Zugehörigkeit zum Haushalt des Vaters nach den tatsächlichen Verhältnissen, wenn die in einer Einrichtung des Kinder- und Jugendhilfeträgers untergebrachte 17-jährige Tochter freiwillig in den Haushalt des Vaters zurückkehrt und sich ohne zu nächtigen über einen Zeitraum von 7 Monaten nur mehr fünfmal kurzfristig in der WG aufgehalten hat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Gewährung von Familienbeihilfe für
1. ***1***, geb. ***2*** ab März 2020 bis April 2021 und
2. ***3***, geb. ***4*** ab März 2020 bis August 2021
SVNR, ***5***, zu Recht erkannt.
I. Der Beschwerde wird betreffend ***1*** gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Dem Beschwerdeführer stehen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum September 2020 bis März 2021 zu.
II. Die Beschwerde wird betreffend ***3*** gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte am formlos die Gewährung von Familienbeihilfe für seine Tochter ***1***, geb. ***2*** ab September 2018 bis April 2021 und für seinen Sohn ***3***, geb. ***4*** ab September 2018 bis "auf weiteres".
Auf Grund eines Gerichtsbeschlusses seien die Kinder fremduntergebracht gewesen, der Kinder-und Jugendhilfeträger (KJHT) der BH Neusiedl habe die Familienbeihilfe beantragt und auch bezogen, was mit der überwiegenden Kostentragung begründet worden sei.
Er verwies zunächst auf § 2 Abs. 1 FLAG 1967, wonach anspruchsberechtigt Personen seien…………..der KJHT sei keine Person.
§ 2 Abs. 5 lit. a laute:
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
Da die Kinder aufgrund verschiedener Anschuldigungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der
Kindesmutter aufgrund einer vermuteten Gefährdung mit gerichtlichen Beschluss
fremduntergebracht worden seien, habe weder er noch die Kinder Einfluss auf die Fremdunterbringung gehabt.
Am sei seine Tochter bei dem zuständigen Pflegschaftsrichter vorstellig geworden und habe diesem mitgeteilt, dass sie nicht mehr in die WG zurückkehren möchte, worauf ihr dieser aufgrund einer Rücksprache mit der Kinder- und Jugendhilfe mitgeteilt habe, dass er sie aufgrund ihres Alters nicht mehr zwingen könne, weiterhin in der WG zu bleiben.
Somit sei seine Tochter ab wieder dauerhaft in seinem Haushalt aufhältig, ihr vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung beendet gewesen.
Dies hätte die BH an das FA Österreich melden müssen. Auch eine Wohnsitzabmeldung sei nicht durchgeführt worden.
Er habe seine Tochter am wieder in seinem Haushalt angemeldet.
Er sei letztendlich in allen Punkten entlastet worden. Mit Gerichtsbeschluss sei ihm die hauptsächliche Betreuung für seinen Sohn zuerkannt worden, damit habe er auch das Recht, diesen wieder an seiner Adresse mit Hauptwohnsitz anzumelden. Damit sei sein vorübergehender Aufenthalt außerhalb des gemeinsamen Wohnsitzes beendet worden.
Nach seinem rechtlichen Verständnis sei die Haushaltszugehörigkeit nie aufgehoben gewesen, daher habe er vorrangig Anspruch auf Familienbeihilfe.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und zwar für ***1*** für den Zeitraum März 2020 bis April 2021 und für ***3*** für den Zeitraum März 2020 bis August 2021.
Die Begründung lautete:
Für ***1*** (C.):
"Gemäß §2 Abs.2 FLAG1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu
deren Flaushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehört, die
jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf
Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Ihre Tochter C. war aufgrund des Obsorgebeschlusses vom im Rahmen der
vollen Erziehung durch das Land Burgenland seit dem fremduntergebracht.
Entsprechend der ständigen Judikatur des VwGH sowie des Bundesfinanzgerichtes ist bei
Kinderschutzmaßnahmen im Rahmen der vollen Erziehung, die einen dauerhaften Charakter
beinhalten, die tatsächliche Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft( im Sinne des §2 Abs.5
l.Satz) zwischen dem Kind und den Eltern beendet. Auch wiederholte Besuche und
Übernächtigungen bei den leiblichen Elternteilen ändern daran nichts.
Die mit an den Kinder-und Jugendhilfeträger Land Burgenland, BH Neusiedl am
See übertragene Obsorge für C. wurde bis zur Volljährigkeit von C. im April 2021
nicht beendet. Die Familienbeihilfe steht daher erst ab April 2021 zu.
Für den Monat April 2021 wurde Ihnen die Familienbeihilfe für C. bereits ausbezahlt.
Ihr Antrag war daher für den oben angeführten Zeitraum abzuweisen."
Für ***3*** (D.):
Gemäß §2 Abs.2 FLAG1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu
deren Flaushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehört, die
jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf
Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Ihre Sohn D. war aufgrund des Obsorgebeschlusses vom im Rahmen der
vollen Erziehung durch das Land Burgenland seit dem fremduntergebracht.
