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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2023, RV/7100985/2019

Rückforderung von Familienbeihilfe bei der Bf., da ihre Kinder im Rückforderungszeitraum dem Haushalt der Tante in Rumänien angehörten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Marschall Dr Franz & Heinz Mag Rene, Goldschmiedgasse 8 Tür 1, 1010 Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juni 2016 bis März 2017, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Rückforderungsbescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) und die Kinder S., geb. am 2010, und T., geb. am 2012, sind rumänische Staatsbürger. Die Bf. ist nicht verheiratet.

Die Bf. bezog auf Grund ihrer unselbständigen Tätigkeit für die Kinder Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf. die für den Zeitraum Juni 2016 bis März 2017 bezogenen Familienbeihilfe- und Kinderabsetzbeträge gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) mit der Begründung zurück, dass die Bf. weder auf das Schreiben des Finanzamtes vom (Ersuchen um Ergänzung) noch auf das Schreiben vom (Ersuchen um Ergänzung - Erinnerung) reagiert habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass für den genannten Zeitraum kein Familienbeihilfenanspruch bestanden habe.

In der Beschwerde vom (eingelangt beim Finanzamt am ) wurde von der steuerlichen Vertretung der Bf. vorgebracht, dass es unrichtig sei, dass die Einschreiterin zu Unrecht Kinderbeihilfe für die mj. S. und T. bezogen habe.

Bereits mit Schreiben des Ing. X.. vom sei ausgeführt worden, dass die beiden Minderjährigen im Schuljahr 2016/17 ordnungsgemäß in Wien und lediglich kurzzeitig eine Schule in Rumänien besucht hätten. Mit diesem Vorbringen bzw. diesem Schreiben des Ing. X.. habe sich die erstinstanzliche Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt, so dass das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren grob mangelhaft geblieben sei.

Beweis: beiliegendes Schreiben des Ing. X.. vom ;
Einvernahme des Ing. X.., p.A. der Einschreiterin;
PV der Einschreiterin

Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides entspreche sohin in keiner Weise den gesetzlichen Vorgaben bzw. den von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Vorgaben.

Nach § 37 AVG sei es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungsstrafsache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Werde ein Ermittlungsverfahren in einem wichtigen Punkt unterlassen, so liege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogar ein Indiz für willkürliche - und daher gleichheitswidrige - Vollziehung vor.

Gemäß § 60 AVG seien in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage "klar und übersichtlich " zusammenzufassen.

Diesen Bestimmungen sei die erstinstanzliche Behörde jedoch in keiner Weise nachgekommen.

In der gegenständlichen Rechtssache sei lediglich ein grob mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden und habe sich die erstinstanzliche Behörde mit dem Vorbringen der Einschreiterin in keiner Weise auseinandergesetzt.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe in keiner Weise hervor, aufgrund welcher Erwägungen die belangte Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliege; die die Beweiswürdigung betreffenden Erwägungen seien in keiner Weise schlüssig dargelegt worden und sei insbesondere nicht begründet worden, was die belangte Behörde veranlasst habe, von der Aufnahme der vom Einschreiter beantragten Beweise abzusehen. Das dem angefochtenen Bescheid zu Grund liegende Ermittlungsverfahren sei sohin in mehreren Punkten grob mangelhaft geblieben und leide der angefochtene Bescheid daher an schweren Begründungsmängeln.

Sei der einem Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt nicht in einem dem Gesetz entsprechenden Ermittlungsverfahren klargestellt worden, so sei nicht ausreichend Gewähr dafür geboten, dass er dem wahren und maßgeblichen Sachverhalt entspreche.

Die behördliche Erledigung sei dann, wenn sie nicht schon als inhaltlich rechtswidrig erkennbar sei, alleine deshalb formal rechtswidrig. Bei Vermeidung der dargelegten Mangelhaftigkeit hätte die erstinstanzliche Behörde zu einem anderen Bescheid sowie zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass der Einschreiter die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung tatsächlich nicht begangen habe.

Es sei der erstinstanzlichen Behörde sohin auch nicht möglich gewesen, eine richtige rechtliche Beurteilung der gegenständlichen Abgabensache vorzunehmen, so dass der bekämpfte Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig geblieben sei.

Aus den vorstehend genannten Gründen stelle die Einschreiterin sohin die Beschwerdeanträge, den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu, den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Der Beschwerde war das Schreiben von Ing. X.. vom beigelegt, welches wie folgt lautet:

[...]

