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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.04.2023, RV/5101376/2017

Forschungsprämie: Beweiswürdigung bei Privatgutachten und FFG-Gutachten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden***SenV***, die Richterin ***4***, sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***3***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (jetzt Finanzamt für Großbetriebe) vom betreffend Forschungsprämie für das Jahr 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Antrag
Mit Antrag vom beantragte die beschwerdeführende Partei (kurz: bP) für das Jahr 2014 Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung gemäß § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 iHv 142.655,20 Euro.


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Projekt 1-Suppen
41.370,01
Projekt 2- Würz-Produkte
21.398,28
Projekt 3- Verfahren/Verpackung
79.886,91
Summe Prämie
142.655,20


2. Feststellungsbescheid

Auf Basis des Jahresgutachtens 2014 der Forschungsförderungsgesellschaft (in der Folge kurz FFG) vom , einer weiteren umfangreichen Eingabe der bP vom und einer zusätzlichen Stellungnahme der FFG vom wurde die für 2014 beantragte Forschungsprämie um 56% gekürzt, weil das Projekt 3 als nicht förderungstauglich qualifiziert wurde.
Am erging ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der Gewährung der Forschungsprämie für das Jahr 2014 iHv 62.768,30 Euro.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Projekt 1-Suppen
41.370,01
Projekt 2- Würz-Produkte
21.398,28
Summe Prämie
62.768,30


Die Abweichung vom Antrag wurde wie folgt begründet:
"Im Gutachten vom der FFG (Zahl ***2014***) wurde festgestellt, dass das Projekt ,Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung' eine Anpassung im Produktionsverfahren darstellt. Laut Forschungsprämienverordnung fallen industrielles Engineering und Umrüsten von Anlagen für den Produktionsprozess nicht unter Forschung und Entwicklung iSd § 108c EStG.
Mit Vorhalt vom wurde von Ihnen eine Stellungnahme zu den Feststellungen der FFG eingeholt. Die Stellungnahme wurde am eingereicht und durch das Finanzamt neuerlich an die FFG vorgelegt.
Die FFG GmbH hat am folgende Gesamtbeurteilung dem Finanzamt übermittelt: Aus den übermittelten Beschreibungen geht hervor, dass es sich bei den angeführten Arbeiten um die Neukonzeption des Produktionsverfahrens (Misch- und Abpackprozess) für Trockensuppen handelt. Bei den eingesetzten Methoden (Entwürfe/Konzepterstellung/Lösungsdiskussion mit Maschinenbauer) handelt es sich um eine übliche Vorgehensweise im Industrial Engineering, dies kann jedoch nicht als Forschung im Sinne der Forschungsprämienverordnung ausgelegt werden. Darüber hinaus sind die beschriebenen Lösungsvorschläge aus anderen Anwendungen grundsätzlich bekannt. Projekte, bei denen etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung herangezogen werden, sind laut Forschungsprämienverordnung und in Ergänzung Frascati Manual nicht der F&E zuzuordnen. Das Finanzamt schließt sich den Ausführungen der FFG GmbH an, die beantragte Bemessungsgrundlage war daher um 56% zu kürzen."

3. Beschwerde vom
Der Feststellungsbescheid wurde mittels Beschwerde vom , unter Beantragung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat, bekämpft.
Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass bei der Neukonzeption des Produktionsverfahrens für Trockensuppen experimentelle Entwicklung betrieben worden sei. Das Verfahren des Mischens und Verpackens sei nach systematischen Tests und unter Anwendung des daraus gewonnenen neuen Wissens von Grund auf neu gestaltet worden. Die für dieses neue Verfahren neu entwickelte Maschine habe keinerlei Ähnlichkeit mit der ursprünglichen Maschine. Die zu Projektbeginn verwendete Verpackungsmaschine sei eine horizontale Form-, Füll- und Verschließmaschine gewesen, d.h. von einer Folienrolle wurde der Beutel geformt, befüllt und verschlossen. Die dazu notwendigen Aggregate waren auf einem Maschinentisch kreisförmig angeordnet. Die Beutel wurden mittels eines Karussells den einzelnen Stationen zugeführt. Die Antriebe und Versorgung für die Stationen befand sich unter dem Maschinentisch und wurden nicht vollständig abdichtbare Wellen und Leitungen durch diesen Maschinentisch nach oben geführt. Die obenliegenden Bauteile mussten ständig geschmiert werden. Trockensuppenpulver wurde nicht immer zur Gänze in die Beutel verfüllt und sammelte sich auf dem Maschinentisch an, wo es sich durch die Schmierölreste zu einer klebrigen Masse verwandelte, die die Antriebe verklebte und folglich aufwändig regelmäßig gereinigt werden musste.
Durch die völlige Neukonzeption der Maschinen als Stahlrohrrahmen mit linearer Anordnung sämtlicher Aggregate und Neuordnung des Produktstromes durch eine übersichtliche Bauweise mit Edelstahlauffangwannen können Produktreste ohne Kontamination wiederverwertet werden und liegt folglich eine deutlich verbesserte Sauberkeit der Maschine und Hygiene des Produktes vor.
Die Anforderungen an die Maschine und mögliche Lösungsvarianten seien systematisch im Unternehmen konzeptionell erarbeitet und diese umfangreichen Vorgaben in Zusammenarbeit mit einem Maschinenhersteller zu einem Prototyp entwickelt worden. Der Prototyp sollte in einer einjährigen Probephase bei der bP systematisch getestet und Vorschläge zur Verbesserung erarbeitet werden.
Im Rahmen einer Wasserfallmethode sei eine iterative, experimentelle Entwicklung in den einzelnen Projektkaskaden vorgenommen worden.
Weiters sei 2014 und 2015 an der Förderung von Hühnerfett gearbeitet worden: Nach gescheiterten Versuchen mit einer Druckeindüsung, bei der sich mit zunehmender Prozessdauer die zugeführte Menge reduzierte, wurden Tests mit einer Zahnradpumpe vorgenommen, welche zum unkontrollierten Aufschäumen des Fettes führte. Eine Lösung für den Hühnerfetttransport sei schließlich in einer pneumatischen Membranpumpe gefunden worden, mit welcher überdies eine exakte Zugabe des Fettes ermöglicht worden sei, weil ein Zusammenhang zwischen Fördermenge und Luftdruck in der Versorgungsleitung der Membranpumpe gefunden werden konnte. Die genannten Fördereinrichtungen (Druckeindüsung, Zahnradpumpe und Membranpumpe) mögen keine neuen Prozesse sein, sie seien jedoch aufgrund systematischer Entwicklungstätigkeit für einsetzbar erachtet worden und für den konkreten Anwendungsfall erstmalig zum Einsatz gekommen. Eine schöpferische Tätigkeit zum Einsatz dieser Fördereinrichtungen in der Lebensmitteltechnologie sei klar erkennbar.
Außerdem wurde vorgebracht, dass FFG-Jahresgutachten keine Gutachten seien, die gesetzlichen Anforderungen an Gutachten durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige entsprechen, unter anderem deshalb, weil der beurteilende Techniker nicht einmal mit seinem Namen bekannt gegeben wird bzw. Kontakt mit diesem aufgenommen werden kann.

4. Aufhebung und Festsetzungsbescheid
Am wurde der bekämpfte Feststellungsbescheid gemäß § 299 BAO (wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes) aufgehoben, da die Forschungsprämie nicht gemäß § 108c Abs 9 EStG 1988 festzustellen, sondern gemäß § 201 BAO festzusetzen sei, wenn vom Antrag abgewichen wird.
Die belangte Behörde erließ daher am einen Festsetzungsbescheid hinsichtlich Gewährung einer Forschungsprämie 2014. Hinsichtlich der Höhe der Forschungsprämie wurde keine Änderung vorgenommen.

5. Beschwerde
Gegen diesen Festsetzungsbescheid richtet sich die Beschwerde vom , mit der auf den Antrag und die Begründung der Beschwerde vom verwiesen wurde.
Die "Erstbeschwerde" wurde von der belangten Behörde mittels Beschwerdevorentscheidung als gegenstandslos erklärt.

6. Stellungnahme der FFG vom und Beschwerdevorentscheidung
Diese Beschwerde wurde vom Finanzamt neuerlich der FFG zur Stellungnahme übermittelt.
In der Beantwortung durch die FFG vom wurde wiederum darauf hingewiesen, dass vom Erstgutachten nicht abgewichen werde und die beantragte Forschungsprämie daher um 56% zu kürzen sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde daher als unbegründet abgewiesen.

