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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2023, RV/7500204/2023

Parkometer: Ungültiger § 29b StVO Ausweis hinterlegt; Unzuständigkeit des Magistrats Wien und des BFG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500204/2023-RS1
Durch das Einlegen eines ungültigen Behindertenparkausweises wurde gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Durch das Einlegen eines ungültigen und fremden Behindertenausweises steht aber auch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berichtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkplatzes im Raum, wodurch es zu einer Vermögensschädigung der Gemeinde Wien kam.
RV/7500204/2023-RS2
Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rn 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter „[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden“.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Dr. Sebastian Pfeiffer LL.M. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/226701481062/2022, zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/226701481062/2022, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe hinterzogen, in dem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 13:54 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Nelkengasse 3, abgestellt habe ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis gesorgt zu haben. Im Fahrzeug sei lediglich ein nicht mehr gültiger und nicht auf den Beschwerdeführer ausgestellter Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer ***4*** hinterlegt und daher die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe vorgetäuscht worden.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 240,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und neun Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 24,00, das seien 10% der Strafe, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 264,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** in Wien 6, Nelkengasse 3, abgestellt, sodass es dort am um 13:54 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein gestanden ist, da im Fahrzeug lediglich ein nicht mehr gültiger und nicht auf Sie ausgestellter Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer ***4*** hinterlegt war.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Anzeige, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien, auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, sowie in die im Zuge der Beanstandung angefertigten Fotos und in die eingeholte Lenkerauskunft.

Bereits vor Einleitung des Strafverfahrens gaben Sie an, dass Sie in Eile waren und aus Versehen den "alten" anstatt den "neuen" aktuellen Behindertenausweis im Fahrzeug hinterlegt haben. Sie waren gemeinsam mit Ihrer Frau - die Inhaberin des § 29b StVO Ausweises - und einer Freundin, welche Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges ist, unterwegs. Aufgrund eines Telefonates mit der Magistratsabteilung 67 übermittelten Sie den neuen Behindertenausweis und ersuchten - auf Anraten - um Kulanz, weil es ein Versehen Ihrerseits war. Aufgrund der geschilderten Umstände und Ihrer eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse ersuchten Sie die Geldstrafe milde ausfallen zu lassen oder von der Verhängung abzusehen.

In Ihrem Einspruch wendeten Sie zusammengefasst ein, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestreiten. Es ist richtig, dass Sie das verfahrensgegenständliche Fahrzeug abgestellt haben. Ihre Ehegattin, Frau ***2***, war Beifahrerin und verfügt über einen gültigen Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO mit der Nummer ***5***, welcher bis gültig ist. Davor war Ihre Ehegattin Inhaberin eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO mit der Nummer ***4***, welcher abgelaufen ist und durch den Parkausweis mit der Nummer ***5*** ersetzt wurde. Zum Vorfallszeitpunkt haben Sie Ihre Ehegattin im oben angeführten Kraftfahrzeug als Beifahrerin befördert. Aufgrund eines Irrtums haben Sie leider den aktuellen und gültigen Parkausweis Ihrer Gattin mit der Nummer ***5*** verwechselt und irrtümlich, ohne den Fehler zu bemerken, den alten, abgelaufenen Parkausweis mit der Nummer ***4*** hinter der Windschutzscheibe hinterlegt. Danach haben Sie gemeinsam mit Ihrer Gattin das Fahrzeug verlassen. Als Inhaberin eines Parkausweises gemäß § 29 b StVO ist Ihre Ehegattin berechtigt, für Kraftfahrzeuge, die sie als Mitfahrer nutzt, in Kurzparkzonen gebührenfrei und ohne zeitliche Beschränkung zu parken. Ihre Ehegattin kann diesen Vorfall vollinhaltlich bestätigen und beantragten Sie deren zeugenschaftliche Einvernahme. Da Sie das Ihnen vorgeworfene Delikt nicht begangen haben, beantragen Sie die Aufhebung der gegenständlichen Strafverfügung und die Einstellung des Verfahrens gegen Sie. Alternativ dazu beantragen Sie unter Hinweis auf § 45 (1) Ziff.2 und 4 VStG ausnahmsweise von einer Bestrafung abzusehen. Nach telefonischer Kontaktaufnahme und noch vor Erhalt der Lenkererhebung hieß es auch, dass Sie den aktuellen Parkausweis Ihrer Gattin per Mail schicken sollen und dies dann damit erledigt sei, da ein gültiges Dokument vorliege.