T. und S. sind Kinder von Maria, Irina ist die Mutter von Maria. Das Kind S. war ordnungsgemäß für das Schuljahr 2016/17 in der Volksschule der Stadt Wien 1210, angemeldet. Zu Schulbeginn September 2016 wurde in der Familie entschieden, dass S. das erste Schuljahr Vorschulklasse in deren Heimatstadt Viseu de Sus (RO) absolvieren soll.

Dies wurde von mir dem Schreiben an den Stadtschulrat gemeldet (Beilage). Aus diesem Grunde muss S. vorübergehend bei der Familie einer Tante in Viseu de Sus wohnen. Der Rest der Familie ist in Wien.

Ab nächstem Schuljahr ist geplant, dass beide Kinder (S. und T.) in Wien Stammersdorf die Volksschule besuchen.

Wegen der absehbaren kurzzeitigen Unterbrechung des Hauptmieterstatuses des Kindes ersucht die Familie den Meldezettel von S. zu belassen und den Hauptmietzeitraum zur Kenntnis zu nehmen…"

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung abgewiesen:

"Sie und Ihre Kinder S. und T. sind rumänische Staatsbürger. Vom - waren sie bei der Firma A. GmbH beschäftigt.

Mit Schreiben vom und einem weiteren Schreiben vom wurden Sie um aktuelle Schulbesuchs-und Kindergartenbestätigung Ihrer Kinder gebeten, auf die Sie nicht reagierten. Laut Schreiben des Stadtschulrats vom wurde trotz Schulpflicht und einer Hauptwohnsitzmeldung in Wien ein dauernder Aufenthalt von S. im Ausland festgestellt. Laut Auskunft der Kindergartendirektorin Fr. P., besuchten Ihre Kinder mit Mai 2016 das letzte Mal den Kindergarten in Österreich, da Sie angaben, dass beide Kinder sich anschließend in Rumänien aufhalten werden. Daraufhin wurde die Familienbeihilfe rückgefordert. Vorgelegt wurde ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass sich S. ab dem Schuljahr 2016/17 in Rumänien im Haushalt der Tante aufhielt. Weiteres wurden eine rumänische Schulbesuchsbestätigung von S. und eine rumänische Vorschulbesuchsbestätigung von T. für das Schuljahr 2017/18 vorgewiesen. Seit September 2018 besuchen beide Kinder die Volksschule in G., Österreich.

Gesetzliche Grundlagen:

Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG vorrangig die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 5 FLAG gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Gemäß Artikel 60 der VO (EG) Nr. 987/2009 ist bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.

Würdigung:

Unionsrechtlich ist die Beihilfe entweder der den Unterhalt (überwiegend) leistenden Person oder der haushaltsführenden Person zu gewähren. Wer anspruchsberechtigt ist, ist nach nationalem Recht zu beurteilen.

Entsprechend den nationalen Bestimmungen hat vorrangig jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein die Anspruchsvoraussetzungen erfüllendes Kind, zu dessen Haushalt das Kind gehört.

Auf Grund der Aktenlage ergibt sich somit, dass Ihr Familienleistungsanspruch nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 i. V. m. Art. 67 VO 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 durch den vorrangigen Familienleistungsanspruch der in Rumänien zusammen mit den Kindern im gemeinsamen Haushalt lebenden Tante verdrängt wird (vgl. u.a. , Tomistaw Trapkowski; ; ).

Da Ihre Kinder S. und T. für den Zeitraum von Juni 2016 bis März 2017 im gemeinsamen Haushalt mit der Tante in Rumänien lebten und diese für die Pflege und Erziehung der Kinder aufkam, haben Sie somit im rückgeforderten Zeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe."

Die steuerliche Vertretung der Bf. stellte am ohne weitere Ausführungen einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Die Bf. und ihre Kinder hatten im Rückforderungszeitraum einen aufrechten Aufenthaltstitel gemäß Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

Sie und die Kinder waren in Österreich im Rückforderungszeitraum mit einem Hauptwohnsitz gemeldet; die Bf. ab und die Kinder ab .

Die Bf. war im Rückforderungszeitraum in Österreich unselbständig erwerbstätig (Bestätigung der Fa. A. vom , wonach die Bf. seit bei der Firma arbeitet).

Laut Auskunft der Kindergartenleitung besuchten die Kinder letztmalig im Mai 2016 den Kindergarten in Österreich.

