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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2023, RV/1100055/2023

Alleinerzieherabsetzbetrag wenn ein Kind im Sinne des § 106 EStG selbst die Familienbeihilfe bezieht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ifs Erwachsenenvertretung, Patientenanwaltschaft und Bewohnervertretung, Johannitergasse 6 Tür 3, 6800 Feldkirch, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Beschwerde von ***Bf1*** künftig (Bf) genannt, gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Gemäß dem Inhalt des in diesem Zuge mitübermittelten elektronischen Aktes, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Am hat der (Bf) seine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 via FON bei der belangten Behörde eingebracht. Darin beantragte er u.a. den Alleinerzieherabsetzbetrag für ein Kind.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ am den Einkommensteuerbescheid des (Bf) für das Jahr 2020. Den Alleinerzieherabsetzbetrag gewährte die belangte Behörde nicht.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 legte der (Bf) durch seinen Erwachsenenvertreter mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

Die ifs Erwachsenenvertretung sei zur Vertretung des (Bf) in gerichtlichen Angelegenheiten berufen worden. Bezugnehmend auf den Einkommensteuerbescheid 2020 datierend mit werde beantragt, den Alleinerzieherabsetzbetrag zu gewähren.

Der (Bf) lebe seit April 2020 im gemeinsamen Haushalt mit seinem Sohn ***1*** (geb. am ). Er sei seither alleinerziehend. Die Familienbeihilfe sei damals direkt an seinen Sohn (bzw. dessen Vertreter, BH Bregenz, Abt. Kinder- und Jugendhilfe) ausbezahlt worden.

Am erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2020. Darin wies sie das Beschwerdebegehren als unbegründet ab. Begründend führte sie aus wie folgt:

"Einem Alleinerzieher steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Alleinerzieher ist eine Person, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt (zB ledig, verwitwet, geschieden oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebend).

§ 106 Abs. 1 EStG 1988:

(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.
(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.

Sie haben im Kalenderjahr 2020 keine Familienbeihilfe für ein Kind bezogen und Sie waren auch nicht Unterhaltsleister für ein Kind. Daher kann für das Jahr 2020 der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht gewährt werden."

Mit Schriftsatz vom brachte der (Bf) durch seinen Erwachsenenvertreter einen Vorlageantrag ein. Begründend führte er darin aus wie folgt:

"Der vormalige Erwachsenenvertreter Rechtsanwalt Dr. ***2*** hatte am gegenüber der PVA eine Abtretungserklärung unterzeichnet, wonach der Kinderzuschuss für Sohn ***1*** sowie der infolge Unterhaltsverpflichtung anzurechnende Erhöhungsbetrag an Ausgleichszulage an die BH Bregenz, Abt. Kinder- und Jugendhilfe, die mit der Obsorge betraut waren (Beschluss des BG Bregenz vom ), (siehe beiliegende Kopie) abgetreten worden sei.

Ein Betrag in Höhe von monatlich EUR 149,15 wurde daher als Unterhalt für Sohn ***1*** direkt von der Pensionsversicherungsanstalt Vorarlberg an die Kinder- und Jugendhilfe angewiesen (siehe beiliegende Kopie). Ich ersuche Sie den beantragten Alleinerzieherabsetzbetrag zu berücksichtigen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Datum unterzeichnete der (Bf) durch seinen damaligen Erwachsenenvertreter RA Dr ***2*** eine Abtretungserklärung. Entsprechend dieser Abtretungserklärung wurde der Kinderzuschuss für Sohn ***1***, sowie der infolge Unterhaltsverpflichtung anzurechnende Erhöhungsbetrag an Ausgleichszulage (gesamthaft € 149,15 p.m.) an die BH Bregenz, Abt. Kinder- und Jugendhilfe, die mit der Obsorge betraut war (Beschluss des BG Bregenz vom ), abgetreten.

Die Familienbeihilfe, als auch der Kinderabsetzbetrag wurden während des gesamten Beschwerdezeitraumes direkt an den Sohn des (Bf) zur Auszahlung gebracht. Der (Bf) und sein Sohn leben seit April 2020 im gemeinsamen Haushalt.

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 beantragte der (Bf) den Alleinerzieherabsetzbetrag für seinen Sohn ***1***.

Der beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag wurde dem (Bf) seitens der belangten Behörde nicht gewährt, da der (Bf) im Jahr 2020 keine Familienbeihilfe für seinen Sohn erhalten hat.

Strittig ist, ob dem (Bf) der Alleinerzieherabsetzbetrag für das Jahr 2020 zusteht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend die direkte Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages im Jahr 2020 an den Sohn des (Bf) stützt das Bundesfinanzgericht auf die im elektronischen Akt einliegende Bestätigung des Finanzamtes Österreich vom .

Daraus ist ersichtlich, dass die Familienbeihilfe, als auch der Kinderabsetzbetrag während des gänzlichen Jahres 2020 direkt an ***1*** zur Auszahlung gelangt ist.

Die Feststellung, dass der (Bf) mit seinem Sohn seit April 2020 im gemeinsamen Haushalt lebt, leitet das Bundesfinanzgericht aus entsprechenden Abfragen des ZMR ab, welche im elektronischen Akt ersichtlich sind.

An der Echtheit und Glaubwürdigkeit der vorliegenden Beweismittel hegt das Bundesfinanzgericht keine Bedenken.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs 4 Z 2 EStG in der für 2020 geltenden Fassung lautet wie folgt:

( )

Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

  1. bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

  2. bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

§ 106 Abs 1 EStG in der für das Jahr 2020 geltenden Fassung lautet wie folgt:

(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.

(4) Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 sind die Abs. 1 bis 3 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht alleinerziehenden Steuerpflichtigen ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) € 494. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Für die Zuerkennung des AEAB muss ein Kind im steuerlichen Sinne vorhanden (s ua ) und die Sechsmonats-Frist erfüllt sein (vgl hierzu Jakom, EStG16, RZ 67 zu § 33).

Der (Bf) beantragte in der Abgabenerklärung für das Jahr 2020 die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages.

Im streitverfangenen Beschwerdefall steht außer Streit, dass die Familienbeihilfe, als auch der Kinderabsetzbetrag während des gänzlichen Jahres 2020 nicht an den (Bf), sondern dessen Sohn ***1*** gewährt wurde und folglich an ihn direkt zur Auszahlung gelangt ist. Dies erschließt sich aus der vorliegenden Bestätigung des Finanzamtes Österreich vom .

Der Sohn des (Bf) lebte im Jahr 2020 während mehr als 6 Monaten im gemeinsamen Haushalt mit dem (Bf). Dieses Faktum leitet sich aus den vorliegenden Auszügen aus dem ZMR (Zentralen Melderegister) ab.

Nach der klaren und eindeutigen Regelung des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 hat der Alleinerzieherabsetzbetrag ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 zur Voraussetzung.

Ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 ist aber nur im Falle des tatsächlichen Familienbeihilfenbezuges durch den Steuerpflichtigen während mehr als sechs Monaten im Kalenderjahr gegeben. Die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages ist somit an den tatsächlichen Bezug der Familienbeihilfe (durch den Steuerpflichtigen, der den Alleinerzieherabsetzbetrag geltend macht) geknüpft (vgl. ; ; ; ; uva.).

Der (Bf) selbst hat im Streitjahr keine Familienbeihilfe für seinen Sohn erhalten, weswegen die vom Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages im Jahr 2020 nicht erfüllt sind.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die ordentliche Revision war zu versagen. Das gegenständliche Erkenntnis ergeht in Einklang mit der Gesetzeslage und der einschlägigen Judikatur des VwGH.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100055.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at