Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.04.2023, RV/5100181/2023

Kein Antragsrecht eines Sozialhilfeverbandes auf Arbeitnehmerveranlagung bei Verlassenschaftsfall (§ 153 AußStrG)?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch den ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung des Antrages vom auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 und Rückzahlung Guthaben für die Verlassenschaft nach ***2***, verstorben am ***3***, Steuernummer ***4***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Tanja Grottenthaler zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert als der Antrag der ***22*** als Sozialhilfeträger vom auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 und Rückzahlung Guthaben für die Verlassenschaft nach ***2***, verstorben am ***3***, als unzulässig zurückgewiesen wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am brachte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) beim Finanzamt Österreich (im Folgenden: Finanzamt) für die Verlassenschaft nach dem am ***3*** verstorbenen ***2*** einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 ein und machte darin außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Behinderung von Höhe von € 18.746,46 geltend. Dieser Erklärung war ein Begleitschreiben vom mit folgendem Inhalt angeschlossen:
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021, GZ ***5***, wäre dem ***25*** das Verfügungsrecht über das Guthaben der Arbeitnehmerveranlagung 2020 betreffend der Verlassenschaft nach dem am ***3*** verstorbenen ***2***, der zuletzt im Seniorenzentrum ***8*** wohnhaft gewesen wäre, eingeräumt worden.

Es werde gebeten, das Guthaben der Arbeitnehmerveranlagung 2020 auf das Konto des ***12*** bei der Bank IBAN ***6***, BIC ***7***, unter Angabe des Namens des Verstorbenen und ***27***, zu überweisen.

Diesem Schreiben war der Beschluss des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021, GZ. ***5***, in der Verlassenschaftssache nach dem am ***3*** verstorbenen ***2*** angeschlossen, aus dem sich ergibt, dass gemäß § 153 AußStrG mangels den Wert von EUR 5.000,- übersteigender Aktiven die Abhandlung unterblieben ist.

Außerdem war diesem Schreiben eine Bestätigung des ***14*** vom beigefügt, wonach sich ***2***, geboren am ***15*** und verstorben am ***3***, von ***24*** bis ***3*** auf Kosten des ***16*** im Seniorenzentrum ***8***, ***9***, ***10***, befunden hätte und im Kalenderjahr 2020 (1.1. - ***3***) vom ***17*** ein Betrag in Höhe von € 18.746,46 als Kostenersatz (Heimgebühren inklusive 80% Pflegegeld) vereinnahmt worden wäre.

2. Mit Schreiben vom beim Finanzamt eingelangt am ersuchte die Bf. um Zusendung eines Bescheides für die Arbeitnehmerveranlagung 2020 und Überweisung des Guthabens daraus u.a. betreffend den am ***3*** verstorbenen ***2***.

3. Mit Bescheid vom , der an den ***18*** gerichtet war, hat das Finanzamt die Eingabe vom betreffend Durchführung Arbeitnehmerveranlagung 2020 und Rückzahlung Guthaben für Verlassenschaft nach ***2*** zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde wie folgt begründet:

Die Eingabe wäre aus folgendem Grund nicht zulässig:
Sozialhilfeträger wären nicht berechtigt, Arbeitnehmerveranlagungen und Anträge auf Rückzahlungen von Einkommensteuerguthaben beim Finanzamt zu stellen.

Derartige Anträge wären zurückzuweisen, da der einschreitenden Sozialhilfeträger nicht Abgabenschuldner (§ 77 BAO) und nicht Partei des Abgabenverfahrens (§ 78 BAO) wäre und es auch durch § 324 Abs. 3 ASVG iVm landesrechtlichen Sozialhilfevorschriften nicht werden könne.

4. Mit Schreiben vom , das am zur Post gegeben wurde, erhob die Bf. Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom und beantragte diesen ersatzlos aufzuheben und in der Sache zu entscheiden bzw. in eventu den Antrag an die Erstbehörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Diese Beschwerde wurde wie folgt begründet:

Zur Antragslegitimation der ***22*** als regionaler Träger der sozialen Hilfe durch den ***18***:
Gemäß § 324 Abs. 3 ASVG würde dann, wenn ein Renten- bzw. Pensionsberechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einer dort näher bezeichneten Einrichtung verpflegt wird, für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 % dieses Anspruches auf den Träger der sozialen Hilfe übergehen. Die restlichen 20 % würden dagegen im Sinne einer "Pensionsteilung" der den Anspruch innehabenden Person, ohne Zweckbindung und damit als eine Art "Taschengeld" verbleiben. Diese Bestimmung würde eine Legalzession für monatliche Geldleistungsansprüche zugunsten jenes Trägers, auf dessen Kosten der betreffende Pensions- oder Rentenberechtigte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung "verpflegt" wird, statuieren. Der Gesetzgeber hätte damit den Trägern der Sozialhilfe auf Landesebene einen unmittelbaren Zugriff auf bestimmte Geldleistungen eröffnen wollen, die der Deckung eines Bedarfs dienen, der ohnedies in natura in einer stationären Einrichtung gedeckt wird.