Die Kinder hielten sich im Rückforderungszeitraum (Juni 2016 bis März 2017) im gemeinsamen Haushalt mit der Tante in Rumänien auf.

Ab September 2018 besuchten die Kinder die Schule in G., Österreich.

Die Bf. hat seit keinen Wohnsitz in Österreich.

T. und S. waren bis mit einem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet und verzogen wieder nach Rumänien (ZMR-Abfrage vom ).

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt, den Angaben der Bf., den von der Bf. vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem Schreiben der Kindergartenleitung (Fr . P.) und dem Schreiben von Ing. X.. vom sowie aus der rumänischen Schulbesuchsbestätigung von S. und der rumänischen Vorschulbesuchsbestätigung von T. für das Schuljahr 2017/18.

Die Bf. trat den Feststellungen des Finanzamtes, wonach sich die beiden Kinder im Streitzeitraum bei der Tante in Rumänien aufhielten, nicht entgegen.

Es wird Seitens der Bf. lediglich die Rechtsmeinung vertreten, dass die Rückforderung für den Zeitraum Juni 2016 bis März 2017 zu Unrecht erfolgt ist, da es sich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt der Kinder in Rumänien gehandelt habe.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 bestimmt, dass die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 3 lit. a FLAG 1967 zählen zu den Kindern einer Person deren Nachkommen.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten, und für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann, wenn sich diese nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinmmen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Nach Art. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABlEU Nr. L 166 vom , in der Fassung der Berichtigung ABlEU Nr. L 200 vom , (in der Folge: Verordnung Nr. 883/2004) bezeichnet für Zwecke dieser Verordnung der Ausdruck "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt.

Art. 1 lit. i der Verordnung Nr. 883/2004 lautet:

"Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

...

i) ,Familienangehöriger':

1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

ii) in Bezug auf Sachleistungen nach Titel III Kapitel 1 über Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft jede Person, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie wohnt, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt wird oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

2. unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen;

3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;

..."

Nach Art. 1 lit j der Verordnung Nr. 883/2004 bezeichnet der Ausdruck "Wohnort" den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person.

Als Familienleistungen werden in Art. 1 lit. z leg. cit. alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I definiert.

Den persönlichen Geltungsbereich regelt Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 dahingehend, dass diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen gilt.

Zum sachlichen Geltungsbereich ordnet Art. 3 Abs. 1 lit. j der Verordnung Nr. 883/2004 an, dass diese Verordnung für alle Rechtsvorschriften gilt, die Familienleistungen als Zweig der sozialen Sicherheit betreffen.

Gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 haben - sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist - Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Sofern in der Verordnung Nr. 883/2004 nichts anderes bestimmt ist, dürfen gemäß ihrem Art. 7 Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht auf Grund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt oder wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Art. 11 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a der Verordnung 883/2004

lautet samt Überschrift:

"TITEL II

BESTIMMUNG DES ANWENDBAREN RECHTS

Artikel 11

Allgemeine Regelung

(1)

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

...

(3)

Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine

Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

..."

Artikel 67

Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden…."

Art. 68 der Verordnung 883/2004 enthält Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen, wenn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind.

Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABlEU Nr. L 284 vom , (in der Folge: Durchführungsverordnung Nr. 987/2009) lautet:

"Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung

(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.

(2) …"

Im , Tomislaw Trapkowski, hat der EuGH unter Hinweis auf die Familienbetrachtungsweise (Rn 36) mehrfach betont, dass die Frage, wem der Anspruch auf Familienleistung zusteht, ausschließlich nach den innerstaatlichen (hier also österreichischen) Rechtsvorschriften zu prüfen ist, was sich schon unmissverständlich aus dem klaren und unzweideutigen Wortlaut des Art. 60 Abs. 1 zweiter Satz der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 ergibt. Der EuGH stellte daher fest, dass der Anspruch auf Familienleistung auch einer Person zustehen kann, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung der Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind.

Das Unionsrecht selbst vermittelt somit keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im Allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im Besonderen, dass die Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat, der Familienleistungen gewähren soll (vgl. zB ; ; ; ; ; ).

Die nach Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat wohnen. Ob etwa ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist dagegen sachverhaltsbezogen festzustellen (vgl. zB ; ; ).

Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtigte Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär oder gar keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach nationalem Recht zu beurteilen (; ; ; ).

