten sei nicht erforderlich gewesen.

Im gegenständlichen Projekt sei das Verfahren (hier das Verfahren des Mischens und Verpackens zur Trockensuppenproduktion) im Wesentlichen festgelegt und es sollte durch die durchgeführten Arbeiten das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten sei dazu nicht erforderlich gewesen.

Vom externen Gutachter (von der bP beauftragt) wurde angegeben, dass ein "derartiges Verfahren weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt war".
Nach Beurteilung der FFG hätten die nachgereichten Unterlagen allerdings bestätigt, dass es sich bei den im Zuge dieses Projektes durchgeführten Tätigkeiten um Engineering-Tätigkeiten (z.B. Erarbeitung v. Verbesserungsvorschlägen, Komponentenauswahl, Installation, Tests) handle, um Routineanpassungen durchzuführen. So würden z.B. bereits vorhandene Standard- Komponenten (Bsp. Zahnradpumpe, Membranpumpe, etc.) nach Routinetests ausgewählt und zu einem Verfahren kombiniert, mit dem unter anderem ein Einzelproblem wie die "Förderung von Hühnerfett" gelöst wurde. Projekte mit Routinecharakter, bei denen etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung herangezogen werden, seien laut Forschungsprämienverordnung und in Ergänzung Frascati Manual nicht der F&E zuzuordnen.

Die gegenständliche Anlage wird vom Unternehmen als "Pilotanlage" bezeichnet. Die FFG stellte fest, dass es sich bei der Anlage nicht um eine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung handle, da diese nicht hauptsächlich und nachhaltig der F&E diene. Weiters handle es sich bei der gegenständlichen Anlage selbst auch um keinen "Prototypen" im Sinne der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals, sondern bereits um das Endprodukt (Produktionsanlage).

Bei den im Rahmen des Projektes 1 durchgeführten Tätigkeiten handelt es sich um folgende 5 Teilprojekte:

1. Suppen in Premiumqualität "Super Soup"

2. Rezeptentwicklung für ethnische Suppen

3. Halal Suppen

4. Rezeptentwicklung für hefe-freie Produkte

5. Suppeneinlagen (Nockerl)

Im Wesentlichen vertritt die FFG zum Projekt 1 die Auffassung, dass in den einzelnen Teilprojekten keine technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten adressiert werden und der Stand des Wissens nicht erweitert werde.
Es handle sich bei den beschriebenen Tätigkeiten um in der Lebensmittelbranche etablierte Routinetätigkeiten, die üblicherweise bei der Herstellung veränderter Rezepturen zum Einsatz kommen (Bemusterung und Auswahl von Rohstoffen, methodische Bewertung der Rohstoffprüfung, Analyse des Proteingehalts im Getreide, Erstellung von Rezepturvarianten, Produktionsversuche, Überprüfung der Testergebnisse).
Diese entsprächen einer Standardvorgehensweise in der Lebensmittelindustrie. Projekte mit Routinecharakter, bei denen etablierte Methoden zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung kommen, sind nicht der F&E zuzuordnen. Der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik werde nicht erweitert.

6. Stellungnahme der bP vom
Die bP nahm mit Schreiben vom Stellung zur Stellungnahme der FFG vom und führte im Wesentlichen Folgendes aus:

a. Die Ungleichbehandlung von Sachverständigengutachten (Anm.: im Auftrag der bP) und Bewertungen durch die FFG ist nicht nachvollziehbar. Das von der bP vorgelegte Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sei als Beweismittel höherwertig als das Gutachten eines anonymen Mitarbeiters der FFG.

b. Im Jahr 2014 wurden Entwicklungserfolge beim Projekt Suppen erzielt, einige Teilprojekte konnten aber noch nicht begonnen werden. Entsprechende F&E Aktivitäten wurden im Jahr 2015 fortgesetzt bzw. begonnen. Die durchgeführten Tätigkeiten wurden im Jahr 2014 von der FFG als förderungswürdig beurteilt, im darauffolgenden Jahr allerdings nicht mehr.
2015 wurde unter großem Aufwand der Teilbereich "Halalsuppe" vorangetrieben. Zu diesem Zeitpunkt gab es kein derartiges Produkt am europäischen Markt. Einer der größten Marktteilnehmer (***4***) hatte Kontakt aufgenommen und Verhandlungen in Aussicht gestellt das Unternehmen als potentiellen Produzenten zu gewinnen.
Die Entwicklung dieses Produktes stellte für das Unternehmen eine große Herausforderung dar. Um den regionalen organoleptischen Kriterien zu entsprechen, musste das bisherige Konzept (begründet von Justus Liebig) gänzlich überarbeitet werden. Es wurden zahlreiche Workshops mit Experten durchgeführt mit dem Ziel eine neue Methodik unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede inklusive sensorischer Profilierung zur Herstellung des Produkts zu entwickeln.
Außerdem wurde die Weiterentwicklung der Produktion von Suppeneinlagen betrieben in Hinblick auf schonenden Umgang mit den Ressourcen. Es wurde untersucht, ob der Proteinanteil im Gries einerseits abhängig vom Rohstoff bestimmten Fluktuationen unterliegt und andererseits, ob dieser einen direkten Einfluss auf die Konsistenz des gefertigten Produktes ausübt.

c. Bis zum Jahr 2014 wurden im Unternehmen Trockenfertigprodukte mit einer Anlage bestehend aus den zwei Haupteinheiten Mischerei und Packerei hergestellt. Die Mischerei beinhaltet drei (Vormischung, Mühle und Hauptmischung) und die Packerei acht Prozessschritte (z.B. Beutel Übergabe, Öffnung, Befüllung, Luftentfernung, Versiegelung, Auswurf).
Im Bereich der Mischerei verursachte die unkontrollierte Einbringung flüssiger Zutaten (erhitztes Fett) über eine Rohrleitung je nach Temperatur des Mediums, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchte ein unerwünschte Ausbildung von Trockenzonen und Klumpen. Daher war immer eine zweite Prozessstufe notwendig, um den erforderlichen Homogenisierungsgrad für die weitere Prozesskette herzustellen. Das zeigte sich insbesondere bei der Hühnerfetteinbringung, wo neben der Ausbildung von Totzonen auch Schaum massive Probleme verursachte. Hühnerfett ist ein sehr instabiler und empfindlicher Rohstoff, der durch Kontakt mit Luftsauerstoff stark zu off-flavour (unerwünschte negative Aromaausbildung) neigt. Die Fluktuationen im Bereich der Viskosität und des Schmelzpunktes stellten den Prozess immer wieder vor große technische Probleme.

Im Bereich der Packerei wurden zahlreiche Probleme und Nachteile identifiziert:
- Beutel nicht geöffnet, Produkt fällt auf Oberfläche des Maschinentisches
- Formatumstellungen nur manuell unter großem Zeitaufwand möglich
- Schubstangen, Wellen und Lager liegen oberhalb der geöffneten Beutel: Gefahr der Verunreinigung des Lebensmittels
- Funktionen von Ink-Jet Geräten zur Codierung der Beutel teilweise außer Betrieb gesetzt
- Sicherheitsfunktionen, die durch Initiatoren überwacht werden, sind mit zunehmender Staubbildung außer Kraft gesetzt.

Da es nicht möglich war durch Umrüsten einzelner Anlagenbauteile die genannten technischen Probleme (Stand der Technik) zu lösen, beschloss das Unternehmen im Jahr 2013 das Verfahrenskonzept zu überarbeiten, auf Basis seiner langjährigen Expertise in diesem Bereich neu zu denken und einen gänzlich neuen verfahrenstechnischen Ansatz im Rahmen von eingeleiteten F&E Aktivitäten im Jahr 2014 und 2015 zu entwickeln.
In Zusammenarbeit mit einem Maschinenbauunternehmen wurden auf Basis der durchgeführten Entwicklungsarbeiten und technischen Entwürfen Prototypen bei der Mischerei und der Packerei entwickelt und ein Jahr testweise betrieben um entsprechende Erfahrungen zu sammeln.
Die Verfahrensentwicklung wurde alleinig von den Technikern des Unternehmens durchgeführt. Die Umsetzung erfolgte durch das Maschinenbauunternehmen.
Bei der Mischerei wurden mittels Prototyp zahlreiche systematische Tests mit unterschiedlichen Versuchsanordnungen zur methodischen Überprüfung von Testmischungen auf Durchmischung und Homogenität durchgeführt.
Basierend auf diesen Testergebnissen wurde der Prototyp weiterentwickelt, in dem der Mischer erstmals horizontal aufgebaut wurde. Auf einer Hauptwelle sind Pflugscharen angeordnet, die durch Rotation einen Mischprozess auslösen. Die wesentlichen Einheiten, Düsen, Messer und Antriebsaggregate wurden so positioniert, dass über die gesamte Länge der Mischeinheit ein höchstmöglicher Homogenitätsgrad gewährleistet werden kann. Um unerwünschte Ausbildungen von Totzonen respektive Klumpenbildung zu verhindern wird das Hühnerfett erstmals auf das von der Masse umgebene schnell rotierende Messer eingedüst und somit eine Fein-Dispersion des Produkts erzielt.
Letztlich konnte ein neuartiges Mischverfahren entwickelt werden und der gesamte Mischprozess durch homogene Fetteinbringung unter Druck mittels Düsen wesentliche verbessert werden. Dies stellte zum damaligen Zeitpunkt eine nachweisliche Neuheit sowie eine klare Erweiterung des Stands der Technik dar.
Im Bereich der Packerei wurde ebenfalls ein neues Konzept entwickelt. Die Kernentwicklungen umfassten u.a. folgende Punkte:
- offene Bauweise
- lineare Anordnung der Aggregate
- Rückführbarkeit von Überschussmengen in den Verpackungsprozess
- vollautomatische Verwiegung
- Dosierung mit zentraler softwaregestützter Steuerung des gesamten Verpackungsprozesses.

Im Übrigen verwies die bP auf das Antwortschreiben des Ergänzungsersuchens vom und auf das vorgelegte Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Lebensmitteltechnologie, Fleisch und Fleischwaren, Ernährungsforschung sowie Lebensmittelhygiene ***Privatgutachter1***.

7. Stellungnahme FFG vom
Das Bundesfinanzgericht übermittelte der FFG die Stellungnahme der bP vom , worauf diese am eine weitere Stellungnahme zu den Jahresgutachten 2014 und 2015 (***5*** und ***3***) erstellte.
Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen der gutachterlichen Tätigkeit der FFG wird auf die einzelnen Projekte eingegangen.
Bezüglich des Projektes "Suppen und Suppeneinlagen" wird auf die Stellungnahme vom verwiesen, da von der bP keine neuen Informationen geliefert worden seien.

Bezüglich des Umstandes, dass das Projekt "Suppen und Suppeneinlagen" von der FFG im Jahr 2014 positiv und 2015 negativ beurteilt wurde, werde festgehalten, dass immer die für das jeweilige Jahr dargestellten Aktivitäten zu beurteilen seien. Aus den Beschreibungen für 2015 seien keine F&E-Aktivitäten erkennbar.

Weiters sei festzustellen, dass es im Jahr 2015 bereits diverse Halal-Trockensuppen am Markt gab. Es wurden keine Unterschiede zu bereits am Markt verfügbaren Produkten beschrieben. Selbst wenn sich die erarbeiteten Produkte in gewissen Aspekten von bereits vorhandenen Produkten unterscheiden, bedeute dies nicht zwangsläufig, dass F&E-Aktivitäten zur Produkterarbeitung notwendig waren bzw. durchgeführt wurden.

Weiters seien keine F&E-Aktivitäten in Zusammenhang mit der genannten Überarbeitung des Konzeptes der Suppenherstellung dargestellt. Bezüglich der genannten "Workshops mit Experten" sei festzuhalten, dass diese keine F&E-Aktivitäten im Sinne der Forschungsprämienvorordnung in Ergänzung Frascati-Manual darstellen, da im gegenständlichen Projekt, wie in der Stellungnahme vom erläutert, keine technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten adressiert werden. Auch sei nicht beschrieben, welche Änderungen am methodischen Konzept vorgenommen wurden.

Weiters sei festzustellen, dass es sich bei der genannten "wissenschaftlichen Fragestellung, ob der Proteinanteil im Gries einerseits abhängig vom Rohstoff bestimmten Fluktuationen unterliegt und andererseits ob dieser einen direkten Einfluss auf die Konsistenz des fertigen Produktes ausübt", um eine in der Lebensmittelbranche übliche Fragestellung handelt, zu deren Beantwortung keine F&E-Aktivitäten notwendig bzw. durchgeführt wurden. Es sei bekannt, dass der Proteingehalt in Gries abhängig vom Rohstoff Schwankungen unterliegt und auch, dass der Proteinanteil einen Einfluss auf die Konsistenz von Nockerl hat. Der allgemeine Stand der Technik werde durch die Beantwortung dieser Fragestellung somit nicht erweitert.
Wie in der Stellungnahme vom festgehalten, handle es sich bei den beschriebenen Tätigkeiten (Bemusterung und Auswahl von Rohstoffen, methodische Bewertung der Rohstoffprüfung, Analyse des Proteingehalts im Getreide, Erstellung von Rezepturvarianten, Produktionsversuche, Überprüfung der Testergebnisse) um in der Lebensmittelbranche etablierte Routinetätigkeiten, die üblicherweise bei der Herstellung veränderter Rezepturen zum Einsatz kommen. Diese entsprächen einer Standardvorgehensweise in der Lebensmittelindustrie.

Bezüglich des Projektes "Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung" seien auch die nachgereichten Unterlagen keine F&E-Aktivitäten zu entnehmen, daher bleiben die Begründungen in den bisherigen Stellungnahmen der FFG aufrecht.
Aus den vorliegenden Beschreibungen sei ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar sind. Es handle sich hierbei um übliche, im Zuge der Konzeptionierung bzw. Errichtung einer Produktionsanlage durchzuführende Tätigkeiten, die dem Engineering zuzuordnen sind.
Der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens ("Neuheit") werde daher nicht erweitert.