7. Vorlageantrag
Mit Eingabe vom beantragte die bP nach Fristverlängerung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Beantragt werde die Festsetzung der Forschungsprämie 2014 iHv 142.655,20 Euro und die Würdigung des Sachverhaltes entsprechend dem Vorbringen der bP.
In der Stellungnahme vom sei das Projekt Nr. 3 detailliert beschrieben und die Neuartigkeit des Verfahrens betont worden.
In der Stellungnahme der FFG vom qualifizierte diese die eingesetzten Methoden als übliche Vorgehensweise im "industrial engineering".
Das Finanzamt habe in der Bescheidbegründung nicht nachvollziehbar und kontrollierbar dargestellt, weshalb der von der FFG angenommene Sachverhalt vorliegt und nicht der von der bP dargelegte.
Das Finanzamt gehe nicht auf das Vorbringen ein, dass ein FFG-Jahresgutachten kein Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 177-181 BAO sei, sondern allenfalls ein sonstiges Beweismittel. Hier müsste aber eine dezidierte Aussage der Behörde erfolgen, warum diesem Beweismittel im Rahmen der Beweiswürdigung mehr Glauben geschenkt wird als der bP, obwohl zB. kein Ortsaugenschein vorgenommen wurde.
Außerdem sei für die bP nicht ersichtlich, welche Unterlagen von der FFG berücksichtigt wurden, da keine Benennung der Dokumente in den Stellungnahmen erfolgt sei und die bP von der Weiterleitung der Unterlagen an die FFG nicht in Kenntnis gesetzt worden sei.
Die Auslagerung der Sachverhaltsfeststellung im Rahmen der Beweiswürdigung an die FFG sei bedenklich und widerspreche den Bestimmungen der §§ 93 und 167 BAO, wonach die bescheidausstellende Behörde die Sachverhaltsfeststellung und die Beweiswürdigung selbst vorzunehmen habe.
Widersprüchliche Aussagen der FFG seien vom Finanzamt nicht aufgegriffen und gewürdigt worden.
Die Aussage in Stellungnahme der FFG vom , dass "etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung herangezogen werden", erscheint der bP vollkommen aus der Luft gegriffen.
Der Satz "Projekte mit Routinecharakter, bei denen etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung herangezogen werden, sind lt. Forschungsprämienverordnung und in Ergänzung Frascati Manual nicht der F&E zuzuordnen" sei weder in der Verordnung noch im Frascati Manual 2002 zu finden.

8. Vorlage

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung auf Grund der Jahresgutachten und der zweimaligen Stellungnahme der FFG.

9. Stellungnahme der FFG vom
Am wurde die FFG vom Finanzamt anlässlich der Beschwerde betreffend die Forschungsprämie für 2015 um neuerliche Beurteilung der Projekte 1 und 3 ersucht.
Die bP hatte inzwischen vom gerichtlich beeideten Sachverständigen für Lebensmitteltechnologie ***Privatgutachter1*** ein Gutachten (datiert mit ) eingeholt.
Die FFG gab -nach Beantwortung einer Rückfrage durch die bP- am eine Stellungnahme zum Gutachten der bP ab.
Darin wurde zusammenfassend festgestellt, dass es sich bei den im Rahmen des Projektes durchgeführten Tätigkeiten, wie bereits in der Stellungnahme für das Wirtschaftsjahr 2014 vom festgestellt, auch im Wirtschaftsjahr 2015 um industrielles Engineering handle, da das Ziel des Schwerpunktes / Projektes keine wissenschaftliche und/oder technologische Unsicherheit adressiere, zu deren Lösung F&E-Aktivitäten durchgeführt worden seien.

Die Entwicklung eines neuen Verfahrens bzw. wesentlich verbesserten Verfahrens sei gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen, wenn F&E-Aktivitäten zur Entwicklung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen sei jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der dargestellten Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten lösbar seien. Der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens ("Neuheit") werde daher nicht erweitert. Der Schwerpunkt / das Projekt erfülle daher nicht die inhaltlichen Voraussetzungen der Forschungsprämienverordnung iVm § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sowie in Ergänzung des Frascati Manuals zur Geltendmachung einer Forschungsprämie.
Die beschriebenen Anforderungen (z.B. Automatische Zudosierung von Hühnerfett; Dosierung v. stückigen bzw. Pulverkomponenten) zur Steigerung der Produktionsleistung konnten durch den Einsatz von üblichen Engineering-Methoden bzw. Vorgehensweisen (Adaptierung einzelner Verfahrensparameter, Änderungen im Anlagendesign) bewerkstelligt werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten sei nicht erforderlich gewesen.
Im gegenständlichen Projekt sei das Verfahren (hier das Verfahren des Mischens und Verpackens zur Trockensuppenproduktion) im Wesentlichen festgelegt und es sollte durch die durchgeführten Arbeiten das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten sei dazu nicht erforderlich gewesen.

Vom externen Gutachter (von der bP beauftragt) wurde angegeben, dass ein "derartiges Verfahren weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt war".
Nach Beurteilung der FFG hätten die nachgereichten Unterlagen allerdings bestätigt, dass es sich bei den im Zuge dieses Projektes durchgeführten Tätigkeiten um Engineering-Tätigkeiten (z.B. Erarbeitung v. Verbesserungsvorschlägen, Komponentenauswahl, Installation, Tests) handle, um Routineanpassungen durchzuführen. So würden z.B. bereits vorhandene Standard- Komponenten (Bsp. Zahnradpumpe, Membranpumpe, etc.) nach Routinetests ausgewählt und zu einem Verfahren kombiniert, mit dem unter anderem ein Einzelproblem wie die "Förderung von Hühnerfett" gelöst wurde. Projekte mit Routinecharakter, bei denen etablierte Methoden und Vorgangsweisen zur Lösung eines Einzelproblems zur Anwendung herangezogen werden, seien laut Forschungsprämienverordnung und in Ergänzung Frascati Manual nicht der F&E zuzuordnen.

Die gegenständliche Anlage wird vom Unternehmen als "Pilotanlage" bezeichnet. Die FFG stellte fest, dass es sich bei der Anlage nicht um eine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung handle, da diese nicht hauptsächlich und nachhaltig der F&E diene. Weiters handle es sich bei der gegenständlichen Anlage selbst auch um keinen "Prototyp" im Sinne der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals, sondern bereits um das Endprodukt (Produktionsanlage).

10. Stellungnahme der bP vom
Die bP nahm mit Schreiben vom Stellung zur Stellungnahme der FFG vom und führte im Wesentlichen Folgendes aus:

a. Die Ungleichbehandlung von Sachverständigengutachten (Anm.: im Auftrag der bP) und Bewertungen durch die FFG ist nicht nachvollziehbar. Das von der bP vorgelegte Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sei als Beweismittel höherwertig als das Gutachten eines anonymen Mitarbeiters der FFG.

b. Bis zum Jahr 2014 wurden im Unternehmen Trockenfertigprodukte mit einer Anlage bestehend aus den zwei Haupteinheiten Mischerei und Packerei hergestellt. Die Mischerei beinhaltet drei (Vormischung, Mühle und Hauptmischung) und die Packerei acht Prozessschritte (z.B. Beutel Übergabe, Öffnung, Befüllung, Luftentfernung, Versiegelung, Auswurf).
Im Bereich der Mischerei verursachte die unkontrollierte Einbringung flüssiger Zutaten (erhitztes Fett) über eine Rohrleitung je nach Temperatur des Mediums, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchte ein unerwünschte Ausbildung von Trockenzonen und Klumpen. Daher war immer eine zweite Prozessstufe notwendig, um den erforderlichen Homogenisierungsgrad für die weitere Prozesskette herzustellen. Das zeigte sich insbesondere bei der Hühnerfetteinbringung, wo neben der Ausbildung von Totzonen auch Schaum massive Probleme verursachte. Hühnerfett ist ein sehr instabiler und empfindlicher Rohstoff, der durch Kontakt mit Luftsauerstoff stark zu off-flavour (unerwünschte negative Aromaausbildung) neigt. Die Fluktuationen im Bereich der Viskosität und des Schmelzpunktes stellten den Prozess immer wieder vor große technische Probleme.

Im Bereich der Packerei wurden zahlreiche Probleme und Nachteile identifiziert:
- Beutel nicht geöffnet, Produkt fällt auf Oberfläche des Maschinentisches
- Formatumstellungen nur manuell unter großem Zeitaufwand möglich
- Schubstangen, Wellen und Lager liegen oberhalb der geöffneten Beutel: Gefahr der Verunreinigung des Lebensmittels
- Funktionen von Ink-Jet Geräten zur Codierung der Beutel teilweise außer Betrieb gesetzt
- Sicherheitsfunktionen, die durch Initiatoren überwacht werden, sind mit zunehmender Staubbildung außer Kraft gesetzt.