Entsprechend der ständigen Judikatur des VwGFI sowie des Bundesfinanzgerichtes ist bei
Kinderschutzmaßnahmen im Rahmen der vollen Erziehung, die einen dauerhaften Charakter
beinhalten, die tatsächliche Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft( im Sinne des §2 Abs.5
l.Satz) zwischen dem Kind und den Eltern beendet.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom wurde Ihnen die
Obsorge für Sohn D. wieder zuerkannt. Die Familienbeihilfe steht daher ab September
2021 wieder zu."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom in der der Bf. sinngemäß folgendes vorbrachte:
Betr. ***1***:
Die Fremdunterbringung und Übertragung der Pflege und Erziehung hätten keinen dauerhaften Charakter gehabt, zumal die Umstände der Fremdunterbringung erst gutachterlich abgeklärt haben werden müssen. Erst bei einem negativen Gutachten und Bestätigung des Beschlusses der Kindesabnahme könnte seiner Meinung nach von einem dauerhaften Charakter gesprochen werden. Diverse Umstände, u.a. die Pandemie und die nicht fristgerechte Vorlage des Sachverständigengutachtens bei Gericht, seien Ursachen gewesen, warum die Fremdunterbringung so lange gedauert habe.
Sollte dieser Standpunkt nicht vertreten werden, verweise er auf § 2 Abs. 5 lit c FALG 1967, wonach Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn sich ein Kind wegen eine Leidens oder Gebrechens in Anstaltspflege befinde. Im Beschluss betr. Kindesabnahme werde von der Verdachtsdiagnose einer belastungsbedingten Panikattacke gesprochen, somit lag bei ***1*** ein Leiden bzw. Gebrechen vor. Auch habe er Unterhalt weit über der Familienbeihilfe geleistet.
***1*** habe ab Mai 2020 wieder in einer Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihm gelebt. Ab sei ihr erlaubt worden, wieder mit ihm Zeit zu verbringen und bei ihm zu nächtigen. Als Beweis lege er seine Aufzeichnungen und die Anwesenheitsliste der BH Neusiedl vor. Nach einem Gespräch mit Richter B. kehrte sie nicht mehr in die WG zurück. Von April 2020 bis September 2020 sei sie von ihm nach ***6*** zum Schlafen gebracht worden, auch nach der Schule habe er sie abgeholt. Während der Schulzeit habe sie Geld und Lebensmittel für die Schule von ihm mitgenommen. Seiner Meinung nach stehe ihm die Familienbeihilfe ab Mai 2020 zu. Dass die Obsorge Voraussetzung für die Beihilfengewährung sei, sei dem FLAG nicht zu entnehmen.
Betreffend ***3*** wiederholte der Bf. seine allgemeinen Ausführungen. Die Familienbeihilfe stehe ihm zu, da die Haushaltszugehörigkeit nicht dauerhaft beendet gewesen sei.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Die Begründung lautet:
Gemäß §2 Abs.2 FLAG1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu
deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die
jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf
Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie der
Bundesfinanzgerichte ist bei Kinderschutzmaßnahmen einer Unterbringung des Kindes in
einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung, die einen
dauerhaften Charakter beinhalten, die tatsächliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (
im Sinne des § 2 Abs. 5 1. Satz) zwischen dem Kind und seinen Elternteilen beendet. (vgl.
, ,
RV/4100176/2015, ,
RV/5100001/2013, ,
RV/7105734/2017).
Diese Kinderschutzmaßnahmen können getroffen werden entweder aufgrund einer
schriftlichen Vereinbarung zwischen den Eltern und dem Kinder- und Jugendhilfeträger, oder
aufgrund einer gerichtlichen Verfügung.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 16 Ps l/19s-77 wurde
die vorläufige Obsorge der minderjährigen ***1*** und des minderjährigen ***3*** an den
Kinder und Jugendhilfeträger, Land Burgenland, Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See,
übertragen.
Im vorliegenden Fall ist für den Beihilfenanspruch entscheidend, ob die Kinder auch nach der
behördlich angeordneten Unterbringung in einer Wohngemeinschaft allenfalls bei Ihnen
haushaltszugehörig gewesen sind oder ob - wenn dies nicht mehr der Fall war - Sie zu den
Kosten des Unterhalts überwiegend beigetragen haben.
Keine Haushaltszugehörigkeit besteht insbesondere in den Fällen einer dauerhaften
Entziehung und Übertragung der Obsorge auf den Kinder- und Jugendhilfeträger (Betreuung
des Kindes im Rahmen der vollen Erziehung durch den Kinder- und Jugendhilfeträger). In diesen Fällen vermögen auch wiederholte Familienbesuche, die von vornherein nur auf Zeit
angelegt sind (sogenannte Ausgänge) und sich nur auf wenige Tage/Ferienzeiten erstrecken,
an der dauernden, nicht nur vorübergehenden Unterbringung in einer sozialpädagogischen
Einrichtung nichts ändern. Im Sinne der oben genannten Judikatur begründen
weiterbestehende und dokumentierte Besuchskontakte zwischen dem fremduntergebrachten
Kind und seinen Elternteilen keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu seinen Eltern.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist im vorliegendem Fall jedenfalls von
einem dauerhaften Entzug und Übertragung der Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung
auf den KJH Träger auszugehen, da diese bei einer ex-post Betrachtung für einen Zeitraum
von fast 2 Jahren angedauert hat.
