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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2023, RV/7102804/2022

Beschwerde gegen einen abgeleiteten Bescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TPA Steuerberatung GmbH, Wiedner Gürtel 13, Turm 24, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, die seit als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der A-KG im Firmenbuch eingetragen ist.

Mit Bescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 366.921,11 € in Ansatz gebracht und die Körperschaftsteuer für das Jahr 2015 mit 91.730,00 € festgesetzt.

Gemäß einer Mitteilung über die gesonderte Feststellung betreffend die durch die A-KG im Jahr 2015 erzielten Einkünfte entfielen auf die Beschwerdeführerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 444.773,59 €.

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2015, brachte Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 444.773,59 € in Ansatz und setzte Anspruchszinsen in Höhe von 1.080,55 € fest.

In der fristgerecht gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 erhobenen Beschwerde beantragte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin die Aufhebung und Neuausfertigung der bekämpften Bescheide. Gegen den Bescheid betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO habe die A-KG Beschwerde erhoben, bei deren erfolgreicher Erledigung sich die Einkünfte der Beschwerdeführerin von 444.773,59 € auf 167.320,91 € verringern würden. Für eine Anspruchsverzinsung bleibe aufgrund der geringfügigen steuerlichen Wirkung kein Raum.

Die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 252 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abgeleitet worden sei, könne nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien.

Fristgerecht wurde ein Vorlageantrag eingebracht, die Aussetzung der Entscheidung bis zur Beendigung des Verfahrens über die Feststellung der Einkünfte angeregt und die Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurückgenommen und mitgeteilt, dass im Beschwerdeverfahren betreffend die A-KG datiert mit eine Beschwerdevorentscheidung ergangen sei. Die Tangenten würden dem ursprünglichen Bescheid vom entsprechen. Anders als noch im Feststellungsbescheid vom sei auf Ebene der A-KG kein Zinsaufwand angesetzt worden, weshalb das Problem der Doppelbesteuerung (kein Abzug der Zinsen in Österreich/Versteuerung der Zinseinnahmen in Deutschland) bestehen bleibe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, die seit als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der A-KG im Firmenbuch eingetragen ist.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der A-KG für das Jahr 2015 wurden nach Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens gemäß § 303 BAO mit Bescheid vom in Höhe von 923.959,21 € festgestellt. Der auf die Beschwerdeführerin entfallende Anteil wurde mit 444.773,59 € festgestellt. Dieser Feststellungsbescheid wurde über FinanzOnline am zugestellt.

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2015, brachte Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 444.773,59 € in Ansatz und setzte Anspruchszinsen in Höhe von 1.080,55 € fest.

Gegen den Feststellungsbescheid vom wurde Beschwerde erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Feststellungsbescheid vom abgeändert und der auf die Beschwerdeführerin entfallende Anteil mit 366.921,11 € festgestellt.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheides ist die Verjährung nicht eingetreten ist, weil im Zusammenhang mit dem Feststellungsbescheid 2015 im Jahr 2021 insgesamt drei Vorhalte seitens des zuständigen Finanzamtes ergangen sind und die Verjährungsfrist daher bis verlängert worden ist.

2. Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO kann der Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

Eine Abweisung gemäß § 252 Abs. 1 BAO setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (vgl. Ritz, BAO7, § 252, Tz 3, sowie die darin zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Feststellungsbescheid für das Jahr 2015 wurde gegenüber der A-KG am im Wege von Finanzonline zugestellt und ist damit wirksam geworden. Auch die Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher der auf die Beschwerdeführerin entfallende Anteil mit 366.921,11 € festgestellt worden ist, wurde im Wege von FinanzOnline zustellt.

Aus § 188 BAO in Verbindung mit § 252 BAO ergibt sich ein System von Grundlagenbescheiden und hievon abgeleiteten Bescheiden. Die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen, die für andere Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist (vgl. Ritz, BAO7, § 252 Tz 1). § 252 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen können nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen.

Im vorliegenden Fall wird in der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2015 auf die Begründung der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid verwiesen.

