Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2023, RV/7102096/2022

Welche Umsätze fallen unter den Begriff „Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken“ im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 2 GewO und sind daher nach § 28 Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994 mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 % zu versteuern?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Waitz Rechtsanwälte GmbH, Am Winterhafen 4, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2020 des ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Bescheiden je vom wurde die Umsatzsteuer für die Monate 7/2020 bis 12/2020 festgesetzt.

In den Bescheidbegründungen wurde jeweils festgehalten, dass die Festsetzung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei, und auf die aufgenommene Niederschrift bzw. den Prüfbericht verwiesen.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer (Bf) durch seine anwaltliche Vertretung gegen diese Bescheide eine Beschwerde ein.

Das Finanzamt habe mit den Bescheiden vom Umsatzsteuer für den Zeitraum von 7/2020 bis 12/2020 in Höhe von insgesamt 7.563,49 € festgesetzt.

Beim Bf handle es sich um einen Einzelunternehmer, der eine ***1***-Franchise Filiale betreibe.

Der Bf verfüge über die Gewerbeberechtigung "Gastgewerbe in der Betriebsart Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden".

Bei "***1***" handle es sich um einen der führenden Backgastronomen im Bereich der Systemgastronomie. Neben Österreich gebe es auch Franchisenehmer in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz.

Im Sortiment der "***1***"-Franchisenehmer, und damit auch im Sortiment des Bf, fänden sich (unter anderem) belegte Weckerl, heiße Snacks, Mehlspeisen, Backwaren sowie (kalte und warme) Getränke.

Die angebotenen Produkte würden in den Backstationen laufend frisch gebacken und zubereitet. Dazu würden sämtliche Waren von den Mitarbeitern der "***1***"- Franchisenehmer vor Ort frisch und aufwendig zubereitet. Die Mitarbeiter der einzelnen "***1***"-Franchisenehmer bereiteten bis zu zwei Stunden vor Öffnung der jeweiligen Filiale die Zutaten (Wurst, Schinken, Käse, Lachs, Tomaten, Salate, etc.) für die Veredelung der kalten und warmen Speisen vor.

Die Zubereitung erfolge - wie in der Systemgastronomie üblich - anhand von vorab festgelegten Arbeitsweisen. In diesen sogenannten "Prozessbeschreibungen" werde vom Franchisegeber die Zubereitung der einzelnen Speisen vorgegeben. Neben den dafür notwendigen Zutaten (in der benötigten Menge) werde in einer umfangreichen graphischen Darstellung die Zubereitung festgelegt. Dabei würden die einzelnen vom Franchisenehmer auszuführenden Arbeitsschritte in einer Arbeitsanweisung normiert. Solche Prozessbeschreibungen fänden sich unter anderem auch bei den bekannten Franchisemodellen von ***2*** (dazu später ausführlicher).

Exemplarisch werde gegenständlicher Beschwerde die Prozessbeschreibung der Produkte "Ciabatta Schnitzel" (Beilage./3) angeschlossen. Darin werde der Zubereitungsprozess dieses Produktes dargestellt. Bereits daraus ergebe sich, dass die überwiegende Anzahl der zu verkaufenden Produkte vorab vom Franchisenehmer vor Ort bearbeitet und zubereitet werden müsse, bevor diese - für den Kunden sichtbar - in den Verkaufstheken angeboten würden. Diese Produkte in den Verkaufstheken seien individuell zubereitet und für den Vor-Ort-Verzehr ausgerichtet. Die so zubereiteten Produkte würden dabei nicht verpackt, sondern lägen unverpackt in den vorhandenen Vitrinen.

Ziel dieser Vereinheitlichung sei, dem Gast in jedem Franchiselokal die gleiche Produktpalette in gleichbleibender Qualität anzubieten. Die zugrundeliegenden Arbeitsanweisungen und Arbeitsschritte seien dabei mit dem Franchisesystem von (beispielsweise) ***2*** (Beilage./4) vergleichbar.

Die jeweiligen Kunden der "***1***"-Franchisenehmer könnten sich - wiederrum ähnlich wie bei ***2*** - nach dem Erwerb der Produkte entscheiden, ob sie diese im jeweiligen Lokal am Tisch - unter Zuhilfenahme von Besteck, Teller, etc. - oder unterwegs verzehrten.

Die "***1***"-Franchisenehmer böten ihren Kunden -je nach Größe der Lokalität - umfangreiche Sitzmöglichkeiten (Tische und Sessel) an. Zudem bestehe die Möglichkeit, die zubereiteten Speisen und Getränke dort - auch unter Zuhilfenahme von Geschirr und Besteck (sowie Tassen und Tablets) - einzunehmen. Die Einnahme der Speisen sei dabei grundsätzlich mit der in einem Restaurant bzw. bei ***2*** vergleichbar.

Die Mitarbeiter der einzelnen "***1***"-Franchisenehmer säuberten die Essbereiche sowie die Tische und räumten diese ab.

Als Beschwerdegründe nannte der Bf Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Unrichtigkeit bzw. Aktenwidrigkeit der Sachverhaltsfeststellung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Bescheide würden in vollem Umfang bekämpft.

-) Zur Aktenwidrigkeit - Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts:

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO hätten die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich seien.

Gegenständlich sei das ***FA*** dieser Pflicht nicht nachgekommen. In der Niederschrift vom , auf welche die Bescheide zur Begründung verweisen würden, werde auf die Platz- und Sitzkonzepte nicht näher eingegangen. Eine - obwohl sachlich gebotene - Differenzierung habe durch die Abgabenbehörde nicht stattgefunden.

Die Abgabenbehörde sei bei ihrer Beurteilung weder auf die betrieblichen Besonderheiten noch auf die internen Abläufe des Bf eingegangen und habe sich dementsprechend kein detailliertes Bild von den angebotenen Produkten (und die damit einhergehende - aufwendige - Zubereitung) bzw. das bestehende Dienstleistungspaket gemacht.

Bei der gegenständlichen Filiale des Bf handle es sich um ein Systemgastronomielokal, das im Wesentlichen vergleichbar mit beispielsweise Filialen des ***2***-Konzerns sei. Auch in der Herstellung und Zubereitung der einzelnen angebotenen Speisen (Beilage./4) und der damit verbundenen Bestellung bzw. Abholung würden sich die Franchisesysteme nur geringfügig unterscheiden.

Das ***FA*** habe auf diese - wesentlichen - Sachverhaltselemente keinerlei Rücksicht genommen.

Zudem habe das ***FA*** - in rechtswidriger Weise - keinerlei Bezug darauf genommen, dass die Filiale über ein Sitzkonzept verfüge und in welcher Frequenz dieses genutzt werde.

Eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts liegt vor, wenn ein entscheidungsrelevantes Sachverhaltselement nicht festgestellt worden sei.

In der Niederschrift vom werde ausgeführt:

"Die Waren können nach Bezahlung an Tischen im und vor dem Lokal konsumiert werden, Aufzeichnungen über das Verhältnis Take-away und Lokalkonsumation in den elektronischen Daten werden nicht vorgenommen. "

Auch diesbezüglich sei eine Unterscheidung (Sitzkonzept, Frequenz, Verhältnis Take-away und Konsumation vor Ort etc.) zu treffen. Eine solche - gebotene - Differenzierung sei allerdings nicht erfolgt.

Weiters habe das Finanzamt keine sachlich gebotene Differenzierung hinsichtlich des tatsächlich notwendigen Aufwandes bei der Zubereitung der jeweiligen Produkte vorgenommen. Aufgrund der oberflächlichen Begutachtung habe eine jedenfalls vorzunehmende sachliche Unterscheidung der angebotenen Waren nicht durchgeführt werden können.