Dieser Anspruchsübergang nach § 324 Abs.3 ASVG würde unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen. Es wäre keine Anzeige oder eine sonstige Erklärung eines der beteiligten Träger erforderlich. Er würde grundsätzlich für jeden Monat, in dem die Überbringung bzw. Pflege erfolgt, stattfinden, weil die Leistung pro Kalendermonat gebühren würde (siehe OGH 2 Ob 72/19f vom , u.a.).

Das Guthaben aus der Arbeitnehmerveranlagung würde als Einkommen auch jene 80 % beinhalten der bereits durch Legalzession (wie oben beschrieben) auf den Sozialhilfeträger - hier die Antragstellerin - übergegangen wäre.

Es wäre nämlich bei einer von vornherein angepassten Steuerberechnung insgesamt ein höherer Pensionsbetrag ausbezahlt worden und damit - als Konsequenz aus § 324 Abs. 3 ASVG - der Übergang auf den Sozialhilfeträger betragsmäßig höher ausgefallen. Die Bestimmung des
§ 4 Abs.1 Z 1 der OÖ Sozialhilfeverordnung 1998 würde ausdrücklich das Einkommen als Einkünfte abzüglich einbehaltener Lohnsteuer definieren. Eine Normierung des Übergangs in den Steuergesetzen würde es dafür nicht bedürfen.

Der im Wege der Legalzession übergegangene Teil des Steuerguthabens würde daher auch nicht in den Nachlass fallen, sondern würde dem Träger der sozialen Hilfe - hier der Antragstellerin - zustehen.

Gemäß § 78 Abs. 3 BAO wäre nicht nur der Abgabepflichtige, sondern auch Personen, als sie aufgrund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht, Partei. Die Antragstellerin würde daher Parteienstellung genießen. Das Steuerguthaben aufgrund der Arbeitnehmerveranlagung nach ***2*** für das Veranlagungsjahr 2020 würde zu 80 % unmittelbar der Antragstellerin und nicht mehr dem Abgabepflichtigen zustehen, da dieser Anspruch bereits (wie ausgeführt) ex lege übergegangen wäre.

Die Bf. würde daher wegen dieses Anspruches beantragen die Arbeitnehmerveranlagung für 2020 durchzuführen und 80 % dieses Guthabens an sie auszubezahlen.

Warum die Antragstellerin dazu nicht berechtigt sein soll, wäre nicht nachvollziehbar. Die Begründung der Behörde wäre rechtlich nicht erklärlich.

Gegenständlich wäre mit einem Abgabenguthaben jedenfalls zu rechnen. Der Antragstellerin würden 80 % dieses Abgabenguthabens für jene Zeiträume zustehen, in denen der verstorbene ***2***, geb. ***15***, verstorben am ***3***, im Seniorenzentrum ***8*** von der Antragstellerin versorgt worden wäre.

Die Antragstellerin wäre daher berechtigt gegenständlichen Antrag einzubringen und die Finanzbehörde wäre verpflichtet, über diesen Antrag meritorisch zu entscheiden. Der Zurückweisungsbescheid wäre rechtswidrig.

Antragsmodifikation und ergänzendes Vorbringen:
Im Zuge dieser Beschwerde werde der gestellte Antrag insoweit modifiziert, dass weiters vorgebracht werde, dass ***2***, geb. ***15***, verstorben am ***3***, im Veranlagungsjahr 2020 von der ***22*** als regionaler Träger der Sozialhilfe versorgt worden wäre (siehe Heimgebührenbestätigung) und dass 80 % des Steuerguthabens auf das im Antrag genannte Konto der Antragstellerin auszubezahlen wären.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom , die wiederum an den ***18***, gerichtet war, hat das Finanzamt die Beschwerde vom mit nachstehend wiedergegebener Begründung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO würden bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers würden die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes gelten.
Mit dem Tod einer natürlichen Person würde deren Rechtsfähigkeit (und damit die Parteifähigkeit) enden (vgl. ). Damit würden in der Regel auch die vom Verstorbenen zu seinen Lebzeiten erteilten Vollmachten erlöschen (vgl. § 83 Abs. 2 BAO iVm § 1022 Satz 1 ABGB). Das Erlöschen der Bevollmächtigung durch Tod würde der Abgabenbehörde gegenüber wirken, auch wenn sie davon nichts erfährt (vgl. Ritz, BAO6, ZustellG, § 9 Rz 22). § 1022 ABGB wäre allerdings dispositives Recht (vgl. ).
Eine Vollmacht könne auch so gestaltet sein, dass sie über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortdauert (vgl. ; ; Ritz, BAO6, § 83 Rz 21). Ob dies zutrifft, wäre im Zweifel anhand des Wortlauts der konkret vorliegenden Vollmacht zu beurteilen (vgl. ).
Die Verlassenschaft wäre die Gesamtheit der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, soweit sie nicht höchstpersönlicher Art wären (§ 531 ABGB). Diese Vermögensmasse würde sich mit dem Tod des Verstorbenen zu einer juristischen Person (Verlassenschaft nach...) verselbständigen, die die Rechtsposition des Verstorbenen fortsetzen würde (§ 546 ABGB), dh. die "ruhende Verlassenschaft" wäre Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers (siehe dazu auch ).