Die Entwicklung eines Prototyps gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual sei nur dann als Forschung und experimentelle Entwicklung zu sehen, wenn die allgemeinen Kriterien für Forschung und experimentelle Entwicklung erfüllt sind.
Dies sei im gegenständlichen Projekt jedoch nicht der Fall.

Bezüglich der in der Stellungnahme des Unternehmens vom in Zusammenhang mit der "Packerei" angeführten Argumenten, welche ebenfalls keine neuen inhaltlichen Informationen enthalten, sei festzuhalten, dass es sich bei den dargestellten Aktivitäten (z.B. Konzeptentwicklung, technische Entwürfe/Planungen) um übliche, im Zuge der Konzeptionierung bzw. Errichtung einer Produktionsanlage durchzuführende Tätigkeiten und nicht um F&E- Aktivitäten handelt.

Aus den vorliegenden Unterlagen gehe klar hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist. Dies gehe u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Die Anlage diente der Produktion, folglich sei sie kein Prototyp und keine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung.

8. Stellungnahme der bP vom
In Reaktion auf die Stellungnahme der FFG vom übermittelte die bP dem Bundesfinanzgericht die Stellungnahme vom , in der auch ein Antrag auf Nichtveröffentlichung der Entscheidung gemäß § 23 BFGG gestellt wurde, da wesentliche Interessen der BF (Geschäftsgeheimnisse und Entwicklungsergebnisse) einer Veröffentlichung entgegenstehen würden.
a. Die Qualifizierung der FFG-Gutachter sei nicht transparent und es entstehe der Anschein einer "intransparenten Gutachterpolitik". In anderen Verfahren seien Gutachter üblicherweise bekannt und gerichtlich zertifiziert.
Die Stellungnahmen wurden darauf schließen lassen, dass nicht ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen, da der Großteil aus kopierten Textpassagen bestehe und die eigentliche Argumentation für die Ablehnung kurz, pauschal und sich wortident in anderen Projektstellungnahmen wiederhole.

b. Alle von der bP vorgelegten technischen Dokumente würden sich durch einen hohen Detailierungsgrad und präzise, penible Beschreibung der Materie auszeichnen. Auf die Kriterien der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals sei nachvollziehbar eingegangen worden. Facheinschlägige Personen mit entsprechender Branchenkenntnis könnten den Forschungscharakter der Aktivitäten klar nachvollziehen.
Die FFG hingegen wiederhole Ablehnungen mit pauschalen Argumentationsketten ohne detailliert, konkret und nachvollziehbar darauf einzugehen. Zu Behauptungen seien keine Quellen oder Referenzen als Ablehnungsgrund angeführt.
Es liege keine faktenbasierte Einschätzung vor, auf die die bP konkret mit Beweisen eingehen könnte.
Weiters führte die bP zehn zentrale Beispiele für falsche und pauschale Behauptungen in den Stellungnahmen der FFG an und merkte im Wesentlichen Folgendes an:
1. Bei den Trockensuppen handle es sich um Neuentwicklungen bzw. wesentliche Verbesserungen, wie bereits im Gutachten für 2014 bestätigt. 2015 sei eine Fortsetzung dieser Aktivitäten. Der Verzicht auf fundamentale Inhaltstoffe bedinge eine wissenschaftliche Unsicherheit, der mittels systematischer F&E zu begegnen ist.
2. und 3. Die FFG lege nicht dar, welche türkischen Suppen von welchen Herstellern 2014 und 2015 bereits am Markt verfügbar waren und warum sich die Neuentwicklungen nicht von diesen unterscheiden.
4. Die FFG hätte argumentieren müssen, dass die Aktivitäten aus bestimmten Gründen nicht als F&E zu werten wären. Die bP habe in ihren Dokumenten auf die Einhaltung der fünf Kernkriterien für F&E geachtet und diese beschrieben.
5. Bei der Entwicklung der Trockensuppen handle es sich nicht bloß um Routinetätigkeiten, sondern um Tätigkeiten, die darauf abzielen wissenschaftliche Neuheiten auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie zu generieren.
Die FFG begründe nicht, warum es sich im konkreten Einzelfall nicht um F&E-Aktivitäten handeln soll. Es sei nicht nachvollziehbar aufgrund welcher Bestimmungen die Ablehnung der Aktivitäten mit Workshops und Brainstorming erfolgte.
7. Ohne konkrete Argumente werde eine Lösung technischer Unsicherheiten bei der Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung ausgeschlossen.
Die FFG sei nicht darauf eingegangen, weshalb die erstmalige lineare statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps nicht experimentelle Entwicklung sein sollte.
8. Es sei ein Prototyp entwickelt, betrieben und entsprechende systematische Entwicklungsschleifen eingezogen worden. Folglich sei es nicht um das "reibungslose Funktionieren" einer bestehenden Anlage, sondern um die Entwicklung von neuartigen Vorrichtungen für ein neuartiges Verfahren gegangen. Die FFG hat kein bereits vorhandenes Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen angeführt.
9. Eine Kapazitätserweiterung im Sinne von Industrial Engineering wäre das Aufstellen von zusätzlichen Produktionslinien oder die verstärkte Ausführung bestimmter Komponenten der bestehenden Anlage zwecks Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit. Im konkreten Fall sei aber ein grundsätzliches anderes Verfahren (z.B. lineare statt rotierender Bewegungen) entwickelt worden, bei dem zu Beginn überhaupt nicht offensichtlich war, ob das gewünschte Ziel erreicht werden kann. Für das neue Verfahren konnten auch nicht bestehende Anlagenkonzepte genutzt werden, sondern es mussten neuartige Vorrichtungen systematisch unter Berücksichtigung geeigneter Prozessparameter iterativ erforscht und entwickelt werden.
10. Bisherige Mischverfahren zum Erzielen der gewünschten Homogenität beruhen auf einem 3-stufigen Prozess. Ein 1-stufiger Prozess war mangels einer ausreichenden Prozessstabilität nicht möglich. Technisch unsicher sei zu Projektbeginn gewesen, bei welchen Prozessparametern (Temperatur, Düsenpositionierung, Düsengeometrie, Schneidwerkzeug, Partikelgröße, Viskosität, Vermeidung von Totzonen etc.) eine maximale Homogenisierung in einem einzigen Prozessschnitt möglich sein würde.


9. Stellungnahme der FFG vom

Die FFG wurde vom Bundesfinanzgericht um eine ergänzende Stellungnahme zu den von der bP in der Stellungnahme vom vorgebrachten Argumenten ersucht.

Zur von der bP bemängelten verfahrensrechtlichen Situation merkte die FFG im Wesentlichen Folgendes an:
"Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft ist die gesetzlich eingerichtete Förderagentur des Bundes zur Durchführung und Abwicklung von Maßnahmen der unternehmensnahen Forschungs-, Technologie-, Entwicklungs- und Innovationsförderung. Sie wickelt nicht nur Programme ihrer Eigentümer ab (Wirtschaftsministerium und Klimaschutzministerium), sondern auch andere Bundesministerien setzen auf die FFG als Abwicklungspartner, darunter die Bundesministerien für Landesverteidigung, für Finanzen und für Landwirtschaft. Das Wissenschaftsministerium hat die FFG mit der Betreuung der EU-Programme für Forschung, Entwicklung und Innovation beauftragt (FFG als Nationale Kontaktstelle), darüber hinaus betreut die FFG weitere EU-Programme und Initiativen. Aufgrund ihrer Erfahrung und Kompetenz haben auch viele österreichische Bundesländer die FFG mit der Abwicklung von Landesmitteln zur Forschungsförderung beauftragt.

Die FFG verfügt nicht nur über die Kompetenz zur Abwicklung (auch komplexer) Förderprogramme und -initiativen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation, sondern als einzige Institution Österreichs auch über den entsprechenden Pool aus Expert:innen aus diesem Bereich und wurde daher vom Bundesministerium für Finanzen beauftragt, für Wirtschaftsjahre ab 2012 Gutachten für die Inanspruchnahme der Forschungsprämie zu erstellen. Von der FFG wurden seit 2013 über 23.000 Gutachten zur Forschungsprämie erstellt. Die Begutachtung der FFG besteht nicht aus der Bewertung einer einzelnen "anonymen Person", sondern es handelt sich hierbei um einen qualitätsgesicherten Begutachtungsprozess. Liegt ein Antrag vor, so wird dieser intern der/dem fachlich am besten geeigneten Expert:in zugeteilt (akademische Ausbildung, Berufserfahrung, Erfahrung in der FFG) und das Ergebnis der Begutachtung anschließend im Rahmen der Qualitätssicherung im "Mehraugenprinzip" durch weitere Expert:innen überprüft.

Expertise der FFG im Bereich Ernährung und Lebensmittel:
Die FFG bietet sowohl nationale Fördermöglichkeiten für Projekte aus dem Lebensmittelbereich, bietet aber auch Unterstützung bei EU-geförderten und anderen multinationalen Projekten (z.B. EU Rahmen-Programm Horizon Europe Cluster 6 "Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt").

Die FFG hat in den letzten Jahren im Rahmen der direkten Forschungsförderung eine Reihe von Projekten im Bereich Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vertrieb gefördert. Dazu zählen Projekte im Bereich Pflanzenbau (z.B. Saatgut, Pestizidreduktion, Düngemittel, Maschinen, Logistik), Lebensmittelproduktion (z.B. Verfahren, Zubereitung, Haltbarkeit, Lebensmittelrohstoffe), Produktentwicklung (z.B. Milch und Milchprodukte, Kombinationsprodukte, Getreide und Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Fette und Öle, Halbfertig- und Fertigprodukte, "functional food", biologische Lebensmittel), Qualitätskontrolle und Inhaltsstoffe (z.B. Verringerung von Konservierungsmitteln und Zusatzstoffen, Verlängerung der Haltbarkeit, Verringerung der mikrobiologischen Belastung), Lebensmittelverpackungen.
Die FFG hat von 2010 bis 2021 insgesamt 410 Projektbeteiligungen zum Thema "Lebensmittel" (gem. SIC Code) mit insgesamt rund 32 Millionen Euro gefördert. Bereits Ende der 90er-Jahre startete die Vorgängerorganisation der FFG gemeinsam mit dem Fachverband und der Lebensmittelversuchsanstalt die "Lebensmittelinitiative Österreich", innerhalb derer 170 Projekte mit insgesamt 25 Mio. Euro unterstützt wurden. Aktuelle bzw. kürzlich abgeschlossene Projekte aus dem Lebensmittelbereich sind in der FFG-Projektdatenbank (nicht vollständig) zu finden unter: https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=food bzw. unter https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=lebensmittel.
Abseits einer Vielzahl an einzelnen Projekten unterstützt die FFG das Thema Lebensmittel u.a. auch mit strukturellen Maßnahmen wie der Förderung des COMET Kompetenzzentrums "FFoQSI - Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety & Innovation", mit der Förderung der Research Studios Austria "FusariumPrevent", und "NitroFix", dem Innovationslabor "FoodNetLab" und anderen."

Stellungnahme der FFG zu Annex (zur Stellungnahme der bP vom ) "Zentrale Beispiele für falsche Behauptungen und pauschale Ablehnungen in der FFG Stellungnahme vom ":

Kommentar Nr. 1 der bP zu Projekt 1:
"Bei allen fünf Teilforschungsvorhaben handelt es sich teilw. um Neuentwicklungen und teilw. um wesentliche Verbesserungen, wie bereits im positiven FFG-Gutachten aus 2014 prinzipiell bestätigt. 2015 ist eine Fortsetzung der Aktivitäten aus 2014, wobei in einigen Teilbereichen (z.B. Suppeneinlagen mit spezifischen Quell- und Textureigenschaften) erst 2015 ein Durchbruch erzielt werden konnte. Auch für das Forschungsjahr 2015 gilt somit generell, dass die Frascati-Kriterien neuartig, schöpferisch, ungewiss, systematisch und übertragbar erfüllt sind, und dass der Stand des Wissens in mehreren Punkten erweitert wurde."

Stellungnahme der FFG:
Wie in der Stellungnahme der FFG vom festgehalten, sind für die Beurteilung, ob die in einem Schwerpunkt/Projekt in einem Wirtschaftsjahr durchgeführten Aktivitäten die inhaltlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung einer Forschungsprämie erfüllen, immer die für das jeweilige Wirtschaftsjahr dargestellten Aktivitäten zu beurteilen. Der Umstand, dass ein Schwerpunkt/Projekt in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr positiv beurteilt wurde, lässt nicht automatisch darauf schließen, dass auch in einem Folgewirtschaftsjahr die inhaltlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung der Forschungsprämie erfüllt sind. Insbesondere bei Forschungsschwerpunkten, in welchen mehrere Projekte zusammengefasst sind, können somit in einem Wirtschaftsjahr Projekte, welche als F&E eingestuft werden können, enthalten sein, wohingegen in einem anderen Wirtschaftsjahr Projekte enthalten sind, bei denen es sich nicht um F&E handelt. Die Beurteilung erfolgt immer anhand der konkreten im Wirtschaftsjahr durchgeführten Aktivitäten bzw. bearbeiteten Projekte. Des Weiteren ist bei mehrjährigen Schwerpunkten/Projekten insbesondere zu beachten, inwiefern sich die Arbeiten von vorangegangen Wirtschaftsjahren abgrenzen und inwiefern im jeweiligen Wirtschaftsjahr noch technologische und/oder wissenschaftliche Unsicherheiten adressiert werden, deren Klärung bzw. Beseitigung zu einer Erweiterung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik führen.
Im gegenständlichen Fall war es anhand der im Jahresgutachten übermittelten Beschreibungen und nachdem über mehrere Jahre bereits sehr ähnliche Inhalte beschrieben wurden, nicht mehr plausibel, dass es durch die Bearbeitung der jeweils sehr ähnlichen bzw. nur allgemein beschriebenen Aufgabenstellungen noch zu einer wesentlichen Weiterentwicklung des Standes der Technik kommt bzw. die Arbeiten im Wirtschaftsjahr über in der Branche übliche Vorgehensweise zur Herstellung veränderter Rezepturen hinausgehen. Die im Rahmen der Bescheidbeschwerde vom nachgereichten Unterlagen sowie die Rückfrageantwort vom , in welchen laut Unternehmen "ausgewählte Projekte aus dem Jahr 2015" beschrieben wurden, bestätigten, dass es sich bei den im Wirtschaftsjahr durchgeführten Tätigkeiten nicht um F&E im Sinne der
Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual handelt.
Dem Argument des Unternehmens, dass für das "Forschungsjahr 2015" "die Frascati-Kriterien […] erfüllt sind, und dass der Stand des Wissens in mehreren Punkten erweitert wurde" wird von der FFG daher nicht gefolgt.

