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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2023, RV/7103369/2022

Zurückweisung des Antrages auf Familienbeihilfe wegen Verjährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe für beide Kinder, von September 2013 bis Juni 2017 bzw. September 2016 bis Juni 2017 des Finanzamtes Österreich vom , zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) und ihr Ehegatte sind serbische Staatsbürger.

Die Bf. stellte beim Finanzamt Österreich am und am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder K1, geb. 2016, und K2, geb. 2013. Die Anträge enthielten keine Angabe, ab wann die Familienbeihilfe beantragt wurde.

Am erging an die Bf. die Mitteilung, dass die Familienbeihilfe für K1 von November 2021 bis November 2022 und für K2 von Februar 2021 bis Februar 2023 gewährt wird.

Am brachte die Bf. einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für K2, ab September 2013 und K1 ab September 2016 ein.

Am ergingen an die Bf. folgende Bescheide:

Mit Bescheid vom wurde der Antrag für das Kind K2 von September 2013 bis Juni 2017 und für K1 für den Zeitraum September 2016 bis Juni 2017 zurückgewiesen, da Familienbeihilfe gemäß den Bestimmungen des § 10 Abs. 3 FLAG 1967 höchstens fünf Jahre rückwirkend ab Beginn des Monats der Antragstellung ausbezahlt wird.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag betreffend K2 von Juli 2017 bis Jänner 2021 und für K1 für den Zeitraum März 2021 ab.

"Begründung:

Zu K2:

Ihr Kind hält sich nicht rechtmäßig in Österreich auf. Es besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 3 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes).

Zu K1:

Ihr Kind hält sich nicht rechtmäßig in Österreich auf. Es besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 3 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes)."

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf. die für K1 vom April 2021 bis Oktober 2021 und für K2 für den Zeitraum April 2021 bis Oktober 2021 bezogenen Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 mit folgender Begründung zurück:

"Zu K1:

Ihr Kind hält sich nicht rechtmäßig in Österreich auf. Es besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 3 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes).

Zu K2:

Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."

Die Bf. brachte am folgende Beschwerde ein:

"Betrifft: Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamt Österreich bezogen auf Familienbeihilfe und zwar in der Sache Ordnungsbegriff … für die Kinder K2 und K1; Mutter ***Bf1***.

Ganz kurz und sachlich:

Sie haben den Antrag zurückgewiesen dabei angebend, dass die Kinder nicht immer in Österreich waren was überhaupt nicht stimmt.

Aus allen Unterlagen, welche ich Ihnen zugestellt habe ist es sehr klar dass die Kinder in Wien geboren wurden, weiter dass die Kinder die persönliche Ausweise und die Pässe nach langem Ringen um Status erst jetzt bekommen haben. Das war auch Grund dass die Kinder seit der Geburt bis jetzt nie Österreich verlassen haben; weiter genauso ihre Mutter hat auch seit der Geburt der Kinder bis heute Österreich nicht verlassen.

Damit ist klar dass beide Kinder und auch die Mutter bis jetzt nur auf dem Hoheitsgebiet von Österreich sich befunden haben schon aus dem Grund der Reisepässe welche sie erst jetzt bekommen haben.

Dass dies Wahrheit ist können Sie bei den Grenzpolizeibehörden überprüfen und auf Grund der Pässe, Fingerabdrücke und auch bei Meldebehörden.

Die Tatsache dass wir d.h. Kinder und ich nicht immer auf dem Hoheitsterritorium waren, ist von jemanden der Beamten einfach erfunden worden.

Mit dieser Ausrede haben Sie den Antrag auf die Familienbeihilfe zurückgewiesen und ich bitte Sie überprüfen Sie noch einmal alle Unterlagen welche wir ihnen zugestellt haben und auch entnehmen Sie bei allen österreichischen Behörden die Angaben von unserem Aufenthalt. Sie haben ja den Zutritt zu allen Databasen bei allen Behörden in Österreich.