Die Erbschaft würde dem/den Erben nicht unmittelbar mit dem Tod des Verstorbenen zufallen. Vielmehr wäre nach Bekanntwerden eines Todesfalles von Amts wegen ein Verlassenschaftsverfahren einzuleiten (§ 143 Abs. 1 AußStrG). Bei diesem Verfahren würde es sich um ein Gerichtsverfahren handeln, das von einem Notar als Gerichtskommissär (Beauftragter des Gerichtes) durchgeführt werden würde.

In der Verlassenschaftsabhandlung würden die präsumtiven Erben aufgefordert werden, eine Erbantrittserklärung abzugeben. Diese könne bis zur Bindung des Verlassenschaftsgerichts an den Einantwortungsbeschluss (§ 40 AußStrG) bedingt oder unbedingt abgegeben werden
(§ 800 ABGB), die Erben könnten sich aber auch ihres Erbrechts entschlagen (§ 805 ABGB), oder sich am Verlassenschaftsverfahren schlicht nicht beteiligen, ohne dabei ihres materiellen Erbrechts verlustig zu gehen (vgl. Volgger, EF-Z 2018, 201) Alle diesbezüglichen Erklärungen wären unwiderruflich (§ 806 ABGB).

Die Verlassenschaft/der "ruhende Nachlass" als juristische Person wäre als solche nicht handlungs- bzw. prozessfähig, sondern würde eines Vertreters bedürfen. Dies würde auch für die Einreichung von Anbringen bei der Abgabenbehörde gelten, etwa für Arbeitnehmerveranlagungen.

Vertreter der Verlassenschaft (bevor Erbantrittserklärungen vorliegen) könnten sein:
• Ein zu Lebzeiten des Abgabepflichtigen von ihm Bevollmächtigter (zB Steuerberater oder Rechtsanwalt), wobei der Fortbestand der Vertretungsmacht über den Todesfall hinaus in der Vollmacht gesondert eingeräumt werden müsse oder
• ein vom Gericht bestellter Verlassenschaftskurator, welcher auch für die Vertretung im Abgabenverfahren explizit bestellt wurde. Der Wortlaut des Bestellungsbeschlusses wäre hier maßgebend (eingeschränkt auf einzelne Tätigkeiten oder umfassend).

Mit Abgabe der Erbantrittserklärung wäre der Erbe berechtigt, die Verlassenschaft rechtswirksam zu vertreten (§ 810 Abs. 1 ABGB). Mehreren Erben (die einzelnen Personen würden als Miterben bezeichnet werden) würde dieses Recht nur gemeinsam (zur ungeteilten Hand) zustehen. Auf Verlangen hätte der Gerichtskommissär den Berechtigten eine Amtsbestätigung über ihre Vertretungsbefugnis (§ 810 ABGB) auszustellen (§ 172 AußStrG). Diese Amtsbestätigung würde den Vertretungsnachweis darstellen.

Nach Abgabe einer Erbantrittserklärung könne die Verlassenschaft von folgenden Personen vertreten werden:
• erbantrittserklärter Erbe (wenn nur ein Erbe eine Erbantrittserklärung abgegeben hätte)
• alle erbantrittserklärten Erben gemeinsam (wenn mehrere Erben eine Erbantrittserklärung abgegeben hätten, die zueinander nicht in Widerspruch stehen, da andernfalls widerstreitende Erklärungen nach § 160 AußStrG vorliegen würden und in diesem Fall zwingend ein Verlassenschaftskurator zu bestellen wäre)
• gerichtlich bestellter Verlassenschaftskurator.

Werde das Verlassenschaftsverfahren nicht in Form einer Verlassenschaftsabhandlung geführt, sondern armutshalber abgetan oder an Zahlungs statt überlassen, würde der ruhende Nachlass grundsätzlich bestehen bleiben. Um wirksam im Abgabenverfahren handeln zu können Abgabenerklärungen einzubringen -, würde er eines Vertreters bedürfen. Vertreter des ruhenden Nachlasses könnten sein:
• ein vom Abgabepflichtigen zu dessen Lebzeiten Bevollmächtigter (zB Steuerberater), sofern die Vertretungsmacht über den Todesfall hinaus erteilt worden wäre oder
• ein vom Gericht bestellter Verlassenschaftskurator.

Somit könne ein Anbringen, z.B. eine Abgabenerklärung immer nur durch einen der oben genannten Vertreter beantragt werden.

