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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2023, RV/1100181/2019

Auszahlung des Vorsorgekapitals als Einmalzahlung im Zuge der Pensionierung im Inland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch E. Igerz & Co Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Bergmannstraße 7, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde von ***Bf1*** (künftig Bf genannt) gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge übermittelten elektronischen Aktes stellt sich der Verfahrenslauf für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Der (Bf) hat seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 am via FON bei der belangten Behörde eingebracht. In der Beilage zur Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 gab er die Auszahlung der 2. Säule (Pensionsvorsorge) seines ehemaligen schweizerischen Arbeitgebers in der Höhe von € 16.278,91 bekannt und beantragte in diesem Zuge die Anwendung des § 124b Z 53 EStG, wonach ein Drittel des Betrages von € 16.278,91 somit € 5.426,30 steuerfrei gestellt werden sollen.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 am . Darin setzte sie die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug mit € 16.278,91 fest. In der zum Einkommensteuerbescheid ergangenen Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus wie folgt:

Gemäß § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen. Bei dieser Begünstigung wird darauf abgestellt, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist. In einer solchen Situation wäre es unbillig, Pensionsabfindungen zur Gänze tarifmäßig zu versteuern. Wenn kein Zwang zur Pensionsabfindung besteht, sondern der Anwartschaftsberechtigte seine freie Wahl zwischen mehreren Ansprüchen (unter anderem dem Anspruch auf Einmalzahlung) trifft, diesem also im Rahmen einer "obligatio alternativa" (Wahlschuld iSd § 906 ABGB; zB Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge oder Liechtensteiner Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge) ein Wahlrecht eingeräumt wird, liegt keine "Abfindung" vor (vgl. ). Die Auszahlung aus der betrieblichen Pensionskasse ist daher zur Gänze mit dem Tarif gemäß § 33 EStG 1988 zu besteuern.

Am erhob der (Bf) durch seinen steuerlichen Vertreter Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018, welcher mit datierte. Darin führte er zusammengefasst aus wie folgt:

Der gegenständliche Bescheid möge wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Im neu zu erlassenden Bescheid möge die Kapitalabfindung in Höhe von € 16.278,91 lediglich zu zwei Drittel besteuert werden und somit die Regelung des § 124b Z 53 EStG Anwendung finden.

Der (Bf) habe bis September 2015 in der Schweiz gearbeitet. In weiterer Folge sei der (Bf) im Inland unselbständig erwerbstätig gewesen. Im Zeitpunkt der Aufgabe der Grenzgängertätigkeit in die Schweiz sei der (Bf) 57 Jahre alt gewesen.

Mit Beendigung der Grenzgängertätigkeit sei der (Bf) aufgrund der gesetzlichen Regelungen in der Schweiz aus dem Vorsorgesystem (Pensionskasse) ausgeschieden. Das Pensionskassenguthaben sei auf ein Sperrkonto (Freizügigkeitskonto) zur Einzahlung gelangt. Der (Bf) habe somit keinen Rentenanspruch mehr, sondern lediglich einen Anspruch auf Kapitalabfindung. Die Kapitalabfindung (Auszahlung Vorsorgekapital) an den (Bf) sei im Dezember 2018 erfolgt. Bei der Übertragung des Vorsorgekapitals auf eine Freizügigkeitspolice hätte der (Bf) keinen Rentenanspruch erwerben können.

Der (Bf) habe daher kein Wahlrecht zwischen einer Rentenauszahlung und einer Kapitalabfindung gehabt. Aus diesem Grunde komme die Regelung des § 124b Z 53 auf den (Bf) zur Anwendung (vgl dazu auch (RV/1100136/2017)).

Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2018, in welcher sie das Beschwerdebegehren als unbegründet abwies. Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:

Der Beschwerdeführer war bis September 2015 als Grenzgänger bei der ***1*** in ***2*** in der Schweiz beschäftigt und wurde nach Beendigung des Dienstverhältnisses das Pensionskassenguthaben auf ein Freizügigkeitskonto bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG übertragen, von welchem es anlässlich der Pensionierung im Dezember 2018 als Einmalbetrag ausbezahlt wurde.