Sowohl bei ***2*** als auch beim Bf, beim zuständigen "Bezahlkellner," werde die vorausgewählte und vorab zubereitete Ware bezahlt. Der "Transfer der Ware zum Tisch" sei keine Eigenheit des "***1***"-Franchisesystems, sondern ein Trend, der vor allem in der Systemgastronomie herrsche (dazu dürfe exemplarisch auf die Beispiele ***2***, ***3***, ***4***, ***5***, etc. verwiesen werden. Diesen Franchisesystemen würde keine Abgabenbehörde der Welt absprechen, ein Gastronomiebetrieb zu sein).

Einziger - aber nicht entscheidungsrelevanter - Unterschied zwischen den angeführten Franchisesystemen und dem Geschäftsmodell des Bf sei die Tatsache, dass im gegenständlichen Fall die Waren und Produkte bereits vorab zubereitet und in einer Vitrine angeboten würden. Allerdings könne der Zeitpunkt der Zubereitung vor bzw. nach einer Bestellung nicht das ausschlaggebende Kriterium der rechtlichen Beurteilung sein. Auf einen solchen Zeitpunkt stelle das anwendbare Gesetz zudem nicht ab (dazu sogleich ausführlich).

Die Zubereitung an sich bzw. die damit verbundenen Schritte und die aufzuwendende Dauer seien jedenfalls vergleichbar.

-) Zur Rechtswidrigkeit des Inhalts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung:

Die Abgabenbehörde habe die einschlägige Gesetzesbestimmung in denkunmöglicher Weise auf den vorliegenden Fall angewendet.

Die relevante Gesetzesbestimmung § 28 Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994 laute in der anwendbaren Fassung:

"(…)

(52) 1. Abweichend von § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2020, ermäßigt sich die Steuer auf 5 % für

a) die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Sinne des §111 Abs. 1 GewO 1994;

(…)"

Die gesetzliche Anordnung stelle grundsätzlich nur auf die (im konkreten Fall bestehende) Gewerbeberechtigung im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994 ab.

Das ***FA*** führe dazu in der Niederschrift vom aus:

"Die Bestimmung § 111 Abs. 3 GewO 1994 besagt, dass unter Verabreichung und unter Ausschank jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen ist, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden. Der Umstand, dass zum Genuss bestimmte Waren an Ort und Stelle des Verkaufs verzehrt werden können, ohne dass der Handelsgewerbetreibende etwas tun muss, qualifiziert die Tätigkeit noch nicht als Verabreichung iSd § 111 GewO 1994. Eine Verabreichung liegt demnach erst vor, wenn eine über eine bloße Verkaufshandlung hinausgehende Tätigkeit in der Weise entfaltet wird, dass sie dem Gast ermöglicht, ohne noch etwas dazu tun zu müssen, die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle zu sich zu nehmen. Da es sich beim geprüften Betrieb um einen gemischten Betrieb - ähnlich wie Konditoreien und Fleischhauereien - handelt, sind die Speisen und Getränke dann nicht begünstigt, wenn dabei Handelselemente im Vordergrund stehen oder sie nicht auf den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet sind ."

Dabei unterliege die Behörde einer irrtümlichen Rechtsansicht. Die von ihr darin herangezogenen Beurteilungskriterien fänden sich weder in der gesetzlichen Bestimmung noch in der entsprechenden Literatur, noch in den anwendbaren USt-Richtlinien.

Durch das Bundesgesetz, mit dem das UStG geändert werde (BGBl. I 60/2020), sei eine zeitlich befristete Senkung der Umsatzsteuer für Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Medien auf 5 % eingeführt worden.

Damit sollte zur Unterstützung der Gastronomie, der Hotellerie, der Kulturbranche sowie des Publikationsbereichs, die von der COVID-19-Krise in einem besonderen Ausmaß betroffen seien, zusätzlich zu den bisher getroffenen Maßnahmen ein ermäßigter Steuersatz iHv 5 % in diesen Bereichen befristet von bis (eine Verlängerung sei durch das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz erfolgt) eingeführt werden.

Der ermäßigte Steuersatz gelte für alle Speisen und Getränke in der Gastronomie, im Unterschied zum 19. COVID-19-Gesetz also nicht nur für nichtalkoholische Getränke.

"Im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO" heiße, dass die Verabreichung der Speisen und der Ausschank der Getränke eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe erforderlich machten (Bleyer, COVID-19 - Senkung der USt für Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Publikationen).

Der Bf verfüge unzweifelhaft über die entsprechende Gewerbeberechtigung. Bereits aus diesem Grund stehe ihm der ermäßigte Steuersatz iHv 5 % zu.

Daneben könne der ermäßigte Steuersatz iHv 5 % auch dann zur Anwendung kommen, wenn die Verabreichung der Speisen oder der Ausschank der Getränke für den Genuss an Ort und Stelle von einer anderen Gewerbeberechtigung (z.B. Bäcker (§ 150 Abs. 1 GewO), Fleischer (§ 150 Abs. 4 GewO) oder Konditor (§ 150 Abs. 11 GewO) - mitumfasst sei (Bleyer, COVID-19 - Senkung der USt für Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Publikationen).

Auch Tätigkeiten, für die gemäß § 111 Abs. 2 GewO 1994 kein Befähigungsnachweis erforderlich sei, seien vom Anwendungsbereich erfasst (Bleyer, COVID-19 - Senkung der USt für Gastronomie, Hotellerie, Kultur und Publikationen).

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Bf - aus welchem Grund auch immer - über keine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügen würde, würde ihm trotzdem - im Sinne der dargestellten Rechtslage - die Wohltat der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zukommen.

In den USt-Richtlinien werde dazu unter Punkt 28.2.1. "Gastronomie" ausgeführt (Hervorhebungen durch den Schriftsatzverfasser):

"Im Bereich der Gastronomie gilt gemäß § 28 Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994 im Zeitraum von bis (Verlängerung bis Stand Initiativantrag 1109/A vom (XXVII. GP)) der Steuersatz iHv 5% abweichend von §10 UStG 1994 für die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken (alkoholische und nichtalkoholische Getränke) iSd §111 Abs. 1 GewO 1994. Diese Tätigkeiten sind somit dann begünstigt, wenn sie ihrer Art nach eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe erforderlich machen. Unter Verabreichung und unter Ausschank ist jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abstellt, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden und die über eine bloße Handelstätigkeit (z.B. Verkauf von handelsüblich verpackter Ware) hinausgeht.