Unbestritten blieb sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

§ 6 der Parkometerabgabeverordnung zählt jene Fälle, für die die Abgaben nicht zu entrichten ist, taxativ auf.

Die Abgabe ist nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO 1960 befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind (§ 6 lit. g Parkometerabgabeverordnung).

Unter diesem von der Behörde ausgestellten Ausweis kann nur der gültige Originalausweis verstanden werden, andernfalls die Abgabe zu entrichten ist.

Auf Nachfrage beim Sozialministeriumservice, 1010 Wien, wurde der Behörde mitgeteilt, dass der EU-Parkausweis nach § 29b StVO mit der Nummer ***4*** am für Fr. ***2***, geb. , whft.: ***3***, ausgestellt wurde und bis befristet war - seitdem ist er ungültig.

Der EU-Parkausweis nach § 29b StVO mit der Nummer ***5*** wurde am für Fr. ***2***, geb. , whft.: ***3***, ausgestellt und ist bis befristet.

Da somit der Ausweis gemäß § 29b StVO mit der Nummer ***4*** seine Gültigkeit mit verloren hat und, wie auf den im Zuge der Beanstandung angefertigten Fotos erkennbar ist, das Datum der Befristung am Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 verdeckt und somit nicht leserlich ist, fällt der gegenständliche Sachverhalt nicht unter die Ausnahmebestimmungen und wurde im gegebenen Falle die Befreiung vorgetäuscht und somit die Abgabe hinterzogen.

Die Zeugeneinvernahme der von Ihnen angebotenen Zeugin konnte unterbleiben, da die Ermittlungspflicht ihre Grenze darin findet, dass von weiteren Erhebungen abgesehen werden kann, wenn der Sachverhalt soweit geklärt ist, dass die Behörde auch dann zu keinem anderen Ergebnis gelangen könnte, wenn die namhaft gemachte Zeugin das bestätigen würde, was der Beschuldigte unter Beweis stellt. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage konnte die Einvernahme im gegenständlichen Fall unterbleiben, da nicht bestritten wurde, dass der nicht mehr gültige § 29b Ausweis mit der Nummer ***4*** im Fahrzeug hinterlegt war.

Es sind im Zuge des Verfahrens somit keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Anzeige sowie aus der Tatumschreibung dieses Straferkenntnisses ersichtlich ist.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Sie haben die Parkometerabgabe daher hinterzogen.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Handlung schädigte sowohl das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war.

Im Hinblick auf die schwere Verschuldensform (Abgabenhinterziehung in Folge Verwendung eines nicht mehr gültigen Ausweises gemäß § 29b StVO und somit Vortäuschung eines Befreiungstatbestandes) war die Strafe spruchgemäß festzusetzen, um Sie von einer Wiederholung wirksam abzuhalten.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Im Hinblick auf Ihr Vorbringen, Ihre eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie dass Ihnen der Umstand der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit zum Tatzeitpunkt zu Gute kommt, konnte die Strafe spruchgemäß herabgesetzt werden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:

"Begründung

Die Behauptung der Rechtswidrigkeit sowie mein Begehren begründe ich wie folgt

Ich habe am wirklich aus versehen und das einmalig, anstelle den aktuellen Behindertenpass, den abgelaufenen in die Windschutzscheibe gelegt, da ich beide mitgeführt hatte, weil der Neue gerade erst angekommen war. Und in der Eile von Nach-Weihnachtsstress und einer Panikatacke meiner Frau (auf dessen der Ausweis rennt), habe ich eben aus versehen den abgelaufenen hinterlegt. Dann hieß es als ich bei der zugehörigen Stelle anrief, dass ich nur den aktuellen Ausweis einscannen und zuschicken soll, "das sollte passen" so das Gespräch der Dame. Und dann kam eben die Strafverfügung, was mich verwunderte, denn es war wie gesagt ein EINMALIGES VERSEHEN. Der Alte Ausweis ist eh schon entsorgt, damit das nicht mehr vorkommt. Ich bitte wie gesagt um Ausnahme und ein aufheben der Strafe.