Entscheidend für die Beurteilung ist der tatsächliche Zeitraum der anhaltenden
Kinderschutzmaßnahme, auch wenn zum Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung diese
Übertragung möglicherweise nur "vorübergehend" angedacht war (ex-ante-Betrachtung).
Von einer nicht dauerhaften Übertragung kann im Einzelfall lediglich dann gesprochen
werden, wenn im akuten Krisenfall eine kurzfristige Fremdunterbringung erfolgt, die nach
spätestens einigen Wochen wieder beendet wird. Dies ist aufgrund der langandauernden
Kinderschutzmaßnahme hier nicht der Fall.
Aufgrund der bisherigen ständigen Judikatur besteht ab dem Zeitpunkt einer dauerhaften
Entziehung und Übertragung der Obsorge auf den Kinder- und Jugendhilfeträger keine
Haushaltszugehörigkeit mehr, auch wiederholte Besuche, Übernächtigungen bei den
leiblichen Elternteilen mögen daran nichts ändern.
Aber es liegt auch keine fiktive Haushaltszugehörigkeit im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. a vor, da
eine dauerhafte Unterbringung eines Kindes Rahmen der vollen Erziehung in einer
sozialpädagogischen Einrichtung nicht mehr als vorübergehender Aufenthalt außerhalb der
gemeinsamen Wohnung angesehen werden kann.
Auch kommt § 2 Abs. 5 lit. c nicht zur Anwendung, da diese Bestimmung voraussetzt, dass
sich ein Kind wegen eines "Leidens" oder "Gebrechens" in einer Einrichtung der
Behindertenhilfe bzw. Pflegeeinrichtung befindet. Die Unterbringung eines Kindes im Rahmen
der vollen Erziehung in einer sozialpädagogischen Einrichtung, wie sie hier gegeben ist,
erfolgt jedoch nicht wegen seines "Leidens" oder "Gebrechens" sondern im Rahmen einer
erforderlichen Kinderschutzmaßnahme.
Wenn in der Beschwerde argumentiert wird, dass bei ***1*** im Beschluss zur
Kindesabnahme von einer Verdachtsdiagnose einer belastungsbedingten Panikattacke
gesprochen wird und es sich daher sehr wohl um ein " Leiden " handle, ist darauf zu
erwidern, dass diese Beschwerden offensichtlich ein Ausfluss bzw. Reaktion auf die familiäre
Situation sind. Die Kindesabnahme und die Unterbringung in der betreuten
Wohngemeinschaft R. erfolgte jedoch aufgrund einer Kindeswohlgefährdung.
Da die tatsächlich entstandenen Kosten von Ihnen nicht überwiegend getragen wurden,
kann ein Beihilfenanspruch auch nicht vom Tatbestand der überwiegenden Kostentragung
abgeleitet werden. Sie wurden zu einer Kostenersatzleistung in der Höhe von monatlich €
350 für ***1*** ab , ab € 175 verpflichtet. Die monatlich anfallenden
Kosten für den Kinder- und Jugendhilfeträger belaufen sich auf ca. € 5.500.
Zu ***3***:
Hinsichtlich dauerhafter Entziehung und Übertragung der Obsorge auf den Kinder- und
Jugendhilfeträger und des Bestehens eines Leidens wird auf die Ausführung betreffend
***1*** oben hingewiesen.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom wurde Ihnen die
Obsorge für ***3*** wieder zuerkannt. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand daher wie bereits
ausführlich dargelegt keine Haushaltszugehörigkeit, die Familienbeihilfe wurde bis 8/2021
daher bereits an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl ausbezahlt. Die Familienbeihilfe wird
gemäß § 10 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 für einen Monat nur einmal
gewährt.
Es ist richtig, dass der Bezug von Familienbeihilfe nicht von einer Obsorge abhängt, sondern
gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in erster Linie von einer
Haushaltszugehörigkeit, in zweiter Linie vom Tragen der überwiegenden Unterhaltskosten.
Beide Kriterien sind aber in Ihrem Fall nicht erfüllt, es besteht daher kein Anspruch auf
Familienbeihilfe.
Hinweis: Für ***1*** und ***3*** wurde seitens des Kinder - und Jugendhilfeträgers ein
Eigenanspruch geltend gemacht, aufgrund der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen
wurde für ***1*** von 9/2019 - 3 /2021 und für ***3*** von 9/2019 -8/2021 die
Familienbeihilfe gewährt, welche auch den Kindern zugutegekommen ist. Würde aufgrund
Ihres Begehrens Ihnen die Familienbeihilfe tatsächlich zustehen, wäre die Beihilfe von den
Kindern wieder zurückzufordern.Im Vorlageantrag vom beantragte der Bf. nochmals dezidiert die Zuerkennung von Familienbeihilfe für ***1*** ab Mai 2020 und fasste die Anwesenheiten von ***1*** in der WG bzw. in seinem Haushalt wie folgt zusammen:
***1*** war in der WG R. It. Angaben der BH-Neusiedl am See im Mai an folgenden Tagen
aufhältig von
11.05 bis 15.05
17.05 bis 20.05
24.05 bis 29.05
***1*** war in meinem Haushalt aufhältig
Mittwoch, 21:30 Uhr 22:30 Uhr, Freitag,
Sonntag, 17:00 Uhr 19:30 Montag,
Mittwoch, 08:00 Uhr Mittwoch, 18:00 Uhr
08:00 Uhr Sonntag, 20:00 Uhr, Freitag,
Mittwoch, 08:00 Uhr 21:30 Uhr, Freitag,
Sonntag, 17:00 Uhr 20:00 Uhr Sonntag,
Montag, 08:00 Uhr Montag, 20:00 Uhr
Mittwoch, 08:00 Uhr Mittwoch, 17:00 Uhr
Freitag, 08:00 Uhr Dienstag, 20:00
Die Restlichen Zeiten war Sie bei ihrer Mutter Frau A.P. aufhältig.