Das Vorliegen einer aufrechten Gewerbeberechtigung nach § 111 GewO 1994 oder eines entsprechenden Befähigungsnachweises ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ermäßigung. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken der Art nach eine solche iSd § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kommt daher der Steuersatz iHv 5 % bspw. selbst dann zur Anwendung, wenn nach § 111 Abs. 2 GewO 1994 kein Befähigungsnachweis erforderlichist (z.B. Würstelstände und Schutzhütten), die Tätigkeit aufgrund von § 2 GewO 1994 vom Anwendungsbereich des § 111 GewO 1994 ausgenommen (z.B. Buschenschank) oder von anderen gewerberechtlichen Bestimmungen (z.B. Bäcker gemäß §150 Abs. 1 GewO 1994, Fleischer gemäß §150 Abs. 4 GewO 1994 oder Konditoren gemäß § 150 Abs. 11 GewO 1994) abgedeckt ist. Gleiches gilt, wenn die Tätigkeit mangels Gewerbsmäßigkeit (siehe § 1 GewO 1994) nicht unter die GewO 1994 fällt (z.B. bei manchen Betriebskantinen), von älteren bzw. außer Kraft getretenen gewerberechtlichen Bestimmungen (z.B. Gewerbeordnung 1973, BGBl. I Nr. 50/1974) erfasst ist oder durch einen Unternehmer im Rahmen seiner gewerberechtlichen Nebenrechte (§ 32 GewO 1994) erfolgt (z.B. Lebensmittelhändler in seinem "Gastrobereich"), solange es sich um eine Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken iSd § 111 Abs. 1 GewO 1994 handelt. Tätigkeiten, die hingegen nicht auf den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet sind (z.B. Verkauf von Semmeln, Kipferln, Krapfen, Fleisch, Wurstsemmeln oder Torten zum Mitnehmen, Lebensmitteln und handelsüblich verpackten Waren) fallen nicht unter die Begünstigung.

Nicht nur die Abgabe zum Verzehr im eigenen "Gastrobereich" fällt unter die Begünstigung. Auch Catering, also ein umfangreiches Dienstleistungspaket, das z.B. die Abgabe der Speisen und Getränke durch Köche oder Servicepersonal, die Zurverfügungstellung von Platten, Geschirr, Besteck, Gläsern, Tischen, Sesseln, etc. beinhaltet, ist mit der Verabreichung in einem Restaurant vergleichbar und stellt für Zwecke der Ermäßigung eine Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994 dar. Selbiges gilt bei vergleichbarem Leistungsumfang auch bei "Roomservice" (z.B. in einem Hotel).

Darüber hinaus ist auch die Zustellung oder Bereitstellung zur Abholung (Mitnahme) von warmen Speisen, angerichteten kalten Speisen (z.B. angemachte Salate) und offenen Getränken für Zwecke der Ermäßigung als eine Verabreichung von Speisen bzw. als ein Ausschank von Getränken iSd § 111 Abs. 1 GewO 1994 zu sehen. Darunter fällt auch der Gassenverkauf von Speiseeis in Stanitzel oder Becher. Nicht begünstigt sind hingegen die Zustellung und Abholung von nicht angerichteten kalten Speisen wie Imbissen und Zwischenmahlzeiten sowie handelsüblich verpackten Speisen und Getränken. Der Verkauf von Speisen und Getränken mit Automaten ist - unabhängig davon, wo diese aufgestellt sind - analog zu behandeln. Dies bedeutet, dass nur warme Speisen, angerichtete kalte Speisen (z.B. angemachte Salate) und offene Getränke aus Automaten dem Steuersatz iHv 5 % unterliegen. § 28 Abs. 52 UStG 1994 geht §28 Abs. 51 UStG 1994 vor."

Der Bf habe die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe. Seine Tätigkeit gehe weit über eine bloße Handelstätigkeit hinaus (vgl. das bereits eingangs ausführlich dargestellte Geschäftsmodell).

Neben der aufwendigen Zubereitung der angebotenen Waren werde den Kunden auch eine ansprechende Möglichkeit zum Verkehr der Waren angeboten. Dazu würden Messer, Besteck, Sessel und Tische zur Verfügung gestellt. Weiters seien die angebotenen Waren nicht verpackt, sondern lägen frisch zubereitet in dafür vorgesehen Vitrinen. Nach dem Auswählen der Waren und dem anschließenden Bezahlvorgang könne der jeweilige Kunde das soeben erworbene Produkt in einer mit einem Restaurant zu vergleichenden Atmosphäre verzehren.

Die Herstellung und Zubereitung der angebotenen Waren könne - wie sich aus einer vergleichenden Beurteilung der vorgelegten Prozessbeschreibungen deutlich ergebe - beispielsweise mit jener von ***2*** vergleichen werden.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass entsprechend den USt-Richtlinien sogar der "Gassenverkauf von Speiseeis in Stanitzel oder Becher" unter den ermäßigten Steuersatz falle. Eine deutlich aufwendigere Zubereitung der Waren wie durch den Bf, mit der Möglichkeit, diese in einem restaurantähnlichen Betrieb (mit aufrechter Gewerbeberechtigung als Gastronomiebetrieb) zu verzehren, könne daher denklogisch - argumentum a maiore ad minus - nur vom ermäßigten Steuersatz erfasst werden.

An beigelegten Urkunden nannte der Bf die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 7/2020 - 12/2020 (./1), die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom (./2), Prozessbeschreibungen "***1***" (./3), Prozessbeschreibungen "***2***" (./4), die Gewerbeberechtigung des Bf (./5), gelistete Artikel (./6) sowie Handlingzeiten (./7).

Am erging der Umsatzsteuerbescheid 2020.

In der Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass die Feststellungen der Umsatzsteuerprüfung (Bp-Bericht vom ) in der Umsatzsteuererklärung nicht berücksichtigt worden seien. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervoranmeldungen für 1-6/2020 und der Feststellungen der Betriebsprüfung betreffend Umsatzsteuer 7-12/2020 errechneten sich die gegenständlichen Besteuerungsgrundlagen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2020 vom als unbegründet ab.

In der gesonderten Bescheidbegründung vom wies das Finanzamt eingangs darauf hin, dass zwischenzeitig am der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2020 ergangen sei. Dieser basiere zum einen auf der abgegebenen Erklärung und weiche zum anderen aufgrund der im Zuge der Außenprüfung getroffenen Feststellungen ab. Trete ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, gelte nach § 253 BAO die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gelte selbst dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasse. Aufgrund dieser Bestimmung gelte die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 7/2020 bis 12/2020 als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2020 gerichtet, welche durch die vorliegende Beschwerdevorentscheidung und die gegenständliche Bescheidbegründung als erledigt anzusehen sei.

Zum Verfahrensverlauf und Sachverhalt führte die Abgabenbehörde aus, dass der Bf seit als Franchisenehmer eine Filiale der ***1*** AT GmbH betreibe. Dies sei eine Selbstbedienungsbäckerei, in der belegte Weckerl, warme Snacks, Mehlspeisen, Gebäck, Kaffees, Getränkeflaschen usw. angeboten würden. Die Waren würden aus Vitrinen bzw. Kühlschränken selbst entnommen, Kaffees/Tees/Kakaos eigenhändig bei den aufgestellten Maschinen heruntergelassen und anschließend am Kassenterminal bezahlt. Der Schwerpunkt des Geschäftsmodells liege in der raschen Mitnahme von Speisen und Getränken, jedoch könnten die gekauften Produkte auch im Lokal konsumiert werden. Im Geschäftslokal sowie im saisonalen Außenbereich stünden je vier Tische mit je zwei Sitzgelegenheiten zur Verfügung, in Summe sohin acht Tische und 16 Sessel.

Bei dieser unternehmerischen Tätigkeit handle es sich um ein freies Gewerbe. Die diesbezügliche Gewerbeberechtigung bestehe seit Übernahme der Filiale und laute auf ein Gastgewerbe in der Betriebsart Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hierbei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt würden.

Im von der Prüfung umfassten Zeitraum Juli 2020 bis Dezember 2020 habe der Bf seine erzielten Umsätze zur Gänze nach dem ermäßigten Steuersatz von 5 % gemäß § 28 Abs. 52 UStG besteuert. Im Unterschied zur Ansicht des Bf sei die Prüferin davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Unternehmen/Geschäftsmodell um keinen Gastronomiebetrieb im eigentlichen Sinne handle, sondern dass ein Mischbetrieb aus dem Bereich Handel und Gastronomie, ähnlich wie Konditoreien oder Fleischhauereien, vorliege. Aufgrund dieser betrieblichen Einordnung seien die erzielten Umsätze nach Produktkategorien aufzuteilen und anschließend nach ihrem überwiegenden Element (Handel oder Gastronomie) dem jeweiligen Umsatzsteuersatz (20 %, 10 %, 5 %) zu unterwerfen gewesen.