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, ob die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG zusteht, wobei in der Beschwerde vorgebracht wird, auch bei Übertragung auf ein Freizügigkeitskonto hätte der Beschwerdeführer keinen Rentenanspruch erwerben können, wobei begründend auf eine Mitteilung des Bundesamtes über die berufliche Vorsorge verwiesen wird, aus welcher sich ergibt, dass die Erhaltung des Vorsorgeschutzes im Wege einer Freizügigkeitseinrichtung lediglich der Erhaltung des Vorsorgeschutzes für die Zeit, in welcher die versicherte Person keiner Vorsorgeeinrichtung angeschlossen ist, dient und der Invaliditätsversicherungsschutz gemäß BVG durch eine Freizügigkeitspolice nur auf fakultativer Basis aufrecht erhalten werden kann.

Da der Beschwerdeführer kein Wahlrecht zwischen einer Rentenauszahlung oder einer Kapitalabfindung gehabt habe, stehe ihm der Freibetrag gemäß § 124b Z 53 EStG zu. Gemäß § 124b Z 53 EStG (letzter Satz) sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

In seiner Entscheidung 2007/15/0026 vom führte der VwGH aus, dass es sich bei einer Auszahlung als Einmalzahlung, die auf Grund eines Wahlrechts anstatt einer Rentenzahlung bezogen werden kann, nicht um eine Abfindung des Pensionsanspruches im Sinne des § 124b Z 53 EStG, sondern um einen davon getrennten, eigenständigen Anspruch handle und daher die Drittelbegünstigung nicht zur Anwendung komme. Diese Rechtsansicht wurde durch den VwGH im Erkenntnis 2009/15/0188 vom bestätigt.

Diesem Erkenntnis zufolge liegt keine "Abfindung" vor, wenn bei einer sogenannten obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) dem Gläubiger das Wahlrecht eingeräumt ist und er seine freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen trifft. Der VwGH vertrat wiederum zuletzt im Erkenntnis vom , 2018/15/0086, die Ansicht, dass das Vorliegen einer obligatio alternativa - und zwar unabhängig davon, wann das Wahlrecht ausgeübt wurde - der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 entgegen steht.

Gemäß Art 1 und 2 des Schweizer Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) wird im Rahmen der beruflichen Vorsorge zwischen dem Vorsorgefall und dem Freizügigkeitsfall unterschieden. Während im Vorsorgefall eine Vorsorgeeinrichtung des privaten oder öffentlichen Rechts aufgrund ihrer Vorschriften (Reglement) bei Erreichen der Altersgrenze, bei Tod oder bei Invalidität einen Anspruch auf Leistungen gewährt, tritt ein Freizügigkeitsfall dann ein, wenn Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall eintritt, und aus diesem Anlass einen Anspruch auf eine Austrittsleistung haben. Treten Versicherte in eine neue Vorsorgeeinrichtung ein, so hat die frühere Vorsorgeeinrichtung die Austrittsleistung an die neue zu überweisen (Anm.: dieser Fall tritt regelmäßig bei einem Arbeitgeberwechsel ein), während Versicherte, die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen haben, in welcher zulässigen Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen (Art 3 und 4 FZG).

Aufgrund Art 26 FZG ergingen die näheren Durchführungsbestimmungen im Wege der Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV). Gemäß Art 10 FZV wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten. Freizügigkeitspolicen im Sinne dieser Bestimmung sind besondere, ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Kapital- oder Rentenversicherungen, einschließlich allfälliger Zusatzversicherungen für den Todes- und Invaliditätsfall bei einer Versicherungseinrichtung.