Juni 2020
WG R.It. angaben der BH-Neusiedl am See im Juni an folgenden Tagen
aufhältig von
02.06 bis 05.06
07.06 bis 10.06
14.06 bis 19.06
21.06 bis 26.06
28.06 bis 30.06
***1*** war in meinem Haushalt aufhältig
Mittwoch, 12:35 Uhr Mittwoch, 20:00 Uhr
Donnerstag, 09:30 Uhr Donnerstag, 20:00 Uhr
Freitag, 08:00 Uhr Samstag, 17:00 Uhr
Montag, 18:00 Uhr Dienstag, 19:00 Uhr
Mittwoch, 17:00 Uhr Donnerstag, 20:00 Uhr
Freitag, 17:00 Uhr Sonntag, 17:00 Uhr
Montag, 17:30 Uhr Montag, 20:00 Uhr
Dienstag, 08:00 Uhr Dienstag, 19:00 Uhr
Mittwoch, 18:00 Uhr Mittwoch, 20:00 Uhr
Donnerstag, 08:00 Uhr Donnerstag, 18:00 Uhr
Freitag, 16:00 Uhr Sonntag, 17:00 Uhr
Montag, 17:00 Uhr Montag, 20:00 Uhr
Dienstag, 08:00 Uhr Dienstag, 20:00 Uhr
Donnerstag, 08:00 Uhr Donnerstag, 20:00 Uhr
Freitag, 17:30 Uhr Samstag, 22:00 Uhr
Sonntag, 17:00 Uhr Montag, 08:00 Uhr
Montag, 17:00 Uhr Dienstag, 19:30 Uhr
Mittwoch, 16:30 Uhr Donnerstag, 23:00 Uhr
Lt. Schreiben der BH-Neusiedl am See war sie im August 2020 gar nicht in der WG R.
***1*** war in meinem Haushalt aufhältig
Montag, 20:00 Uhr Samstag, 21:00 Uhr
Sonntag 14:00 Uhr Sonntag, 20:00 Uhr
September 2020
***1*** war in der WG R. lt. angaben der BFI-Neusiedl am See im September an folgenden
Tagen aufhältig von
06.09 bis 09.09
Der Bf. legte folgende von der BH Neusiedl am See erstellte Aufstellung vor:
11.5. bis
17.5. bis
24.5. bis
2.6. bis
7.6. bis
14.6. bis
21.6. bis
28.6. bis
13.7. bis
20.7. bis
27.7. bis
Im August 2020 war sie gar nicht in der WG
6.9. bis
Im Feber 2021 war sie gar nicht mehr in der WG
Mit Vorhalt vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die BH Neusiedl am See die Angaben des Bf. bezügl. der Anwesenheitstage von ***1*** in der WG im Zeitraum Mai 2020 bis Februar 2021 zu bestätigen, was mit Schreiben vom auch erfolgte. Über die Aufenthaltsdauer könnten jedoch keine Angaben gemacht werden, da nur Tage, nicht aber Stunden dokumentiert würden. Hinsichtlich der dem KJHT entstandenen Kosten für die Unterbringung von ***1*** wurden folgende Angaben gemacht:
"Die Kosten der Unterbringung in einer Wohngemeinschaft berechnen sich nach dem Tagsatzsystem, dh. im gegenständlichen mit 178,67 € brutto pro Tag. Wenn sich Kinder länger als 10 Tage am Stück nicht in einer Wohngemeinschaft aufhalten, reduziert sich dieser Tagsatz um 20%, in diesem Fall auf 142,94 €. Der Tagsatz ist nicht nur an Tagen fällig, an denen sich ***1*** in der WG aufgehalten hat, sondern wurde durchgängig bis Feb. 2021 von ha. Seite beglichen".
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater der Kinder ***1***, geb. ***2***, und ***3***, geb. ***4***.
Bis wohnten beide Kinder in seinem Haushalt. Ab diesem Zeitpunkt wohnten sie jeweils in Einrichtungen des Kinder- Jugendhilfeträgers des Landes Burgenland, da diesem mit gerichtlichem Beschluss die Obsorge im Rahmen der vollen Erziehung und Pflege übertragen worden war.
Bis September 2020 nächtigte ***1*** überwiegend in der WG bzw. nicht im Haushalt des Vaters, wobei Zeiten der Ferien, die sie im Haushalt des Vaters verbrachte, z.B August 2020, in diese Betrachtung nicht miteinbezogen werden.
***1*** zog am aus eigenem Entschluss aus der WG aus und wieder bei ihrem Vater ein.
Das Obsorgeverfahren war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet.