Die Prüferin habe daher lediglich die begünstigte 5 %-ige Umsatzbesteuerung aus den Warengruppen 8 (teilweise), 9 und 10 anerkannt. Diese Produktkategorien hätten offene und warme Getränke (z.B. Tee, Kaffee) sowie warm zubereitete Speisen oder Snacks wie beispielsweise das "Ciabatta Schnitzel" umfasst. Getränke in geschlossenen Gebinden seien mit dem Normalsteuersatz von 20 % versteuert worden. Der Verkauf von Gebäck, kalten Snacks und Jausenweckerl unterliege dem begünstigten Steuersatz für Lebensmittel von 10 %.

Weiterführend werde auf die der Beschwerdevorentscheidung zugrundeliegenden Feststellungen der Außenprüfung und auf die vorliegenden Nachweise inkl. dem Zahlenwerk im Steuerakt verwiesen.

Zur Beweiswürdigung und rechtlichen Einschätzung traf das Finanzamt die Feststellung, dass die gewonnenen Erkenntnisse zu den vorhandenen Sitzplätzen, dem Filialkonzept und dem Verkaufsablauf auf der am durchgeführten Betriebsbesichtigung fußten. Die Feststellungen zum Gewerbe basierten auf dem Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria. Die Inanspruchnahme der Umsatzsteuerbegünstigung von 5 % sei aus den Buchhaltungsdaten und den abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen ersichtlich und werde nicht bestritten.

Zur möglichen Inanspruchnahme des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 5 %, den der Gesetzgeber für den Zeitraum bis einschließlich befristet eingeführt habe, sei rechtlich folgendes festgehalten:

§ 28 Abs. 52 lit. a UStG 1994 normiere, dass abweichend von § 10 UStG sich die Steuer für die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994 auf 5 % ermäßige. Gemäß § 111 Abs. 1 GewO 1994 bedürfe es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe für die Beherbergung von Gästen und für die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken. Für die Anwendung des Steuersatzes von 5 % sei aber nicht notwendig, über eine Gewerbeberechtigung zu verfügen, weshalb auch Tätigkeiten, für die nach § 111 Abs. 2 GewO 1994 kein Befähigungsnachweis erforderlich sei, vom Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes erfasst seien. Es sei lediglich darauf abzustellen, dass Speisen oder Getränke vor Ort im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994 verzehrt werden könnten (siehe auch § 111 Abs. 3 GewO 1994). Die Bestimmung § 111 Abs. 3 GewO 1994 besage, dass unter Verabreichung und unter Ausschank jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen sei, die darauf abstelle, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen würden. Der Umstand, dass zum Genuss bestimmte Waren an Ort und Stelle des Verkaufes verzehrt werden könnten, ohne dass der Handelsgewerbetreibende etwas dazu tun müsse, qualifiziere die Tätigkeit noch nicht als Verabreichung iSd § 111 GewO 1994. Eine Verabreichung liege demnach erst vor, wenn eine über eine bloße Verkaufshandlung hinausgehende Tätigkeit in der Weise entfaltet werde, dass sie dem Gast ermögliche, ohne noch etwas dazu tun zu müssen, die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle zu sich zu nehmen (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 111 Rz 58). Die Intention des Gesetzgebers sei gewesen, in der aktuellen Wirtschaftskrise u.a. Gastronomiebetriebe, nicht jedoch Handelsbetriebe zu unterstützen. Aufgrund des Verweises auf die sinngemäße Bestimmung des § 111 Abs. 1 GewO 1994 werde die Intention des Gesetzgebers eindeutig zum Ausdruck gebracht.

Die zentrale Frage des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens sei demnach, ob beim vorhandenen Geschäftsmodell ein Gastronomie- oder ein Handelsbetrieb vorliege. Die Umsatzsteuerbegünstigung iHv 5 % stehe lediglich Gastronomiebetrieben zu.

Das Konzept der ***1***-Filialen sei der Abgabenbehörde hinlänglich bekannt, es sei vergleichbar mit anderen in der Branche bekannten Take-away-Geschäftslokalen wie Konditoreien, Fleischhauereien oder Bäckereien wie ***6***, ***7***, ***8*** etc. Der Fokus liege bei all diesen Konzepten im Wesentlichen darauf, Laufkundschaft zur Snack-, Jausen-, Kaffee-, Getränkemitnahme anzuregen. Dies spiegle auch die 45-minütige Betriebsbesichtigung am zwischen 9:15 Uhr und 10:00 Uhr wider. Wie in einem Aktenvermerk festgehalten, seien in diesem Zeitraum lediglich vier Sitzplätze belegt gewesen, der Großteil des Umsatzes sei durch Laufkundschaft, welche die gekauften Produkte mitgenommen habe, erwirtschaftet worden. Der Bf führe keine Aufzeichnungen über das Verhältnis von Take-away zu Lokalkonsumation, habe aber im Zuge der Betriebsbesichtigung versichert, eine Aufstellung anhand von "Contact Tracing" nachzusenden. Dieser Zusicherung sei er nicht nachgekommen. Die Abgabenbehörde wisse von einem früheren, ähnlich gelagerten Sachverhalt, dass sich der Umsatz bei Selbstbedienungsbäckereien mit geringen Sitzplatzkapazitäten aus 95 % Take-away und aus 5 % Konsumation im Lokal zusammensetze. Dieses Verhältnis unterstreiche auch ein Schätzungsbeispiel, basierend auf den erklärten steuerbaren Umsätzen für 10/2020 von € 40.959,38. Der durchschnittliche Warenkorb eines Kunden könne nach allgemeinen Erfahrungssätzen auf ca.10,00 € geschätzt werden (Weckerl 3,50 €, Getränk 3,50 €, Süßspeise 3,00 €). Somit hätten im Oktober knapp 4.100 Kunden das Geschäftslokal aufgesucht, demgegenüber stünden aber nur vier Tische und acht Sitzplätze zur Verfügung. Dies lasse keinen anderen Schluss als die Fokussierung auf Laufkundschaft zu. Dem Beschwerdeargument, wonach im Geschäftslokal umfangreiche Sitzmöglichkeiten angeboten würden, könne anhand des Verhältnisses zur Kundenfrequenz nicht gefolgt werden.

Gegen das Vorliegen eines Gastgewerbebetriebes spreche weiters, dass, wie bei der Betriebsbesichtigung mitgeteilt, weder der Geschäftsführer noch seine Mitarbeiter eine gastronomische Ausbildung besäßen. Diese werde für die Branche zwar nicht vorausgesetzt, sei aber durchaus üblich. Auch bei aktuellen Stellenangeboten für Mitarbeiter würden keinerlei Kenntnisse im Gastronomiebereich vorausgesetzt (Stellenanzeige_Servicemitarbeiter:in (m/w/d) ***1*** ***9*** bei ***10***, zuletzt abgefragt am ). Das Anforderungsprofil unterscheide sich nicht von jenem eines Mitarbeiters im Lebensmittelhandel (Job Angebot: Verkäufer:in Theke » ***11***-Jobportal (***12***), zuletzt abgefragt am ). Zudem seien aus den auf der unternehmenseigenen Homepage ersichtlichen, selbstauferlegten Kriterien zur Inanspruchnahme eines Franchisevertrages eher Kennzeichen eines Handelsbetriebes denn eines Gastronomiebetriebes abzuleiten. So würden Franchiseverträge nur an Franchisenehmer mit Ladenlokalen in Städten oder Stadtteilzentren mit über 40.000 Einwohnern und in guter, stark frequentierter Gegend vergeben. Demgegenüber reiche aber schon eine Mindestlokalgröße von 40 m2, zudem seien mögliche Sitzplätze oder Tische keine Voraussetzung (Franchise Konzept - Franchise ***1*** (***13***), zuletzt abgefragt am ).

