agB: keine Berücksichtigung behinderungsbedingter Mehraufwendungen, da Einkünfte des Ehepartners über Euro 6.000
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Streit besteht im gegenständlichen Fall darüber, ob die Beschwerdeführerin (Bf.) die behinderungsbedingten Aufwendungen für ihren Ehemann als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann.
Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 machte die Bf. außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit der Behinderung ihres Ehepartners in Höhe von Euro 13.393,69 geltend. Die Bf. gab an, dass die jährlichen Einkünfte ihres Ehepartners Euro 6.000,00 nicht überschritten hätten.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2014 fest, wobei die behinderungsbedingten Kosten für den Ehepartner nicht berücksichtigt wurden, da dessen Einkünfte über Euro 6.000,00 lagen.
Dagegen erhob die Bf. mit Eingabe vom Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung der durch die schwere Erkrankung ihres Ehemannes verursachten außergewöhnlichen Belastungen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurück.
Mit Eingabe vom , die als Vorlageantrag zu werten ist, beantragte die Bf. erneut die Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht führt die belangte Behörde aus, dass die Beschwerde mit fristgerecht eingebracht wurde, da das Fristende auf einen Samstag () fiel.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. bezog im Streitjahr 2014 nichtselbständige Einkünfte aus der Pensionsversicherung.
Aufgrund der Behinderung ihres Ehepartners machte die Bf. tatsächliche Kosten in Höhe von Euro 13.393,69 als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Der Lohnzettel des Ehemannes der Bf. weist für das Jahr 2014 steuerpflichtige Bezüge in Höhe von Euro 25.620,96 aus der Pensionsversicherung und Bundespflegegeld in Höhe von Euro 17.496,30 auf.
Der Einkommensteuerbescheid vom wurde am selben Tag über FinanzOnline zugestellt. Die Bf. brachte dagegen am Beschwerde ein.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß § 108 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß § 108 Abs. 3 BAO der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 ist am ergangen und wurde am selben Tag über FinanzOnline zugestellt, sodass die Beschwerdefrist von einem Monat ab Zustellung am endete. Da das Ende der Beschwerdefrist auf einen Samstag, den , fiel, ist der nächste Werktag, demnach Montag, der , der letzte Tag der Beschwerdefrist. Die von der Bf. am eingebrachte Beschwerde ist daher rechtzeitig.
Zu den außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderung:
Die §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012, lauten auszugsweise wie folgt:
Außergewöhnliche Belastung
§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1.Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2.Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3.Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.[…]
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
-[…]
-Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.[…]
Behinderte
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
-[…]
-[…]
-ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
-[…]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.[…]
(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).[…]
Die Bf. machte aufgrund der Behinderung ihres Ehepartners tatsächliche Kosten in Höhe von Euro 13.393,69 als außergewöhnliche Belastungen geltend. Behinderungsbedingte Mehraufwendungen können nur dann als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 erfüllt sind. Bei außergewöhnlichen Belastungen infolge einer Behinderung des Ehepartners dürfen dessen Einkünfte höchstens Euro 6.000,00 jährlich betragen. Der Lohnzettel des Ehepartners der Bf. weist für das Jahr 2014 steuerpflichtige Bezüge in Höhe von Euro 25.620,96 aus. Da die Einkünfte des Ehepartners im Jahr 2014 die gesetzliche Grenze von Euro 6.000,00 überschreiten, liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 nicht vor und können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 nicht berücksichtigt werden.
Außerdem können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen. Die Bf. machte tatsächliche Kosten in Höhe von Euro 13.393,69 als außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung geltend. Der Ehepartner der Bf. erhielt im Jahr 2014 Bundespflegegeld in Höhe von Euro 17.496,30. Damit übersteigt das im Jahr 2014 ausbezahlte Pflegegeld die tatsächlich geltend gemachten behinderungsbedingten Mehraufwendungen, sodass eine Berücksichtigung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastung - auch aus diesem Grund - ausscheidet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103183.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
ZAAAC-33431