Für den Übergang von Rechten und Pflichten im Abgabenrecht würde § 19 Abs. 1 BAO ausschließlich an die Gesamtrechtsnachfolge anknüpfen: Nur im Fall einer solchen würden die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Dies würde nicht nur alle materiell-rechtlichen, sondern auch sämtliche verfahrensrechtlichen Positionen betreffen (vgl. für viele Stoll, BAO, 189 ff, mwN). Nur der eingeantwortete Erbe, der Erbschaftskäufer oder der Geschenknehmer bei der Erbschaftsschenkung würden daher vollumfänglich in die Rechte des Erblassers eintreten; nur diese wären etwa legitimiert und verpflichtet, eine Abgabenerklärung in Bezug auf den Verstorbenen einzubringen bzw. sonstige Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten zu erfüllen.

Im gegenständlichen Fall wäre die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung durch den ***18*** ***21*** eingereicht worden.

Der ***23*** würde keine oben genannten Voraussetzungen (erbantrittserklärter Erbe, gerichtlich bestellter Verlassenschaftskurator, vom Abgabepflichtigen zu dessen Lebzeiten Bevollmächtigter mit Vertretungsmacht über den Todesfall hinaus) erfüllen und wäre daher nicht legitimiert der Abgabenbehörde gegenüber für die Verlassenschaft zu handeln.

In der Beschwerde werde unter Verweis auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom (2 Ob 72/19f) ausgeführt, dass die auf Grund des § 324 Abs. 3 ASVG auf den Sozialhilfeträger übergehenden Pensionsansprüche und das daraus betreffende Steuerguthaben selbst nicht in den Nachlass fallen würde und sich daher zwangsläufig ergebe, dass bei verstorbenen Personen die auf Kosten des Sozialhilfeverbandes in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht wären, nicht die Erben zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen berechtigt seien, sondern der ***23***, da dieses Guthaben nicht in den Nachlass falle.

Diesbezüglich wäre seitens der Abgabenbehörde auszuführen, dass der Oberste Gerichtshof dem Sozialhilfeträger keine Legitimation zur Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung erteilt hätte. Vielmehr wäre festgestellt worden, dass der Revisionsrekurs hinsichtlich der Ermächtigung des Sohnes der Verstorbenen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung zurückgewiesen worden wäre. Weder aus dem höchstgerichtlichen Beschluss noch aus der Bestimmung des § 324 Abs. 3 ASVG, welcher lediglich den Übergang des Pensionsanspruches auf den Sozialversicherungsträger in bestimmten Fällen und bestimmter Höhe regeln würde, könne abweichend von den Bestimmungen des ABGB und der BAO eine Aktivlegitimation des Sozialhilfeverbandes abgeleitet werden.

Gemäß § 78 Abs. 1 BAO wäre Partei im Abgabenverfahren der Abgabepflichtige. Im Beschwerdeverfahren auch jeder, der eine Beschwerde einbringt (Beschwerdeführer), einem Beschwerdeverfahren beigetreten ist oder ohne Beschwerdeführer zu sein, einen Vorlageantrag gestellt hat.

Gemäß § 78 Abs. 2 BAO wären Parteien des Abgabenverfahrens ferner, wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen; wenn nach den Abgabenvorschriften Steuermessbeträge oder Einheitswerte zu zerlegen oder zuzuteilen sind, die Körperschaften, denen ein Zerlegungsanteil zugeteilt worden ist oder die auf eine Zuteilung Anspruch erheben.

Gemäß § 78 Abs. 3 BAO hätten andere als die genannten Personen die Rechtstellung einer Partei dann und insoweit inne, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

Nach Stoll (BAO Handbuch Seiten 778 und 779) würden darunter Personen fallen, die weder Parteien iSd § 78 Abs. 1 oder 2 BAO wären und aufgrund abgabenrechtlicher, materiell rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde bezieht.

Unter die erste Gruppe würden laut Stoll zB Personen fallen, die, ohne bereits Abgabepflichtige zu sein, Erstattungen, Abgabenvergütungen oder Beihilfen begehren (zB Antrag auf Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988).

Unter die zweite Gruppe würden laut Stoll Personen fallen, die ohne Abgabepflichtige zu sein, die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangen oder Personen, die Akteneinsicht begehren.

In die letzte Gruppe würden laut Stoll Personen fallen, die von der Abgabenbehörde als Drittschuldner oder wegen zu Unrecht bezogener Beihilfen, Vergütungen oder Abgeltungen in Anspruch genommen werden. Auch Auskunftspersonen im Auskunftsverfahren würden darunterfallen.

Wann immer Personen außerhalb eines sie als Abgabepflichtiger iSd § 77 berührenden Verfahrens und außerhalb eines in den Erweiterungstatbeständen erwähnten Falles auf sonstige Art und Weise berechtigt oder verpflichtet werden, sowie dann, wenn solche Personen (zumal ohne rechtliche Grundlage) materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Ansprüche geltend machen (vgl. zB ), so wären sie in diesem durch ihre konkretisierten Vorstellungen ausgelösten Verfahren jedenfalls Partei, auch wenn dieses Verfahren mit der Feststellung der Unzulässigkeit der vermeintlichen Ansprüche oder der Behördenmaßnahmen enden würde (vgl. Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch § 78 BAO, Seite 224 unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar 779).