Gegen das Vorliegen eines Gastgewerbes sprächen auch die fehlenden umfangreichen Dienstleistungspakete. Die Speisen würden nicht von Köchen zubereitet, die Getränke überwiegend nicht offen ausgeschenkt oder vom Servicepersonal an den Tisch gebracht. Die Waren würden aus Vitrinen und Kühlschränken selbst entnommen, zudem stünden für die Kunden weder Gläser noch Geschirr zur Verfügung. Am Kassenterminal würden Papiersäckchen zur Mitnahme der Artikel ausgegeben. In der konventionellen Gastronomie bedürfe es keiner eigenen Handlungen wie der selbständigen Entnahme von Waren und deren Transfer zum Tisch. Selbst die in der Beschwerde angesprochenen Systemgastronomen böten bedeutend mehr Serviceleistung als die verfahrensgegenständliche Selbstbedienungsbäckerei. Beispielsweise würden Mitarbeiter Getränke an Zapfstationen offen ausschenken und Speisen unmittelbar und teilweise nach den individuellen Bedürfnissen des Kunden zubereiten (***3***, ***4***). Die Systemgastronomen verfügten über voll funktionsfähige Küchen mit mehreren Kochstellen, Pfannen, Töpfen, Backröhren etc. Auch sei der getätigte Arbeitseinsatz für die Zubereitung nicht mit jenem der konventionellen Gastronomie vergleichbar.

Die Waren von ***1*** würden großteils tiefgekühlt angeliefert und in eigens dafür vorgesehenen Backöfen aufgebacken. Teilweise würden die Waren dann noch auf Arbeitsplatten mit diversen Zutaten (Schinken, Käse, Tomaten, Salatblättern, etc.) ergänzt, viele Artikel aber (Getränkeflaschen, Dosen etc.) ohne Zwischenschritt unmittelbar nach Anlieferung im Verkaufsbereich eingeschlichtet.

Aus der vorliegenden Prozessbeschreibung "Korntopfenstange Tomate Mozzarella" sei ersichtlich, dass es sich entgegen dem Beschwerdevorbringen um keine aufwendige Zubereitung, welcher eine umfangreiche grafische Darstellung zugrunde liege, handle. Die Beschreibung umfasse drei Bilder, in welchem im ersten Arbeitsschritt das Bestreichen der halbierten Korntopfenstange mit Aufstrich beschrieben werde. Arbeitsschritt zwei umfasse das Belegen mit Salat, Arbeitsschritt drei das abwechselnde Belegen mit Tomate um Mozzarella und das anschließende Präsentieren in der Vitrine. Würde der Argumentation des Bf gefolgt werden, hätte dies zur Folge, dass auch jede zubereitete Wurstsemmel eines Lebensmittelgeschäftes mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 5 % besteuert werden würde.

Weiters sei festgehalten, dass mehrere vorliegende Rechnungen zweier anderer Bäckereien dokumentierten, dass diese die Umsatzsteuerbegünstigung gesetzeskonform nicht in Anspruch genommen hätten. Dies sogar vor dem Hintergrund, dass im dortigen Geschäftslokalkonzept die Selbstbedienungskomponente zumindest bei den Lebensmitteln in der Regel gänzlich entfalle. Angesprochene Waren würden von den Mitarbeitern aus der Vitrine genommen und dem Kunden über die Theke gegeben, somit würden sie eine höhere für die Gastronomie typische Dienstleistungskomponente verglichen mit dem verfahrensgegenständlichen Konzept des ***1***-Franchise aufweisen. Zudem erkläre der Bf selbst und ohne Zutun der Abgabenbehörde seine Umsätze seit März 2021 dem Gesetz entsprechend mit 20 %, 10 % und 5 %.

Zu den getroffenen Feststellungen könne somit abschließend festgehalten werden:

Im Zuge der Außenprüfung und der Beschwerdevorentscheidung sei aufgezeigt worden, dass es sich bei der Filiale des Bf um einen gemischten Betrieb handle und dessen Umsatz entsprechend den Bereichen Handel und Gastronomie aufzuteilen sei. Beim anzuwendenden Steuersatz sei somit genau zu unterscheiden und der Umsatz getrennt aufzuzeichnen.

Der begünstigte Steuersatz von 5 % sei dann nicht anzuwenden, wenn bei den Umsätzen die Handelselemente im Vordergrund stünden oder wenn die erworbenen Waren nicht zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet seien. Offene und warme Getränke seien folglich mit 5 % zu versteuern, ebenso warm zubereitete Speisen, die zum sofortigen Verzehr vor Ort konzipiert würden. Getränke in geschlossenen Gebinden seien mit 20 % zu besteuern, der Verkauf von Gebäck, kalten Snacks, und Jausenweckerl "über die Theke" mit 10 %.

Dieser Gesetzesvorgabe habe die Prüferin in ihren getroffenen Feststellungen entsprochen. Die Bescheide unterlägen keinem rechtwidrigen Inhalt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Mit Schreiben vom stellte der Bf durch seine anwaltliche Vertretung einen Vorlageantrag. Ein neues Sachvorbringen wurde nicht erstattet.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen sowie dem Vorbringen des Bf bzw. seiner steuerlichen Vertretung.

Rechtslage:

§ 28 Abs. 52 Z 1 lit. a UStG 1994 in der für den Zeitraum bis geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 60/2020) lautet:

"Abweichend von § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2020 ermäßigt sich die Steuer für die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Sinne des § 111 Abs. 1 GewO 1994, die nach dem und vor dem ausgeführt werden bzw. sich ereignen, auf 5%. "

Der begünstigte Steuersatz von 5 % war ursprünglich bis begrenzt. Mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz wurde eine Verlängerung des begünstigten Steuersatzes von 5 % bis beschlossen.

Zur Einordnung des ermäßigten Steuersatzes knüpft § 28 Abs. 52 UStG 1994 an die Bestimmung des § 111 Abs. 1 GewO 1994 an.

Das Vorliegen einer aufrechten Gewerbeberechtigung nach § 111 GewO 1994 ist jedoch keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes; abgestellt wird vielmehr darauf, ob die Verabreichung von Speisen bzw. der Ausschank von Getränken der Art nach eine solche nach § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 ist.

§ 111 Abs. 1 bis 3 GewO lautet auszugsweise:

"(1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für

1. die Beherbergung von Gästen;

2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.

(2) Keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe bedarf es für

(…)

3. die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden;

(…)

(3) Unter Verabreichung und unter Ausschank ist jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden."

Nicht nur die Verabreichung von Speisen jeder Art ist eine dem Gastgewerbe vorbehaltene Tätigkeit, sondern auch der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7, § 111 Anm. 22, Stand , rdb.at).