Da es nicht möglich war durch Umrüsten einzelner Anlagenbauteile die genannten technischen Probleme (Stand der Technik) zu lösen, beschloss das Unternehmen im Jahr 2013 das Verfahrenskonzept zu überarbeiten, auf Basis seiner langjährigen Expertise in diesem Bereich neu zu denken und einen gänzlich neuen verfahrenstechnischen Ansatz im Rahmen von eingeleiteten F&E Aktivitäten im Jahr 2014 und 2015 zu entwickeln.
In Zusammenarbeit mit einem Maschinenbauunternehmen wurden auf Basis der durchgeführten Entwicklungsarbeiten und technischen Entwürfen Prototypen bei der Mischerei und der Packerei entwickelt und ein Jahr testweise betrieben um entsprechende Erfahrungen zu sammeln.
Die Verfahrensentwicklung wurde alleinig von den Technikern des Unternehmens durchgeführt. Die Umsetzung erfolgte durch das Maschinenbauunternehmen.
Bei der Mischerei wurden mittels Prototyp zahlreiche systematische Tests mit unterschiedlichen Versuchsanordnungen zur methodischen Überprüfung von Testmischungen auf Durchmischung und Homogenität durchgeführt.
Basierend auf diesen Testergebnissen wurde der Prototyp weiterentwickelt, in dem der Mischer erstmals horizontal aufgebaut wurde. Auf einer Hauptwelle sind Pflugscharen angeordnet, die durch Rotation einen Mischprozess auslösen. Die wesentlichen Einheiten, Düsen, Messer und Antriebsaggregate wurden so positioniert, dass über die gesamte Länge der Mischeinheit ein höchstmöglicher Homogenitätsgrad gewährleistet werden kann. Um unerwünschte Ausbildungen von Totzonen respektive Klumpenbildung zu verhindern wird das Hühnerfett erstmals auf das von der Masse umgebene schnell rotierende Messer eingedüst und somit eine Fein-Dispersion des Produkts erzielt.
Letztlich konnte ein neuartiges Mischverfahren entwickelt werden und der gesamte Mischprozess durch homogene Fetteinbringung unter Druck mittels Düsen wesentliche verbessert werden. Dies stellte zum damaligen Zeitpunkt eine nachweisliche Neuheit sowie eine klare Erweiterung des Stands der Technik dar.
Im Bereich der Packerei wurde ebenfalls ein neues Konzept entwickelt. Die Kernentwicklungen umfassten u.a. folgende Punkte:
- offene Bauweise
- lineare Anordnung der Aggregate
- Rückführbarkeit von Überschussmengen in den Verpackungsprozess
- vollautomatische Verwiegung
- Dosierung mit zentraler softwaregestützter Steuerung des gesamten Verpackungsprozesses.

Im Übrigen verwies die bP auf das (anlässlich der Beschwerde betreffend die Forschungsprämie für 2015) vorgelegte Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Lebensmitteltechnologie, Fleisch und Fleischwaren, Ernährungsforschung sowie Lebensmittelhygiene ***Privatgutachter1***. Im Sinne der maßgeblichen Kriterien des "Frascati Manual" und der damit in Zusammenhang ergangenen Judikatur des VwGH beurteilte der Sachverständige das Projekt "Produktion und Verpackung von Trockensuppen" anhand folgender Fragestellungen:

1. Unsicherheit/Fragesteilung:IsteineFragestellungerkennbarbzw. eine Wissenslückeableitbar,dielösungsoffenistunddasErgebnisnichtvorwegnimmt?

Ich erkenne hier folgende Fragestellung:
a) Istesmöglich,TrockenproduktemitHochgeschwindigkeitderartinBeutelabzufüllenundauszubringen,dassderInhaltgleichmäßigimBeutelvolumenverteiltistundeszukeinergeometrischenUnordnungaufder weiterenFörderstreckekommt,umdienachfolgendenProzessschrittewieDetektion,KontrolleundKartonverpackungkeinenStörfaktorenauszusetzen?
b) Ist
esmöglich,HühnerfettinderTrockensuppenproduktionentgegenderüblichenVorgangsweisenichtvolumetrischzudosierenundviskositätsunabhängigsoindenPulvermischereinzubringen,dassdieempfindlicheStrukturdesHühnerfettesnichtnachteiligbeeinflusstwird?

Da hierfür keine Lösungen offensichtlich sind, ergibt sich eine klare Unsicherheit. Diese ist auch hinsichtlich der technologischen Umsetzbarkeit lösungsoffen.

2. SchöpferischeTätigkeit:IstdieAntwortzurFragestellungfachlichnichttrivialbzw. gehtdiezumSchließenderWissenslückeeingeschlageneMethodiküberdienormaleProduktionsroutinehinaus?

Die Lösungsmöglichkeiten sind nicht trivial und mir als Fachmann nicht offensichtlich.

3. Neuheit:IsteineLösungzuerwartenbzw.verwirklicht,dieobjektiveinausbetrieblicherSichtneuesKonzeptdarstellt,mitdemderStanddesbetrieblichenWissensüberdenbekanntenStandderTechnikvermehrtwird?

Da ein derartiges Verfahren weder als Stand der Technik etabliert noch im Unternehmen bekannt ist, wird durch die Tätigkeit in diesem Projekt betriebliches Wissen iSd Fragestellung vermehrt.

4. Systematisch: Wurdedazueinbewusster,planmäßigablaufenderProzessbedient?
Aus den Antragsunterlagen ergibt sich ein systematisches Vorgehen, das den branchenüblichen Standards bei innerbetrieblicher experimenteller Entwicklung entspricht.

5. Übertragbarkeit und/oder Reproduzierbarkeit:SinddieErgebnissenachvollziehbar?GibtesHinweise,dieanderReproduzierbarkeitderErgebnissezweifelnlassen?

Aus den Antragsunterlagen ergeben sich keine Hinweise, die an der Nachvollziehbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit zweifeln lassen.

11. Stellungnahme der FFG vom
Das Bundesfinanzgericht übermittelte der FFG die Stellungnahme der bP vom , worauf diese am eine weitere Stellungnahme zu den Jahresgutachten 2014 und 2015 (***2014*** und ***2015***) erstellte.
Bezüglich des Projektes "Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung" seien auch den nachgereichten Unterlagen keine F&E-Aktivitäten zu entnehmen, daher bleiben die Begründungen in den bisherigen Stellungnahmen der FFG aufrecht.
Aus den vorliegenden Beschreibungen sei ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar sind. Es handle sich hierbei um übliche, im Zuge der Konzeptionierung bzw. Errichtung einer Produktionsanlage durchzuführende Tätigkeiten, die dem Engineering zuzuordnen sind.
Der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens ("Neuheit") werde daher nicht erweitert.

Die Entwicklung eines Prototyps gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual sei nur dann als Forschung und experimentelle Entwicklung zu sehen, wenn die allgemeinen Kriterien für Forschung und experimentelle Entwicklung erfüllt sind.
Dies sei im gegenständlichen Projekt jedoch nicht der Fall.

Bezüglich der in der Stellungnahme des Unternehmens vom in Zusammenhang mit der "Packerei" angeführten Argumenten, welche ebenfalls keine neuen inhaltlichen Informationen enthalten, sei festzuhalten, dass es sich bei den dargestellten Aktivitäten (z.B. Konzeptentwicklung, technische Entwürfe/Planungen) um übliche, im Zuge der Konzeptionierung bzw. Errichtung einer Produktionsanlage durchzuführende Tätigkeiten und nicht um F&E- Aktivitäten handelt.

Aus den vorliegenden Unterlagen gehe klar hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist. Dies gehe u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Die Anlage diente der Produktion, folglich sei sie keine keine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung.
Weiters handle es sich auch nicht um einen Prototyp im Sinne der Forschungsprämienverordnung, weil keine F&E-Aktivitäten mit der Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden seien.