Wie den oben angeführten rechtlichen Ausführungen entnommen werden kann, ist der in einem Feststellungsverfahren festgestellte Einkünfteanteil zwingend der Veranlagung zu Grunde zu legen, weil es sich beim Körperschaftsteuerbescheid um einen abgeleiteten Bescheid handelt. In einem solchen Fall kann der Körperschaftsteuerbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen unzutreffend sind. Einwendungen gegen die Höhe der anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb konnten daher mit Aussicht auf Erfolg nur in der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid, nicht aber in der gegen den Körperschaftsteuerbescheid gerichteten Beschwerde vorgebracht werden.

Sollte der Feststellungsbescheid nach Ergehen des Körperschaftsteuerbescheides im Zuge der Beschwerdeerledigung rechtswirksam geändert werden, so ist der Körperschaftsteuerbescheid zwingend nach § 295 Abs. 1 BAO abzuändern (Ritz, aaO, § 295 Tz 12 und die dort zitierte Judikatur).

Es ist Aufgabe des Bundesfinanzgerichts, in der Sache zu entscheiden. Dabei ist jener Feststellungsbescheid zu Grunde zu legen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts dem Rechtsbestand angehört (vgl. ; ). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts war demnach der Bescheid vom zu Grunde zu legen.

Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2015 war daher nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher der auf die Beschwerdeführerin entfallende Anteil mit 366.921,11 € festgestellt worden ist, zwingend abzuändern.

Eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer, wie sie von der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag angeregt worden ist, kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Frage, um eine Entscheidung im vorgelagerten Feststellungsverfahren abzuwarten, weil diesfalls eine doppelte Erörterung derselben Sach- und Rechtslage wegen § 252 ausgeschlossen ist ().

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/15/0062, unter Hinweis auf § 311 BAO ausgesprochen hat, kann die Verpflichtung zur Anpassung abgeleiteter Bescheide wegen nachträglicher Änderung von Grundlagenbescheiden mittels Devolutionsantrag (nunmehr Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO) geltend gemacht werden. Damit ist ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet (). Einer gesonderten Beschwerde gegen den abgeleiteten Körperschaftsteuerbescheid bedarf es vor diesem Hintergrund nicht ().

Ergänzend wird angemerkt:

§ 209a BAO lautet auszugsweise:

"§ 209a. (1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde."

§ 209a Abs. 2 BAO gestattet die verjährungsungebundene Abgabenfestsetzung auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens dann, wenn die Abgabenfestsetzung von der Erledigung einer anderen mit Beschwerde bekämpften Verwaltungsangelegenheit abhängig ist. Eine Abhängigkeit in diesem Sinne ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Abgabenfestsetzung von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist. Dies trifft im Verhältnis des Körperschaftsteuerbescheides von der gemäß § 188 BAO erfolgten einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Einkünften zu. Liegen einem Bescheid Feststellungen zu Grunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Vor diesem Hintergrund erfasst der erste Tatbestand des § 209a Abs. 2 BAO jene Fälle, in denen eine Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid anhängig ist und stellt diese Sachverhaltskonstellationen im Hinblick auf die Verjährungsfolgen jenen Fällen gleich, in denen die Abgabenfestsetzung selbst Gegenstand eines anhängigen Berufungsverfahrens ist.

Im Streitfall kommt es für die Frage der Verjährung somit darauf an, ob die mit Schriftsatz vom eingebrachte Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid 2015 vor Eintritt der Verjährung der abgeleiteten Abgabe (Körperschaftsteuer 2015) eingebracht wurde (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 209a Tz. 6 und Stoll, BAO-Kommentar, 2208).

Dies war gegenständlich der Fall, weil sich durch die Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 2015 vom die Verjährungsfrist bis zum verlängerte und im Jahr 2021 seitens der Abgabenbehörde drei Vorhalte betreffend die Feststellung der Einkünfte 2015 erlassen wurden (Verlängerungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO). Dadurch verlängerte sich die Verjährungsfrist des Körperschaftsteuerbescheides bis . Die am eingebrachte Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid 2015 wurde somit innerhalb der Verjährungsfrist eingebracht, weshalb entsprechend der Bestimmung des § 209a Abs. 2 BAO der Eintritt der Verjährung der Erlassung eines geänderten Körperschaftsteuerbescheides für 2015 nicht entgegenstehen kann.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, weil sich die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes bereits aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt.

Beilage: 1 Berechnungsblatt (Körperschaftsteuer 2015)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102804.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at