Der Beschwerdeführer hatte aufgrund der genannten gesetzlichen Regelungen aus Anlass des Austritts aus der Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) im Jahr 2015 das Wahlrecht, den Vorsorgeschutz durch Übertragung des Pensionskassenguthabens auf ein Freizügigkeitskonto oder auf eine Freizügigkeitspolice zu erhalten, welche für den Fall der späteren Freizügigkeitsleistung mit einer Kapitalauszahlung oder einer möglichen Auszahlung in Rentenform verbunden ist. Anstelle der Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes im Wege einer Freizügigkeitspolice (bei einer Versicherung) wurde die Überweisung des Pensionskassenguthabens auf ein Freizügigkeitskonto bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG veranlasst. Zudem wäre ein Wechsel in eine Freizügigkeitspolice gemäß Art 12 Abs 2 FZV sowie Art 6 des Reglements über die Führung der Freizügigkeitskonten der Stiftung Auffangeinrichtung BVG auch nach Übertragung des Vorsorgeguthabens auf das Freizügigkeitskonto jederzeit möglich gewesen (vgl Reglement über die Führung der Freizügigkeitskonten, gültig ab :

http://www.chaeis.net/fileadmin/CHAEIS SYNC/Internet/FZK/FZK Reqlement%20inkl.%20Verwaltunqskosten/FZK Reqlement.de.pdf ).

Aus Art 2 dieses Reglements ergibt sich überdies, dass eine Übertragung auf die Stiftung Auffangeinrichtung BVG nur deshalb erfolgte, weil der Beschwerdeführer seiner Vorsorgeeinrichtung keine Mitteilung über die Art des gewünschten Vorsorgeschutzes (wahlweise Übertragung der Freizügigkeitsleistung auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice) gemacht hatte.

Insgesamt ergibt sich, dass aufgrund des dem Beschwerdeführer ab Austritt von der Vorsorgeeinrichtung bis zur tatsächlichen Auszahlung zukommenden Wahlrechts auf Bezug der Altersleistung in Rentenform bzw Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes in Rentenform die Voraussetzungen für eine begünstigte Besteuerung gem. § 124b Z 53 EStG nicht vorliegen. Die vom Bundesamt über die berufliche Vorsorge in der Mitteilung über die Berufliche Vorsorge Nr. 126/828 vorgenommenen Aussagen ändern nichts an dieser Beurteilung, ergibt sich aus dieser Mitteilung doch lediglich, dass Freizügigkeitskonten und -policen grundsätzlich eine Überbrückungsfunktion (für die Zeit, in der eine versicherte Person keiner Vorsorgeeinrichtung angeschlossen ist) haben und der Invaliditätsversicherungsschutz gemäß BVG durch die Freizügigkeitspolice nur auf fakultativer Basis vorgesehen ist. Dies steht der gesetzlich vorgesehenen Ausformung und Inanspruchnahme einer Freizügigkeitspolice als Rentenversicherung jedoch nicht entgegen.

Im Übrigen handelt es sich bei den in § 124b Z 53 EStG angeführten Zahlungen für Pensionsabfindungen um solche von einer Pensionskasse, während im gegenständlichen Fall die Überweisung der Freizügigkeitsleistung von einer dritten, von der Pensionskasse unterschiedlichen Einrichtung, nämlich der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, erfolgte. § 124b Z 53 EStG ist somit tatbestandsmäßig enger gefasst als § 25 Abs 1 Z 2 lit b EStG, aufgrund dessen lediglich Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Steuerpflicht unterliegen, während die erstgenannte Bestimmung zusätzlich voraussetzt, dass die erhaltene Zahlung von einer Pensionskasse geleistet wird. Der durch die Übertragung auf das Freizügigkeitskonto bewirkte Schuldnerwechsel hätte demgemäß zur Folge, dass die von einem Dritten erwirkte Zahlung bei wörtlicher Auslegung des Gesetzes der Anwendung des § 124b Z 53 EStG entgegenstehen würde. Im Ergebnis war daher eine Erfassung der Freizügigkeitsleistung, ohne dass ein Drittel gemäß § 124b Z 53 EStG steuerfrei zu belassen war, vorzunehmen.