12. Stellungnahme der bP vom
In Reaktion auf die Stellungnahme der FFG vom übermittelte die bP dem Bundesfinanzgericht die Stellungnahme vom , in der auch ein Antrag auf Nichtveröffentlichung der Entscheidung gemäß § 23 BFGG gestellt wurde, da wesentliche Interessen der bP (Geschäftsgeheimnisse und Entwicklungsergebnisse) einer Veröffentlichung entgegenstehen würden.
Im Wesentlichen wurde Folgendes vorgebracht:
a. Die Qualifizierung der FFG-Gutachter sei nicht transparent und es entstehe der Anschein einer "intransparenten Gutachterpolitik". In anderen Verfahren seien Gutachter üblicherweise bekannt und gerichtlich zertifiziert.
Die Stellungnahmen würden darauf schließen lassen, dass nicht ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen, da der Großteil aus kopierten Textpassagen bestehe und die eigentliche Argumentation für die Ablehnung kurz, pauschal und sich wortident in anderen Projektstellungnahmen wiederhole.

b. Alle von der bP vorgelegten technischen Dokumente würden sich durch einen hohen Detailierungsgrad und präzise, penible Beschreibung der Materie auszeichnen. Auf die Kriterien der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals sei nachvollziehbar eingegangen worden. Facheinschlägige Personen mit entsprechender Branchenkenntnis könnten den Forschungscharakter der Aktivitäten klar nachvollziehen.
Die FFG hingegen wiederhole Ablehnungen mit pauschalen Argumentationsketten ohne detailliert, konkret und nachvollziehbar darauf einzugehen. Zu Behauptungen seien keine Quellen oder Referenzen als Ablehnungsgrund angeführt.
Es liege keine faktenbasierte Einschätzung vor, auf die die bP konkret mit Beweisen eingehen könnte.
Weiters führte die bP Beispiele für ihrer Meinung falsche und pauschale Behauptungen in den Stellungnahmen der FFG an und merkte im Wesentlichen Folgendes an:

1. Ohne konkrete Argumente werde eine Lösung technischer Unsicherheiten bei der Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung ausgeschlossen.
Die FFG sei nicht darauf eingegangen, weshalb die erstmalige lineare statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps nicht experimentelle Entwicklung sein sollte.
2. Es sei ein Prototyp entwickelt, betrieben und entsprechende systematische Entwicklungsschleifen eingezogen worden. Folglich sei es nicht um das "reibungslose Funktionieren" einer bestehenden Anlage, sondern um die Entwicklung von neuartigen Vorrichtungen für ein neuartiges Verfahren gegangen. Die FFG habe kein bereits vorhandenes Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen angeführt.
3. Eine Kapazitätserweiterung im Sinne von Industrial Engineering wäre das Aufstellen von zusätzlichen Produktionslinien oder die verstärkte Ausführung bestimmter Komponenten der bestehenden Anlage zwecks Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit. Im konkreten Fall sei aber ein grundsätzliches anderes Verfahren (z.B. lineare statt rotierender Bewegungen) entwickelt worden, bei dem zu Beginn überhaupt nicht offensichtlich war, ob das gewünschte Ziel erreicht werden kann. Für das neue Verfahren konnten auch nicht bestehende Anlagenkonzepte genutzt werden, sondern es mussten neuartige Vorrichtungen systematisch unter Berücksichtigung geeigneter Prozessparameter iterativ erforscht und entwickelt werden.
4. Bisherige Mischverfahren zum Erzielen der gewünschten Homogenität beruhen auf einem 3-stufigen Prozess. Ein 1-stufiger Prozess war mangels einer ausreichenden Prozessstabilität nicht möglich. Technisch unsicher sei zu Projektbeginn gewesen, bei welchen Prozessparametern (Temperatur, Düsenpositionierung, Düsengeometrie, Schneidwerkzeug, Partikelgröße, Viskosität, Vermeidung von Totzonen etc.) eine maximale Homogenisierung in einem einzigen Prozessschritt möglich sein würde.

13. Stellungnahme der FFG vom
Die FFG wurde vom Bundesfinanzgericht um eine ergänzende Stellungnahme zu den von der bP in der Stellungnahme vom vorgebrachten Argumenten ersucht.

Zur von der bP bemängelten verfahrensrechtlichen Situation merkte die FFG im Wesentlichen Folgendes an:
"Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft ist die gesetzlich eingerichtete Förderagentur des Bundes zur Durchführung und Abwicklung von Maßnahmen der unternehmensnahen Forschungs-, Technologie-, Entwicklungs- und Innovationsförderung. Sie wickelt nicht nur Programme ihrer Eigentümer ab (Wirtschaftsministerium und Klimaschutzministerium), sondern auch andere Bundesministerien setzen auf die FFG als Abwicklungspartner, darunter die Bundesministerien für Landesverteidigung, für Finanzen und für Landwirtschaft. Das Wissenschaftsministerium hat die FFG mit der Betreuung der EU-Programme für Forschung, Entwicklung und Innovation beauftragt (FFG als Nationale Kontaktstelle), darüber hinaus betreut die FFG weitere EU-Programme und Initiativen. Aufgrund ihrer Erfahrung und Kompetenz haben auch viele österreichische Bundesländer die FFG mit der Abwicklung von Landesmitteln zur Forschungsförderung beauftragt.

Die FFG verfügt nicht nur über die Kompetenz zur Abwicklung (auch komplexer) Förderprogramme und -initiativen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation, sondern als einzige Institution Österreichs auch über den entsprechenden Pool aus Expert:innen aus diesem Bereich und wurde daher vom Bundesministerium für Finanzen beauftragt, für Wirtschaftsjahre ab 2012 Gutachten für die Inanspruchnahme der Forschungsprämie zu erstellen. Von der FFG wurden seit 2013 über 23.000 Gutachten zur Forschungsprämie erstellt. Die Begutachtung der FFG besteht nicht aus der Bewertung einer einzelnen "anonymen Person", sondern es handelt sich hierbei um einen qualitätsgesicherten Begutachtungsprozess. Liegt ein Antrag vor, so wird dieser intern der/dem fachlich am besten geeigneten Expert:in zugeteilt (akademische Ausbildung, Berufserfahrung, Erfahrung in der FFG) und das Ergebnis der Begutachtung anschließend im Rahmen der Qualitätssicherung im "Mehraugenprinzip" durch weitere Expert:innen überprüft.

Expertise der FFG im Bereich Ernährung und Lebensmittel:
Die FFG bietet sowohl nationale Fördermöglichkeiten für Projekte aus dem Lebensmittelbereich, bietet aber auch Unterstützung bei EU-geförderten und anderen multinationalen Projekten (z.B. EU Rahmen-Programm Horizon Europe Cluster 6 "Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt").

Die FFG hat in den letzten Jahren im Rahmen der direkten Forschungsförderung eine Reihe von Projekten im Bereich Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vertrieb gefördert. Dazu zählen Projekte im Bereich Pflanzenbau (z.B. Saatgut, Pestizidreduktion, Düngemittel, Maschinen, Logistik), Lebensmittelproduktion (z.B. Verfahren, Zubereitung, Haltbarkeit, Lebensmittelrohstoffe), Produktentwicklung (z.B. Milch und Milchprodukte, Kombinationsprodukte, Getreide und Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Fette und Öle, Halbfertig- und Fertigprodukte, "functional food", biologische Lebensmittel), Qualitätskontrolle und Inhaltsstoffe (z.B. Verringerung von Konservierungsmitteln und Zusatzstoffen, Verlängerung der Haltbarkeit, Verringerung der mikrobiologischen Belastung), Lebensmittelverpackungen.
Die FFG hat von 2010 bis 2021 insgesamt 410 Projektbeteiligungen zum Thema "Lebensmittel" (gem. SIC Code) mit insgesamt rund 32 Millionen Euro gefördert. Bereits Ende der 90er-Jahre startete die Vorgängerorganisation der FFG gemeinsam mit dem Fachverband und der Lebensmittelversuchsanstalt die "Lebensmittelinitiative Österreich", innerhalb derer 170 Projekte mit insgesamt 25 Mio. Euro unterstützt wurden. Aktuelle bzw. kürzlich abgeschlossene Projekte aus dem Lebensmittelbereich sind in der FFG-Projektdatenbank (nicht vollständig) zu finden unter: https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=food bzw. unter https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=lebensmittel.
Abseits einer Vielzahl an einzelnen Projekten unterstützt die FFG das Thema Lebensmittel u.a. auch mit strukturellen Maßnahmen wie der Förderung des COMET Kompetenzzentrums "FFoQSI - Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety & Innovation", mit der Förderung der Research Studios Austria "FusariumPrevent", und "NitroFix", dem Innovationslabor "FoodNetLab" und anderen."

Kommentar Nr. 7 der bP zur Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung:
"Hier wird unterstellt, dass bei der Neukonzeption eines Produktionsverfahrens keine F&E-Aktivitäten angefallen wären. Erneut wird ohne konkrete Argumente eine Lösung technischer Unsicherheiten ausgeschlossen. Wollte die FFG erfolgreich begründen, so hätte sie konkret argumentieren müssen, warum die vom Unternehmen dargelegten technischen Unsicherheiten 2014 und 2015 keine solchen waren und es sich um damals bekannt lösbare Problemstellungen handelte. Darüber hinaus wurden die Entwicklung und der Betrieb des Prototyps gänzlich außer Acht gelassen. Die FFG verneint die experimentelle Entwicklung pauschal, obwohl tatsächlich systematisch völlig neuartige Vorrichtungen für die Herstellung von Trockensuppen entwickelt wurden. Konkret wurde zum Beispiel nicht darauf eingegangen, warum die erstmalige lineare, statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps der Vorrichtungen nicht experimentelle Entwicklung sein sollte."