Bezüglich der Angabe des Unternehmens, dass es sich "bei allen fünf Teilforschungsvorhaben" "teilw. um Neuentwicklungen und teilw. um wesentliche Verbesserungen" handelt, ist Folgendes festzuhalten:

Selbst wenn sich die im Schwerpunkt/Projekt erarbeiteten Produkte von jenen, welche am Markt bereits verfügbar waren, in gewissen Aspekten unterscheiden sollten, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass deren Erarbeitung die inhaltlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung einer Forschungsprämie erfüllt. Die Erarbeitung eines Produktes ist nur dann als forschungsprämienrelevant einzustufen, wenn sie die Kriterien gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual erfüllt.

Bezüglich der Erarbeitung neuer bzw. verbesserter Produkte und Verfahren ist gemäß Frascati Manual zwischen Innovation und Forschung und experimenteller Entwicklung zu unterscheiden.

"R&D and innovation activities and borderline cases
2.46 Innovation is currently defined for measurement purposes in the third edition of the Oslo Manual (OECD/Eurostat, 2005) with a sole focus on the Business enterprise sector (see a definition for this sector in Chapter 3).
In summary, it has to do with putting new or significantly improved products on the market or finding better ways (through new or significantly improved processes and methods) of getting products to the market. R&D may or may not be part of the activity of innovation, but it is one among a number of innovation activities. These activities also include the acquisition of existing knowledge, machinery, equipment and other capital goods, training, marketing, design and software development. These innovation activities may be carried out in-house or procured from third parties." (OECD Frascati-Manual 2015, S. 60)

Gemäß der Definition des Begriffes Innovation geht es bei Innovationen darum, neue oder wesentlich verbesserte Produkte auf den Markt zu bringen oder (durch neue oder deutlich bessere Verfahren und Methoden) bessere Wege zu finden, um Produkte auf den Markt zu bringen.

Forschung und experimentelle Entwicklung kann, muss aber nicht Bestandteil der Innovationsaktivität sein und ist als eine unter vielen Innovationsaktivitäten anzusehen. Dies bedeutet, dass die Erarbeitung eines Produktes/Verfahrens, welches neu ist bzw. eine Innovation darstellt, nicht zwangsläufig gleichzusetzen ist mit Forschung und experimenteller Entwicklung. Somit erfüllt nicht jede Erarbeitung eines neuen Produktes/Verfahrens die inhaltlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung einer Forschungsprämie.

Das Frascati-Manual trifft bezüglich der Entwicklung neuer Produkte/Verfahren folgende Feststellung:

"2.33 The development of new products or processes qualifies as experimental development if it meets the criteria for identifying R&D activity. […] ." (OECD Frascati-Manual 2015, S. 51)

Demnach ist die Entwicklung eines neuen Produktes/Verfahrens nur als Forschung und experimentelle Entwicklung einzustufen, sofern die Kriterien des Frascati-Manuals zur Identifizierung von F&E-Aktivitäten erfüllt sind.

Gemäß Frascati-Manual müssen, um eine Aktivität als F&E-Aktivität einzustufen, die fünf Kernkriterien (novel, creative, uncertain, systematic, transferable and/or reproducible) erfüllt sein.

Das Kriterium "novel" (bzw. neuartig) ist gemäß Frascati-Manual folgendermaßen definiert:

"To be aimed at new findings (novel)
2.14 New knowledge is an expected objective of an R&D project, but it has to be adapted to different contexts. For example, research projects in universities are expected to pursue entirely new advancements in knowledge, and the same can be said for projects designed and managed by research institutes.

2.15 In the Business enterprise sector (Frascati Manual sectors are defined in Chapter 3), the potential novelty of R&D projects has to be assessed by comparison with the existing stock of knowledge in the industry. The R&D activity within the project must result in findings that are new to the business and not already in use in the industry. Excluded from R&D are activities undertaken to copy, imitate or reverse engineer as a means of gaining knowledge, as this knowledge is not novel.

2.16 Novelty could result from a project to reproduce an existing result that finds potential discrepancies. An experimental development project aimed at creating knowledge in support of the development of new concepts and ideas related to the design of new products or processes should be included in R&D. As R&D is the formal creation of knowledge, including knowledge embodied in products and processes, the measurement focus is on the new knowledge, not on the new or significantly improved products or processes resulting from the application of the knowledge. […]" (OECD Frascati-Manual 2015, S. 46)

Gemäß Frascati-Manual ist somit bzgl. des Kriteriums der Neuheit nicht ausschlaggebend, ob ein neues bzw. verbessertes Produkt/Verfahren erarbeitet wird, sondern dass neues Wissen gewonnen bzw. der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik erweitert wird.

In keinem der beschriebenen fünf Teilprojekte wurde, wie auch in den bisherigen Stellungnahmen der FFG angeführt bzw. erläutert, der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik erweitert.

Ein grundlegendes Kriterium für die Abgrenzung von Forschung und experimenteller Entwicklung von anderen, nicht begünstigten Tätigkeiten, ist neben dem Vorhandensein eines nennenswerten Elementes der Neuheit auch das Vorhandensein einer wissenschaftlichen und/oder technologischen Unsicherheit.

Das Kriterium "uncertain" ist gemäß Frascati Manual folgendermaßen definiert:

"The basic criterion for distinguishing R&D from related activities is the presence in R&D of an appreciable element of novelty and the resolution of scientific and/or technological uncertainty, i.e. when the solution to a problem is not readily apparent to someone familiar with the basic stock of common knowledge and techniques for the area concerned." (OECD. Frascati Manual. 2002 S. 34)

Daraus folgt, dass sowohl eine Vermehrung des Standes des Wissens als auch eine neue Anwendung von Wissen immer in Zusammenhang mit dem Vorliegen einer wissenschaftlichen und/oder technologischen Unsicherheit beurteilt werden muss. Liegt keine Unsicherheit vor, gilt es also kein wissenschaftliches und/oder technologisches Problem oder Defizit zu lösen, kann das Ergebnis nicht als F&E im Sinne der oben genannten Bestimmungen bewertet werden.

Wie in den Stellungnahmen der FFG vom bzw. festgehalten, können die in den Teilprojekten beschriebenen Herausforderungen unter Einsatz in der Lebensmittelbranche etablierter, im Zuge von Rezepturerarbeitungen routinemäßig angewandter Methoden bzw. Vorgangsweisen (z. B. Auswahl möglicher Rohstoffe, Bemusterung und Rohstoffprüfung, Rezeptierung, sensorische Vergleichsprüfungen, Evaluierung, Anlage und Auswertung v. Lagertests) gelöst werden und sind daher nicht als technologische und/oder wissenschaftliche Unsicherheiten im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual einzustufen.

Anmerkung Unternehmen - Teil 2:

Einige konkrete Beispiele zur Widerlegung Behauptung der FFG:

"Suppen in Premiumqualität "Super Soup": Eine Änderung von bzw. der Verzicht auf fundamentale lnhaltsstoffe eines industriell hergestellten Lebensmittels bedingt selbstverständlich eine technologisch/wissenschaftliche Unsicherheit, der mittels systematischer F&E zu begegnen ist; diese Tätigkeit sollte keineswegs mit Aktivitäten in einer privaten Küche "für den Hausgebrauch" verwechselt werden; die Notwendigkeit von 5-10 kontrollierten Entwicklungsschleifen in einem Labor sollte keinesfalls als Beweis für eine Routinetätigkeit gewertet werden.

"Rezeptentwicklung für ethnische Suppen": Auch die aus bestimmten Überlegungen heraus notwendig gewordene Substitution von lnhaltsstoffen erfordert - analog zu oben - systematische F&E-Aktivitäten mit unsicherem Ausgang. Die Ergebnisse dieser Experimente sind auf andere lebensmitteltechnologische Fragestellungen übertragbar.

"Halal Suppen": Auch hier ist festzuhalten, dass der (wie immer geartete) Zwang zur Substitution gewisser lnhaltstoffe oder Zubereitungsprozesse F&E-Aktivitäten auslöst, die den Frascati-Kriterien entsprechen. Dies gilt auch dann, wenn damit "bloß" neue Käuferschichten gewonnen werden sollen.

"Rezeptentwicklung für Hefe-freie Produkte": Die Entfernung eines wesentlichen lnhaltsstoffes (wie Hefe) aus einer Rezeptur generiert selbstverständlich eine substantielle techn./wiss. Unsicherheit für einen lebensmitteltechnologischen, großtechnischen Herstellungsprozess, die nicht mittels Routineverfahren gelöst werden kann. Weder handelt es sich dabei um die Lösung eines Einzelproblems, noch stehen dafür in dieser Produktklasse etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Verfügung. Man beachte auch hier, dass die vorliegende Problemstellung (hefefrei, identisches, exakt reproduzierbares Geschmacksprofil, Haltbarkeit) keinesfalls mit der iterativen ad-hoc- Herstellung eines Gerichts in einer Kleinküche vergleichbar ist.

"Suppeneinlagen (Nockerl)": Die hier zu beseitigende wiss./techn. Unsicherheit besteht in der Beobachtung, dass im Herstellverfahren immer wieder Fehlproduktionen auftraten, die auf Qualitätsschwankungen in den verwendeten Rohstoffen zurückgeführt werden konnten, was ein in der Branche bekanntes Problem darstellte. Obwohl bei den nachfolgenden Experimenten zur Erarbeitung einer Lösung teilweise (selbstverständlich) auch Standard-Analyse- und Testverfahren eingesetzt wurden, war zu Beginn unsicher, wie die Lösung aussehen würde. Da somit auch der Lösungsweg selbst unklar war, bestand der Kern dieser Aktivitäten also aus klassischer experimenteller F&E und keineswegs aus Routinetätigkeiten. Man beachte, dass bei der Erforschung einer Neuheit nicht gefordert ist, dass auch die angewandten Methoden selbst neu sein müssen. "Routinetätigkeit" bedeutet ja das völlige Fehlen von Unsicherheit, Forschungsrisiko und Kreativität.

Stellungnahme der FFG:

Den angeführten Argumenten des Unternehmens bzgl. Änderung/Verzicht/Substitution von Inhaltsstoffen (z.B. dass eine Änderung von bzw. der Verzicht auf "fundamentale Inhaltstoffe" "selbstverständliche eine technologisch/wissenschaftliche Unsicherheit" bedingt) wird seitens der FFG nicht gefolgt. Die Änderung/Anpassung von Rohstoffen in Rezepturen entspricht einer in der Lebensmittelbranche üblichen Aufgabenstellungen. In Einzelfällen kann es vorkommen, dass hierbei zwar unter Umständen auch technologische und/oder wissenschaftliche Unsicherheiten zu klären sind (und somit F&E-Aktivitäten notwendig werden), dies ist jedoch für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen bzw. zu beurteilen. Der vom Unternehmen hier getroffenen pauschalen Aussage kann seitens FFG jedenfalls nicht gefolgt werden.
Der Umstand, dass in den gegenständlichen Projekten gewisse Rohstoffe ersetzt werden sollen/müssen hat somit nicht zwangsläufig zur Folge, dass im Zuge des Ersatzes/Austausches technologische und/oder wissenschaftliche Unsicherheiten zu klären bzw. zu beseitigen sind.

Wie in den Stellungnahmen der FFG vom bzw. festgehalten, können die in den Teilprojekten beschriebenen Herausforderungen unter Einsatz in der Lebensmittelbranche etablierter, im Zuge von Rezepturerarbeitungen routinemäßig angewandter Methoden bzw. Vorgangsweisen (z. B. Auswahl möglicher Rohstoffe, Bemusterung und Rohstoffprüfung, Rezeptierung, sensorische Vergleichsprüfungen, Evaluierung, Anlage und Auswertung v. Lagertests) gelöst werden und sind daher nicht als technologische und/oder wissenschaftliche Unsicherheiten im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual einzustufen. Bezüglich der jeweiligen Teilprojekte wird auf die ausführlichen Stellungnahmen der FFG v. bzw. verwiesen.

Des weiteren wird klargestellt, dass zur Beurteilung als Maßstab selbstverständlich die Lebensmittelbranche bzw. Lebensmittelproduktion und nicht "Aktivitäten in einer privaten Küche "für den Hausgebrauch"" bzw. "Kleinküche" herangezogen wurden. Es entspricht einer in der Branche üblichen Vorgangsweise, dass im Zuge von Rezepturerarbeitungen mehrere Iterationen/Anpassungen (lt. Unternehmen "Entwicklungsschleifen") durchgeführt werden um zur finalen Rezeptur zu gelangen. Dies ist sehr oft, auch wenn es durchaus aufwändig sein kann, nicht als F&E-Aktivität einzustufen.

Bezüglich des Argumentes des Unternehmens in Zusammenhang mit der Rezeptentwicklung für ethnische Suppen", dass die Ergebnisse der Experimente auf andere lebensmitteltechnologische Fragestellungen übertragbar sind, ist festzuhalten, dass in keiner der vorliegenden Unterlagen beschrieben bzw. ersichtlich ist, worum es sich bei diesen vom Unternehmen angeführten "übertragbaren Ergebnissen" handelt, bzw. inwiefern durch diese der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens erweitert wurde. Auch auf die von der FFG im Zuge der am Rückfrage gestellten Frage nach der Erweiterung des allgemeinen Standes des Wissens wurde vom Unternehmen lediglich die allgemeine Aussage getroffen, dass es durch die Rezepturentwicklung erstmals gelang, "das komplexe regionale Geschmacksprofil für die Produkte "Halal-Suppen" und "ethnic soup - türkische Suppen" entsprechend dem europäischen Lebensmittelkodex abzubilden. Das Ziel, dem europäischen Lebensmittelkodex zu entsprechen, bedingt für sich gesehen keine Vermehrung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik.