***1*** hat seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in der WG genächtigt, hielt sich aber kurzfristig aus nicht näher interessierenden Gründen an den in den Entscheidungsgründen dargestellten Tage dort auf.
Der Platz in der WG wurde ihr bis Februar 2021 freigehalten, bis dahin erfolgte auch die Begleichung des (reduzierten) Tagsatzes durch die BH an die Einrichtung..
Am wurde sie volljährig. Damit endete die durch den KJHT wahrgenommene Obsorge
***3*** lebte ebenfalls aus den bekannten Gründen ab in einer WG des KJHT.
Ab Juli 2021 wurde das mit dem Gericht zwischen den Eltern vereinbarte "Doppelresidenzmodell" erprobt und nach Anhörung des Kindes mit Beschluss vom umgesetzt, den Eltern die gemeinsame Obsorge übertragen und der hauptsächliche Aufenthalt des Kindes beim Vater vereinbart.
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und weitere Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht, wie in den Entscheidungsgründen dargestellt.
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasst (zB ; , 2011/16/0011).
Meldebestätigungen stellen lediglich ein - widerlegbares - Indiz für das Bestehen einer Wohngemeinschaft dar, sind jedoch nicht geeignet, einen vollen Beweis über die tatsächlichen Verhältnisse (Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft bzw -zugehörigkeit) zu liefern ( 17/1388/80).
Für die Frage der Haushaltszugehörigkeit und damit den Beihilfenanspruch des antragstellenden Elternteils kommt es daher nicht darauf an, in wessen Haushalt das Kind gemeldet ist oder nach den Bestimmungen des Meldegesetzes an-bzw abgemeldet hätte werden sollen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des Verfahrens der Anspruch für jene Zeiträume ist, für die der Antrag des Bf. vom mit Bescheid vom abgewiesen wurde, das ist
betr. ***1***, März 2020 bis April 2021,
betr. ***3***, März 2020 bis August 2021.
Über den Zeitraum 9/2019 bis 2/2020 wurde bereits rechtskräftig entschieden (vgl. den Bescheid vom betr. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Zeitraumes 9/2019 bis 2/2020).
Rechtliche Grundlagen:
§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967):
1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,……………..
2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
……………..
5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält……….
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt. Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 2 leg. cit. von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Für einen Monat gebührt gemäß § 10 Abs. 4 FLAG Familienbeihilfe nur einmal.
Wenn der Bf. darauf verweist, dass es sich beim Kinder-und Jugendhilfeträger (KJHT) nicht um eine Person i.S. des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 handle und dieser somit nicht anspruchsberechtigt sei, so ist dazu auszuführen, dass nicht dieser anspruchsberechtigt ist, sondern gem. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch der Kinder bestand:
§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 lautet:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3)……………
Dass der Bf. und die Kindesmutter einen Kostenbeitrag zum Aufenthalt der Kinder in Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe leisteten, steht außer Streit.
Die Obsorge wurde gerichtlich an die BH Neusiedl am See übertragen, diese war somit gesetzliche Vertreterin der Kinder und für die Gewährung der Familienbeihilfe antragslegitimiert. "Person" i.S. des § 2 Abs.1 ist hier jeweils das Kind.
Strittig ist, ob, wie der Bf. vermeint, diesem in den vom bekämpften Bescheid umfassten Zeiträumen für ***1*** bzw. ***3*** Familienbeihilfe zustand.
Wie sich aus § 2 Abs. 2 ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann.
Die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, hängt ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (zB Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt. Anderes ist auch nicht dem Erkenntnis vom , 96/14/0006, zu entnehmen ( ).
Dem Bf. ist zuzustimmen, dass für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit das Erziehungsrecht ohne Bedeutung ( 336/70) ist.
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/16/0195, ist für die Frage, ob ein Aufenthalt ein vorübergehender oder ein ständiger ist, ist von einer Ex-ante-Betrachtung auszugehen (vgl dazu auch das Erkenntnis vom , 2012/16/0008). Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor. Das bedeutet für den konkreten Fall, dass von dem Zeitpunkt aus betrachtet, in dem die Unterbringung in einer Einrichtung eines KJHT begann, zu prüfen ist, ob diese auf einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum angelegt war.
Der Auffassung des Bf., dass sich seine Kinder nur vorübergehend in Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe aufhielten, da er (im Nachhinein) von allen Anschuldigungen entlastet worden sei, ist unter diesem Gesichtspunkt nicht zuzustimmen:
Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen grundsätzlich nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl ). Bei derartigen Unterbrechungen handelt es sich jedoch in typischer Weise um kurze Phasen, während welchen sich das Kind zB in einem Ferienlager befindet oder mit Verwandten eine Urlaubsreise unternimmt oder sich in den Ferien bei diesen aufhält. Auch vorübergehende Krankenhausaufenthalte können diesbezüglich als Beispiel dienen. Jedenfalls ist diesen Aufenthalten außerhalb des Haushaltes eines gemeinsam, nämlich dass Beginn und Ende, letzteres zumindest mit ziemlicher Sicherheit, feststehen bzw keine auf längere Zeit beabsichtigte Aufnahme in den Haushalt einer anderen (potentiell anspruchsberechtigten) Person erfolgt. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt hingegen vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl und , wonach eine durchgehend rund zwei Jahre dauernde Unterbringung in einem Kinderheim im Zuge einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt (volle Erziehung gemäß § 29 des Burgenländischen Jugendwohlfahrtsgesetzes bei Übertragung der Obsorge an die Bezirkshauptmannschaft) nicht mehr als nur vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung iSd § 2 Abs 5 lit a angesehen werden kann).