Stellungnahme der FFG zu Kommentar Nr. 7:
"In den zum Projekt vorliegenden Unterlagen werden zum einen die diversen Nachteile bzw. Probleme der bestehenden Produktionsanlage sowie Anforderungen an die neue Produktionsanlage angeführt, zum anderen einzelne, im Zuge der Realisierung/Inbetriebnahme der neuen Produktionsanlage für Trockensuppe aufgetretene Probleme bzw. Aufgabenstellungen (Dosierung der Pulverkomponente ohne Schwankungen, Zudosierung von stückigen Komponenten, Neukonstruktion des Auslaufbandes aufgrund veränderter Beutelabfüllung, Erwärmung des Mischguts im Zuge des Mischvorgangs, unerwünschte Schaumbildung des Hühnerfetts, Vermeidung von Klumpenbildung). Die angeführten Herausforderungen konnte jedoch, wie auch in den bisherigen Stellungnahmen der FFG erläutert, durch Änderungen des Maschinendesigns bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten gelöst werden und entsprechen keinen technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheiten, zu deren Klärung bzw. Beseitigung F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt wurden.

Hierzu ist festzuhalten, dass die Tatsache, dass bei der Produktion mit der bestehenden Produktionsanlage Probleme auftraten bzw. diese diverse Nachteile hat bzw. Anforderungen nicht erfüllt, nicht bedeutet, dass zur Neukonzeptionierung bzw. zur Realisierung einer neuen Anlage zur Produktion von Trockensuppen F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt wurden.

Wie auch in den bisherigen Stellungnahmen der FFG festgehalten, ist die Erarbeitung bzw. Realisierung eines Verfahrens bzw. verbesserten Verfahrens gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen, wenn F&E-Aktivitäten zur Erarbeitung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar waren. Dass beispielsweise zur genaueren Dosierbarkeit der Komponenten auf eine Schneckendosierung umgestellt bzw. zur gleichmäßigeren Produkt-Verteilung im Vorbehälter dieser auf eine zylindrische Form inkl. Rührer geändert wurde, entspricht ebenso wie die Verwendung einer Membranpumpe zur Hühnerfettdosierung um die Nachteile der Einbringung mittels Einspritzdüsen bzw. Zahnradpumpe zu umgehen, technisch naheliegenden Maßnahmen bzw. Lösungsansätzen.
Bezüglich der Angabe des Unternehmens, dass "eine völlig neuartige Vorrichtung für die Herstellung von Trockensuppen entwickelt" wird, wird darauf hingewiesen, dass bzgl. der der Erarbeitung neuer bzw. verbesserter Produkte bzw. Verfahren gemäß Frascati Manual zwischen Innovation und Forschung und experimenteller Entwicklung zu unterscheiden ist (näheres siehe ebenfalls Erläuterung zu Kommentar Nr. 1.). Demnach ist die Entwicklung eines neuen Produktes/Verfahrens nur als Forschung und experimentelle Entwicklung einzustufen, sofern die Kriterien des Frascati-Manuals zur Identifizierung von F&E-Aktivitäten erfüllt sind.
Gemäß Frascati-Manual müssen, um eine Aktivität als F&E-Aktivität einzustufen, die fünf Kernkriterien (novel, creative, uncertain, systematic, transferable and/or reproducible) erfüllt sein.

Bezüglich des oben angeführten Kommentars des Unternehmens, dass seitens der FFG "zum Beispiel nicht darauf eingegangen" wurde, "warum die erstmalige lineare, statt rotierende Befüllung bei Trockensuppen mit Herstellung eines Prototyps der Vorrichtungen nicht experimentelle Entwicklung sein solle", wird (wie auch in den Stellungnahmen der FFG vom und ) folgendes festgehalten:
Aus den der FFG vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass im Bereich der "Packerei" im Rahmen des Projektes der Abpackprozess neu konzipiert wurde.
Nach Aufbau und Inbetriebnahme der Anlage im Wirtschaftsjahr 2014 wurde im Wirtschaftsjahr 2015 an der "Neukonstruktion eines Auflaufbandes" und der "Weiterentwicklung Dosierer-Egalisierer" gearbeitet. Im Zuge der Umsetzung werden keine wissenschaftlichen und/oder technologischen Unsicherheiten adressiert zu deren Beseitigung F&E-Aktivitäten notwendig sind bzw. durchgeführt werden. Die vom Unternehmen angeführten Herausforderungen (z.B. Dosierung ohne Schwankungen, Zudosierung von stückigen Komponenten, Neukonstruktion des Auslaufbandes aufgrund veränderter Beutelabfüllung) konnten durch Änderungen des Maschinendesigns (z.B. Ersatz des rechteckigen Behälters durch zwei runde Behälter, rechtwinklige Anordnung der Auslaufschuten) gelöst werden. Bei den durchgeführten Tätigkeiten (z.B. "Analyse Anforderungen", "Entwicklungsplanung", "Beschaffung der Komponenten und Hilfsmittel", "Durchführung von systematischen Versuchen und Tests ", "Verifizierung und Validierung der Ergebnisse", etc.) handelt es sich um Tätigkeiten zur Installierung bzw. Verbesserung eines Produktionsverfahrens ohne F&E-Charakter. Derartige Arbeiten sind dem Engineering zuzurechnen und fallen nicht unter Forschung und experimentelle Entwicklung.
Weiters wird (wie auch in der Stellungnahme der FFG vom ) festgehalten, dass die Erarbeitung eines Prototyps gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und experimentelle Entwicklung zu sehen ist, wenn die allgemeinen Kriterien (Kernkriterien) für Forschung und experimentelle Entwicklung erfüllt sind. Dies ist im gegenständlichen Schwerpunkt/Projekt jedoch, wie in den bisherigen Stellungnahmen der FFG erläutert ist, nicht der Fall. Bei der gegenständlichen Anlage handelt es sich daher um keinen "Prototyp" im Sinne der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals."

Argument der bP zum Thema "Prototyp":
"Es wurde ein Prototyp entwickelt, betrieben und entsprechende systematische Entwicklungsschleifen eingezogen. Folglich ging es offenbar nicht um das behauptete "reibungslose Funktionieren" einer bestehenden Anlage - wie seitens der FFG zu Unrecht behauptet-, sondern um die Entwicklung von neuartigen Vorrichtungen für ein neuartiges Verfahren. Wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre, dann hätte sie ein entsprechendes am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen müssen."

Stellungnahme der FFG zum Thema "Prototyp"
"Hierzu ist festzuhalten, dass die Entwicklung eines Prototyps gemäß Forschungsprämienverordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und experimentelle Entwicklung zu sehen ist, wenn die allgemeinen Kriterien für Forschung und experimentelle Entwicklung erfüllt sind. Dies ist im gegenständlichen Schwerpunkt/Projekt jedoch nicht der Fall. Bei der gegenständlichen Anlage handelt es sich um keinen "Prototyp" im Sinne der Forschungsprämienverordnung sowie des Frascati Manuals.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht klar hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist. Dies geht u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der genannten "Neukonzeption" bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar waren.

Dem Argument des Unternehmens, dass anhand des "Prototyps" "systematische Entwicklungsschliefen" durchgeführt wurden, wird von der FFG nicht gefolgt. Die nach "Aufbau der Maschine" bzw. "Inbetriebnahme" durchgeführten Arbeiten dienten der Optimierung bzw. der Behebung aufgetretener Probleme (z.B. bei der Dosierung), welche jedoch wie oben bzw. in den bisherigen Stellungnahmen erläutert durch Änderungen des Maschinendesigns bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten beseitigt werden konnten.

Das Verfahren (Mischen und Verpacken zur Trockensuppenproduktion) war im Wesentlichen festgelegt und durch die durchgeführten Arbeiten sollte das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden. Der Einsatz von F&E-Aktivitäten war dazu nicht erforderlich.