Mit Schriftsatz vom - eingebracht via FON - beantragte der (Bf) die Vorlage der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde auf die Beschwerde vom verwiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der (Bf) war bis September 2015 als Grenzgänger in die Schweiz tätig. Sein Arbeitgeber war die ***1*** in ***2***. Im Zusammenhang mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei seinem schweizer Arbeitgeber, hat der (Bf) den Wirtschaftsraum Schweiz verlassen. Zu diesem Zeitpunkt war der (Bf) 57 Jahre alt.

Im Zuge der Beendigung der Grenzgängertätigkeit in der Schweiz wurde das Pensionskassenguthaben (Vorsorgekapital) auf ein Freizügigkeitskonto bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG übertragen.

Ab war der (Bf) im Inland unselbständig erwerbstätig.

Anlässlich der Pensionierung des (Bf) im Dezember 2018 wurde das Vorsorgekapital in Form einer Einmalzahlung an den (Bf) zur Auszahlung gebracht.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist das Bundesgesetz vom über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG).

Gemäß Art 13 Abs 1 BVG haben Männer ab Erreichen des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf Leistung in Form einer Alterspension. Gemäß Art 13 Abs 2 BVG steht es den Versorgungseinrichtungen offen, in ihren Reglements vorzusehen, dass ein Anspruch auf Altersleistung im Zeitpunkt der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht.

Ein sog. Freizügigkeitsfall liegt vor, wenn Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verlassen noch bevor der Versorgungsfall eintritt. In einem solchen Fall haben sie Anspruch auf eine Austrittsleistung im Sinne der Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetztes (FZG).

Die Austrittsleistung wird gemäß Art 2 Abs 3 FZG zum Zeitpunkt des Austritts aus der Versorgungseinrichtung fällig.

Wechselt der Anspruchsberechtigte zu einem neuen Arbeitgeber in der Schweiz und somit zu einer anderen (neuen) Versorgungseinrichtung, so hat die bisherige Versorgungseinrichtung das angesparte Kapital an die neue Vorsorgeeinrichtung zur Überweisung zu bringen.

Versicherte, die nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, haben gemäß Art. 4 Abs. 1 FZG ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher zulässigen Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen.

Gemäß Art 10 Abs 1 der Freizügigkeitsverordnung (FZV) kann der Vorsorgeschutz in Form eines Freizügigkeitskontos oder einer Freizügigkeitspolice erhalten werden.

Gemäß Art 5 Abs. 1 FZG steht Versicherten die Möglichkeit offen, sich die Austrittsleistung bar auszahlen zu lassen. Diese Möglichkeit besteht etwa dann, wenn der Versicherte den schweizer Arbeitsmarkt und Wirtschaftsraum endgültig verlässt.

Laut Angaben der Schweizer Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV), als auch nach Auskunft der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA werden von schweizer Versicherungseinrichtungen keine Produkte angeboten, welche es ermöglichen solche Rentenlösungen aufrecht zu erhalten. Dies hat das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung (RV/1100194/2020) bereits detailliert ausgeführt.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen in Bezug auf die Grenzgängertätigkeit des (Bf) leitet das Bundesfinanzgericht aus dem im elektronischen Akt einliegenden Lohnzettel (L 17) für das Jahr 2015 ab.

Die Feststellung betreffend die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit im Inland im Jahre 2016 ergeben sich für das Bundesfinanzgericht aufgrund Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt des (Bf), welcher bei der belangten Behörde geführt wird.

Die Feststellungen in Bezug auf die Auszahlung der Freizügigkeitsleistung an den (Bf) im Jahr 2018 leitet das Bundefinanzgericht aus der vorliegenden Bestätigung Stiftung Auffangeinrichtung BVG vom als auch dem anlässlich der Vorlage der Beschwerde übermittelten Kontoauszug der Hypobank Vorarlberg vom ab.