Als "vorübergehend" wird ein Aufenthalt des Kindes außerhalb der gemeinsamen Wohnung dann anzusehen sein, wenn aus den Umständen des Falles darauf geschlossen werden kann, dass das Kind nach absehbarer Zeit wieder in der gemeinsamen Wohnung leben wird ().
Im Fall eines nicht nur vorübergehenden Aufenthaltes außerhalb des Haushaltes eines Elternteiles vermögen auch wiederholte Familienbesuche, die von vornherein nur auf Zeit angelegt waren (Ausgang) und sich jeweils bloß auf wenige Tage erstreckten an der dauernden, nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung nichts zu ändern (vgl. ; ).
Wie der Bf. hingegen zutreffend feststellt, kommt es für die Frage der Haushaltszugehörigkeit auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).
Die Wohngemeinschaft liegt in dem Haushalt vor, in dem das Kind gewöhnlich seinen Alltag verbringt, die Mitteln des Haushalts benutzt und wo es üblicherweise nächtigt und von wo aus es die Schule (Kindergarten etc.) besucht.
Eine Wirtschaftsgemeinschaft liegt dann vor, wenn zum überwiegenden Teil die laufenden Ausgaben für das Kind getragen werden.
Ein Kind gilt somit dort und dann als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, und dort betreut und versorgt wird. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Kind ständig in diesem Haushalt anwesend ist. Der Begriff der Haushaltszugehörigkeit verlangt jedoch sowohl einen Haushalt, der von der "Betreuungsperson" und dem Kind gemeinsam regelmäßig genutzt wird, als auch, dass die "Betreuungsperson" die Verantwortung für das materielle Wohl (Wirtschaftsführung und -tragung) des haushaltszugehörigen Kindes trägt.
Bezüglich beider Kinder wurde auf Grund eines gerichtlichen Beschlusses vom die Obsorge, Pflege und Erziehung dem Kinder-und Jugendhilfeträger übertragen. Ab (bzw lt. Abfrage aus dem Zentralen Melderegister) waren beide Kinder jeweils in Einrichtungen des Kinder-und Jugendhilfeträger untergebracht.
Bis dahin waren sie am Hauptwohnsitz des Vaters gemeldet. Die Kindesmutter war schon seit an einer anderen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet, sodass in freier Beweiswürdigung davon ausgegangen wird, dass die Kinder bis zur Unterbringung in den Einrichtungen des KJHT dem Haushalt des Vaters angehörten.
Durch die o.a. Maßnahmen wurde die Haushaltszugehörigkeit zum Vater jedoch beendet, da es sich vom Zeitpunkt der Unterbringung aus gesehen, nicht um eine kurzfristige Unterbrechung der Haushaltszugehörigkeit im oben dargelegten Sinn handelte, deren Dauer zeitlich eingrenzbar gewesen wäre oder deren nur kurzfristige Dauer auf Grund der Ursache (z.B. Krankheit) absehbar gewesen wäre.
Vom Zeitpunkt des Beginns der Fremdunterbringung aus gesehen, war die Unterbringung in den Einrichtungen betreffend beider Kinder auf Grund der familiären Situation und des gerichtlich anhängigen Obsorgeverfahrens nicht als nur vorübergehend zu betrachten.
Die Haushaltszugehörigkeit bestand daher nicht weiter i.S. eines nur vorübergehenden Aufenthaltes in den Einrichtungen wie der Bf. vermeint, weil das gerichtlich anhängige Obsorgeverfahren unerwartet lang gedauert hat oder etwa weil dieses zu Gunsten des Bf. entschieden wurde und ihm für seinen noch minderjährigen Sohn wiederum die Obsorge übertragen wurde.
Der Bf. verneint im Vorlageantrag den Eigenanspruch der Kinder auf Grund seines monatlich zu leistenden Kostenersatzes (gemeint offensichtlich Kostenbeitrag an den KJHT) i.H. von € 665.-.
Dazu ist folgendes auszuführen:
Als Alternative zur Haushaltszugehörigkeit sieht das Gesetz einen Familienbeihilfenanspruch auch dann vor, wenn der Antragsteller die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt und das Kind bei niemandem sonst haushaltszugehörig ist (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 zweiter Fall) ().
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Beurteilung, ob jemand die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab (, ).
Entsprechend der Rechtsprechung des VwGH sind mit dem Begriff der Unterhaltskosten iSd § 2 Abs. 2 FLAG 1967 nicht der gesetzliche, notwendige, angemessene oder gerichtlich festgelegte Unterhalt angesprochen, sondern lediglich die Feststellung der tatsächlichen Unterhaltskosten. Dies bedeutet, dass immer von den in einem bestimmten Zeitraum tatsächlichen für den Unterhalt eines Kindes aufgewendeten Kosten auszugehen, jedoch kein Bezug auf den Begriff " Unterhaltskosten" iSd § 140 ABGB zu nehmen ist ().