Aus allen Ihnen unsererseits zugesandten Unterlagen geht es die Wahrheit hervor, dass wir nie außerhalb Österreich uns aufgehalten haben.

Auf den wahren Tatsachen bitte bringen Sie dann die Entscheidung zugunsten von uns und bringen Sie nach österreichischen gerechtigen positiven Vorschriften den Bescheid mit welchen Sie uns die Familienbeihilfe gewähren und zwar seit es uns gesetzlich gebührt…"

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt auf Grund des inhaltlichen Vorbringens der Bf. ("Sie haben den Antrag zurückgewiesen…" und "mit dieser Ausrede haben Sie den Antrag auf die Familienbeihilfe zurückgewiesen"als eindeutig gegen den Zurückweisungsbescheid vom gerichtet gewertet und die Beschwerde in der Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abgewiesen, dass Familienbeihilfe höchstens fünf Jahre rückwirkend ab Beginn des Monats der Antragstellung ausgezahlt werde (§ 10 Abs. 3 FLAG 1967).

Mit Bescheid vom sei der Antrag der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe für K2 für den Zeitraum September 2013 bis Juni 2017 sowie für K1 für den Zeitraum September 2016 bis Juni 2017 zurückgewiesen worden, da diese Zeiträume bereits verjährt gewesen seien.

Die Bf. stellte am (eingelangt beim Finanzamt am ) folgenden Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht:

"Mein erster Sohn K2 wurde in Wien geboren am 2013. Seitdem befinde ich mich mit meinem Ehemann E (im Besitz des Aufenthaltstitels) und Sohn K2 in Österreich. Ich versuchte seit der Geburt von K2 einen Aufenthaltstitel für mich und meinen Sohn zu erlangen, vergeblich. Da ich damals noch nicht 21 Jahre alt war verweigerte man mir die Annahme des Antrages bei der MA 35. Ich wurde an die BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) verwiesen.

Auch dort stieß ich auf verschlossene Türen. Mit Bescheid vom , ZI. 12 wurde der Antrag auf eine Rot Weiss Rot Karte Plus für K2 abgewiesen. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am , sowie am (4 Jahre später!!!) erhielt ich und mein Sohn K2 endlich unseren ersten Aufenthaltstitel Rot Weiss Rot Karte Plus auf 12 Monate und in weiterer Folge seit Nov. 2021 auch mein 2. Sohn K1 geb. am 2016 ebenfalls eine Rot Weiss Rot Karte Plus auf 12 Monate (Aufenthaltstitel anbei).

Da ich mich mit meiner Familie seit 2013 ununterbrochen in Österreich aufhalte und meine beiden Kinder seit Geburt sich hier in Österreich aufhalten (siehe MutterKindPass anbei), hier den Kindergarten besuchten und nun hier zur Schule gehen, wir nun 9 Jahre unser Geld hier in Wien Österreich für unsere Familie ausgeben, unseren Lebensmittelpunkt in Wien haben, wir aber ohne Familienbeihilfe auskamen, beantrage ich hiermit meiner Beschwerde vom gegen die Abweisung meiner im Okt. 2021 beantragten Familienbeihilfe stattzugeben und mir die Familienbeihilfe rückwirkend ab Okt. 2016 (5 Jahre rückwirkend also nicht verjährt!) zu genehmigen und zur Auszahlung zu bringen. Ich ersuche um Gleichberechtigung, nun sind wir alle mit dem Aufenthaltstitel legal in Österreich, davor waren wir auch legal in Österreich (keiner von uns wurde abgeschoben) nur hatten wir keinen Aufenthaltstitel.

Ich appelliere hiermit nochmals an die Gleichberechtigung und ersuche um Gleichstellung zu allen anderen Familien die auch Kinder in Österreich erziehen und Familienbeihilfe beziehen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass die Bf. am und ergänzend am für die Kinder K1, und K2 ohne Angabe des Monats, ab wann die Familienbeihilfe beantragt wird, also eindeutig nicht rückwirkend, einen Antrag gestellt hat.