An der Echtheit und Glaubwürdigkeit der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Beweismittel hegt dieses kein Zweifel.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 124b Z 53 3. Satz EStG lautet wie folgt:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Frage der Besteuerung von Pensionsabfindungen in unterschiedlichen Fallkonstellationen befasst (vgl. etwa , und die dort im Einzelnen angesprochenen Erkenntnisse) und wiederholt ausgesprochen, dass eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung nicht vorliegt, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das freie Wahlrecht (obligatio alternativa gemäß § 906 ABGB) zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits eingeräumt ist (vgl. , und ).

§ 124b Z 53 EStG 1988 setzt somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit Hinweis auf , und ; ebenso jüngst , und ). Zweck dieser Bestimmung ist es, bei fehlender Alternative zur Inanspruchnahme einer Abfindungszahlung eine tarifmäßige Besteuerung zu vermeiden (vgl. ).

Im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, dem ebenfalls ein Fall zu Grunde lag, in dem das Vorsorgeverhältnis mit der beruflichen Pensionskasse des bisherigen Dienstgebers vor Eintritt des Vorsorgefalles durch Dienstaustritt beendet wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf den Beschluss vom , Ra 2016/15/0025, und die dort angeführten Erkenntnisse vom , 2005/15/0010, und vom , 2006/15/0258, klargestellt, dass die Besteuerung eines im Zusammenhang mit dem endgültigen Verlassens der Schweiz ausbezahlten "Altersguthabens" als Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 rechtmäßig ist.

Dabei stellt auch eine vom Abgabepflichtigen getroffene Wahl, sich das Guthaben direkt von der Pensionskasse auszahlen zu lassen, anstatt es auf ein Freizügigkeitskonto zu überweisen, keinen Umstand dar, der der Gewährung der Steuerbegünstigung entgegensteht (vgl. , und den die dagegen erhobene Revision des Finanzamtes zurückweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/15/0025). Ebenso ist es nicht begünstigungsschädlich, wenn das "Altersguthaben" zunächst auf eine Freizügigkeitspolice übertragen und beim endgültigen Verlassen der Schweiz antragsgemäß bar ausbezahlt wurde (vgl. ).

Klargestellt hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, weiters, dass es gerade (auch) die Abfindung von Pensionsanwartschaften ist, die der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung begünstigen will, zumal ein Auslegungsergebnis, das die Abfindung von Pensionsanwartschaften von der Sonderregelung des § 124b Z 53 3. Satz EStG 1988 ausnehmen würde, bewirken würde, dass dieser Bestimmung im Allgemeinen kein Anwendungsbereich bliebe. Ein bereits entstandener Pensionsanspruch ist demnach nicht Voraussetzung.

Somit existiert für den (Bf) auch kein der Regelung des § 124b Z 53 EStG abträgliches Wahlrecht.

Der gegenständlichen Beschwerde war somit stattzugeben. Die Einkommensteuer berechnet sich wie folgt:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
2018
***3*** GmbH
61.221,82
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug
10.852,60
Pauschbetrag Werbungskosten
(-) 132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
71.942,42
Pauschbetrag für Sonderausgaben
(-) 60,00
Kirchenbeitrag
(-) 400,00
Kinderfreibetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind gemäß § 106a Abs 2 EStG 1988
(-) 300,00
Einkommen
71.182,42
Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 beträgt:
0 % für die ersten 11.000,00
0,00
25 % für die weitern 7.000,00
1.750,00
35 % für die weiteren 13.000,00
4.550,00
42 % für die weiteren 29.000,00
12.180,00
48 % für die restlichen 11.182,42
5.367,56
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
23.847,56
Unterhaltsabsetzbetrag
(-) 350,40
Verkehrsabsetzbetrag
(-) 400,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
23.097,16
Steuer für die sonstigen Bezüge
530,19
Einkommensteuer
23.627,35
Anrechenbare Lohnsteuer
26.231,98
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG
0,67
Festgesetzte Einkommensteuer
23.628,00

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis ergeht in Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine ordentliche Revision ist somit nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100181.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at