Bezüglich der zum Teilprojekt "Suppeneinlagen (Nockerl)" angeführten Argumente ist folgendes festzuhalten:
Der Umstand, dass Fehlproduktionen aufgrund von Rohstoffschwankungen auftreten entspricht einer in der Lebensmittelproduktion üblichen Problemstellung und ist nicht gleichzusetzen mit einer technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual. Hierzu ist festzuhalten, dass in keiner der vorliegenden Unterlagen dargestellt ist, dass im Zuge der Bearbeitung der Produktionsprobleme aufgrund von Rohstoffschwankungen, forschungs- oder entwicklungsrelevante Fragestellungen bearbeitet wurden, deren Klärung zu einer Erweiterung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik führen. In der Stellungnahme des Unternehmens vom wird angeführt, dass "die wissenschaftliche Fragestellung, ob der Proteinanteil im Gries einerseits abhängig vom Rohstoff bestimmten Fluktuationen unterliegt und andererseits ob dieser einen direkten Einfluss auf die Konsistenz des fertigen Produktes ausübt" als "Arbeitshypothese" herangezogen wurden. Hierbei handelt es sich jedoch um keine Fragestellung, durch deren Beantwortung der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens erweitert wird. Es ist sowohl bekannt, dass der Proteingehalt in Gries abhängig vom Rohstoff Schwankungen unterliegt, als auch, dass der Proteinanteil einen Einfluss auf die Konsistenz von Nockerl hat.

Aus der oben angeführten allgemeinen Aussage des Unternehmens, dass "zu Beginn unsicher" war, wie die Lösung aussehen würde und auch der "Lösungsweg selbst unklar" war, lassen sich ebenfalls keine konkreten, im Zuge des Projektes bearbeiten technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten ableiten. Dem Argument des Unternehmens, dass "der Kern dieser Aktivitäten also aus klassischer experimenteller F&E und keineswegs aus Routinetätigkeiten" bestand, wird somit nicht gefolgt. Wie in der Stellungnahme vom bzw. festhalten, handelt es sich bei den in den zum Projekt vorliegenden Unterlagen beschriebenen Tätigkeiten (Bemusterung und Auswahl von Rohstoffen, methodische Bewertung der Rohstoffprüfung, Analyse des Proteingehalts im Getreide, Erstellung von Rezepturvarianten, Produktionsversuche, Überprüfung der Testergebnisse) um in der Lebensmittelbranche etablierte Routinetätigkeiten, die üblicherweise bei der Herstellung veränderter Rezepturen zum Einsatz kommen. Diese entsprechen einer Standardvorgehensweise in der Lebensmittelindustrie.

Zu Kommentare Nr. 2 und 3 der bP zu Projekt 1:

Zitierter Auszug aus der FFG-Stellungnahme:
"Türkische Suppen sind bereits am europäischen Markt verfügbar. Auch nach expliziter Rückfrage wurden keine Unterschiede zu bereits am Markt verfügbaren Produkten beschrieben. Der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik wurde nicht erweitert." "Halal-Suppen sind bereits am europäischen Markt verfügbar. Auch nach expliziter Rückfrage wurden keine Unterschiede zu bereits am Markt verfügbaren Produkten beschrieben."

Anmerkung Unternehmen:
Die FFG legt leider nicht dar, welche konkreten Produkte von welchen Herstellern 2014 und 2015 bereits am Markt verfügbar waren und warum sich die Neuentwicklungen nicht von den am Markt befindlichen Produkten unterschieden, obwohl deren Eigenschaften in den zugesandten Unterlagen für die FFG erkennbar waren. Zur Klärung eines solchen Sachverhaltes müsste die FFG ähnlich einem Patentamt eine internationale Prüfung mit Bekanntgabe von Fundstellen durchführen. Die Unterschiede bestehen in den bereits dargelegten in diesem Kontext neuartigen lnhaltsstoffen und den dadurch notwendig gewordenen Forschungsaktivitäten zur Prozessfähigkeit.

Stellungnahme der FFG:
Gemäß Forschungsprämienverordnung erfolgt die Beurteilung durch die FFG, inwieweit ein Schwerpunkt/Projekt die Voraussetzungen des
§ 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 erfüllt, unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen und auch gemäß Judikatur des BFG ( RV/7103521/2018) hat die FFG eine Expertise nur im Rahmen ihr übermittelten Unterlagen abzugeben. Insofern darf die FFG auch keine "Vermutungen" (z.B. hinsichtlich der erarbeiten Produkte) anstellen.

Bezüglich der Aussage des Unternehmens, dass die "Eigenschaften in den zugesandten Unterlagen für die FFG erkennbar waren" ist festzuhalten, dass vom Unternehmen bezüglich der Produkteigenschaften in den der FFG vorliegenden Unterlagen lediglich angeführt wird, dass es zu Projektbeginn in Europa für die Produkte "Halal Suppen" und "ethnic soup - türkische Suppen" keine vergleichbaren Produkte, die entsprechend dem europäischen Lebensmittelkodex hergestellt wurden, gab und keine Daten und Kennzahlen zu den Produkten und deren Produktion bei den Mitbewerbern vorlagen. In keiner der vorliegenden bzw. übermittelten Unterlagen sind konkrete Informationen zu den im Rahmen des Projektes vom Unternehmen erarbeiteten Produkten bzw. zu deren konkreten Eigenschaften enthalten. Im gegenständlichen Wirtschaftsjahr waren bereits Halal-Trockensuppen bzw. "türkische Suppen" am Markt verfügbar. Bereits im Jahr 2010 wurden von Maggi bzw. Nestle Halal-Trockensuppen vertrieben.

Es wird an dieser Stelle erneut festgehalten, dass selbst wenn sich die im Schwerpunkt/Projekt erarbeiteten Produkte von jenen, welche am Markt verfügbar waren, unterscheiden sollten, bzw. es sich um "neue" Produkte handeln sollte, dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass deren Erarbeitung die inhaltlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung einer Forschungsprämie erfüllt. Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass wie oben (zu Kommentar Nr. 1) erläutert, bzgl. der Erarbeitung neuer bzw. verbesserter Produkte und Verfahren gemäß Frascati Manual zwischen Innovation und Forschung und experimenteller Entwicklung zu unterscheiden ist (näheres siehe ebenfalls Erläuterung zu Kommentar Nr. 1.).

Wie in den Stellungnahmen der FFG vom bzw. erläutert, erfüllen die gegenständlichen Projekte ("Ethnische Suppen" und "Halal Suppen") nicht die inhaltlichen Voraussetzungen des § 180c Abs. 2 Z 1 EstG 1988 zur Geltendmachung einer Forschungsprämie.
Die oben getätigte Aussage "Die Unterschiede bestehen in den bereits dargelegten in diesem Kontext neuartigen lnhaltsstoffen und den dadurch notwendig gewordenen Forschungsaktivitäten zur Prozessfähigkeit" kann Seitens der FFG nicht nachvollzogen werden. In keiner der, der FFG vorliegenden, Unterlagen ist erläutert, um welche "neuartigen Inhaltsstoffe" es sich handelt bzw. inwiefern diese eine Erweiterung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik darstellen. F&E-Aktivitäten in Zusammenhang mit der "Prozessfähigkeit" sind nicht beschrieben. Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass im Zuge der Erarbeitung/Anpassung von Rezepturen deren Prozessfähigkeit zu berücksichtigen bzw. zu überprüfen ist. Dies sowie etwaige notwendige Anpassungen (sowohl betreffend Rezeptur als auch Produktion) entsprechen branchenüblichen Tätigkeiten bzw. Vorgangsweisen.

Zu Kommentar Nr. 4 der bP zu Projekt 1:

Zitierter Auszug aus der FFG-Stellungnahme:
"Die Stellungnahme des Unternehmens vom enthält keine neuen inhaltlichen Informationen. Dem Argument des Unternehmens, dass die im Wirtschaftsjahr durchgeführten Arbeiten die "5 Kernkriterien nach Frascati" erfüllen wird von der FFG nicht gefolgt."

Anmerkung Unternehmen:
"Die FFG behauptet wieder ohne Beweis im konkreten Fall, dass für die Entwicklung eines Produktes keine F&E-Tätigkeiten erforderlich waren. Wollte die FFG mit Behauptung erfolgreich sein, hätte sie argumentieren müssen, dass die konkreten F&E-Aktivitäten aus bestimmten Gründen (Frascati-Manual mit konkreter Absatznummer) nicht als solche zu werten wären. Die Antragstellerin hat in jeder ihrer Dokumente auf die Einhaltung der fünf Kernkriterien für F&E aus dem Frascati-Manual geachtet und diese beschrieben."

Stellungnahme der FFG:
An dieser Stelle wird auf die konkreten inhaltlichen Begründungen sowohl betreffend des Gesamtschwerpunktes als auch der einzelnen Teilprojekte verwiesen (enthalten in den Stellungnahmen vom bzw. ).

Zu Kommentar Nr. 5 der bP zu Projekt 1:
Zitierter Auszug aus der FFG-Stellungnahme:
"Der Begriff ,Entwicklung eines Produktes' bestätigt nicht, dass im Zuge der Realisierung bzw. Erarbeitung eines Produktes Forschungs- und experimentelle Entwicklungsaktivitäten stattgefunden haben."

Anmerkung Unternehmen:
"Diese generelle Feststellung ist richtig. Wie oben in Pkt.1 dargelegt, handelt es sich bei den beschriebenen Entwicklungen allerdings nicht um bloße Routinetätigkeiten, sondern um Tätigkeiten, die darauf abzielen, im Zuge der Entwicklung von Produkten mit neuartigen Merkmalen auch wissenschaftlich-technologische Neuheiten auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie zu generieren; der Weg dorthin war zu Beginn unklar."

Stellungnahme der FFG:
"Hierzu ist festzuhalten, dass aus keiner der vorliegenden Unterlagen hervorgeht, dass im Rahmen der Realisierung der verschiedenen Produkte ,wissenschaftlich-technologische Neuheiten auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie', die eine Erweiterung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik darstellen, erarbeitet wurden. Wie in den Stellungnahmen angeführt wurden im Zuge der Erarbeitung der Produkte keine technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten adressiert, deren Klärung bzw. Beseitigung zu einer Erweiterung des allgemeinen Standes der Technik bzw. des Wissens führen.
Bezüglich des Verweises des Unternehmens auf ,Pkt. 1' wird auf die entsprechenden Erläuterungen der FFG weiter oben in der Stellungnahme (Zu Kommentar Nr. 1) verwiesen.

Zu Kommentar Nr. 6 der bP zu Projekt 1:

Zitierter Auszug aus der FFG-Stellungnahme:
"…keine F&E-Aktivitäten mit der dargestellten Produkterarbeitung verbunden waren. Auch wenn, wie vom Unternehmen angegeben, die erwähnte Grundmethodik nicht verwendet werden konnte bzw. überarbeitet werden musste, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es sich dabei um F&E- Aktivitäten handelt. Es sind keine F&E-Aktivitäten in Zusammenhang mit der genannten Überarbeitung des Konzeptes dargestellt. Bezüglich der genannten ,Workshops mit Experten' ist festzuhalten, dass diese keine F&E-Aktivitäten im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati Manual darstellen, da im gegenständlichen Projekt, wie in der Stellungnahme vom 19 erläutert, keine technologischen und / oder wissenschaftlichen Unsicherheiten adressiert werden."

Anmerkung Unternehmen:
"Die FFG verneint hier F&E-Aktivitäten, auch wenn das Unternehmen die erwähnte Grundmethodik nicht verwenden konnte. Nicht begründet wird, warum es sich im konkreten Einzelfall nicht um F&E-Aktivitäten handeln soll. Hinsichtlich des ,Workshops mit Experten' verneint die FFG F&E-Aktivitäten mit dem Hinweis auf die Forschungsprämienverordnung in Ergänzung des Frascati-Manuals, wobei in den beiden Dokumenten solche ,Workshops' oder auch ein ,Brainstorming' nicht erwähnt werden. Folglich ist nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Bestimmung(en) die Ablehnung solcher Workshops erfolgte. Im Frascati-Manual, das für den gesamten OECD-Raum das Maß der Dinge zur Abgrenzung von hochwertigem Engineering zu F&E ist, findet sich jedenfalls kein Hinweis, dass ,Brainstorming' kein geeigneter Kreativitätsprozess sei. Die Tatsache, dass Workshops mit Experten notwendig waren, weist darauf hin, dass hier Probleme zu lösen waren, die für Fachkundige nicht offensichtlich waren. Bei der Durchführung von Routinetätigkeiten wären keine Workshops mit Fachkundigen nötig gewesen."