Unter die dem Gastgewerbe vorbehaltene Tätigkeit fällt auch die Lieferung und damit der Verkauf von angerichteten kalten Platten, kalten oder warmen Buffets sowie sonstigen warmen Speisen und Menüs ohne Nebenleistungen (Gruber/Paliege-Barfuß, aaO, § 111 Anm. 18, mit Verweis auf , betreffend Verabreichung und Verkauf von Pizze).

Der Verkauf von u.a. nicht angerichteten kalten Speisen und von Lebensmitteln stellt eine Handelstätigkeit dar. Dazu gehören auch "Snacks" (Imbisse und kalte Zwischenmahlzeiten). Der Verkauf derartiger Speisen und Lebensmittel bildet daher kein Merkmal der Ausübung des Gastgewerbes (Gruber/Paliege-Barfuß, aaO, § 111 Anm. 19).

Der Verkauf von Getränken in handelsüblich verschlossenen Gefäßen stellt eine Handelstätigkeit dar und fällt nicht unter dem Gastgewerbetreibenden vorbehaltene Tätigkeiten (Gruber/Paliege-Barfuß, aaO, § 111 Anm. 28)

Der Umstand, dass zum Genuss bestimmte Waren an Ort und Stelle des Verkaufs verzehrt werden können, ohne dass der Handelsgewerbetreibende etwas dazu tun muss, qualifiziert die Tätigkeit des Gewerbetreibenden noch nicht als Verabreichung. Verabreichung (oder Ausschank) liegt vor, wenn eine über eine bloße Verkaufshandlung hinausgehende Tätigkeit in der Weise entfaltet wird, dass sie dem Gast ermöglicht, ohne noch etwas dazu tun zu müssen, die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle zu sich zu nehmen (Gruber/Paliege-Barfuß, aaO, § 111 Rz 58).

Die Verabreichung erschöpft sich demzufolge nicht in einer bloßen Handelstätigkeit, sondern es müssen noch bestimmte Dienstleistungen, die nach Art und Umfang durchaus verschieden sein können, hinzutreten, um den Genuss der verabreichten Waren an Ort und Stelle zu ermöglichen (Erlacher in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 111 Rz 16 (Stand , rdb.at).

Auch nach Rz 3542 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR), welche lediglich einen Auslegungsbehelf darstellen und für das Bundesfinanzgericht nicht bindend sind, ist unter Verabreichung und unter Ausschank jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abstellt, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden und die über eine bloße Handelstätigkeit (z.B. Verkauf von handelsüblich verpackter Ware) hinausgeht. Dagegen fallen Tätigkeiten, die nicht auf den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet sind (z.B. Verkauf von Semmeln, Kipferln, Krapfen, Fleisch, Wurstsemmeln oder Torten zum Mitnehmen, Lebensmitteln und handelsüblich verpackten Waren) nicht unter die Begünstigung (vgl. auch Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG3, 2021, § 28 Rz 158).

Die Zustellung oder Bereitstellung zur Abholung (Mitnahme) von warmen Speisen, angerichteten kalten Speisen (z.B. angemachten Salaten) und offenen Getränken ist für Zwecke der Ermäßigung als eine Verabreichung von Speisen bzw. als ein Ausschank von Getränken nach § 111 Abs. 1 GewO 1994 anzusehen. Nicht begünstigt sind hingegen die Zustellung und Abholung von nicht angerichteten kalten Speisen wie Imbissen und Zwischenmahlzeiten sowie handelsüblich verpackten Speisen und Getränken. Der Verkauf von Speisen und Getränken mit Automaten ist - unabhängig davon, wo diese aufgestellt sind - analog zu behandeln. Dies bedeutet, dass nur warme Speisen, angerichtete kalte Speisen (z.B. angemachte Salate) und offene Getränke aus Automaten dem Steuersatz von 5 % unterliegen (vgl. Rz 3542 UStR).

In den Anwendungsbereich der Ermäßigung sollen daher bei einem Restaurantbetrieb nur die Abholung und Zustellung von Speisen, die normalerweise vor Ort konsumiert werden, fallen. Erfolgt der Verzehr der abgeholten oder zugestellten Speisen normalerweise nicht vor Ort, ist die Ermäßigung nicht anwendbar.

Der EuGH hat sich bereits mehrfach mit Umsätzen bei der Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsumsätze) auseinandergesetzt.

Nach dem "Faaborg-Gelting" ist ein Restaurationsumsatz, der in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr besteht, durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegen, sodass in Summe eine Dienstleistung vorliegt. Die Dienstleistungen reichen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen. Dabei wird dem Gast eine organisatorische Gesamtheit zur Verfügung gestellt, die sowohl einen Speisesaal mit Nebenräumen (Garderoben u.a.) als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasst. Gegebenenfalls werden Kellner das Gedeck auflegen, den Gast beraten, die angebotenen Speisen oder Getränke erläutern, diese auftragen und schließlich nach dem Verzehr die Tische abräumen.

Etwas anderes gilt hingegen, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel "zum Mitnehmen" bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalten sollten (Rn 13 f).

In einem weiteren Urteil (, C-499/09, C-501/09 und C-502/09, "Bog u. a.") befasste sich der EuGH mit der Beurteilung von Tätigkeiten wie den Verkauf von Würsten, Pommes Frites und anderen Nahrungsmitteln an Imbisswagen oder -ständen zum sofortigen warmen Verzehr.

Dazu stellte der EuGH zunächst fest, dass die Abgabe solcher Waren ihr Kochen, Backen, Braten oder Aufwärmen voraussetzt, was eine Dienstleistung darstellt, die im Rahmen der Gesamtbeurteilung des fraglichen Umsatzes zum Zweck seiner Einstufung als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung zu berücksichtigen ist (Rn 68).

Da sich jedoch die Zubereitung des warmen Endprodukts im Wesentlichen auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage ständig oder in Abständen vorgenommen werden, stellt diese Zubereitung nicht den überwiegenden Bestandteil des fraglichen Umsatzes dar und kann allein diesem nicht den Charakter einer Dienstleistung verleihen (Rn 69).

Im Ergebnis kam der EuGH zum Schluss, dass die Art. 5 und 6 der Sechsten Richtlinie (Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom (ABl. L 384, S. 47) geänderten Fassung) dahin auszulegen sind, dass die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen (Rn 82).

Der Tenor eines weiteren EuGH-Urteils (, J.K.) zur Auslegung des Art. 98 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie in Verbindung mit deren Anhang III Nr. 12a und Art. 6 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 ist, dass der Verkauf von Speisen und Mahlzeiten dann unter den Begriff "Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen" fällt, wenn dieser mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen einhergeht, welche den sofortigen Verzehr durch den Endkunden ermöglichen soll. Dies ist aus Sicht des Verbrauchers zu bestimmen. Das heißt, sofern der Endkunde die materiellen und personellen Mittel nicht in Anspruch nimmt, welche vom Steuerpflichtigen neben dem Verzehr der bereitgestellten Speisen zur Verfügung gestellt werden, ist davon auszugehen, dass keine unterstützende Dienstleistung vorliegt und ist der betreffende Umsatz als Lieferung von Gegenständen zu qualifizieren.

Ob der Verbraucher entschieden hat, Dienstleistungen zur Unterstützung der Abgabe von Speisen und Getränken in Anspruch zu nehmen, wird je nach Art des Verkaufs der verzehrfertigen Mahlzeit vermutet (Rn 61).

Unter Berufung auf dieses entschied der BFH (Beschluss vom , XI R 12/21), dass die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten zu einem Restaurationsumsatz führt; die Schwelle zum Restaurationsumsatz ist überschritten, weil die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar (Tische mit Sitzgelegenheit) einen gewissen personellen Einsatz erfordert, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.

