Unzuständigkeit des BFG bei Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftigen BFG-Erkenntnisses
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1662/2023 anhängig. Ablehnung der Beschwerde mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Antragssache ***Bf1***, ***5***, über den Antrag vom auf Wiederaufnahme des Erkenntnisses des mit der GZ RV/7101646/2018 nach Zurückweisung der außerordentlichen Revision dagegen durch , betreffend Einkommensteuer 2014 zu Steuernummer ***BF1StNr2*** beschlossen:
1. Es wird die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes festgestellt. Das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
A. Verfahren - Entscheidungswesentlicher Sachverhalt
Folgender unstrittiger entscheidungswesentlicher Sachverhalt liegt vor:
1. Das Finanzamt für den 8. Bezirk in Wien hat am einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 erlassen in dem die Einkommensteuer entgegen der Erklärung des Antragstellers festgesetzt wurde. Gegen diesen Bescheid wurde ein Beschwerdeverfahren durchgeführt, das mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101646/2016, durch Teilstattgabe beendet wurde. Gegen dieses Erkenntnis hat der Antragsteller außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der die Behandlung der außerordentlichen Revision zurückgewiesen. Der durch das Erkenntnis des abgeänderte Einkommensteuerbescheid vom wurde damit am rechtkräftig.
2. Mit Schreiben vom , zugestellt am , brachte der Antragsteller vor, dass seit dem Erkenntnis des BFG neue Beweisergebnisse vorlägen: rechtskäftige Verurteilung eines Geschäftspartners des Antragstellers wegen Veruntreuung eines Verkaufserlöses (Urteil des OLG vom ***3***, ***4***) und Aussagen eines anderen Geschäftspartners vom zur Mitwirkung des Antragstellers an der Entwicklung einer Immobilie. Aufgrund dieser neuen Beweisergebnisse seien die geltend gemachten Ausgaben des Antragstellers zweifelsfrei als Betriebsausgaben zu beurteilen. Der Antragsteller stellte daher gemäß § 303 Abs. 1 lit. b und c BAO in diesem Schreiben zwei Anträge: 1) an das Bundesfinanzgericht, das Erkenntnis vom , RV/7101646/2018, wieder aufzunehmen und 2) an das Finanzamt Österreich, den Bescheid des Finanzamtes Wien (8/16/17.-Bezirk) vom wieder aufzunehmen, womit die Rechtssachen neuerlich zu entscheiden seien und dem Antragsteller eine Verlustverwertung von EUR ***6*** zuzubilligen sei.
3. Zur doppelten Beantragung der Wiederaufnahme beim Finanzamt und beim BFG führt der Antragsteller zur Zuständigkeit des BFG aus: "Nach der Literatur wäre der Wiederaufnahmeantrag an das Bundesfinanzgericht zu richten, weil gemäß §§ 305, 307 BAO als "Bescheid" auch für Erkenntnisse de BFG zu gelten haben, wie dies bereits in § 93a BAO idF ME/FVwGG 2012 vorgesehen war und in § 93a BAO nF vorgesehen ist - (vgl. Marchgraber/Pinetz, Neuerung bei der Wiederaufnahme des Verfahrens durch das Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, FJ 2013, 169). Eine Rechtsprechung dazu fehlt allerdings."
B. Rechtliche Erwägungen
1. Die für den Antrag relevanten Gesetzesstellen lauten in der derzeit geltenden Fassung:
Die für Bescheide geltenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 198 Abs. 2, 200 Abs. 2, 210, 295, 295a, 303) sind, soweit nicht anderes angeordnet ist, sinngemäß auf Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sowie auf in der Sache selbst ergangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs anzuwenden. Maßnahmen gemäß den §§ 200 Abs. 2, 294, 295, 295a und 303 obliegen auch dann der Abgabenbehörde, wenn sie solche Erkenntnisse, Beschlüsse oder Entscheidungen betreffen.
Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des nach § 307 Abs. 1 aufzuhebenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.
2. Der zweite Satz des § 93a BAO steht im Zusammenhang mit den Zuständigkeitsbestimmungen im § 305 BAO (jeweils idF FVwGG 2012) (Ritz/Koran, 7. Aufl. (2021), § 93a). § 305 BAO normiert, dass die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens (sowohl bei jener auf Antrag einer Partei als auch bei jener von Amts wegen) jener Abgabenbehörde obliegt, die für die Erlassung des nach § 307 Abs. 1 BAO aufzuhebenden Bescheides zuständig ist. Aus § 93a Satz 2 BAO geht hervor, dass die Zuständigkeit der Abgabenbehörde auch dann gegeben ist, wenn Maßnahmen gem. § 303 BAO Erkenntnisse, Beschlüsse oder Entscheidungen der Verwaltungsgerichte sowie in der Sache selbst ergangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofs betreffen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 305 (Stand , rdb.at), Anm 6 ). Eine Ausnahme ergibt sich nur aus § 287 BAO für durch Verwaltungsgerichte festgesetzte Nebenansprüche (Ritz/Koran, BAO, 7. Auflage (2021), § 305).
3. Daher ist im vorliegenden Antragsfall für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2014 ausschließlich die Abgabenbehörde zuständig; dies gilt auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall, das wiederaufzunehmende Verfahren durch ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts abgeschlossen ist (Ritz/Koran, BAO, 7. Auflage (2021), § 305; Predota/Rzeszut, BAO: Stoll Kommentar - Digital First, Rzeszut/Tanzer/Unger, Onlineaktualisierung 2.06, Jänner 2023 zu § 305 BAO, Anm 1).
4. Für den Antrag auf Wiederaufnahme des BFG-Erkenntnisses ist somit das BFG unzuständig. Das Antragsverfahren ist daher beim BFG einzustellen.
5. Das Schreiben des Antragstellers vom wird nicht an das Finanzamt weitergeleitet, da nach dem Inhalt des Schreibens das gleiche Schreiben auch direkt dem für die Wiederaufnahme zuständigen Finanzamt Österreich übermittelt wurde.
C. Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Zuständigkeit der Abgabenbehörde für Anträge auf Wiederaufnahme eines bereits - durch Erkenntnis des BFG - abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens ergibt sich bereits aus den zitierten Gesetzesbestimmungen. Eine ordentliche Revision gegen diesen Einstellungsbeschluss ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100971.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at