Bezüglich der Anmerkung des Unternehmens, dass, "wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre," "sie ein entsprechendes am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen" hätte müssen, ist folgendes festzuhalten:
Das Kriterium "novel" (bzw. neuartig) ist gemäß Frascati-Manual folgendermaßen definiert:
"To be aimed at new findings (novel)
2.14 New knowledge is an expected objective of an R&D project, but it has to be adapted to different contexts. For example, research projects in universities are expected to pursue entirely new advancements in knowledge, and the same can be said for projects designed and managed by research institutes. 2.15 In the Business enterprise sector (Frascati Manual sectors are defined in Chapter 3), the potential novelty of R&D projects has to be assessed by comparison with the existing stock of knowledge in the industry. The R&D activity within the project must result in findings that are new to the business and not already in use in the industry. Excluded from R&D are activities undertaken to copy, imitate or reverse engineer as a means of gaining knowledge, as this knowledge is not novel.
2.16 Novelty could result from a project to reproduce an existing result that finds potential discrepancies. An experimental development project aimed at creating knowledge in support of the development of new concepts and ideas related to the design of new products or processes should be included in R&D. As R&D is the formal creation of knowledge, including knowledge embodied in products and processes, the measurement focus is on the new knowledge, not on the new or significantly improved products or processes resulting from the application of the knowledge. […]" (OECD Frascati-Manual 2015, S. 46)

Gemäß Frascati-Manual ist somit bzgl. des Kriteriums der Neuheit nicht ausschlaggebend, ob ein neues bzw. verbessertes Produkt/Verfahren erarbeitet wird, sondern dass neues Wissen gewonnen bzw. der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik erweitert wird.
In den Stellungnahmen der FFG wurde, auch wenn aus den vorliegenden Unterlagen kein technologischer Neuheitsaspekt ersichtlich ist, nie verneint, dass die realisierte Anlage einzelne Neuheitsaspekte aufweisen könnte, es wurde jedoch erläutert, dass selbst wenn es sich um ein neues bzw. verbessertes Verfahren handeln sollte, dessen Entwicklung gemäß Forschungsprämien-verordnung in Ergänzung Frascati-Manual nur dann als Forschung und Entwicklung zu sehen ist, wenn F&E-Aktivitäten zur Entwicklung notwendig waren bzw. durchgeführt worden sind. Aus den vorliegenden Beschreibungen ist jedoch, wie in den Stellungnahmen der FFG erläutert, ersichtlich, dass keine F&E-Aktivitäten mit der dargestellten Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind, da sämtliche Anforderungen mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar sind.

Es ist festzuhalten, dass der allgemeine Stand der Technik bzw. des Wissens durch die beschriebene "Neukonzeption" bzw. Realisierung einer für das Unternehmen neuen Anlage, welche wie oben bzw. in den bisherigen Stellungnahmen der FFG erläutert ohne die Durchführung von F&E-Aktivitäten sondern mittels Engineering umgesetzt wurde, nicht erweitert wird."

Argument der bP zum Mischverfahren:
"Bisherige Mischverfahren zum Erzielen der gewünschten Homogenität beruhen auf einem 3-stufigen Prozess. Ein solcher wurde in der Vergangenheit gewählt, weil ein 1-stufiger Prozess mangels einer nicht ausreichenden Prozessstabilität nicht möglich war. Technisch unsicher war daher zu Projektbeginn, bei welchen Prozessparametern (Temperatur, Düsenpositionierung, Düsengeometrie, Schneidwerkzeug, Partikelgröße, Viskosität, Vermeidung von Totzonen etc.) eine maximale Homogenisierung in einem einzigen Prozessschritt möglich sein würde."

Stellungnahme der FFG zum Mischverfahren:
"Der Umstand, dass, wie vom Unternehmen angeführt, zu Beginn des Projektes die exakten Prozessparameter noch nicht feststanden, entspricht keiner technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit, sondern einer üblichen Aufgabenstellung im Rahmen der Auslegung bzw. insbesondere der Optimierung einer neuen Produktionsanlage bzw. eines Produktionsverfahrens. Die Adaptierung bzw. Optimierung von Prozessparametern kann zwar durchaus aufwändig sein und entspricht, auch wenn bei deren Erarbeitung systematisch vorgegangen wird, einer üblichen Vorgehensweise und die dazu durchgeführten bzw. notwendigen Versuche entsprechen somit keinen F&E-Aktivitäten."

14. Schreiben der bP vom
Mit Schriftsatz der bP vom wurde mitgeteilt, dass die verfahrensrechtliche Situation nicht zufriedenstellend sei. Der beim FFG zuständige Sachbearbeiter habe keine Argumente entkräften können und sei nicht in der Lage gewesen die komplexen F&E-Aktivitäten in der vollumfassenden Tiefe zu evaluieren und zu bewerten.
Man sei sich der erhöhten Mitwirkungspflicht zur Gewährung der Forschungsprämie bewusst.
Der Antrag auf Nichtveröffentlichung der Entscheidung durch das BFG werde zurückgenommen.

15. mündliche Senatsverhandlung am

In der am abgehaltenen mündlichen Senatsverhandlung, nahmen neben den Streitparteien auch ***FFG_Vertreter1*** und ***FFG_Vertreter2*** von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) als fachkundige Auskunftspersonen zur Frage, ob es sich bei den im Streitzeitraum 2014 geltend gemachten Aufwendungen um eigenbetriebliche Forschung und Entwicklung gehandelt hat, teil. Auf Seiten der bP nahmen außerdem ***Expertin_bP_1***, MSc und ***Experte_bP_2***, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (beide von der ***Firma1*** GmbH) teil.

Auf Frage des Vorsitzenden nach der fachlichen Qualifizierung der von der FFG eingesetzten Gutachtensersteller übergaben die Vertreter der FFG ein Dokument mit im Wesentlichen folgendem Inhalt (Beilage 3 zur Niederschrift):

Bei der Begutachtung der FFG handelt es sich um einen qualitätsgesicherten Prozess, wobei zuerst der fachlich am besten geeignete Experte den Antrag bearbeitet und dann im Rahmen der Qualitätssicherung weitere Experten das Ergebnis überprüfen.

Beim vorliegenden Fall handelt es sich um ein multidisziplinäres Vorhaben aus den Bereichen Lebensmitteltechnologie, -produktion und -chemie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau. Deshalb haben an der Beurteilung Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengearbeitet. Diese Gruppe an Experten verfügt über folgende Kompetenzen:
Universitäre Abschlüsse -überwiegend auf Doktoratsniveau, zT auch Post-Doktoratsniveau- in den Disziplinen: Lebensmitteltechnologie, Biochemie, Biotechnologie und Lebensmittelchemie, Verfahrenstechnik, Maschinenbau, internationales Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau, Chemie sowie technische Chemie. Alle diese Personen verfügen über mehrjährige, einschlägige Berufserfahrung in der Forschung und Entwicklung in der Industrie, außeruniversitärer Forschung und Universitäten.

Die mit dem Fall beschäftigten Experten sind zT. seit Jahrzehnten in der Begutachtung sowie Begleitung nationaler und internationaler Forschungsprojekte in den Bereichen Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, Produktentwicklung für Lebensmittel, Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik tätig.
***FFG_Vertreter1*** und ***FFG_Vertreter2*** vertreten diese Gruppe von Experten in diesem Verfahren. Ihr eigener fachlicher Hintergrund ist: Studium der technischen Chemie mit Spezialgebiet organische und bioorganische Chemie. Neben mehrjähriger Berufserfahrung in Forschung und Produktentwicklung in der Industrie verfügen diese beiden Personen über jahrelange Erfahrung in der Begutachtung und Begleitung von Forschungsprojekten.

Die bP bemängelte, dass es in dem jahrlangen Verfahren nicht möglich gewesen sei, ein persönliches Gespräch zwischen den jeweiligen facheinschlägigen Technikern beider Seiten zur Klärung herbeizuführen .

***Experte_bP_2*** präsentierte mittels Projektor das Projekt 3 (Maschine zur Trockensuppenproduktion) und betonte, dass lt. Frascati Manual das Neuzusammensetzen von bestehenden Komponenten Unsicherheiten birgt und daher Forschung vorliege.
Gerade bei der vollautomatischen Verstellung der Zangen zum Greifen der Beutel sei von den Mitarbeitern der bP eine geniale Lösung gefunden worden.
Die Nichtexistenz einer vergleichbaren Maschine sei kaum zu beweisen. Die bP hätte, wenn eine solche am Markt käuflich erwerbbar gewesen wäre, diese natürlich gekauft und nicht in einem jahrelangen Verfahren selbst neu entwickelt.
Es könne nicht nachvollzogen werden, auf Basis welcher Information die FFG behauptet, dass kein neues Wissen geschaffen worden sei, obwohl nach diesem Projekt die Maschinenhersteller sich dieses neu entwickelten Verfahrens bedient hätten.