Zu den Kosten des Unterhaltes gehören nicht nur die Kosten für die Unterbringung zB in einem Pflegezentrum, sondern auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung eines Kindes aufgewendet werden, wie z B Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke, Kosten für Freizeitgestaltung (vgl. Nowotny in Csazsar /Lenneis /Wanke, FLAG, § 2 Rz 150).
Die für die Zeiten des Aufenthaltes beim Vater anfallenden Kosten, wie etwa auch die Kosten für die Bereithaltung eines Zimmers können nicht als Unterhaltsleistungen angesehen werden, da damit keine (notwendigen) Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes, welches im fraglichen Zeitraum in anderen Räumlichkeiten lebt, geleistet wurden, selbst wenn das Kind jederzeit wieder zurückkehren kann ( RV/0752-I/08).
Auch freiwillige Leistungen (zB Fahrten in den Ferien um ein Kind abzuholen und wieder zurückzubringen), die nicht auf einer Unterhaltspflicht beruhen, sind bei der Beurteilung, wer überwiegend die Unterhaltskosten trägt, nicht zu berücksichtigen (siehe ).
In der Folge wird hinsichtlich der strittigen Frage auf jedes Kind gesondert eingegangen:
***1*** (C.):
Ab April 2021 wurden dem Bf. die Familienbeihilfe sowie Kinderabsetzbeträge ausbezahlt.
Im Vorlageantrag vom schränkte der Bf. sein Beschwerdebegehren insoweit ein, als er die Familienbeihilfe ab Mai 2020 beantragte.
Zeitraum Mai 2020 bis inkl. September 2020:
Da sich C. somit von 3.9. (bzw. lt. ZMR) bis jedenfalls April 2020, das sind acht Monate, in Einrichtungen des KJHT, dem die Obsorge, volle Pflege und Erziehung übertragen worden war, aufhielt, kann nicht von einem nur vorübergehenden Aufenthalt gesprochen werden. C. gehörte nicht dem Haushalt des Bf. an, sodass für diesen Zeitraum jedenfalls kein Familienbeihilfenanspruch besteht.
Dieser würde ab Mai, wie vom Bf. nunmehr beantragt, nur dann bestehen, wenn C. in seinen Haushalt zurückgekehrt wäre.
Nach der Rechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt (vgl. ).
Der Bf. legte zur Begründung seines Antrages eigene Aufzeichnungen über den Aufenthalt von C. in den Monaten Mai 2020 bis September 2020 vor, ergänzt durch die vom KJHT erstellten Aufzeichnungen über den Aufenthalt von C. in der WG (siehe die Aufstellung in den Entscheidungsgründen).
Die Tatsache jedoch, dass C. unbestritten Wochenenden, einzelne Tage oder einen längeren Zeitraum in der Ferienzeit im Haushalt des Bf. verbrachte (August 2020), reicht nicht aus, die Haushaltszugehörigkeit beim Bf. neu zu begründen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vermögen, wie bereits ausgeführt, auch wiederholte Familienbesuche, die von vornherein nur auf Zeit angelegt waren (Ausgang) und sich jeweils bloß auf wenige Tage erstreckten an der dauernden, nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung nichts zu ändern (vgl. ; ).
Der Aufenthalt einzelner Stunden, begründet keine Haushaltszugehörigkeit, da es, wie bereits ausgeführt, darauf ankommt, in wessen Haushalt das Kind regelmäßig überwiegend nächtigt.
Die Aufzeichnungen des Bf. machen deutlich, dass C. gerade nicht regelmäßig überwiegend, (d.h. die überwiegende Zahl der Nächte) im Haushalt des Bf. nächtigte. Einzig im Mai 2020 verbrachte C. offenbar 16 Nächte beim Bf. und 15 Nächte in der WG, im Juni 10 Nächte beim Bf. im Juli 11 Nächte beim Bf., im August offenbar ferienbedingt längere Zeiträume.
Im Übrigen brachte der Bf. in der Beschwerde selbst vor, dass er C. im Zeitraum April 2020 bis September 2020 "nach ***6*** zum Schlafen brachte".
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Bf. in diesem Zeitraum die Unterhaltskosten überwiegend getragen hat, da er nur einen monatlichen Kostenbeitrag an den KJHT leistete, und zwar monatlich ab 350 € und ab 175 €. Wie die BH Neusiedl dem Bundesfinanzgericht mitteilte, betrug der Tagsatz für C. 178,67 brutto/Tag, bzw. reduziert 142,94/Tag. Daraus ergibt sich, dass der Kostenbeitrag des Bf. bei weitem nicht an die dem KJHT entstandenen Kosten heranreichte.
Die für die Zeiten des Aufenthaltes beim Vater anfallenden Kosten, wie etwa auch die Kosten für die Bereithaltung eines Zimmers können nicht als Unterhaltsleistungen angesehen werden, da damit keine (notwendigen) Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes, welches im fraglichen Zeitraum in anderen Räumlichkeiten lebt, geleistet wurden, selbst wenn das Kind jederzeit wieder zurückkehren kann ( RV/0752-I/08).