Stellungnahme der FFG:
"Vom Unternehmen wurde zwar allgemein angeführt, dass die erwähnte Grundmethodik nicht verwendet werden konnte und das Konzept gänzlich überarbeitet werden musste, es ist jedoch, wie in der Stellungnahme vom angeführt, nicht beschrieben, welche Änderungen am methodischen Konzept vorgenommen wurden. Hierzu ist, wie auch in der Stellungnahme der FFG vom angeführt, anzumerken, dass nicht alle Fertig-Suppen nach dem genannten ,Geschmacksideal' bzw. dieser Methodik hergestellt werden und es somit bereits alternative Konzepte gibt.
Bezüglich der Anmerkung des Unternehmens, dass weder im Frascati Manual noch in der Forschungsprämienverordnung Workshops bzw. Brainstorming erwähnt werden, und daher nicht nachvollziehbar sei aufgrund welcher Bestimmung(en) die Ablehnung solcher Workshops erfolgte wird festgehalten:
Die FFG hat in der Stellungnahme vom festgehalten, dass die ,Workshops mit Experten' keine F&E-Aktivitäten im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual darstellen, da im gegenständlichen Projekt keine technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten adressiert wurden. Das Vorliegen einer technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit stellt eines der Kernkriterien gemäß Frascati-Manual dar und ist dieses nicht erfüllt, sind die im Zuge eines Projektes durchgeführten Arbeiten nicht als F&E einzustufen. Dass Brainstorming, wie vom Unternehmen ausgedrückt, ein ,Kreativitätsprozess' (Innovationsmethode) ist, wurde von der FFG nie bestritten, jedoch ist der Umstand, dass in einem Projekt Brainstormings bzw. Workshops durchgeführt werden, nicht gleichzusetzen mit auf F&E hinweisenden wissenschaftlichen Methoden bzw. Vorgangsweisen. Wie oben angeführt, ist bei der Erarbeitung von Produkten bzw. Verfahren gemäß Frascati Manual zwischen Innovation und F&E zu unterscheiden. Des Weiteren ist festzuhalten, dass es einer in der Branche üblichen Vorgangsweise entspricht, im Rahmen der Erarbeitung neuer Produkte bzw. von Produkten mit einzelnen Neuheitsaspekten, Workshops bzw. Brainstorming durchzuführen.

Kommentar Nr. 7 der bP zu Projekt 3 (Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung):
"Hier wird unterstellt, dass bei der Neukonzeption eines Produktionsverfahrens keine F&E-Aktivitäten angefallen wären. Erneut wird ohne konkrete Argumente eine Lösung technischer Unsicherheiten ausgeschlossen. Wollte die FFG erfolgreich begründen, so hätte sie konkret argumentieren müssen, warum die vom Unternehmen dargelegten technischen Unsicherheiten 2014 und 2015 keine solchen waren und es sich um damals bekannt lösbare Problemstellungen handelte. Darüber hinaus wurden die Entwicklung und der Betrieb des Prototyps gänzlich außer Acht gelassen. Die FFG verneint die experimentelle Entwicklung pauschal, obwohl tatsächlich systematisch völlig neuartige Vorrichtungen für die Herstellung von Trockensuppen entwickelt wurden. Konkret wurde zum Beispiel nicht darauf eingegangen, warum die erstmalige lineare, statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps der Vorrichtungen nicht experimentelle Entwicklung sein sollte. "

Stellungnahme der FFG zu Kommentar Nr. 7:
In den zum Projekt vorliegenden Unterlagen werden zum einen die diversen Nachteile bzw. Probleme der bestehenden Produktionsanlage sowie Anforderungen an die neue Produktionsanlage angeführt, zum anderen einzelne, im Zuge der Realisierung/Inbetriebnahme der neuen Produktionsanlage für Trockensuppe aufgetretene Probleme bzw. Aufgabenstellungen (Dosierung der Pulverkomponente ohne Schwankungen, Zudosierung von stückigen Komponenten, Neukonstruktion des Auslaufbandes aufgrund veränderter Beutelabfüllung, Erwärmung des Mischguts im Zuge des Mischvorgangs, unerwünschte Schaumbildung des Hühnerfetts, Vermeidung von Klumpenbildung). Die angeführten Herausforderungen konnten jedoch, wie auch in den bisherigen Stellungnahmen der FFG erläutert, durch Änderungen des Maschinendesigns bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten gelöst werden und entsprechen keinen technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten, zu deren Klärung bzw. Beseitigung F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt wurden.
Hierzu ist festzuhalten, dass die Tatsache, dass bei der Produktion mit der bestehenden Produktionsanlage Probleme auftraten bzw. diese diverse Nachteile hat bzw. Anforderungen nicht erfüllt, nicht bedeutet, dass zur Neukonzeptionierung bzw. zur Realisierung einer neuen Anlage zur Produktion von Trockensuppen F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt wurden.
Wie auch in den bisherigen Stellungnahmen der FFG festgehalten, ist die Erarbeitung bzw. Realisierung eines Verfahrens bzw. verbesserten Verfahrens gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen, wenn F&E-Aktivitäten zur Erarbeitung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar waren. Dass beispielsweise zur genaueren Dosierbarkeit der Komponenten auf eine Schneckendosierung umgestellt bzw. zur gleichmäßigeren Produkt-Verteilung im Vorbehälter dieser auf eine zylindrische Form inkl. Rührer geändert wurde, entspricht ebenso wie die Verwendung einer Membranpumpe zur Hühnerfettdosierung um die Nachteile der Einbringung mittels Einspritzdüsen bzw. Zahnradpumpe zu umgehen, technisch naheliegenden Maßnahmen bzw. Lösungsansätzen.
Bezüglich der Angabe des Unternehmens, dass ,eine völlig neuartige Vorrichtung für die Herstellung von Trockensuppen entwickelt' wird, wird darauf hingewiesen, dass bzgl. der der Erarbeitung neuer bzw. verbesserter Produkte bzw. Verfahren gemäß Frascati Manual zwischen Innovation und Forschung und experimenteller Entwicklung zu unterscheiden ist (näheres siehe ebenfalls Erläuterung zu Kommentar Nr. 1.). Demnach ist die Entwicklung eines neuen Produktes/Verfahrens nur als Forschung und experimentelle Entwicklung einzustufen, sofern die Kriterien des Frascati-Manuals zur Identifizierung von F&E-Aktivitäten erfüllt sind.
Gemäß Frascati-Manual müssen, um eine Aktivität als F&E-Aktivität einzustufen, die fünf Kernkriterien (novel, creative, uncertain, systematic, transferable and/or reproducible) erfüllt sein.

Bezüglich des oben angeführten Kommentars des Unternehmens, dass seitens der FFG ,zum Beispiel nicht darauf eingegangen' wurde, ,warum die erstmalige lineare, statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps der Vorrichtungen nicht experimentelle Entwicklung sein solle', wird (wie auch in den Stellungnahmen der FFG vom und ) folgendes festgehalten:
Aus den der FFG vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass im Bereich der "Packerei" im Rahmen des Projektes der Abpackprozess neu konzipiert wurde.
Nach Aufbau und Inbetriebnahme der Anlage im Wirtschaftsjahr 2014 wurde im Wirtschaftsjahr 2015 an der "Neukonstruktion eines Auflaufbandes" und der "Weiterentwicklung Dosierer-Egalisierer" gearbeitet. Im Zuge der Umsetzung werden keine wissenschaftlichen und/oder technologischen Unsicherheiten adressiert zu deren Beseitigung F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt werden. Die vom Unternehmen angeführten Herausforderungen (z.B. Dosierung ohne Schwankungen, Zudosierung von stückigen Komponenten, Neukonstruktion des Auslaufbandes aufgrund veränderter Beutelabfüllung) konnten durch Änderungen des Maschinendesigns (z.B. Ersatz des rechteckigen Behälters durch zwei runde Behälter, rechtwinklige Anordnung der Auslaufschuten) gelöst werden. Bei den durchgeführten Tätigkeiten (z.B. "Analyse Anforderungen", "Entwicklungsplanung", "Beschaffung der Komponenten und Hilfsmittel", "Durchführung von systematischen Versuchen und Tests ", "Verifizierung und Validierung der Ergebnisse", etc.) handelt es sich um Tätigkeiten zur Installierung bzw. Verbesserung eines Produktionsverfahrens ohne F&E-Charakter. Derartige Arbeiten sind dem Engineering zuzurechnen und fallen nicht unter Forschung und experimentelle Entwicklung.

Argument der bP zum Thema "Prototyp":
"Es wurde ein Prototyp entwickelt, betrieben und entsprechende systematische Entwicklungsschleifen eingezogen. Folglich ging es offenbar nicht um das behauptete ,reibungslose Funktionieren' einer bestehenden Anlage - wie seitens der FFG zu Unrecht behauptet-, sondern um die Entwicklung von neuartigen Vorrichtungen für ein neuartiges Verfahren. Wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre, dann hätte sie ein entsprechen des am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen müssen."

Stellungnahme der FFG zum Thema "Prototyp"
"Hierzu ist festzuhalten, dass die Entwicklung eines Prototyps gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und experimentelle Entwicklung zu sehen ist, wenn die allgemeinen Kriterien für Forschung und experimentelle Entwicklung erfüllt sind. Dies ist im gegenständlichen Schwerpunkt/Projekt jedoch nicht der Fall. Bei der gegenständlichen Anlage handelt es sich um keinen "Prototypen" im Sinne der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht klar hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist. Dies geht u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar waren.

Dem Argument des Unternehmens, dass anhand des "Prototyps" "systematische Entwicklungsschliefen" durchgeführt wurden, wird von der FFG nicht gefolgt. Die nach "Aufbau der Maschine" bzw. "Inbetriebnahme" durchgeführten Arbeiten dienten der Optimierung bzw. der Behebung aufgetretener Probleme (z.B. bei der Dosierung), welche jedoch wie oben bzw. in den bisherigen Stellungnahmen erläutert durch Änderungen des Maschinen-designs bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten beseitigt werden konnten.
Das Verfahren (Mischen und Verpacken zur Trockensuppenproduktion) war im Wesentlichen festgelegt und durch die durchgeführten Arbeiten sollte das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten war dazu nicht erforderlich.

Bezüglich der Anmerkung des Unternehmens, dass, "wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre," "sie ein entsprechendes am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen" hätte müssen, ist folgendes festzuhalten:
Das Kriterium "novel" (bzw. neuartig) ist gemäß Frascati-Manual folgendermaßen definiert:
"To be aimed at new findings (novel)
2.14 New knowledge is an expected objective of an R&D project, but it has to be adapted to different contexts. For example, research projects in universities are expected to pursue entirely new advancements in knowledge, and the same can be said for projects designed and managed by research institutes. 2.15 In the Business enterprise sector (Frascati Manual sectors are defined in Chapter 3), the potential novelty of R&D projects has to be assessed by comparison with the existing stock of knowledge in the industry. The R&D activity within the project must result in findings that are new to the business and not already in use in the industry. Excluded from R&D are activities undertaken to copy, imitate or reverse engineer as a means of gaining knowledge, as this knowledge is not novel.

2.16 Novelty could result from a project to reproduce an existing result that finds potential discrepancies. An experimental development project aimed at creating knowledge in support of the development of new concepts and ideas related to the design of new products or processes should be included in R&D. As R&D is the formal creation of knowledge, including knowledge embodied in products and processes, the measurement focus is on the new knowledge, not on the new or significantly improved products or processes resulting from the application of the knowledge. […]" (OECD Frascati-Manual 2015, S. 46)

Gemäß Frascati-Manual ist somit bzgl. des Kriteriums der Neuheit nicht ausschlaggebend, ob ein neues bzw. verbessertes Produkt/Verfahren erarbeitet wird, sondern dass neues Wissen gewonnen bzw. der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik erweitert wird.
In den Stellungnahmen der FFG wurde, auch wenn aus den vorliegenden Unterlagen kein technologischer Neuheitsaspekt ersichtlich ist, nie verneint, dass die realisierte Anlage einzelne Neuheitsaspekte aufweisen könnte, es wurde jedoch erläutert, dass selbst wenn es sich um ein neues bzw. verbessertes Verfahren handeln sollte, dessen Entwicklung gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen ist, wenn F&E-Aktivitäten zur Entwicklung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch, wie in den Stellungnahmen der FFG erläutert, ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der dargestellten Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar sind.
Es ist festzuhalten, dass der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens durch die beschriebene "Neukonzeption" bzw. Realisierung einer für das Unternehmen neuen Anlage, welche wie oben bzw. in den bisherigen Stellungnahmen der FFG erläutert ohne die Durchführung von F&E-Aktivitäten sondern mittels Engineering umgesetzt wurde, nicht erweitert wird."

Argument der bP zum Mischverfahren:
"Bisherige Mischverfahren zum Erzielen der gewünschten Homogenität beruhen auf einem 3-stufigen Prozess. Ein solcher wurde in der Vergangenheit gewählt, weil ein 1-stufiger Prozess mangels einer nicht ausreichenden Prozessstabilität nicht möglich war. Technisch unsicher war daher zu Projektbeginn, bei welchen Prozessparametern (Temperatur, Düsenpositionierung, Düsengeometrie, Schneidwerkzeug, Partikelgröße, Viskosität, Vermeidung von Totzonen etc.) eine maximale Homogenisierung in einem einzigen Prozessschritt möglich sein würde."

Stellungnahme der FFG zum Mischverfahren:
"Der Umstand, dass, wie vom Unternehmen angeführt, zu Beginn des Projektes die exakten Prozessparameter noch nicht feststanden, entspricht keiner technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit, sondern einer üblichen Aufgabenstellung im Rahmen der Auslegung bzw. insbesondere der Optimierung einer neuen Produktionsanlage bzw. eines Produktionsverfahrens. Die Adaptierung bzw. Optimierung von Prozessparametern kann zwar durchaus aufwändig sein und entspricht, auch wenn bei deren Erarbeitung systematisch vorgegangen wird, einer üblichen Vorgehensweise und die dazu durchgeführten bzw. notwendigen Versuche entsprechen somit keinen F&E-Aktivitäten."

10. Schreiben der bP vom
Mit Schriftsatz der bP vom wurde mitgeteilt, dass die verfahrensrechtliche Situation nicht zufriedenstellend sei. Der beim FFG zuständige Sachbearbeiter habe keine Argumente entkräften können und sei nicht in der Lage gewesen die komplexen F&E-Aktivitäten in der vollumfassenden Tiefe zu evaluieren und zu bewerten.
Es zeige sich anhand des Beispiels "Halalsuppen am Markt", dass die FFG der bP die Branchenkenntnis ohne jedwede Beweise (Quellen, Referenzen) abspreche.
Man sei sich der erhöhten Mitwirkungspflicht zur Gewährung der Forschungsprämie bewusst.
Der Antrag auf Nichtveröffentlichung der Entscheidung durch das BFG werde zurückgenommen.