Die FFG erwidert, dass es nicht darauf ankomme ob neue oder verbesserte Produkte und Prozesse entwickelt werden, sondern ob neues Wissen generiert wird. Gerade im Sondermaschinenbau gleicht keine Maschine der anderen und diese sind nicht am Markt käuflich.
Auch wenn die bP innovativ tätig war, müssen alle Kriterien des Frascati-Manuals vorliegen um eine Forschungsprämie zu beanspruchen. Der allgemeine Stand des Wissens bzw. der Technik sei im gegenständlichen Fall nicht erweitert worden.
Das Privatgutachten von ***Privatgutachter1*** sei ausreichend gewürdigt worden. Es sei allerdings nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter zu seinen Schlüssen kommt. Bezüglich des Frascati-Kriteriums der schöpferischen Tätigkeit gibt der Gutachter an, dass die eingeschlagene Methodik über die normale Produktionsroutine hinausgehe. Das sei in dieser Weise nicht im Frascati-Manual definiert, denn das würde bedeuten, dass sämtliche Arbeiten, die über Produktionstätigkeiten hinausgehen, schöpferisch wären.
Der Einsatz von Membranpumpen für die Dosierung von viskosen Medien (Hühnerfett) sei aus dem Stand der Technik ableitbar und derartige Membranpumpen seien auch am Markt für diesen Einsatz verfügbar. Beispielsweise ist das Unternehmen "Bedu" auf die Herstellung von Pumpen spezialisiert. Auf der Website wird angegeben, dass sie seit 40 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet haben.

Die Vertreterin des Finanzamtes wies auf die erhöhte Mitwirkungspflicht der bP hin. Es sei Aufgabe der bP das Vorliegen von F&E durch geeignete Unterlagen zu beweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Antrag vom beantragte die bP für das Jahr 2014 Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung gemäß § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 in folgenden Projekten iHv 142.655,20 Euro:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Projekt 1-Suppen
41.370,01
Projekt 2- Würz-Produkte
21.398,28
Projekt 3- Verfahren/Verpackung
79.886,91
Summe Prämie
142.655,20


Das Projekt 3 "Verfahrensentwicklung für Trockensuppenproduktion und Verpackung" stellt keine schöpferische Tätigkeit dar, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird, mit dem Ziel den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.
Eine wissenschaftliche und/oder technische Unsicherheit liegt nicht vor.
Bei den eingesetzten Methoden (Entwürfe/Konzepterstellung/Lösungsdiskussion mit Maschinenbauer) handelt es sich um eine übliche Vorgehensweise im Industrial Engineering, die beschriebenen Lösungsvorschläge sind aus anderen Anwendungen grundsätzlich bekannt.

2. Beweiswürdigung

Die Frage, ob die Tätigkeit der bP erkennbar auf das Ziel gerichtet war, eine wissenschaftliche und/oder technologische Unsicherheit zu klären oder zu beseitigen bzw. eine Fragestellung von allgemeiner Relevanz zu klären und den Stand des Wissens zu mehren, stellt sich im Wesentlichen als eine Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung (§ 167 Abs 2 BAO) dar (; SWK 30/2014, 1305).

Das standardisierte Gutachtensverfahren zur Beantragung der Forschungsprämie (§ 108c Abs 7 EStG 1988) fällt nicht unter den Sachverständigenbeweis nach § 177ff BAO (z.B. Leitner in AVR 2022, 231). Grund dafür ist vor allem, dass Sachverständige nur natürliche Personen sein können ().
Das Finanzamt hat das FFG-Gutachten auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen, also ob es den Gesetzen des richtigen Denkens und Folgerns entspricht. Allfällige Fehler und Lücken, die von ihm festgestellt werden, hat es durch das Einholen ergänzender oder neuer gutachterlicher Äußerungen zu beseitigen (). Das Finanzamt hat daher vom Steuerpflichtigen vorgebrachte Bedenken am Inhalt des Gutachtens (zB Einwände, Gegengutachten) zu würdigen
(Seydl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 108c, Rz. 46, Stand ).
Die FFG ist zur Ergänzung ihres Gutachtens zu verhalten, und zwar - nach jeweiliger Wahrung des Parteiengehörs - so lange, bis die gutachterliche Stellungnahme der FFG ausreichend schlüssig und nachvollziehbar ist.

Bezüglich der Vollständigkeit der Gutachten der FFG ist Folgendes festzustellen:
Ein Gutachten hat einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn zu enthalten. Während der Befund in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten im engeren Sinn aufbaut, und der Art wie sie beschafft wurden, besteht, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (). Nur wenn ein solcherart vollständiges Gutachten vorliegt, kann dieses auf seine Schlüssigkeit dahingehend überprüft werden, ob das Gutachten den Gesetzen des richtigen, zur Kenntnis der Wahrheit führenden Denkens entspricht ().
Nach § 108c Abs 8 EStG 1988 hat die FFG Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen. Eine Befundaufnahme der FFG ist somit nicht zulässig.
Der Befund muss aber nicht durch den Sachverständigen selbst erfolgen, die maßgeblichen Tatsachen müssen nur im Gutachten selbst genannt sein.
Nachdem in den Gutachten der FFG die von der bP bereitgestellten Tatsachen unwidersprochen zugrundegelegt wurden, ist das Erfordernis der Richtigkeit und Vollständigkeit des Befundes erfüllt und das Gutachten diesbezüglich vollständig.

Die bP bringt vor, dass das von ihr vorgelegte Privatgutachten gegenüber dem Gutachten der FFG ein höherwertiges Beweismittel sei, weil die Qualifizierung der FFG-Gutachter nicht transparent sei und die Stellungnahmen darauf schließen lassen würden, dass nicht ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Großteil des Gutachtens bestehe aus kopierten Textpassagen und die eigentliche Argumentation für die Ablehnung sei kurz, pauschal und sich wortident in anderen Projektstellungnahmen wiederholend. Facheinschlägige Personen mit entsprechender Branchenkenntnis könnten den Forschungscharakter der Aktivitäten klar nachvollziehen. Zu Behauptungen seien keine Quellen oder Referenzen als Ablehnungsgrund angeführt.

Zur Höherwertigkeit eines Beweismittels ist Folgendes zu sagen:
Das Gutachten der FFG und das Privatgutachten unterliegen gleichermaßen der freien Beweiswürdigung (§167 Abs 2 BAO). Die Beweiskraft ist alleine nach der Schlüssigkeit der Aussagen zu beurteilen.
Der unterschiedliche Wert eines Sachverständigengutachtens im Vergleich zu einem diesem entgegenstehenden Privatgutachten liegt allenfalls im Grad des erkennbaren inneren Wahrheitsgehalts (VwGH Ra 2018/03/0130).

Zur mangelnden Transparenz der Qualifizierung der bei der FFG tätigen Gutachter ist Folgendes zu sagen:
Zur Eine auf die Meinung eines anonymen Experten gestützte Beweiswürdigung kann nicht schon mit der Seriosität der juristischen Person allein begründet werden. Bei Würdigung eines solchen Gutachtens gilt zu berücksichtigen, dass sich die Qualifikation und die Vorgangsweise der dahinterstehenden natürlichen Person einer nachprüfenden Kontrolle weitestgehend entziehen können. Nur natürliche Personen trifft eine strafrechtlich sanktionierte Wahrheitspflicht und nur diese können befangen sein (Baldauf in SWK- 13-14, 677ff).
Bei der Beweiswürdigung ist auf den Umstand der mangelnden Transparenz der Qualifizierung der Sachverständigen der FFG ausreichend Bedacht zu nehmen.

Zur ihrer Sachkenntnis in der Lebensmittelbranche hat die FFG unwidersprochen und glaubhaft Folgendes vorgebracht:

Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft ist die gesetzlich eingerichtete Förderagentur des Bundes zur Durchführung und Abwicklung von Maßnahmen der unternehmensnahen Forschungs-, Technologie-, Entwicklungs- und Innovationsförderung. Sie wickelt nicht nur Programme ihrer Eigentümer ab (Wirtschaftsministerium und Klimaschutzministerium), sondern auch andere Bundesministerien setzen auf die FFG als Abwicklungspartner, darunter die Bundesministerien für Landesverteidigung, für Finanzen und für Landwirtschaft. Das Wissenschaftsministerium hat die FFG mit der Betreuung der EU-Programme für Forschung, Entwicklung und Innovation beauftragt (FFG als Nationale Kontaktstelle), darüber hinaus betreut die FFG weitere EU-Programme und Initiativen. Aufgrund ihrer Erfahrung und Kompetenz haben auch viele österreichische Bundesländer die FFG mit der Abwicklung von Landesmitteln zur Forschungsförderung beauftragt.