Werde eine Abgabenerklärung eingereicht, ohne Partei iSd § 78 Abs. 1 BAO (Abgabepflichtiger nach § 77 BAO) oder Partei iSd § 78 Abs. 2 BAO (idR Empfänger eines Feststellungsbescheides) zu sein, dann würde § 78 Abs. 3 BAO Anwendung finden. Würde es der Partei nach § 78 Abs. 3 BAO an der notwendigen Aktivlegitimation mangeln, dann wäre das Anbringen (die Abgabenerklärung) als unzulässig zurückzuweisen.

Dass der Antragsteller Parteistellung innehaben würde, würde außer Streit stehen. Hätte er keine Parteistellung inne, wäre die Erlassung des Zurückweisungsbescheides nicht möglich gewesen. Alleine aus der Parteistellung würde sich aber keine Aktivlegitimation im Namen des Verstorbenen handeln zu können ergeben. Diesbezüglich würde es an den oben angeführten Voraussetzungen mangeln.

Daher wäre der durch den ***19*** eingebrachte Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 zu Recht als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beschwerde wäre somit als unzulässig abzuweisen.

6. Mit Schreiben vom , zur Post gegeben am , stellte die Bf. einen Vorlageantrag und führte in diesem aus, dass sich die Beschwerdevorentscheidung mit hier nicht relevanten Rechtsfragen (Gesamtrechtsnachfolge und Verlassenschaftsabhandlungen) beschäftigen würde.

Zur der hier relevanten Legalzession würde unrichtigerweise und auch unbegründet ausgeführt werden, dass der Oberste Gerichtshof dem Sozialhilfeträger keine Legitimation zur Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung erteilt habe. Weder aus dem höchstgerichtlichen Beschluss noch aus der Bestimmung des § 324 Abs. 3 ASVG könne eine Aktivlegitimation des Sozialhilfeverbandes abgeleitet werden.

Diese Auffassung wäre unverständlich und daher auch nicht begründbar, da die Legalzession des § 324 Abs. 3 ASVG das Einkommen der betroffenen Person betreffen würde und dieses zu 80 % ex lege auf die Bf. übergehen würde.

Das in der Beschwerdevorentscheidung angeführte VwGH-Erkenntnis hätte keinen Bezug zum hier gegenständlichen Sachverhalt.

Im Übrigen werde auf die Beschwerde verwiesen und möge das Beschwerdegericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Zurückweisungsbescheid aufheben und der Erstbehörde auftragen, in der Sache selbst zu entscheiden.

7. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde zunächst aus die Begründung der ergangenen Beschwerdevorentscheidung. Ergänzend brachte das Finanzamt vor, dass nach der ständigen jüngsten Rechtsprechung des VwGH (vgl. , Ro 2022/15/0033; , Ra 2022/15/0060; , Ro 2022/15/0026) die gerichtliche Ermächtigung nach § 153 Abs. 2 AußStrG 2003 nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses bewirken würde und würde daher nicht zur Antragstellung nach
§ 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 berechtigen. Der VwGH hätte in den Erkenntnissen klar und ausdrücklich dargelegt, dass die Zurückweisung des Antrags durch die Abgabenbehörde mangels Aktivlegitimation korrekt wäre und auch dass die Durchsetzung eines Anspruchs nach § 324 Abs. 3 ASVG daran nichts zu ändern vermöge, da das BFG gerade in einem Fall (Ro 2022/15/0033) die Revision deshalb zugelassen hätte, "weil es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Legitimation einer nach § 153 Abs. 2 AußStrG ermächtigten Person zu einem Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für den ruhenden Nachlass (außerhalb einer Kuratorbestellung) zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 324 Abs. 3 ASVG gebe".

Die Abgabenbehörde würde daher auf Basis der eindeutigen Rechtsprechung des VwGH die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.

Am fand die von der Bf. beantragte mündliche Verhandlung statt und wird hinsichtlich des Verlaufes auf die darüber aufgenommene Niederschrift verwiesen, die den Parteien bereits übermittelt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

***2***, der am ***15*** geboren wurde, hat seit dem ***24*** bis zu seinem Tod am ***3***, auf Kosten der Bf. als Sozialhilfeträger im Seniorenzentrum ***8***, ***9***, gewohnt, wobei er im Jahr 2020 Kostenersätze an die Bf. geleistet hat.