Auch freiwillige Leistungen (zB Fahrten in den Ferien um ein Kind abzuholen und wieder zurückzubringen), die nicht auf einer Unterhaltspflicht beruhen, sind bei der Beurteilung, wer überwiegend die Unterhaltskosten trägt, nicht zu berücksichtigen (siehe ).
Der Bf. vermeint weiters einen Beihilfenanspruch auf § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 stützen können. Dazu wird auf die ausführliche Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen. Zu betonen ist nochmals, dass sich ***1*** weder in Anstaltspflege befand, sondern in einer sozialpädagogischen Einrichtung, noch wegen der vom Bf. angeführten Verdachtsdiagnose einer belastungsbedingten Panikattacke in einer Einrichtung des KJHT untergebracht wurde, sondern wegen einer vom KJHT behaupteten Kindeswohlgefährdung.
§ 2 Abs.5 lit.c FLAG 1967 lautet:
Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn……………………….
……….sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, so erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs.4).
Das Bundesfinanzgericht geht auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes in freier Beweiswürdigung davon aus, dass C. im September 2020 wieder zu ihrem Vater zog. Wie auch die BH Neusiedl bestätigte, hielt sie sich nur mehr einzelne Tage in der WG auf, offenbar ohne Nächtigung. Im Februar war sie gar nicht mehr in der WG Die faktische Haushaltszugehörigkeit wurde damit beim Vater begründet, auch wenn das Obsorgeverfahren noch nicht abgeschlossen war und C. daher in der WG ein Platz bereit gehalten wurde.
Die Schilderung des Bf., dass C. beim zuständigen Richter des BG vorstellig wurde und ihr dieser mitteilte, dass "er sie nicht zwingen könne, in die WG zurückzukehren", ist glaubwürdig.
Ab März 2021 erfolgte keine Kostenübernahme mehr durch das Land.
Da sich C. ab September 2020 im Haushalt des Bf. aufgehalten hat, steht diesem für September 2020 bis März 2021 die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge gem. § 33 Abs. 3 EStG 1988 zu.
***3*** (D.):
Auch betreffend ***3*** wurde mit gerichtlichem Beschluss vom die Obsorge dem Kinder-und Jugendhilfeträger übertragen und wohnte das Kind ab (lt. Abfrage aus dem Zentralen Melderegister) in einer WG.
Hinsichtlich der Argumentation des Bf. der Aufenthalt ebendort sei nur vorübergehend gewesen und schon aus diesem Grund die Haushaltszugehörigkeit zu seinem Haushalt nicht beendet worden, wird auf die Ausführungen betreffend ***1*** verwiesen.
Dass der Bf. nicht überwiegend Unterhalt leistete, ergibt sich aus dem Sachverhalt, sodass auch die in § 2 Abs. 2 FLAG 1967 normierten Voraussetzungen einer fiktiven Haushaltszugehörigkeit, die einen Familienbeihilfenanspruch begründen könnte, nicht vorliegen.
Auch aus § 2 Abs. 5 lit c FALG 1967 lässt sich ein Beihilfenanspruch für ***3*** nicht ableiten. Er befand sich nicht in Anstaltspflege, sondern in einer sozialpädagogischen Einrichtung und auch das nicht wegen eines Leidens oder Gebrechens, sondern der angespannten familiären Situation.
Mit Beschluss des BG Neusiedl vom wurde die Obsorge als gemeinsame Obsorge an den Bf. und die Kindesmutter übertragen. Gleichzeitig damit wurde dem Bf. die hauptsächliche Betreuung übertragen. Dabei handelt es sich, wie in der Begründung des Beschlusses ausgeführt, um den nominellen Anknüpfungspunkt für Rechtsnormen, deren Grundlage der Aufenthaltsort ist, wie beispielsweise Melderecht und Antragstellung bezügl. Familienbeihilfe.
Weiters geht aus dem Beschluss hervor dass mit (Beginn der Sommerferien) die Rückführung in die Familie in Form der sog. "Doppelresidenz" vereinbart wurde, d.h. dass ***3*** jeweils eine Woche bei seinem Vater und eine Woche bei seiner Mutter verbrachte und in der Folge nach seiner Anhörung bei Gericht nach sechs Wochen nicht mehr in die WG zurückkehrte.
Da erst mit Beschlussfassung vom die hauptsächliche Betreuung im Zuge der Obsorgeregelung an den Bf. übertragen wurde, und damit, wie das Gericht deutlich ausführte, auch Rechte verbunden sind, die an den Wohnort geknüpft sind entstand der Beihilfenanspruch erst mit September 2021 (Siehe in diesem Zusammenhang den bereits zitierten § 10 FLAG 1967).
Der Aufenthalt von D. in der WG von fast zwei Jahren kann auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als nur vorübergehend betrachtet werden (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/15/0055 und vom , 97/13/0217).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Frage, welchem Haushalt die Kinder ***1*** und ***3*** in dem vom bekämpften Bescheid umfassten Zeitraum angehörten ist eine der Revision nicht zugängliche Sachverhaltsfrage. Die Frage, unter welchen Umständen die Haushaltszugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der anspruchswerbenden Person vorübergehend bzw. nicht nur vorübergehend beendet ist, wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Judikaten geklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102610.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at