Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.05.2023, RV/3101025/2016

Rechtspersönlichkeit einer nach beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöschten GmbH

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013 und 2014 sowie dem Bescheid vom betreffend Körperschaftsteuer Gruppe 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten sowie dem Firmenbuch ist zu entnehmen, dass die beschwerdeführende GmbH in den Streitjahren Gruppenträgerin einer Unternehmensgruppe war.

Im Anschluss an eine durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung erließ die Abgabenbehörde mit Ausfertigungsdatum jeweils einen Feststellungsbescheid Gruppenträger für die Jahre 2013 und 2014 betreffend die beschwerdeführende GmbH, mit welchem die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (jeweils negative Einkünfte) um 5.812,54 € erhöht wurden, wobei weiterhin jeweils negative Einkünfte verblieben. Weiters erlies die Abgabenbehörde mit Ausfertigungsdatum u.a. einen gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderten Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2014, mit welchem der Gesamtbetrag der Einkünfte Gruppe von - 128.793,05 € um 5.812,54 € auf -122.9810,51 € erhöht wurde.

Gegen diese Bescheide wurde jeweils mit Eingabe vom Beschwerde erhoben und mit näherer Begründung beantragt, die Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. die Erhöhung des Gesamtbetrages der Einkünfte Gruppe jeweils wieder um 5.812,54 € zu vermindern. Diese Beschwerden wurden dem Bundesfinanzgericht direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Generalversammlungsbeschluss der beschwerdeführenden GmbH vom wurde diese Gesellschaft aufgelöst und in weiterer Folge das Liquidationsverfahren eingeleitet. Nach Abschluss des Liquidationsverfahrens wurde die beschwerdeführende GmbH am im Firmenbuch gelöscht.

Zur Frage der Rechts- und Parteifähigkeit betreffend eine GmbH von deren Vermögenslosigkeit nach Liquidation und Löschung im Firmenbuch nicht ausgegangen werden konnte, verweist der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur u.a. auf die bei Ritz, BAO-Kommentar3, Tz 11 zu § 79 BAO, wiedergegebene Rechtsprechung, wonach die Löschung einer GmbH im Firmenbuch bloß deklarativen Charakter hat und eine GmbH auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fortbesteht, solange ein Vermögen vorhanden ist und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestehen und des weiteren, dass die Rechtspersönlichkeit einer solchen Gesellschaft noch solange fortbesteht, als noch Abwicklungsbedarf vorhanden ist, was dann der Fall wäre, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind ().

Diese Rechtsansicht wurde vom Verwaltungsgerichtshof in einem weiteren Judikat dahingehend präzisiert, dass in einem solchen Fall jeweils zu prüfen sei, ob sich auf Grund eines Beschwerdeverfahrens nachträglich ein abwickelbares Vermögen ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre, was dann nicht der Fall wäre, wenn keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld erfolgt seien, somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch bestehe und das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und damit Abwicklungsbedarfes nicht feststellbar sei (

Im vorliegenden Fall wurde die GmbH nach deren Auflösung und infolge beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöscht. Zur Vollbeendigung der Gesellschaft und damit zum Verlust der Rechtspersönlichkeit kommt es aber wie oben aufgezeigt erst dann, wenn auch tatsächlich kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist und solches auch nicht nachträglich hervorkommt. Wird die Gesellschaft gelöscht, obwohl sie noch über verwertbares Vermögen verfügt, das aus welchen Gründen auch immer zunächst nicht berücksichtigt wurde, so ist ihre Rechtspersönlichkeit eben noch nicht erloschen. Kommt nachträgliches Vermögen hervor, ist von einer Identität und Kontinuität des Rechtsträgers auszugehen, weshalb auch eine notwendig werdende Nachtragsliquidation keine neue, sondern eine Fortsetzung der bisherigen Liquidation ist (Haberer/Zehetner, a.a.O., § 93 Tz 33 und 35). Dies entspricht auch der im , dargestellten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre, als sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen ergeben könnte.

Das bedeutet konkret, dass die Rechtspersönlichkeit der GmbH auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch fortbestanden hätte, wenn es im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu einem Abgabenguthaben am Abgabenkonto, damit zu einem Rückzahlungsanspruch und in weiterer Folge zu einem abwickelbaren Vermögen der Gesellschaft kommen könnte. In diesem Fall bestünde die Gesellschaft als Rechtssubjekt weiter und - nur in diesem Fall - käme dem Verwahrer der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft im Sinne des § 93 Abs. 3 GmbHG gemäß § 80 Abs. 3 BAO auch die Funktion eines Vertreters der fortbestehenden Gesellschaft zu; diese Vertretungsregelung gilt nur für eine noch parteifähige GmbH (Ritz, BAO7, § 80 Tz 13).

Da im vorliegenden Verfahren feststeht, dass die nach Durchführung eines Liquidationsverfahren im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH vermögenslos ist und es des weiteren denkunmöglich ist, "dass sich aufgrund der gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund einer Steuergutschrift nachträglich ein abwickelbares Vermögen" ergeben könnte, besteht somit kein Abwicklungsbedarf durch Fortführung des Beschwerdeverfahrens. Damit hat die beschwerdeführende GmbH mit der vollständigen Abwicklung und ihrer Löschung im Firmenbuch die Parteifähigkeit verloren (). Die Beschwerdeverfahren sind somit infolge der Vollbeendigung der beschwerdeführenden GmbH in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 278 Abs. 1 lit. b BAO und des § 261 Abs. 1 BAO mit Beschluss einzustellen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ) geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 261 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3101025.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at