Das Finanzamt gewährte ab dem Monat der Antragstellung (April 2021) vom April 2021 bis Februar 2023 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag betreffend K2 von Juli 2017 bis Jänner 2021 und für K1 für den Zeitraum März 2021 abgewiesen, da kein gültiger Aufenthaltstitel vorlag.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf. keine Beschwerde eingebracht. Das Finanzamt hat die Beschwerde lediglich als gegen den Zurückweisungsbescheid gerichtet angesehen, da hinsichtlich anderer, mit gleichem Datum ergangenen Bescheide, nichts ersichtlich war, was als gegen diese gerichtete Beschwerde anzusehen wäre. Die Bf. hat diesbezüglich in ihrem Vorlageantrag auch keine Einwendungen erhoben.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf. die für K1 vom April 2021 bis Oktober 2021 und für K2 für den Zeitraum April 2021 bis Oktober 2021 bezogenen Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurück, da kein gültiger Aufenthaltstitel vorlag.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf. keine Beschwerde eingebracht.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf. vom für das Kind K2 von September 2013 bis Juni 2017 und für K1 für den Zeitraum September 2016 bis Juni 2017 zurückgewiesen, da Familienbeihilfe gemäß den Bestimmungen des § 10 Abs. 3 FLAG 1967 höchstens fünf Jahre rückwirkend ab Beginn des Monats der Antragstellung ausbezahlt wird.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Bf. am Beschwerde eingebracht.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 10 Abs. 3 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Zufolge des vorliegenden Sachverhaltes hat das Finanzamt daher mit Bescheid vom für K2 von September 2013 bis Juni 2017 und für K1 für den Zeitraum September 2016 bis Juni 2017 zu Recht zurückgewiesen (vgl zB , ).

Der Einwand der Bf., dass ihr die Familienbeihilfe rückwirkend ab Oktober 2016 zustehe, weil sie den Antrag auf Familienbeihilfe im Oktober 2021 gestellt habe, geht schon deshalb ins Leere, da ein erster Antrag auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe nachweislich erst am eingebracht wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung:

Zum besseren Verständnis und da die Bf. nicht rechtskundig vertreten ist, hält es das Gericht für angebracht Folgendes anzumerken:

Auch wenn es die Bf., wohl aus Unkenntnis, verabsäumt hat, gegen andere Bescheide des Finanzamtes Rechtsmittel einzubringen, so ist Ihr im Ergebnis daraus kein Nachteil erwachsen.

Entgegen der Ansicht der Bf., hat das Finanzamt zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens in Zweifel gezogen, dass sich die Kinder in Österreich aufgehalten haben. Das Finanzamt hat vielmehr ausdrücklich auf die fehlenden Aufenthaltstitel hingewiesen. Leider irrt die Bf., wenn Sie vermeint der Anspruch auf Familienbeihilfe hängt allein vom Aufenthalt der Kinder in Österreich ab.

Der Gesetzgeber fordert gemäß § 3 Abs. 1 FLAG für den Familienbeihilfenanspruch, sowohl für die ausländischen Eltern, als auch für die Kinder einen gültigen Aufenthaltstitel nach NAG. Allein, dass sich die Kinder tatsächlich in Österreich aufgehalten haben ist unerheblich. Wie die Bf. selbst in ihrem Vorlageantrag ausführt, gelang es Ihr erst im Dezember 2020 bzw. im November 2021 für ihre beiden Kinder gültige Aufenthaltstitel (Rot-Weiß-Rot Karte Plus) nach NAG zu erlangen. Es ab diesen Zeitpunkten bestand also ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach Überzeugung des Gerichts, hat das Finanzamt also der Bf., weder etwas Unrichtiges unterstellt oder ihr keinen Glauben geschenkt, noch die Familienbeihilfe zu Unrecht verweigert.

Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da es im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die Lösung der gegenständliche Rechtsfrage ergibt sich vielmehr klar aus dem Gesetz.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at