Nach Art. I, Buchstabe i, Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bezeichnet der Ausdruck "Familienangehöriger" "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltszugehöriger bezeichnet wird."

Aus dem bereits oben zitierten , Tomislaw Trapkowski, geht hervor, dass auch die Frage, welche Personen als Familienangehörige iSd Art. I, Buchstabe i, Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, anzusehen sind, nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen ist. Dies ergibt sich aus den Rz 29-31 dieses Urteils:

"29 Wie jedoch das vorlegende Gericht darlegt, steht der Anspruch auf Familienleistungen für ein Kind nach deutschem Recht den mit dem Kind im ersten Grad verwandten Eltern zu, gleich ob sie verheiratet sind oder nicht.

30 Auf dieser Grundlage meint das vorlegende Gericht, das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Kind und seine Mutter seien, was den Anspruch auf Familienleistungen betreffe, als Familienangehörige von Herrn Trapkowski im Sinne des deutschen Rechts anzusehen.

31 Es ist indessen nicht Sache des Gerichtshofs, eine solche Feststellung, die auf das nationale Recht in der Auslegung durch das nationale Gericht gestützt ist, in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Slanina, C-363/08, EU:C:2009:732, Rn. 27)."

Unter der Randziffer 38 führte der EuGH im zitierten Urteil auszugsweise aus:

"Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zu-ständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen " beteiligten Personen " , die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden."

Familienleistungen können daher auch von allen "beteiligten Personen", die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, beantragt werden, wozu nach innerstaatlichem Recht auch die Tante, bei der die Kinder der Bf. im Streitzeitraum gewohnt haben, gehört, und die nach innerstaatlichem Recht primären Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein (im Abs. 1 genanntes) Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Das ein subsidiärer Anspruch gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 bestünde wird von der Bf. ohnedies nicht behauptet.

Transformiert man nun entsprechend den Regelegungen des Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 die im Ausland bestehende Wohnsituation fiktiv ins Inland, und beurteilt die Frage, ob ein gemeinsamer Haushalt vorliegt, aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse, so ergibt sich, dass die Tante mit den Kindern der Bf. im Strreitzeitraum bei einheitlicher Haushaltsführung eine Wohnung geteilt hat (sh. § 2 Abs. 5 FLAG 1967). Die Kinder gehören daher zu ihrem Haushalt.

Zusammenfassend wird festgestellt:

Gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gilt diese Verordnung für die Bf. und deren Kinder, weil diese rumänische Staatsbürger und damit Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union sind.

Die Kindesmutter (Bf.) unterlag aufgrund ihrer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 den österreichischen und die Tante den rumänischen Rechtsvorschriften.

Die Tante der Kinder gilt als Familienangehörige iSd obigen Bestimmungen, weshalb die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auch für sie gilt. Außerdem stützt sich deren Anspruch zudem auf innerstaatliches Recht (siehe § 2 Abs. 3 lit d FLAG 1967, Pflegekinder).

Der vorrangige Anspruch auf Familienleistungen stand somit, bei dem nachweislich gegebenen Sachverhalt, im Rückforderungszeitraum der Tante der Kinder zu, solange die Anspruchsvoraussetzungen (= Erwerbstätigkeit in Österreich) dem Grunde nach in der Person der Bf. erfüllt waren.

Haushaltszugehörigkeit

Im gegenständlichen Fall war nach österreichischem Recht zu prüfen, ob ein gemeinsamer Haushalt der Bf. mit den Kindern im Streitzeitraum Juni 2016 bis März 2017 gegeben war.

§ 2 Abs 2 erster Satz FLAG 1967 stellt hinsichtlich des Familienbeihilfenanspruchs primär auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs 2 zweiter Satz FLAG 1967) darauf ab, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen (; ).

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) …

Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG geht es nach der hg. Rechtsprechung um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen sind (vgl. etwa ). Diese Beurteilung hat auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit abzustellen (, ).

Auf eine allfällige Absicht nach dem Auslandsjahr nach Österreich zurückzukehren, kommt es demnach nicht an.

Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt außerhalb des elterlichen Haushalts nicht nur vorübergehend währen wird, also wenn der Aufenthalt von Anfang an auf längere Zeit angelegt war, dann liegt schon ab Beginn dieses auswärtigen Aufenthaltes ein ständiger Aufenthalt außerhalb des elterlichen Haushalts vor (vgl. nochmals ).