Dagegen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH bei der Abgabe von Speisen zum Mitnehmen eine Lieferung vor.

Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst (§ 253 BAO).

An die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretende Bescheide sind etwa Umsatzsteuerveranlagungsbescheide (§ 21 Abs. 4 UStG 1994), die an die Stelle von Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden (§ 21 Abs. 3 UStG 1994) treten.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

In § 167 Abs. 2 BAO ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung umschrieben.

Im Abgabenverfahren wird von mehreren Möglichkeiten daher jene als erwiesen anzunehmen sein, die gegenüber allen anderen in Betracht kommenden möglichen Ereignissen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 167 E 34, Stand , rdb.at).

Nach § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist insbesondere dann zu schätzen, wenn die Partei über ihre Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Erwägungen:

In der Beschwerdevorentscheidung verwies das Finanzamt zutreffend darauf, dass nach Einlangen der Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide 07/2020 bis 12/2020 am der Umsatzsteuerjahresbescheid 2020 erlassen wurde und die Beschwerde gemäß § 253 BAO daher auch als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2020 gerichtet gilt.

Laut Beschwerde betreibt der Bf eine ***1***-Franchise Filiale und bietet u.a. belegte Weckerl, heiße Snacks, Mehlspeisen, Backwaren sowie kalte und warme Getränke zum Verkauf an. Die angebotenen Produkte werden in den Backstationen laufend frisch gebacken und zubereitet. Die Zubereitung erfolgt in festgelegten Arbeitsschritten, nach sogenannten Prozessbeschreibungen nach den Vorgaben des Franchisegebers. Die für die Zubereitung notwendigen Zutaten in der benötigten Menge werden in einer grafischen Darstellung festgelegt. Die Produkte werden unverpackt in Verkaufsvitrinen angeboten. Die Kunden können sich nach dem Erwerb der Produkte entscheiden, ob sie diese im jeweiligen Lokal am Tisch oder unterwegs verzehren. Die Mitarbeiter säubern die Essbereiche sowie die Tische und räumen diese ab.

Die vom Bf vorgelegte Prozessbeschreibung für ein "Ciabatta Schnitzel" lautet:

"1 Ciabatta Brötchen, 1,5 Blätter Lollo Bionda, 1 Stück Hühnerschnitzel paniert, 1 Scheibe Tomate, 2 Schreiben Gurke.

Ciabatta aufschneiden und mit Lollo Bionda belegen. Schnitzel halbieren und auf Lollo Bionda legen. Schnitzel mit Gurke und Tomate belegen und den fertigen Artikel in der Theke präsentieren."

Zwei weitere in dem vom Finanzamt vorgelegten Akt befindliche Prozessbeschreibungen von ***1*** für eine "Korntopfenstange Tomate Mozzarella" und "Crunchy Chicken" lauten:

"1 Stück Korntopfenstange, 10 g Frischkäse, 1,5 Blätter Lollo Bionda, 3 Scheiben Mozzarella, 3 Scheiben Tomate, 5 g Pesto Genovese.

Korntopfenstange aufschneiden. Die untere Hälfte mit Frischkäse, die obere Hälfte mit Pesto bestreichen. Mit Lollo Bionda belegen. Abwechselnd eine Scheibe Tomate, eine Scheibe Mozzarella darauflegen. Anschließend in der Theke präsentieren."

"1 Stück Kaisersemmel, 5 g Sauce Tartare, 1 Blatt Lollo Bionda, 1 Stück Chicken Burger Crunchy, 1 Scheibe Tomate.

Kaisersemmel aufschneiden und mit Sauce Tartare bestreichen. Mit Lollo Bionda, fertig gebackenes Crunchy Chicken Patty und Tomate belegen. Den Crunchy Chicken in der Theke präsentieren."

Nach Tz. 1 des Prüfberichts vom führte der Bf, der im geprüften Zeitraum 07/2020 bis 01/2021 alle Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 % besteuert hatte, keine Aufzeichnungen über das Verhältnis Take-away und Lokalkonsumation. Speisen und Getränke seien aber dann nicht begünstigt, wenn dabei Handelselemente im Vordergrund stünden oder sie nicht auf den sofortigen Verzehr an Ort und Stelle ausgerichtet seien.

Offene und warme Getränke seien ebenso wie warm zubereitete Speisen mit 5 % zu versteuern, Getränke in geschlossenen Gebinden mit 20 %, Gebäck, kalte Snacks und Jausenweckerl mit 10 %. Demzufolge sei für die Umsätze der Warengruppe 9, 10 und das "Ciabatta Schnitzel" der Warengruppe 8 der ermäßigte Steuersatz von 5 % anerkannt worden.

Nach den unwidersprochenen Feststellungen des Finanzamtes in der gesonderten Bescheidbegründung vom zur Beschwerdevorentscheidung entnehmen die Kunden die Waren aus den Vitrinen bzw. Kühlschränken selbst, lassen Kaffee/Tee/Kakao an den aufgestellten Automaten selbst herunter und zahlen anschließend am Kassenterminal. Dort werden Papiersäckchen zur Mitnahme der gekauften Ware ausgegeben.

Dem Argument es Bf, er habe alle Umsätze mit dem Steuersatz von 5 % erfasst, weil sein Unternehmen als Gastronomiebetrieb anzusehen sei, ist zu entgegnen, dass für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 5 % nicht entscheidend ist, ob das Unternehmen des Bf ein Gastronomie- oder Handelsbetrieb oder ein gemischter Betrieb ist, sondern der Umstand, dass die getätigten Umsätze unter den Begriff "Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken" im o.a. Sinn subsumiert werden können, das heißt, dass Dienstleistungen erbracht werden, welche die sofortige Konsumation der Speisen und Getränke ermöglichen sollen.

Ebenso wenig entscheidend ist der wiederholte Verweis auf vergleichbare Konzepte bei ***2***, ***3*** u.a., da im Beschwerdefall auf den konkreten Betrieb des Bf abzustellen ist.

Für eine "Verabreichung" oder einen "Ausschank" ist erforderlich, dass die Tätigkeit über eine bloße Handelstätigkeit hinausgeht. Weiters soll nur die Abholung (oder Zustellung) von Speisen, die üblicherweise vor Ort konsumiert wird, in den Anwendungsbereich der Ermäßigung fallen. Dies vor dem Hintergrund, dass die von der COVID-19-Krise besonders getroffene Gastronomie unterstützt werden soll, nicht jedoch der Handel (vgl. 242 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP)

Ob der ermäßigte Steuersatz auf die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken angewendet werden darf, hängt daher grundsätzlich von der Art des Konsums ab, konkret davon, ob ein Kunde die erworbene Speise/das erworbene Getränk vor Ort verzehrt/trinkt oder diese/dieses mitnimmt. Dazu hat der Bf jedoch keine Aufzeichnungen geführt. Zur Frage der Prüferin anlässlich der am von 9:15 Uhr bis 10:00 Uhr durchgeführten Betriebsbesichtigung, ob es Aufzeichnungen zum Vor-Ort-Verzehr, z.B. Anzahl der Gäste anhand des Contact-Tracings, gebe, stellte der Bf zwar eine Aufstellung der letzten Tage in Aussicht, legte eine solche aber nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt die Zubereitung warmer Speisen, die sich im Wesentlichen auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt und in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden erfolgt, nicht den überwiegenden Anteil des betreffenden Umsatzes dar. Nichts anderes kann für die Zubereitung (kalter) Speisen gelten, für deren Verzehr nur wenige, oben beispielhaft beschriebene Handgriffe, aber weder ein Kochen, Backen oder Aufwärmen erforderlich ist.