11. mündliche Senatsverhandlung am

In der am abgehaltenen mündlichen Senatsverhandlung, nahmen neben den Streitparteien auch ***FFG_1*** und ***FFG_2*** von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) als fachkundige Auskunftspersonen zur Frage, ob es sich bei den im Streitzeitraum 2014 geltend gemachten Aufwendungen um eigenbetriebliche Forschung und Entwicklung gehandelt hat, teil. Auf Seiten der bP nahmen außerdem ***Berater_1*** und ***Berater_2***, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (beide von der ***Beratungsfirma*** GmbH) teil.

Auf Frage des Vorsitzenden nach der fachlichen Qualifizierung der von der FFG eingesetzten Gutachtensersteller übergaben die Vertreter der FFG ein Dokument mit im Wesentlichen folgendem Inhalt (Beilage 3 zur Niederschrift):

Bei der Begutachtung der FFG handelt es sich um einen qualitätsgesicherten Prozess, wobei zuerst der fachlich am besten geeignete Experte den Antrag bearbeitet und dann im Rahmen der Qualitätssicherung weitere Experten das Ergebnis überprüfen.

Beim vorliegenden Fall handelt es sich um ein multidisziplinäres Vorhaben aus den Bereichen Lebensmitteltechnologie, -produktion und -chemie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau. Deshalb haben an der Beurteilung Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengearbeitet. Diese Gruppe an Experten verfügt über folgende Kompetenzen:
Universitäre Abschlüsse -überwiegend auf Doktoratsniveau, zT auch Post-Doktoratsniveau- in den Disziplinen: Lebensmitteltechnologie, Biochemie, Biotechnologie und Lebensmittelchemie, Verfahrenstechnik, Maschinenbau, internationales Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau, Chemie sowie technische Chemie. Alle diese Personen verfügen über mehrjährige, einschlägige Berufserfahrung in der Forschung und Entwicklung in der Industrie, außeruniversitärer Forschung und Universitäten.

Die mit dem Fall beschäftigten Experten sind zT. seit Jahrzehnten in der Begutachtung sowie Begleitung nationaler und internationaler Forschungsprojekte in den Bereichen Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, Produktentwicklung für Lebensmittel, Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik tätig.
***FFG_1*** und ***FFG_2*** vertreten diese Gruppe von Experten in diesem Verfahren. Ihr eigener fachlicher Hintergrund ist: Studium der technischen Chemie mit Spezialgebiet organische und bioorganische Chemie. Neben mehrjähriger Berufserfahrung in Forschung und Produktentwicklung in der Industrie verfügen diese beiden Personen über jahrelange Erfahrung in der Begutachtung und Begleitung von Forschungsprojekten.

Die bP bemängelte, dass es in dem jahrlangen Verfahren nicht möglich gewesen sei, ein persönliches Gespräch zwischen den jeweiligen facheinschlägigen Technikern beider Seiten zur Klärung herbeizuführen .

***Berater_2*** präsentierte mittels Projektor das Projekt 3 (Maschine zur Trockensuppenproduktion) und betonte, dass lt. Frascati Manual das Neuzusammensetzen von bestehenden Komponenten Unsicherheiten birgt und daher Forschung vorliege.
Gerade bei der vollautomatischen Verstellung der Zangen zum Greifen der Beutel sei von den Mitarbeitern der bP eine geniale Lösung gefunden worden.
Erstmalig sei eine pneumatische Membranpumpe zur Einbringung von Hühnerfett eingesetzt worden. Es mag sein, dass Membranpumpen für viskose Medien genutzt werden. Die FFG bleibe ab den Beweis schuldig, dass Membranpumpen bereits im Jahr 2015 üblicherweise für Hühnerfett Einsatz fanden. Dieses Wissen hätte bereits 2013 zur Verfügung stehen müssen, als mit dem Projekt begonnen wurde.
Die Nichtexistenz einer vergleichbaren Maschine sei kaum zu beweisen. Die bP hätte, wenn eine solche am Markt käuflich erwerbbar gewesen wäre, diese natürlich gekauft und nicht in einem jahrelangen Verfahren selbst neu entwickelt.
Es könne nicht nachvollzogen werden, auf Basis welcher Information die FFG behauptet, dass kein neues Wissen geschaffen worden sei, obwohl nach diesem Projekt die Maschinenhersteller sich dieses neu entwickelten Verfahrens bedient hätten.

Die FFG erwidert, dass es nicht darauf ankomme ob neue oder verbesserte Produkte und Prozesse entwickelt werden, sondern ob neues Wissen generiert wird. Gerade im Sondermaschinenbau gleicht keine Maschine der anderen und diese sind nicht am Markt käuflich.
Auch wenn die bP innovativ tätig war, müssen alle Kriterien des Frascati-Manuals vorliegen um eine Forschungsprämie zu beanspruchen. Der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik sei im gegenständlichen Fall nicht erweitert worden.
Das Privatgutachten von ***Privatgutachter1*** sei ausreichend gewürdigt worden. Es sei allerdings nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter zu seinen Schlüssen kommt. Bezüglich des Frascati-Kriteriums der schöpferischen Tätigkeit gibt der Gutachter an, dass die eingeschlagene Methodik über die normale Produktionsroutine hinausgehe. Das sei in dieser Weise nicht im Frascati-Manual definiert, denn das würde bedeuten, dass sämtliche Arbeiten, die über Produktionstätigkeiten hinausgehen, schöpferisch wären.
Der Einsatz von Membranpumpen für die Dosierung von viskosen Medien (Hühnerfett) sei aus dem Stand der Technik ableitbar und derartige Membranpumpen seien schon seit Jahrzehnten am Markt für diesen Einsatz verfügbar. Beispielsweise ist das Unternehmen "Bedu" auf die Herstellung von Pumpen spezialisiert. Auf der Website wird angegeben, dass sie seit 40 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet haben.

Zum Projekt 1 (Suppen und Einlagen) wurde ergänzend Folgendes vorgebracht:

Die FFG bringt vor, dass es 2014 schon Halal-Suppen am Markt gegeben habe und legt Veröffentlichungen diverser Medien (z.B. "Die WELT") vor (Beilage 5 zur Niederschrift), aus denen unter anderem hergeht, dass der Nestle-Konzern mit Maggi sich 2010 als "Halal-Marktführer" gefeiert habe. Auf einem Foto des Artikels vom sind Tütensuppen von Maggi mit Halal-Aufdruck erkennbar.
Die Vertreter der FFG betonen, dass sie über eine sehr große Datenbasis über den jährlichen Stand der Technik verfügen. Die bP habe nicht ausgeführt, welche Wechselwirkungen bei den Rezepturen vorliegen und wo es zu einer Vermehrung des Wissens gekommen sei.

Die bP bringt vor, dass Artikel aus Tageszeitungen nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Der Beweis für die Existenz von Halal-Suppen im Jahr 2014 sei ausgeblieben.
Es bestanden erhebliche technische Unsicherheiten im Sinne des Frascati-Manuals, weil die Wechselwirkungen von neuen Rezepturbestandteilen im Vorfeld nicht abgeschätzt werden können.
Der Stand des betriebsinternen Wissens, welches für Mitarbeiter reproduzierbar vorhanden ist, müsse nicht publiziert werden.

Die Vertreterin des Finanzamtes wies auf die erhöhte Mitwirkungspflicht der bP hin. Es sei Aufgabe der bP das Vorliegen von F&E durch geeignete Unterlagen zu beweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Antrag vom beantragte die bP für das Jahr 2015 Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung gemäß § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 iHv 293.672,50 Euro.
Mit Bescheid vom wurde die Forschungsprämie mit 0,- Euro festgesetzt.
Beschwerde wurde nur bezüglich der Projekte 1 und 3 erhoben und Forschungsprämie iHv. 276.725,90 Euro beantragt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Projekt 1-Suppen
45.827,40
Projekt 3- Verfahren/Verpackung
230.898,50
Summe Prämie
276.725,90


Die Projekte 1 "Suppen" und 3 "Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung" stellen keine schöpferische Tätigkeit dar, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird mit dem Ziel, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Eine wissenschaftliche und/oder technische Unsicherheit liegt nicht vor.
Bei Projekt 1 handelt es sich um in der Lebensmittelbranche etablierte Routinetätigkeiten, die üblicherweise bei der Herstellung veränderter Rezepturen zum Einsatz kommen (Bemusterung und Auswahl von Rohstoffen, methodische Bewertung der Rohstoffprüfung, Analyse des Proteingehalts im Getreide, Erstellung von Rezepturvarianten, Produktionsversuche, Überprüfung der Testergebnisse). Diese entsprechen einer Standardvorgehensweise in der Lebensmittelindustrie. An der Weiterentwicklung des aktuellen Standes der Technik ist nicht gearbeitet worden.
Das Projekt 3 "Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung" stellt keine schöpferische Tätigkeit dar, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird, mit dem Ziel den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen des Wissens zu erarbeiten.
Bei den eingesetzten Methoden (Entwürfe/Konzepterstellung/Lösungsdiskussion mit Maschinenbauer) handelt es sich um eine übliche Vorgehensweise im Industrial Engineering, die beschriebenen Lösungsvorschläge sind aus anderen Anwendungen grundsätzlich bekannt.

2. Beweiswürdigung

Die Frage, ob die Tätigkeit der bP erkennbar auf das Ziel gerichtet war, eine wissenschaftliche und/oder technologische Unsicherheit zu klären oder zu beseitigen bzw. eine Fragestellung von allgemeiner Relevanz zu klären und den Stand des Wissens zu mehren, stellt sich im Wesentlichen als eine Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung (§ 167 Abs 2 BAO) dar (; SWK 30/2014, 1305).

Das standardisierte Gutachtensverfahren zur Beantragung der Forschungsprämie (§ 108c Abs 7 EStG 1988) fällt nicht unter den Sachverständigenbeweis nach § 177ff BAO (z.B. Leitner in AVR 2022, 231). Grund dafür ist vor allem, dass Sachverständige nur natürliche Personen sein können ().
Das Finanzamt hat das FFG-Gutachten auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen, also ob es den Gesetzen des richtigen Denkens und Folgerns entspricht. Allfällige Fehler und Lücken, die von ihm festgestellt werden, hat es durch das Einholen ergänzender oder neuer gutachterlicher Äußerungen zu beseitigen (). Das Finanzamt hat daher vom Steuerpflichtigen vorgebrachte Bedenken am Inhalt des Gutachtens (zB Einwände, Gegengutachten) zu würdigen
(Seydl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 108c, Rz. 46, Stand ).
Die FFG ist zur Ergänzung ihres Gutachtens zu verhalten, und zwar - nach jeweiliger Wahrung des Parteiengehörs - so lange, bis die gutachterliche Stellungnahme der FFG ausreichend schlüssig und nachvollziehbar ist.

Bezüglich der Vollständigkeit der Gutachten der FFG ist Folgendes festzustellen:
Ein Gutachten hat einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn zu enthalten. Während der Befund in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten im engeren Sinn aufbaut, und der Art wie sie beschafft wurden, besteht, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (). Nur wenn ein solcherart vollständiges Gutachten vorliegt, kann dieses auf seine Schlüssigkeit dahingehend überprüft werden, ob das Gutachten den Gesetzen des richtigen, zur Kenntnis der Wahrheit führenden Denkens entspricht ().
Nach § 108c Abs 8 EStG 1988 hat die FFG Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen. Eine Befundaufnahme der FFG ist somit nicht zulässig.
Der Befund muss aber nicht durch den Sachverständigen selbst erfolgen, die maßgeblichen Tatsachen müssen nur im Gutachten selbst genannt sein.
Nachdem in den Gutachten der FFG die von der bP bereitgestellten Tatsachen unwidersprochen zugrundegelegt wurden, ist das Erfordernis der Richtigkeit und Vollständigkeit des Befundes erfüllt und das Gutachten diesbezüglich vollständig.

Die bP bringt vor, dass das von ihr vorgelegte Privatgutachten gegenüber dem Gutachten der FFG ein höherwertiges Beweismittel sei, weil die Qualifizierung der FFG-Gutachter nicht transparent sei und die Stellungnahmen darauf schließen lassen würden, dass nicht ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Großteil des Gutachtens bestehe aus kopierten Textpassagen und die eigentliche Argumentation für die Ablehnung sei kurz, pauschal und sich wortident in anderen Projektstellungnahmen wiederholend. Facheinschlägige Personen mit entsprechender Branchenkenntnis könnten den Forschungscharakter der Aktivitäten klar nachvollziehen. Zu Behauptungen seien keine Quellen oder Referenzen als Ablehnungsgrund angeführt.

Zur Höherwertigkeit eines Beweismittels ist Folgendes zu sagen:
Das Gutachten der FFG und das Privatgutachten unterliegen gleichermaßen der freien Beweiswürdigung (§167 Abs 2 BAO). Die Beweiskraft ist alleine nach der Schlüssigkeit der Aussagen zu beurteilen.
Der unterschiedliche Wert eines Sachverständigengutachtens im Vergleich zu einem diesem entgegenstehenden Privatgutachten liegt allenfalls im Grad des erkennbaren inneren Wahrheitsgehalts (VwGH Ra 2018/03/0130).

Zur mangelnden Transparenz der Qualifizierung der bei der FFG tätigen Gutachter ist Folgendes zu sagen:
Zur Eine auf die Meinung eines anonymen Experten gestützte Beweiswürdigung kann nicht schon mit der Seriosität der juristischen Person allein begründet werden. Bei Würdigung eines solchen Gutachtens gilt zu berücksichtigen, dass sich die Qualifikation und die Vorgangsweise der dahinterstehenden natürlichen Person einer nachprüfenden Kontrolle weitestgehend entziehen können. Nur natürliche Personen trifft eine strafrechtlich sanktionierte Wahrheitspflicht und nur diese können befangen sein (Baldauf in SWK- 13-14, 677ff).
Bei der Beweiswürdigung ist auf den Umstand der mangelnden Transparenz der Qualifizierung der Sachverständigen der FFG ausreichend Bedacht zu nehmen.