***2*** hat vor seinem Tod der Bf. keine Vollmacht zur Vertretung in Abgabenverfahren vor dem Finanzamt erteilt.

Im Verlassenschaftsverfahren nach ***2***, das vom Bezirksgerichtes zu GZ. ***5***, geführt wurde, wurde am xx.02.2021 beschlossen, dass gemäß § 153 AußStrG mangels den Wert von € 5.000,00 übersteigenden Aktiven eine Abhandlung unterbleibt.
In diesem Beschluss wurde im Sinne des Antrages vom ***28***2021 der erblasserischen Witwe ***29***, geboren am ***30***, ***31***, ***32***, in Abschlag auf die von ihr bezahlten bzw. in ihre Zahlungspflicht übernommenen Passiva gemäß § 153 (2) AußStrG die Ermächtigung erteilt, dass Verlassenschaftsvermögen bestehend aus:
***33***, Konto ***34*** lautend auf ***2*** und eine weitere Mitinhaberin, Saldo per Todestag, Hälfteanteil EUR ***35*** zur Gänze zu übernehmen und hierüber zu verfügen.
Weiters wurde in diesem Beschluss festgestellt, dass die Forderung der ***Bf1*** auf Ersatz von stationären Kosten im Sinn des § 330a in Verbindung mit
§ 707a Abs. 2 ASVG nicht berücksichtigt werden konnte. Fener wurde der ***1*** ermächtigt, einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 zu stellen. Im Beschluss des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021, ***5***, wurde betreffend diese Ermächtigung darauf hingewiesen, dass eine allfällige Steuerrückvergütung bis zu 80% mit einer Pflegeregressforderung des ***12*** belastet und die Höhe der Steuerrückvergütung dem Bezirksgerichtes mitzuteilen ist.
Schließlich wurden in diesem Beschluss die Gebühren des vom Gericht bestellten Gerichtskommissärs bestimmt und die Bezahlung dieser Gebühr der erblasserischen Witwe aufgetragen.

Dieser Beschluss wurde wie folgt begründet:
Die Abhandlung unterbleibt im Sinne des § 153 (1) AußStrG, da die Aktiven der Verlassenschaft den Wert von EUR 5.000,- nicht übersteigen, zum Rechtserwerb aufgrund des Todesfalles keine bücherlichen Eintragungen erforderlich sind und keine sonstigen Voraussetzungen zur Einleitung eines Verlassenschaftsverfahrens vorliegen.
Dem Antrag der erblasserischen Witwe auf Erteilung der Ermächtigung das Verlassenschaftsvermögen zu übernehmen, war stattzugeben, da der dem Antrag zugrundeliegende Anspruch nach der Aktenlage hinreichend bescheinigt ist.

Vom Verlassenschaftsgericht wurde kein Verlassenschaftskurator bestellt und daher wurde auch die Bf. nicht zum Verlassenschaftskurator für den ruhenden Nachlass nach dem am ***3*** verstorbenen ***2*** bestellt.

Am brachte die Bf. beim Finanzamt für die Verlassenschaft nach dem am ***3*** verstorbenen ***2*** einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 ein und machte darin außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Behinderung von Höhe von € 18.746,46 geltend.

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. im eigenen Namen die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2020 betreffend die Verlassenschaft nach ***2*** und die Überweisung des Guthabens aus dieser Veranlagung.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vom vorgelegten Unterlagen und ist auch zwischen den Parteien nicht strittig. Der Umstand, dass ***2*** vor seinem Tod der Bf. keine Vollmacht zur Vertretung in Abgabenverfahren vor dem Finanzamt erteilt hat, ergibt sich aus den entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, der nach ständiger Rechtsprechung des VwGH Vorhaltscharakter zukommt (vgl. zB ; ) und ist dieser Feststellung die Bf. im Vorlageantrag nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Eingangs ist auf die Frage der Adressierung des angefochtenen Bescheides einzugehen. Dieser wurde an den ***18*** gerichtet. Beim ***23*** handelt es sich aber lediglich um einen Behördenapparat, der für sich nicht rechtsfähig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH steht die unrichtige Anführung einer nicht rechtsfähigen Einrichtung eines Rechtsträgers an der Stelle des Rechtsträgers selbst als Adressat eines abgabenrechtlichen Bescheides der Wirksamkeit des Bescheides nicht im Wege, wenn unter Berücksichtigung der objektiven Rechtslage und der Begründung des Bescheides schon für den Betroffenen nicht mehr zweifelhaft sein kann, dass die Verwaltungsbehörde eine bescheidmäßige Erledigung gegenüber dem Rechtsträger selbst treffen wollte und getroffen hat (vgl. zB ; ).

Im gegenständlichen Fall hat die Bf. den Beschluss des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021, GZ ***5*** dem Finanzamt vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass im Verlassenschaftsverfahren nach ***2*** Forderungen der ***Bf1*** nicht berücksichtigt werden konnten und daher dem ***19*** die in den Feststellungen wiedergegebene Ermächtigung erteilt wurde. Dies kann in verständiger Würdigung nur so gedeutet werden, dass der ***19*** lediglich als für die ***20*** handelnde Behörde des Sozialhilfeträgers bezeichnet wurde. Auch ist die Begründung des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigten, der von einer mangelnden Berechtigung des Sozialhilfeträgers (das ist die ***20***) ausgeht. Auch bestand für die Bf. als Betroffene kein Zweifel daran, dass das Finanzamt mit dem Zurückweisungsbescheid vom eine bescheidmäßige Erledigung gegenüber dem Rechtsträger selbst treffen wollte und getroffen hat, weil die Beschwerde namens der ***22*** als regionaler Träger der sozialen Hilfe erhoben wurde. Es liegt daher in der Anführung des ***14*** statt der Bezeichnung der ***20*** als Träger der Sozialhilfe lediglich ein bloßes Vergreifen in der Bezeichnung vor und war daher das Bundesfinanzgericht berechtigt diese Bezeichnung entsprechend auf die Bf. zu berichtigen(vgl. ).

Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen lauten wie folgt:

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 78 Abs. 3 BAO haben andere als die in § 78 Abs. 1 und 2 BAO genannten Personen die Rechtsstellung einer Partei dann und insoweit, als sie auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften die Tätigkeit einer Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder als sich die Tätigkeit einer Abgabenbehörde auf sie bezieht.

Gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 hat eine Arbeitnehmerveranlagung zu erfolgen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren einen diesbezüglichen Antrag stellt.

Gemäß § 153 Abs. 1 AußStrG unterbleibt die Abhandlung, wenn - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - Aktiven der Verlassenschaft nicht vorhanden sind oder den Wert von 5 000 Euro nicht übersteigen, sofern kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wird.
Absatz 2 des § 153 AußStrG sieht vor, dass dann, wenn auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden ist, das Verlassenschaftsgericht auf Antrag denjenigen, deren Anspruch nach der Aktenlage bescheinigt ist, die Ermächtigung erteilen kann, das Verlassenschaftsvermögen ganz oder zu bestimmten Teilen zu übernehmen, dazu gehörende Rechte geltend zu machen oder aufzugeben, über erhaltene Leistungen rechtswirksam zu quittieren und Löschungserklärungen auszustellen.

Einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 kann nur der Steuerpflichtige selbst, ein in der BAO vorgesehener Vertreter oder der Gesamtrechtsnachfolger des Abgabepflichtigen stellen (, Rdnr. 10).

Zur Frage welche Rechtswirkung ein Unterbleiben der Abhandlung gemäß § 153 Abs. 1 AußStrG hat, hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2022/15/0026, folgende Rechtsansicht vertreten (Rdnr. 12 ff), der auch das Bundesfinanzgericht folgt:

"Kommt es nicht zur Einantwortung eines Erben liegt keine Gesamtrechtsnachfolge des Erben, sondern nur Einzelrechtsnachfolge vor (vgl. , zu einer Vorgängerbestimmung). Auch die Ermächtigung gemäß § 153 Abs. 2 AußerStrG führt zu keiner Gesamtrechtnachfolge (vgl. Winkler in Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 13; Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußerStreitG I2, § 153 Rn 9). Nach herrschender Lehre und Judikatur bleibt in Fällen des § 153 AußStrG der ruhende Nachlass bestehen, auch wenn eine Ermächtigung im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erteilt wurde (vgl. ; , 6 Ob 716/85 zur Vorgängerbestimmung; Schneider/Verwejen, AußStrG, § 153 Rn 9; Obermaier, ÖJZ 2008, 127; jeweils mwN).

Die Verlassenschaft setzt vor der Einantwortung des Erben die Rechte und Pflichten des verstorbenen Steuerpflichtigen fort (§ 531 ABGB). Der ruhende Nachlass bzw. die Verlassenschaft ist eine juristische Person (vgl. ).

Der Sozialhilfeverband ist nicht gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses. Er verfügt auch nicht über eine Zustellbevollmächtigung für den ruhenden Nachlass. Auch die Ermächtigung nach § 153 Abs. 2 AußStrG bewirkt nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung des Nachlasses und berechtigt daher nicht zur Antragstellung nach § 41 Abs. 2 Z 1 ESt 1988."

Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei der Bf. zwar nicht um einen Sozialhilfeverband. Allerdings gelten die wiedergegebenen Ausführungen des VwGH gleichermaßen für andere Träger der Sozialhilfe. Gemäß § 29 Z 2 oö. Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 82/1998, sind neben den Sozialhilfeverbänden auch die Städte mit eigenem Statut, wie die Bf., Träger sozialer Hilfe.

Daraus folgt, dass entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht aus der Regelung des
§ 324 Abs. 3 ASVG, wonach dann, wenn ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einem Alters(Siechen)heim verpflegt wird, für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den Träger der Sozialhilfe übergeht, kein Anspruch des Trägers der Sozialhilfe auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung nach dem Tod des auf Kosten des Sozialhilfeträgers Gepflegten abgeleitet werden kann, sondern sich die Berechtigung zur Durchführung einer Antragsveranlagung ausschließlich nach den Regelungen des materiellen Abgabenrechts bzw. den Bestimmungen der BAO richtet. Da die Bf. keine Gesamtrechtsnachfolgerin des am ***3*** verstorbenen ***2*** ist war die Bf. nicht berechtigt aus eigenem Recht einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung in der Verlassenschaftssache nach ***2*** zu stellen.

