Behindertenfreibetrag - unterjähriger Pflegegeldbezug
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2017 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 beantragte der Beschwerdeführer für seine Gattin den Behindertenfreibetrag.
Das Finanzamt gewährte aufgrund des Pflegegeldbezugs den Behindertenfreibetrag nicht (Bescheid vom ). Die dagegen erhobene Beschwerde vom wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab; auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.
Dem Vorlageantrag vom entsprechend legte das Finanzamt mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Gattin des Beschwerdeführers bezog in den Jahren vor 2017 bis einschließlich Mai 2017 Pflegegeld.
Im Zeitraum von Jänner bis Mai 2017 betrug der Pflegegeldbezug insgesamt 1.382,30 €.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unstrittig, es handelt sich um eine reine Rechtsfrage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG 1988 idF BudBG 2011, BGBl I 111/2010, steht dem Steuerpflichtigen jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu, wenn er außergewöhnliche Belastungen bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3) hat und wenn weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält.
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist, ob der Behindertenfreibetrag für die Gattin trotz Bezug von Pflegegeld zusteht.
Unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung des Behindertenfreibetrages ist, dass für die Behinderung keine pflegebedingten Geldleistungen bezogen wurden (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 35 Rz 5).
Die Gattin des Beschwerdeführers hat von Jänner bis Mai 2017 Pflegegeld bezogen.
Liegt ein unterjähriger Pflegegeldbezug vor, ist folgendermaßen vorzugehen: (1) Wird Pflegegeld (pflegebedingte Geldleistung) nur für einen Teil des Kalenderjahres bezogen, steht der Freibetrag in dem Kalenderjahr, in dem erstmals Pflegegeld bezogen wird, in voller Höhe zu. (2) Im darauffolgenden Kalenderjahr (in den darauffolgenden Kalenderjahren), in dem (in denen) Pflegegeld bezogen wird, steht der Freibetrag nicht mehr zu. (3) Sollte der Pflegegeldbezug in der Folge wegfallen, steht der Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 erst wieder für jenes Kalenderjahr zu, in dem ganzjährig kein Pflegegeld bezogen wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall ist nach Pkt. (3) vorzugehen. Da die Gattin des Beschwerdeführers 2017 noch Pflegegeld bezogen hat, steht der Behindertenfreibetrag im beschwerdegegenständlichen Jahr nicht zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegenständlich ist die Gewährung des Behindertenfreibetrages. Zu § 35 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102909.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at