In Anlehnung an die bei Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 5 Rz 9 ff dargestellte Rechtsprechung zu einem ständigen Auslandsaufenthalt des Kindes und an die Regelung des § 26 Abs 2 BAO betreffend den gewöhnlichen Aufenthalt ist davon auszugehen, dass ein Aufenthalt außerhalb des Haushaltes von - geplant - höchstens sechs Monaten die Haushaltszugehörigkeit nicht beendet, ein darüberhinausgehender Aufenthalt hingegen schon (vgl. ).

Im Erkenntnis vom , hat der Verwaltungsgerichtshof bei den in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als vorübergehenden Aufenthalt angesehen (vgl. auch ).

Ein einjähriger Auslandsaufenthalt zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. ).

Im vorliegenden Fall hielten sich die Kinder der Bf. im Zeitraum Juni 2016 bis März 2017, somit 10 Monate, bei der Tante in Rumänien auf. Es lag somit nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein ständiger Aufenthalt im Ausland vor.

Die Kinder gehörten daher im genannten Zeitraum dem Haushalt der Tante in Rumänien an und stand somit dem Anspruch der Bf. die fehlende Haushaltszugehörigkeit mit den Kindern in diesem Zeitraum entgegen. Dem Umstand, dass die Kinder rein formal noch in Österreich gemeldet waren, kommt in diesem Zusammenhang keinerlei Bedeutung zu.

Der Familienleistungsanspruch nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 iVm Art. 67 VO 883/2004 und Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 wurde durch den vorrangigen Familienleistungsanspruch der in Rumänien zusammen mit den Kindern im gemeinsamen Haushalt lebenden Tante verdrängt (vgl. u.a. , Tomistaw Trapkowski; ; ).

Ein Familienangehöriger, auf den gemäß Art. 11 VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Wohnortmitgliedstaates anzuwenden sind, kann gemäß Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 den Anspruch auf Familienleistungen eines anderen Familienangehörigen, auf den gemäß Art. 11 VO 883/2004 die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsmitgliedstaates anzuwenden sind, im Beschäftigungsmitgliedstaat geltend machen (vgl. zB ).

Ein möglicher erfolgversprechender Antrag der Tante ist jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Es war lediglich zu klären, ob der Aufenthalt der Kinder bei der Tante in Rumänien als ständiger Aufenthalt anzusehen ist.

Anzuwendende Normen, Verfahrensmängel, mangelnde Sachverhaltsermittlung

Wiewohl die Bf. rechtsfreundlich vertreten ist, sieht sich das Gericht genötigt darauf hinzuweisen, dass das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Familienbeihilfenangelegenheiten keine Anwendung findet. Die diesbezügliche Regelung ist im § 2 lit a Z 1 Bundesabgabenordnung (BAO) zu finden.

Weshalb der Einschreiter vermeint, der Bf. sei im gegenständlichen Verfahren eine Verwaltungsübertretung zur Last gelegt worden, entzieht sich dem Verständnis des Gerichtes.

Auch die Vorwürfe der Bf. in Bezug auf das Ermittlungsverfahren des Finanzamtes, vermag das Gericht nicht zu teilen. Es war mangelnde Mitwirkung der Bf. im Ermittlungsverfahren, zu konstatieren ist.

Sämtliche Ermittlungsergebnisse wurden der Bf. zur Kenntnis gebracht. Diesbezüglich ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes diesbezüglich Vorhaltscharakter zukommt. Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt also nicht vor.

Es ist für das Gericht auch nicht nachvollziehbar, welche weitere Sachverhaltsermittlungen geboten und zielführend gewesen sein könnten, da der Sachverhalt, nämlich, dass die Kinder der Bf. im Rückforderungszeitraum im Haushalte der Tante in Rumänien gelebt haben, letztlich unbestritten geblieben ist.

Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967

Der Begriff "Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge" bedeutet ohne einen Schuldvorwurf, dass sich später herausgestellt hat, dass sich die Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge nachträglich geändert haben bzw. nicht mehr vorliegen.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungs-pflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenz-zahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis /Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa , ). Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvor-aussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetz-betrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine derartige Rechtsfrage befunden. Vielmehr standen Feststellungen auf der Sachverhaltsebene und die Beweiswürdigung im Zentrum. Beides ist grundsätzlich einer Revision nicht zugänglich.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 8 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005
§ 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 3 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 1 lit. a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 lit. i VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 1 lit. j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
Art. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Titel II Art. 11 ff VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise




























ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100985.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at