Zur Sachkenntnis in der Lebensmittelbranche haben die Vertreter der FFG unwidersprochen und glaubhaft Folgendes vorgebracht:

Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft ist die gesetzlich eingerichtete Förderagentur des Bundes zur Durchführung und Abwicklung von Maßnahmen der unternehmensnahen Forschungs-, Technologie-, Entwicklungs- und Innovationsförderung. Sie wickelt nicht nur Programme ihrer Eigentümer ab (Wirtschaftsministerium und Klimaschutzministerium), sondern auch andere Bundesministerien setzen auf die FFG als Abwicklungspartner, darunter die Bundesministerien für Landesverteidigung, für Finanzen und für Landwirtschaft. Das Wissenschaftsministerium hat die FFG mit der Betreuung der EU-Programme für Forschung, Entwicklung und Innovation beauftragt (FFG als Nationale Kontaktstelle), darüber hinaus betreut die FFG weitere EU-Programme und Initiativen. Aufgrund ihrer Erfahrung und Kompetenz haben auch viele österreichische Bundesländer die FFG mit der Abwicklung von Landesmitteln zur Forschungsförderung beauftragt.

Die FFG verfügt nicht nur über die Kompetenz zur Abwicklung (auch komplexer) Förderprogramme und -initiativen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation, sondern als einzige Institution Österreichs auch über den entsprechenden Pool aus Expert:innen aus diesem Bereich und wurde daher vom Bundesministerium für Finanzen beauftragt, für Wirtschaftsjahre ab 2012 Gutachten für die Inanspruchnahme der Forschungsprämie zu erstellen. Von der FFG wurden seit 2013 über 23.000 Gutachten zur Forschungsprämie erstellt.

Expertise der FFG im Bereich Ernährung und Lebensmittel:
Die FFG bietet sowohl nationale Fördermöglichkeiten für Projekte aus dem Lebensmittelbereich, bietet aber auch Unterstützung bei EU-geförderten und anderen multinationalen Projekten (z.B. EU Rahmen-Programm Horizon Europe Cluster 6 "Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt").

Die FFG hat in den letzten Jahren im Rahmen der direkten Forschungsförderung eine Reihe von Projekten im Bereich Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vertrieb gefördert. Dazu zählen Projekte im Bereich Pflanzenbau (z.B. Saatgut, Pestizidreduktion, Düngemittel, Maschinen, Logistik), Lebensmittelproduktion (z.B. Verfahren, Zubereitung, Haltbarkeit, Lebensmittelrohstoffe), Produktentwicklung (z.B. Milch und Milchprodukte, Kombinationsprodukte, Getreide und Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Fette und Öle, Halbfertig- und Fertigprodukte, "functional food", biologische Lebensmittel), Qualitätskontrolle und Inhaltsstoffe (z.B. Verringerung von Konservierungsmitteln und Zusatzstoffen, Verlängerung der Haltbarkeit, Verringerung der mikrobiologischen Belastung), Lebensmittelverpackungen.
Die FFG hat von 2010 bis 2021 insgesamt 410 Projektbeteiligungen zum Thema "Lebensmittel" (gem. SIC Code) mit insgesamt rund 32 Millionen Euro gefördert. Bereits Ende der 90er-Jahre startete die Vorgängerorganisation der FFG gemeinsam mit dem Fachverband und der Lebensmittelversuchsanstalt die "Lebensmittelinitiative Österreich", innerhalb derer 170 Projekte mit insgesamt 25 Mio. Euro unterstützt wurden. Aktuelle bzw. kürzlich abgeschlossene Projekte aus dem Lebensmittelbereich sind in der FFG-Projektdatenbank (nicht vollständig) zu finden unter: https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=food bzw. unter https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=lebensmittel.
Abseits einer Vielzahl an einzelnen Projekten unterstützt die FFG das Thema Lebensmittel u.a. auch mit strukturellen Maßnahmen wie der Förderung des COMET Kompetenzzentrums "FFoQSI - Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety & Innovation", mit der Förderung der Research Studios Austria "FusariumPrevent", und "NitroFix", dem Innovationslabor "FoodNetLab" und anderen.

Die Begutachtung der FFG besteht nicht aus der Bewertung einer einzelnen "anonymen Person", sondern es handelt sich hierbei um einen qualitätsgesicherten Begutachtungsprozess. Liegt ein Antrag vor, so wird dieser intern der/dem fachlich am besten geeigneten Expert:in zugeteilt (akademische Ausbildung, Berufserfahrung, Erfahrung in der FFG) und das Ergebnis der Begutachtung anschließend im Rahmen der Qualitätssicherung im "Mehraugenprinzip" durch weitere Expert:innen überprüft.

***FFG_1*** und ***FFG_2*** vertraten diese Gruppe von Experten in der mündlichen Verhandlung. Ihr eigener fachlicher Hintergrund ist: Studium der technischen Chemie mit Spezialgebiet organische und bioorganische Chemie. Neben mehrjähriger Berufserfahrung in Forschung und Produktentwicklung in der Industrie verfügen diese beiden Personen über jahrelange Erfahrung in der Begutachtung und Begleitung von Forschungsprojekten.

Beim vorliegenden Fall handelt es sich um ein multidisziplinäres Vorhaben aus den Bereichen Lebensmitteltechnologie, -produktion und -chemie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau. Deshalb haben an der Beurteilung Experten der FFG aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengearbeitet. Diese Gruppe an Experten verfügt über folgende Kompetenzen:
Universitäre Abschlüsse -überwiegend auf Doktoratsniveau, zT auch Post-Doktoratsniveau- in den Disziplinen: Lebensmitteltechnologie, Biochemie, Biotechnologie und Lebensmittelchemie, Verfahrenstechnik, Maschinenbau, internationales Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau, Chemie sowie technische Chemie. Alle diese Personen verfügen über mehrjährige, einschlägige Berufserfahrung in der Forschung und Entwicklung in der Industrie, außeruniversitärer Forschung und Universitäten.

Die mit dem Fall beschäftigten Experten sind zT. seit Jahrzehnten in der Begutachtung sowie Begleitung nationaler und internationaler Forschungsprojekte in den Bereichen Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, Produktentwicklung für Lebensmittel, Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik tätig.

In der mündlichen Verhandlung am haben ***FFG_1*** und ***FFG_2*** als fachkundige Auskunftspersonen der FFG die Beurteilung der FFG erläutert und persönlich bestätigt. Angesichts der fachlichen Ausbildung und der Vielzahl an bereits von der FFG durchgeführten Projekten, vertritt der erkennende Senat die Auffassung, dass die für die FFG tätigen Sachverständigen über das erforderliche brancheneinschlägige Fachwissen verfügen, um die Frage des Vorliegens von F&E im gegenständlichen Verfahren verlässlich zu beurteilen.
Das Gutachten (samt den ergänzenden Stellungnahmen) der FFG steht auch nicht im Widerspruch mit den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Der erkennende Senat zeigt sich überzeugt von der Beurteilung der FFG, dass in den Projekten der bP keine systematische Vorgehensweise unter Verwendung von wissenschaftlichen Methoden erkennbar ist, die das Ziel hat, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen des Wissens zu erarbeiten. Die Erfüllung der relevanten Kriterien des Frascati-Manuals konnte von der bP nicht nachgewiesen werden.

Der erkennende Senat anerkennt die innovative technische Leistung, die für den Bau der Maschine zur Trockensuppenproduktion in Projekt 3 erbracht wurde. Allerdings müssen für die Einstufung als F&E alle fünf Kriterien des Frascati-Manuals erfüllt sein, auch wenn es sich um eine genau in dieser Form noch nie realisierte Maschine handelt.
Einer Tätigkeit fehlt das Element der "Neuheit" bzw. der "technologischen Unsicherheit", wenn keine neue Technologie erfunden wurde, sondern nur eine bestehende Technologie erweitert wurde.

Im Jahr 2015 wurden im Projekt 3 folgende Entwicklungen umgesetzt:

1. Entwicklung eines Verfahrens zur Verwiegung von Hühnerfett erstmalig mittels gravimetrischer Messung und Einbringung in den Mischer unter konstantem Druck mittels pneumatischer Membranpumpe.

2. Entwicklung eines neuen Konzeptes eines Auslaufbandes und entsprechendem Egalisierer.
Dadurch konnte das technische Problem der ungleich auf dem Auslaufband zu liegen kommenden Beutel und deren Instabilität, mit rechtwinkelig angeordneten Auslaufbändern in Kombination mit schräg liegenden Auslaufbändern gelöst werden.
Das Problem mit der Dosierung konnte mittels entgegengesetzt laufenden Teilekreisförderern und pneumatisch/mechanischer Produktstromunterbrechung gelöst werden.
Durch die neue Anordnung der Auslaufbänder und gleichzeitiger Egalisierung der Beutel konnte ein gleichmäßiger Produktionsablauf erreicht werden.

Insgesamt überzeugt die schlüssige Argumentation der FFG, dass hier von bestehendem Wissen ausgegangen wurde, welches nur neu kombiniert wurde und kein nennenswerter Neuheitsaspekt erkennbar ist.
Sämtliche Anforderungen waren mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar.


Die Verwendung einer pneumatischen Membranpumpe zur Förderung von Hühnerfett, entspricht technisch naheliegenden Maßnahmen bzw. Lösungsansätzen.
Derartige Pumpen zur Förderung viskoser Medien sind schon lange am Markt verfügbar.
Die von den Vertretern der FFG genannte niederländische Firma "Bedu" wirbt auf ihrer Webseite wie folgt:
"Bedu-Pumpen verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet der Flüssigkeitspumpen in der Tierfutterindustrie, z. B. Zahnradpumpen mit Innen- und Außenzähnen, Zahnraddosierpumpen, Exzenterschneckenpumpen, pneumatisch angetriebene Membranpumpen, Kreiselpumpen usw.
Zu den Flüssigkeiten, die in der Tierfutterindustrie häufig gepumpt werden, gehören Melasse, Vinasse, tierische Fette, Rindfleischfett, Hühnerfett, Pflanzenöl, Palmfett, Sojaöl, Enzyme, Fischöl, Leinöl, Lecithin, Citrocol, Cholin usw."


Der Umstand, dass zu Beginn des Projektes die exakten Prozessparameter noch nicht feststanden, entspricht keiner technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit, sondern einer üblichen Aufgabenstellung im Rahmen der Auslegung bzw. insbesondere der Optimierung einer neuen Produktionsanlage bzw. eines Produktionsverfahrens.

Bezüglich der Anmerkung des Unternehmens, dass, "wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre," "sie ein entsprechendes am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen" hätte müssen, ist Folgendes festzuhalten:

Am Beispiel eines Gebäudes kann verdeutlicht werden, was auch für den Bau von Sondermaschinen gilt: Fast jedes Gebäude ist einzigartig, es könnte als Neuheit oder Prototyp gesehen werden, es gibt kaum idente Häuser. Allerdings werden Häuser nach dem derzeit geltenden Stand der Technik gebaut und sind daher nicht als F&E-Tätigkeit zu bewerten. F&E-Tätigkeit könnte vorliegen, wenn ein Unternehmen ein 30 Stockwerke hohes Holzhochhaus plant und errichtet. Hier gibt es zahlreiche technologische Risiken wie Brandschutz, Schallschutz und die Frage von Setzungen.

Das gegenständliche Verfahren (Mischen und Verpacken in der Trockensuppenproduktion, Einbringung von Hühnerfett) war im Wesentlichen festgelegt. Technologische oder wissenschaftliche Unsicherheiten sind beim Bau der gegenständlichen Maschine nicht erkennbar. Das Projekt geht nicht substantiell über den Stand des Wissens und der Technik hinaus.

Durch die durchgeführten Arbeiten sollte das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist.
Dies geht u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Die Anlage diente der Produktion, folglich ist sie keine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung.

Ebensowenig handelt es sich um einen Prototyp im Sinne der Forschungsprämienverordnung, weil keine F&E-Aktivitäten mit der Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind.
Dem Argument des Unternehmens, dass anhand des "Prototyps" "systematische Entwicklungsschliefen" durchgeführt wurden, wird vom Bundesfinanzgericht nicht gefolgt. Die nach "Aufbau der Maschine" bzw. "Inbetriebnahme" durchgeführten Arbeiten dienten der Optimierung bzw. der Behebung aufgetretener Probleme (z.B. bei der Dosierung), welche jedoch durch Änderungen des Maschinendesigns bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten beseitigt werden konnten.

In dem gegenständlichen Projekt 3 wird von bestehendem Wissen ausgegangen. Eine Erweiterung Wissensstandes oder die Lösung von wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheiten konnte nicht nachgewiesen werden.

Zu Projekt 1 (Suppen und Einlagen):
Die in den Teilprojekten zu Projekt 1 beschriebenen Herausforderungen können unter Einsatz in der Lebensmittelbranche etablierter, im Zuge von Rezepturerarbeitungen routinemäßig angewandter Methoden bzw. Vorgangsweisen (z. B. Auswahl möglicher Rohstoffe, Bemusterung und Rohstoffprüfung, Rezeptierung, sensorische Vergleichsprüfungen, Evaluierung, Anlage und Auswertung v. Lagertests) gelöst werden.

In keiner der vorliegenden Unterlagen zu Projekt 1 ist beschrieben, worum es sich bei den von der bP angeführten "übertragbaren Ergebnissen" handelt, bzw. inwiefern durch diese der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens erweitert wurde.
Von der bP wurde z.B. die allgemeine Aussage getroffen, dass es durch die Rezepturentwicklung erstmals gelang, "das komplexe regionale Geschmacksprofil für die Produkte "Halal-Suppen" und "ethnic soup - türkische Suppen" entsprechend dem europäischen Lebensmittelkodex abzubilden.
Das Ziel, dem europäischen Lebensmittelkodex zu entsprechen, bedingt für sich gesehen keine Vermehrung des allgemeinen Standes des Wissens bzw. der Technik.
Die bP konnte nicht glaubhaft machen, dass es 2014 noch keine Halal-Trockensuppen am europäischen Markt gab. Eine einfache Suche im Internet bestätigt die Stellungnahme der FFG und ergibt etwa, dass der Nestle-Konzern zumindest seit 2010 Trockensuppen "Halal", also als für Muslime erlaubt, bewirbt.