Soweit die Bf. aus der Regelung des § 78 Abs. 3 BAO eine entsprechende Berechtigung abzuleiten versucht, ist festzuhalten, dass zwischen der Parteistellung im Sinn des § 78 Abs. 3 BAO und der Frage zu differenzieren ist, ob eine Partei im Sinn des § 78 Abs. 3 BAO berechtigt ist, den von ihr behaupteten Anspruch erfolgreich geltend machen zu können. Besteht wie im gegenständlichen Fall keine Berechtigung der Bf. die von ihr beantragte Arbeitnehmerveranlagung geltend zu machen, führt die Parteistellung im Sin des § 78 Abs. 3 BAO - wie auch vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend aufgezeigt wurde - lediglich dazu, dass vom Finanzamt die Unzulässigkeit des vermeintlich zustehenden Anspruches festgestellt wird (vgl. Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 78 S. 224).

In der mündlichen Verhandlung vom wurde zudem von der Bf. vorgebracht, dass die Bf. mit dem in den Feststellungen wiedergegebenen Beschluss des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021, GZ. ***5***, zum Kurator im Verlassenschaftsverfahren bestellt worden wäre.
Dieser Ansicht kann vom Bundesfinanzgericht aufgrund des eindeutigen Inhaltes dieses Beschlusses nicht gefolgt werden, weil in diesem Beschluss von einer Kuratorbestellung keine Rede ist und auch aus der Bestimmung des § 153 Abs. 1 AußStrG, die in der Begründung des Beschlusses des Bezirksgerichtes vom xx.02.2021 angeführt wird, keine Kuratorbestellung abgeleitet werden kann. Überdies ist zu bedenken, dass im Beschluss auch die erblasserische Witwe von ***2*** als Übernehmerin des Kontos des Verstorbenen - in Abschlag auf die von ihr bezahlten bzw. in ihre Zahlungspflicht übernommenen Passiva - angeführt ist und es daher auch aus diesem Grunde einer ausdrücklichen Anführung einer konkreten Person als Kurator bedurft hätte. Überdies ist festzuhalten, dass § 153 Abs. 1 AußStrG gar keine Rechtsgrundlage für eine Kuratorbestellung ist:
Vielmehr sind die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verlassenschaftskurators § 157 Abs. 4 AußStrG, § 173 Abs. 1 AußStrG sowie § 811 ABGB zu entnehmen (vgl. zB Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 Rz 5 zu § 156 AußStrG (Stand , rdb.at)). Im gegenständlichen Fall käme lediglich eine Kuratorbestellung gemäß § 811 ABGB in Betracht (vgl. zB Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 Rz 5 § 811 ABGB mwN (Stand , rdb.at), die aber nicht erfolgt ist.
Auch wurde vom VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2022/15/0033, über einen gleichgelagerten Beschluss des Verlassenschaftsgerichts, der aufgrund von § 153 AußStrG ergangen ist, entschieden und wurde vom VwGH ebenfalls nicht davon ausgegangen, dass in der an den Sozialhilfeträger erteilten Ermächtigung, beim zuständigen Finanzamt namens der Verlassenschaft allfällige Anträge auf Berechnung von Lohn- beziehungsweise Einkommenssteuer zu stellen bzw. damit in Verbindung stehende Erklärungen abzugeben sowie aus der in diesen Verfahren gleichlautenden Begründung des Verlassenschaftsgerichts ("Die Abhandlung unterbleibt im Sinne des § 153 (1) AußStrG, da die Aktiven der Verlassenschaft den Wert von € 5.000,00 nicht übersteigen, zum Rechtserwerb aufgrund des Todesfalls keine bücherlichen Eintragungen erforderlich sind und kein Antrag auf Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens gestellt wurde."; vgl. die in der Findok veröffentlichte BFG-Entscheidung vom , RV/5100009/2022, die dem angeführten VwGH-Erkenntnis zugrunde liegt) eine Bestellung des Sozialhilfeverbandes zum Verlassenschaftskurator abgeleitet werden kann.

Es war daher die Zurückweisung des Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung in der Verlassenschaftssache ***2*** durch die Bf. zu bestätigen und daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (vgl. ).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Frage der Legitimation des Trägers der Sozialhilfe zur Beantragung von Arbeitnehmerveranlagungen von Steuerpflichtigen nach deren Tod, die auf Kosten der Sozialhilfe in Alters- bzw. Pflegeheimen ihren Aufenthalt hatten, beim Unterbleiben einer Verlassenschaftsabhandlung gemäß § 153 Abs. 1 AußStrG und Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 153 Abs. 2 AußStrG an den Träger der Sozialhilfe zur Antragstellung betreffend Arbeitnehmerveranlagung, nunmehr geklärt ist (; ; ; ) und das Bundesfinanzgericht dieser Rechtsprechung gefolgt ist, war die Revision nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 153 Abs. 1 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 153 Abs. 2 AußStrG, Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003
§ 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 324 Abs. 3 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 811 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100181.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at