Aufgrund der exemplarisch für drei Produkte angeführten Prozessbeschreibungen ist die vom Bf in der Beschwerde vorgebrachte aufwendige Zubereitung der überwiegenden Anzahl der zu verkaufenden Produkte nicht nachvollziehbar.

Der Einwand, die überwiegende Anzahl der zu verkaufenden Produkte müsse vorab vor Ort bearbeitet und zubereitet werden, sowie der Hinweis auf die durch Prozessbeschreibungen standardisierten Zubereitungen und die Veredelung der Speisen mit Wurst, Schinken, Käse, etc., trifft auf kalte Snacks und Jausenweckerl zu, die in der Filiale des Bf zubereitet werden und für die das Finanzamt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 5 % nicht anerkannt hat. Dagegen ist die genannte Bearbeitung für Gebäck, welches nach Ansicht des Finanzamtes ebenfalls nicht dem ermäßigten Steuersatz von 5 % unterliegt, nicht erforderlich.

In diesem Zusammenhang ist die Frage zu beantworten, ob kalte Snacks und Jausenweckerl als "angerichtete kalte Speisen" oder als "nicht angerichtete kalte Speisen" anzusehen sind und deren Verkauf bzw. Mitnahme mit 5 % oder 10 % zu besteuern ist.

Die o.a. Judikatur bzw. Literatur nennen als Beispiele für "angerichtete kalte Speisen" angemachte Salate, kalte Platten oder kalte Buffets, als Beispiele für "nicht angerichtete kalte Speisen" dagegen "Snacks" (Imbisse und kalte Zwischenmahlzeiten).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts lassen die erforderlichen Zubereitungsschritte, die anhand der beispielhaft angeführten Prozessbeschreibungen dokumentiert sind, darauf schließen, dass die kalten Snacks und Jausenweckerl den "nicht angerichteten kalten Speisen" zuzuordnen sind und nicht den "angerichteten kalten Speisen", welche, wie die angeführten Beispiele erkennen lassen, eine deutlich aufwendigere Zubereitung erfordern.

Das o.a. wonach nicht die Art der Zubereitung entscheidend ist, sondern der dem Erwerber angebotene Dienstleistungsumfang, den dieser aber auch tatsächlich in Anspruch nehmen muss, wobei die vom Verbraucher getroffene Entscheidung je nach Art des Verkaufs der verzehrfertigen Mahlzeit vermutet wird, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Vermutung der Prüferin, dass warm zubereitete Speisen sowie offene und warme Getränke in der Regel vor Ort, Getränke in geschlossenen Gebinden, Gebäck, kalte Snacks und Jausenweckerl dagegen in der Regel nicht vor Ort an einem der aufgestellten Tische verzehrt, sondern mitgenommen werden, entspricht der Lebenserfahrung und ist nicht zu beanstanden. Diese Vermutung konnte der Bf im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung durch keinerlei Nachweise widerlegen und keine einen gegenteiligen Standpunkt untermauernde Aufzeichnungen vorlegen.

Werden Speisen vor Abgabe an den Gast erwärmt oder warme Getränke geordert, erschließt sich daraus ein Verzehr an Ort und Stelle, weil andernfalls ein Erwärmen sinnlos wäre.

Die Bereitstellung von Tischen und Sitzplätzen zum Verzehr dieser (warmen) Speisen und Getränke vor Ort wie auch das Abräumen - sofern dies die Gäste nicht selbst erledigen - und Abwischen der Tische stellen nach der Judikatur Dienstleistungen dar, die auf einen Verzehr bzw. eine Ausschank im Sinne des § 111 Abs. 1 iVm Abs. 3 GewO 1994 schließen lassen.

Ebenfalls den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, dass bei Unternehmen wie dem des Bf ein Großteil der Gäste die Speisen nicht an Ort und Stelle verzehrt, sondern mitnimmt. Dementsprechend werden auch die für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgestellten Vorrichtungen (im Fall des Bf laut Betriebsbesichtigung je vier Tische innen und außen mit insgesamt 16 Sitzplätzen) dimensioniert.

Auf der Homepage ***14*** ist unter "Wir suchen attraktive Ladenlokale" Nachstehendes angeführt:

"***1*** wächst weiter. Dafür suchen wir stetig neue Ladenlokale. Unsere Stores befinden sich in fußläufig attraktiven Hochfrequenz-Lagen, die einen schnellen Service mit Fokus auf den Außer-Haus-Verzehr garantieren."

Auch die im Zuge der Betriebsbesichtigung getroffenen Feststellungen bestätigen diese Annahme:

Während es in diesem Zeitraum ständig Laufkundschaft gab, waren nur vier Sitzplätze besetzt.

Sowohl die Feststellungen im Zuge der Betriebsbesichtigung (hohe Kundenfrequenz, nur vier besetzte Sitzplätze) als auch die Ausrichtung auf Selbstbedienung mit wenigen Sitzgelegenheiten lassen den Schluss zu, dass das Konzept der ***1***-Filialen auf Laufkundschaft und einen kurzen Aufenthalt der Kunden ausgerichtet ist. Die angebotenen Produkte sind in erster Linie nicht zum Verzehr vor Ort gedacht, sondern zur Mitnahme (als Jause) und zum späteren Verzehr.

Der Bf rügt in der Beschwerde, dass das Finanzamt weder auf die Platz- und Sitzkonzepte noch auf die betrieblichen Besonderheiten und die internen Abläufe in seinem Unternehmen näher eingegangen sei und sich kein detailliertes Bild von den angebotenen Produkten, deren aufwendige Zubereitung bzw. das bestehende Dienstleistungspaket gemacht habe. Das Finanzamt habe auch nicht festgestellt, in welcher Frequenz das Sitzkonzept genutzt worden sei.

Welche Feststellungen das Finanzamt anhand welcher der Prüferin zur Verfügung gestellter Unterlagen hätte treffen sollen, wird in der Beschwerde nicht erläutert. Der Bf tritt weder den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, der nach der Judikatur die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, noch der in Tz. 2 der Niederschrift vom zahlenmäßigen Darstellung der Aufteilung der Umsätze in Umsätze zu 20 %, 10 % und 5 % konkret entgegen.

Mangels Vorlage entsprechender Beweismittel kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass das Finanzamt (nur) die Umsätze aus dem Verkauf warmer Snacks und warmer und offener Getränke als zum Verzehr vor Ort bestimmt angesehen und diese Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 5 % unterworfen hat, die Umsätze aus dem Verkauf der übrigen Speisen und Getränke aber als zur Mitnahme bestimmt gewertet und auf diese Umsätze den jeweiligen Umsatzsteuersatz von 10 % bzw. 20 % angewendet hat.

Die Beschwerde ist aus den angeführten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet ().

Mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof zu lösen wäre ().

Der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, bewirkt nach der Rechtsprechung ebenfalls nicht ihre Erheblichkeit im Sinne von Art. 133 B-VG ().

Dass der Revisionswerber die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes für verfehlt erachtet, vermag für sich ebenfalls nicht zu bewirken, dass die Behandlung der Revision von Fragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge ().

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei Beantwortung der Frage, welche Umsätze unter den Begriff "Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken" im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 2 GewO zu subsumieren sind, an der zitierten Rechtsprechung des EuGH.

Da eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne der angeführten Rechtsprechung nicht vorliegt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

EuGH, C-231/94





ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102096.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at