Beim Teilprojekt "Nockerl" zu Projekt "Suppen" überzeugt die Stellungnahme der FFG, dass der Umstand, dass Fehlproduktionen aufgrund von Rohstoffschwankungen auftreten einer in der Lebensmittelproduktion üblichen Problemstellung entspricht und nicht gleichzusetzen ist mit einer technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit.
Es handelt sich um eine in der Lebensmittelbranche übliche Fragstellung, dass der Proteingehalt in Gries abhängig vom Rohstoff Schwankungen unterliegt, als auch dass der Proteinanteil einen Einfluss auf die Konsistenz von Nockerl hat. Der allgemeine Stand der Technik wird durch die Beantwortung dieser Fragstellung nicht erweitert.

Eine schöpferische Tätigkeit zur Erweiterung des Wissensstandes und die Adressierung technologischer und/oder wissenschaftlicher Unsicherheiten im Sinne der Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual konnte bei Projekt 1 nicht nachgewiesen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Nach § 108c Abs 1 EStG 1988 in der 2014 und 2015 geltenden Fassung können Steuerpflichtige eine Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und Auftragsforschung iHv 10% der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen geltend machen.

Nach § 108c Abs 2 Z 1 und 2 EStG 1988 sind eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird, prämienbegünstigt. Zielsetzung muss es sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder in einer inländischen Betriebsstätte erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen

Nach § 108c Abs 7 EStG 1988 kann sich das Finanzamt bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs 2 Z 1 vorliegen, der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) bedienen. Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung ist ein vom Steuerpflichtigen bei der FFG anzuforderndes Gutachten (Abs. 8), welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 erfüllt.

Nach § 108c Abs 8 EStG 1988 hat die FFG Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen. Die FFG hat in ihrem Gutachten nicht zu beurteilen, ob und in welchem Umfang Aufwendungen für Forschung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.
Die Bundesministerin für Finanzen wird ermächtigt, die Durchführung der Gutachtenserstellung sowie den Inhalt mit Verordnung festzulegen.

§ 1 Abs 1 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

Der Geltendmachung einer Forschungsprämie sind Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne der Abs. 2 und 3 im Bereich von Forschung und experimenteller Entwicklung (Anhang I) zu Grunde zu legen. Die Bestimmungen der § 6 Z 10 und § 20 Abs. 2 EStG 1988 sowie § 12 Abs. 2 KStG 1988 sind anzuwenden.

§ 3 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

(1) Gutachten (§ 4 und § 5) der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (§ 1 FFG-G, BGBl. I Nr. 73/2004, im Folgenden: FFG) betreffen:

1. Die Beurteilung, inwieweit ein Forschungsschwerpunkt/Forschungsprojekt, aus dem für die Forschungsprämie maßgebliche Aufwendungen resultieren, unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 erfüllt.

2. Die Beurteilung, ob nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen nach der Beschreibung in der Anforderung des Gutachtens so beschaffen sind, dass sie nachhaltig der Forschung und experimentellen Entwicklung dienen können.

(2) Das Gutachten umfasst nicht

- die Tatsachenfeststellung, ob die bekannt gegebenen Informationen zu einem Forschungsschwerpunkt/Forschungsprojekt oder zu nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordneten Investitionen richtig sind, sowie

- die Beurteilung, ob und in welchem Umfang Aufwendungen oder Ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.

(3) Die Gutachten der FFG haben sich auf jene Forschungsschwerpunkte/ Forschungs-projekte oder nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen zu beziehen, für die die Beurteilung durch die FFG angefordert worden ist. Die vom Steuerpflichtigen bekannt gegebenen Informationen aus der Anforderung des Gutachtens bilden einen integralen Bestandteil des Gutachtens.

§ 4 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

(1) Die FFG hat zur Geltendmachung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung auf Anforderung des Steuerpflichtigen ein Jahresgutachten zu erstellen. Das Jahresgutachten hat sich auf alle Forschungsschwerpunkte/Forschungsprojekte und nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen zu beziehen, aus denen für die Forschungsprämie maßgebliche Aufwendungen resultieren.

(2) Das Jahresgutachten ist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das die Forschungsprämie beantragt wird, bei der FFG anzufordern. Dazu sind die Forschungsschwerpunkte/Forschungsprojekte und nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordneten Investitionen inhaltlich genau zu umschreiben und die im Anhang III, Teil A, enthaltenen Daten und Informationen bekannt zu geben. Für ein Wirtschaftsjahr kann nur ein Jahresgutachten angefordert werden.

Der Anhang I der Forschungsprämienverordnung lautet auszugsweise:

Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen

A. Allgemeine Begriffsbestimmungen

1. Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 ist eine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Forschung und experimentelle Entwicklung in diesem Sinne umfasst Grundlagenforschung (Z 2) und/oder angewandte Forschung (Z 3) und/oder experimentelle Entwicklung (Z 4). Sie umfasst sowohl den naturwissenschaftlich-technischen als auch den sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich.

2. Grundlagenforschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens ohne Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel zu vermehren.

3. Angewandte Forschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens zu vermehren, jedoch mit Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel.

4. Experimentelle Entwicklung umfasst den systematischen Einsatz von Wissen mit dem Ziel, neue oder wesentlich verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Methoden oder Systeme hervorzubringen.

5. Forschungsprojekte sind auf ein definiertes wissenschaftliches oder spezifisch praktisches Ziel gerichtete inhaltlich und zeitlich abgrenzbare Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung unter Einsatz von personellen und sachlichen Ressourcen.

6. Ein Forschungsschwerpunkt ist eine Zusammenfassung von Forschungsprojekten oder laufenden Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung, die inhaltlich einem übergeordneten Thema zugeordnet werden können.

Als Grundsatz gilt, dass Forschung und experimentelle Entwicklung (Z 1) aus Tätigkeiten besteht, deren primäres Ziel die weitere technische Verbesserung des Produktes oder des Verfahrens ist. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung der experimentellen Entwicklung von Produktionstätigkeiten. Sind hingegen das Produkt oder das Verfahren im Wesentlichen festgelegt und ist das primäre Ziel der weiteren Arbeiten die Marktentwicklung oder soll durch diese Arbeiten das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren gebracht werden, können diese Tätigkeiten nicht mehr der Forschung und experimentellen Entwicklung (Z 1) zugerechnet werden. Grundlage dieser Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen ist das Frascati Manual (2002) der OECD in der jeweils gültigen Fassung, das ergänzend zu diesen Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen herangezogen wird.

B. Weitere Abgrenzungen (in alphabetischer Reihenfolge)

1. Datensammlung: [...]

2. Dokumentation: [...]

3. Fehlgeschlagene Forschung und experimentelle Entwicklung: [...]

4. Industrial Design [...]

5. Industrielles Engineering und Umrüsten von Anlagen für den Produktionsprozess: Unter industriellem Engineering sind jene technischen Arbeiten zu verstehen, die notwendig werden, um den Produktionsprozess in Gang zu setzen. Grundsätzlich sind industrielles Engineering und das Umrüsten von Maschinen und Anlagen, einschließlich der Erstausrüstung für die Serienproduktion, Teil des Produktionsprozesses und nicht der Forschung und experimentellen Entwicklung (Teil A, Z 1) zuzuordnen. Ergibt sich jedoch aus diesem Prozess die Notwendigkeit zu weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, wie etwa Entwicklungen an Maschinen und Werkzeugen, Entwicklungen zum Up-Scaling von Labor- und Versuchsanordnungen für die Produktion oder die Fertigungsüberleitung, Veränderungen in der Produktions- und Qualitätskontrolle oder die Entwicklung neuer Methoden und Standards, sind solche Arbeiten als Aufwendungen für Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1) zu klassifizieren.

6. Lizenzarbeiten [...]

7. Marktforschung [...]

8. Nachbetreuung und Fehlerbehebung ("trouble shooting"): [...]

9. Patentarbeiten: [...]

10. Pilotanlagen (Bau und Betrieb von): Pilotanlagen sind Anlagen, deren Hauptzweck darin besteht, weitere Erfahrungen, technisches Wissen und Informationen zu erzielen, die insbesondere als Grundlage für weitere Produktbeschreibungen und -spezifikationen dienen. Pilotanlagen fallen zur Gänze unter Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), solange der Hauptzweck Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1) ist. Wird nach Abschluss der experimentellen Phase eine Pilotanlage auf normalen kommerziellen Betrieb umgestellt, gilt die Aktivität nicht mehr als Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), selbst wenn die Einrichtung weiterhin als Pilotanlage bezeichnet wird.

11. Prototypen (Konstruktion, Errichtung und Erprobung von): Ein Prototyp ist ein Modell, das alle technischen Eigenschaften und Ausführungen eines neuen Produkts aufweist. Die Konstruktion, Errichtung und Erprobung eines Prototyps fällt zur Gänze unter Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), jedoch nur so lange, bis der beabsichtigte Entwicklungsendstand (Produktionsreife) erreicht ist.

12. Routine-Tests: [...]

13. Standardisierungsarbeiten: Standardisierungsarbeiten sind grundsätzlich keine Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1). Dies gilt nicht in Fällen, in denen eine Forschungstätigkeit unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden zum Zwecke der Standardisierung erfolgt.

14. Software [...]

15. Versuchsproduktion (Probefertigung, Probebetrieb): Die Versuchsproduktion ist die Startphase der Serienproduktion und kann Produkt- und Verfahrensmodifikationen, Umschulungen des Personals auf neue Techniken und deren Einweisung in den Betrieb neuer Maschinen einschließen. Das Endprodukt dieses Vorganges muss wirtschaftlich verwertbar sein. Versuchsproduktion ist nicht der Forschung und experimentellen Entwicklung (Teil A, Z 1) zuzuordnen.

16. [...]

In der Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012, ist die Maßgeblichkeit des Frascati Manuals in der jeweils gültigen Fassung ausdrücklich normiert.

In Tz 84 des Frascati Manual in der Fassung 2002 ist als grundlegendes Kriterium für die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung von verwandten Tätigkeiten das Vorhandensein eines nennenswerten Elementes der Neuheit sowie die Lösung einer wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheit angeführt: ……. "an appreciable element of novelty and the resolution of scientific and/or technological uncertainty."

Um als F&E-Tätigkeit eingestuft zu werden, muss die Aktivität fünf Kriterien erfüllen; sie muss:

  1. neuartig

  2. schöpferisch

  3. ungewiss in Bezug auf das Endergebnis

  4. systematisch

  5. übertragbar und/oder reproduzierbar sein (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.7).

Damit sind im Frascati-Handbuch jene Aktivitäten angesprochen, die auch schon im Anhang I der Forschungsprämienverordnung erwähnt sind.

3.1.2. Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Geltendmachung der Forschungsprämie ist ab dem Wirtschaftsjahr 2012 ein FFG-Gutachten iSd § 108c Abs 8 EStG 1988, das der freien Beweiswürdigung unterliegt.

Begünstigt sind Aufwendungen zur Forschung und experimentellen Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.
Basiskriterium für die Abgrenzung der zu fördernden "Forschung und Entwicklung" von anderen, nicht begünstigten wissenschaftlichen Tätigkeiten ist das Vorliegen einer wissenschaftlichen und/oder technischen Unsicherheit ().

Um zu "forschen" iSd § 108c EStG 1988 genügt es nicht, "Neues", bisher nicht Dagewesenes hervorzubringen oder "innovativ" zu sein. Es muss vielmehr eine für jeden Fachkundigen offensichtlich erkennbare Wissenslücke geschlossen werden (). Essentiell ist somit, dass die Tätigkeit etwas "Neues" hervorbringt und den bisherigen Wissenstand in dem erforschten Fachgebiet erweitert. Nichts anderes als diesen Neuheitsaspekt spricht auch die Tz. 84 des Frascati Manuals (2002) der OECD an (). Durch das Frascati-Handbuch 2015 erfolgte keine neue Definition von Forschung und Entwicklung; vielmehr stimmt die Definition von Forschung und Entwicklung im Frascati-Handbuch 2015 mit der F&E-Definition in früheren Ausgaben des Handbuchs überein und deckt das gleiche Spektrum an Aktivitäten ab (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.8). Um als F&E-Tätigkeit eingestuft zu werden, muss die Aktivität fünf Kriterien erfüllen; sie muss:

-) neuartig

-) schöpferisch

-) ungewiss in Bezug auf das Endergebnis

-) systematisch

-) übertragbar und/oder reproduzierbar sein (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.7).

Damit sind im Frascati-Handbuch jene Aktivitäten angesprochen, die auch schon im Anhang I der Forschungsprämienverordnung erwähnt sind.

Die Neuartigkeit von Forschungsprojekten muss im Unternehmenssektor vor dem Hintergrund des existierenden Erkenntnisstandes evaluiert werden.

Eine Tätigkeit, die sich in der Verbesserung oder Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten erschöpft und die Dokumentation im Rahmen des bisherigen Wissensstandes offensichtlicher Lösungen ist keine Forschung iSd § 108c EStG 1988 ().

Der Senat sieht sich von der fachlichen Beurteilung in den schlüssigen Gutachten und weiteren Stellungnahmen der FFG überzeugt.

Die in den vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen der bP beschriebenen Tätigkeiten weisen nicht auf einen nennenswerten Gewinn wissenschaftlicher oder technologischer Erkenntnisse hin.

Die bP konnte im Rahmen ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht bei Inanspruchnahme einer Begünstigung (§ 115 Abs 1 BAO) nicht nachweisen, dass die Tätigkeit beim Projekt 3 zu neuen Ansätzen, Lösungen und Erkenntnissen geführt haben, die für die gesamte Branche neu sind, weil das Projekt substantiell über den Stand des Wissens und der Technik hinausginge.

Die Forschungsprämie für die Projekte 1 und 3 steht folglich nicht zu.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob eine Tätigkeit ein nennenswertes Element der Neuheit enthält und darauf gerichtet ist den Stand des Wissens und der Technik substantiell zu vermehren stellt sich als eine Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung dar, für die eine ordentliche Revision nicht vorgesehen ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100903.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at