Beschwerdeanträge

Da ich die mir vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, beantrage ich die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 VStG oder im Hinblick auf meine Unbescholtenheit und das einmalige Versehen die Erteilung einer Ermahnung.

Sollte das ohne mündliche Verhandlung nicht möglich sein beantrage ich ausdrücklich die Durchführung einer solchen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeugs mit dem behördlichen Kennzeichen ***1***. Dieses Fahrzeug war am um 13:54 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Nelkengasse 3, abgestellt. Der Beschwerdeführer hat im Beanstandungszeitpunkt einen ungültigen und auf seine Ehefrau lautenden Ausweis gemäß § 29b StVO (in der Folge Behindertenparkausweis) hinterlegt gehabt. Das Gültigkeitsdatum des gegenständlichen Ausweises war durch eine FFP2-Maske abgedeckt. Weder war ein ausgefüllter Papierparkschein hinterlegt, noch war ein elektronischer Parkschein aktiviert.

Beweiswürdigung

Dass der Beschwerdeführer Lenker des gegenständlichen mehrspurigen KFZ war, ergibt sich aus der aktenkundigen Lenkererhebung der Zulassungsbesitzerin Frau ***6***. Der Abstellort, und -zeitpunkt ist aktenkundig und unbestritten.

Dass ein ungültiger und auf die Ehefrau des Beschwerdeführers lautendender Behindertenparkausweis hinterlegt war, ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wird im Rahmen des Einspruchs bzw. der Beschwerde des Beschwerdeführers bestätigt. Dass weder ein Papierparkschein ausgefüllt noch ein elektronischer Parkschein aktiviert war, ist ebenso aktenkundig.

Dass das Gültigkeitsdatum durch eine FFP2-Maske abgedeckt war, ergibt sich aus den aktenkundigen und vom Meldungsleger angefertigten Bildern.

Rechtliche Würdigung

Zu Spruchpunkt I (Stattgabe und Aufhebung):

§ 22 Abs. 1 VStG 1991 normiert: "Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."

Durch das Einlegen eines ungültigen Behindertenparkausweises wurde gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Durch das Einlegen eines ungültigen und fremden Behindertenausweises steht aber auch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berichtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkplatzes im Raum, wodurch es zu einer Vermögensschädigung der Gemeinde Wien kam.

Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rn 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter "[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden".

Der Magistrat Wien war daher zur Erlassung des gegenständlich angefochtenen Straferkenntnisses nicht zuständig.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn eine an sich bestehende verwaltungsgerichtliche Strafbarkeit hinter eine gerichtliche zurücktritt, sodass im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. mwN auf die VwGH-Rsp Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 45 Rn 3).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

§ 78 Abs. 1 StPO normiert: "Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet." Da dem Bundesfinanzgericht in amtlicher Eigenschaft der Verdacht der Straftat bekannt geworden ist, wird das gegenständliche Erkenntnis samt Sachverhaltsdarstellung und Kopie des Verwaltungsaktes an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

Zu Spruchpunkt II (Kosten):

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Da der Beschwerde stattgegeben wird, sind keine Kosten aufzuerlegen.

Zu Spruchpunkt III (Zulässigkeit der Revision)

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde zulässig. Der gegenständlichen Rechtsfrage kommt deswegen grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Rechtsprechung des VwGH zur Zuständigkeitsfrage im konkreten Fall fehlt.

Die Revision der beschwerdeführenden Partei ist hingegen unzulässig. Nach § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache

  1. eine Geldstrafe von bis zu 750 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und

  2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 € verhängt wurde.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, ist in § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 doch lediglich eine Geldstrafe bis zu 365 € vorgesehen und muss es sich bei der in § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. , Rn 3f; , Ra 2021/16/0020, mwN).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 64 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 22 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 78 Abs. 1 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 1 und 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 24 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 5 WAOR, Wiener Abgabenorganisationsrecht, LGBl. Nr. 21/1962
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500204.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at