Die FFG verfügt nicht nur über die Kompetenz zur Abwicklung (auch komplexer) Förderprogramme und -initiativen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation, sondern als einzige Institution Österreichs auch über den entsprechenden Pool aus Expert:innen aus diesem Bereich und wurde daher vom Bundesministerium für Finanzen beauftragt, für Wirtschaftsjahre ab 2012 Gutachten für die Inanspruchnahme der Forschungsprämie zu erstellen. Von der FFG wurden seit 2013 über 23.000 Gutachten zur Forschungsprämie erstellt.

Expertise der FFG im Bereich Ernährung und Lebensmittel:
Die FFG bietet sowohl nationale Fördermöglichkeiten für Projekte aus dem Lebensmittelbereich, bietet aber auch Unterstützung bei EU-geförderten und anderen multinationalen Projekten (z.B. EU Rahmen-Programm Horizon Europe Cluster 6 "Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt").

Die FFG hat in den letzten Jahren im Rahmen der direkten Forschungsförderung eine Reihe von Projekten im Bereich Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vertrieb gefördert. Dazu zählen Projekte im Bereich Pflanzenbau (z.B. Saatgut, Pestizidreduktion, Düngemittel, Maschinen, Logistik), Lebensmittelproduktion (z.B. Verfahren, Zubereitung, Haltbarkeit, Lebensmittelrohstoffe), Produktentwicklung (z.B. Milch und Milchprodukte, Kombinationsprodukte, Getreide und Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, Fette und Öle, Halbfertig- und Fertigprodukte, "functional food", biologische Lebensmittel), Qualitätskontrolle und Inhaltsstoffe (z.B. Verringerung von Konservierungsmitteln und Zusatzstoffen, Verlängerung der Haltbarkeit, Verringerung der mikrobiologischen Belastung), Lebensmittelverpackungen.
Die FFG hat von 2010 bis 2021 insgesamt 410 Projektbeteiligungen zum Thema "Lebensmittel" (gem. SIC Code) mit insgesamt rund 32 Millionen Euro gefördert. Bereits Ende der 90er-Jahre startete die Vorgängerorganisation der FFG gemeinsam mit dem Fachverband und der Lebensmittelversuchsanstalt die "Lebensmittelinitiative Österreich", innerhalb derer 170 Projekte mit insgesamt 25 Mio. Euro unterstützt wurden. Aktuelle bzw. kürzlich abgeschlossene Projekte aus dem Lebensmittelbereich sind in der FFG-Projektdatenbank (nicht vollständig) zu finden unter: https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=food bzw. unter https://projekte.ffg.at/projekt?go=1&q=lebensmittel.
Abseits einer Vielzahl an einzelnen Projekten unterstützt die FFG das Thema Lebensmittel u.a. auch mit strukturellen Maßnahmen wie der Förderung des COMET Kompetenzzentrums "FFoQSI - Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety & Innovation", mit der Förderung der Research Studios Austria "FusariumPrevent", und "NitroFix", dem Innovationslabor "FoodNetLab" und anderen.

Die Begutachtung der FFG besteht nicht aus der Bewertung einer einzelnen "anonymen Person", sondern es handelt sich hierbei um einen qualitätsgesicherten Begutachtungsprozess. Liegt ein Antrag vor, so wird dieser intern der/dem fachlich am besten geeigneten Expert:in zugeteilt (akademische Ausbildung, Berufserfahrung, Erfahrung in der FFG) und das Ergebnis der Begutachtung anschließend im Rahmen der Qualitätssicherung im "Mehraugenprinzip" durch weitere Expert:innen überprüft.

***FFG_Vertreter1*** und ***FFG_Vertreter2*** vertraten diese Gruppe von Experten in der mündlichen Verhandlung. Ihr eigener fachlicher Hintergrund ist: Studium der technischen Chemie mit Spezialgebiet organische und bioorganische Chemie. Neben mehrjähriger Berufserfahrung in Forschung und Produktentwicklung in der Industrie verfügen diese beiden Personen über jahrelange Erfahrung in der Begutachtung und Begleitung von Forschungsprojekten.

Beim vorliegenden Fall handelt es sich um ein multidisziplinäres Vorhaben aus den Bereichen Lebensmitteltechnologie, -produktion und -chemie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau. Deshalb haben an der Beurteilung Experten der FFG aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengearbeitet. Diese Gruppe an Experten verfügt über folgende Kompetenzen:
Universitäre Abschlüsse -überwiegend auf Doktoratsniveau, zT auch Post-Doktoratsniveau- in den Disziplinen: Lebensmitteltechnologie, Biochemie, Biotechnologie und Lebensmittelchemie, Verfahrenstechnik, Maschinenbau, internationales Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Maschinenbau, Chemie sowie technische Chemie. Alle diese Personen verfügen über mehrjährige, einschlägige Berufserfahrung in der Forschung und Entwicklung in der Industrie, außeruniversitärer Forschung und Universitäten.

Die mit dem Fall beschäftigten Experten sind zT. seit Jahrzehnten in der Begutachtung sowie Begleitung nationaler und internationaler Forschungsprojekte in den Bereichen Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, Produktentwicklung für Lebensmittel, Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik tätig.

In der mündlichen Verhandlung am haben ***FFG_Vertreter1*** und ***FFG_Vertreter2*** als fachkundige Auskunftspersonen der FFG die Beurteilung der FFG erläutert und persönlich bestätigt. Angesichts der fachlichen Ausbildung und der Vielzahl an bereits von der FFG durchgeführten Projekten, vertritt der erkennende Senat die Auffassung, dass die für die FFG tätigen Sachverständigen über das erforderliche brancheneinschlägige Fachwissen verfügen, um die Frage des Vorliegens von F&E im gegenständlichen Verfahren verlässlich zu beurteilen.
Das Gutachten (samt den ergänzenden Stellungnahmen) der FFG steht auch nicht im Widerspruch mit den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Der erkennende Senat zeigt sich überzeugt von der Beurteilung der FFG, dass in den Projekten der bP keine systematische Vorgehensweise unter Verwendung von wissenschaftlichen Methoden erkennbar ist, die das Ziel hat, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen des Wissens zu erarbeiten.
Einer Tätigkeit fehlt das Element der "Neuheit" bzw. der "technologischen Unsicherheit", wenn keine neue Technologie erfunden wurde, sondern nur eine bestehende Technologie erweitert wurde.

Der erkennende Senat anerkennt die innovative technische Leistung, die für den Bau der Maschine zur Trockensuppenproduktion erbracht wurde. Allerdings müssen für die Einstufung als F&E alle fünf Kriterien des Frascati-Manuals erfüllt sein, auch wenn es sich um eine genau in dieser Form noch nie realisierte Maschine handelt.

Im Jahr 2014 wurden folgende Änderungen in der Produktion umgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Mischerei
Alt
Neu
Anmerkung
Vertikalmischer
Horizontalmischer
Schonenderes Verfahren für das Produkt
Schnecke
Pflugscharen
Bessere Vermischung
Fetteinbringung drucklos
Fetteinbringung unter Druck
Bessere Verteilung des Fettes im Produkt
Fetteinbringung ½" Rohr
Fetteinbringung mittels Düse
Fett wird im Produkt versprüht
Keine Homogenisierung
Homogenisierung mittels rotierendem Messer
Klumpenbildung wird beim Auftreffen des Fettes auf das Produkt verhindert


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Packerei
Alt
Neu
Anmerkung
Maschinentisch
Stahlkonstruktion
Optimale Bedingungen bezüglich Hygiene, Reinigung, Bodenfreiheit
Anordnung der Aggregate kreisförmig
Anordnung der Aggregate linear
Optimale Bedingungen betreffend Wartung, Störungsbehebung
Anordnung der Zangen auf einem Karussell
Anordnung der Zangen auf Zahnriemen
Wesentliche Verkürzung der Umstellzeiten bei Formatwechsel
Volumetrische Dosierung
Dosierung mittels vertikalen Schnecken
Vollautomatische Einstellung und Justierung
Getrennt elektr. Steuerung der Zusatzmaschinen (Dosierung, Mehrkopfwaage)
Gemeinsame Softwarelösung
Zusatzmaschinen werden vollautomatisch von Software gesteuert

Insgesamt überzeugt die schlüssige Argumentation der FFG, dass hier von bestehendem Wissen ausgegangen wurde, welches nur neu kombiniert wurde.
Sämtliche Anforderungen waren mit im industriellen Anlagenbau bzw. in der Lebensmittelbranche üblichen Routinetätigkeiten realisierbar. Dass beispielsweise zur genaueren Dosierbarkeit der Komponenten auf eine Schneckendosierung umgestellt bzw. zur gleichmäßigeren Produkt-Verteilung im Vorbehälter dieser auf eine zylindrische Form inkl. Rührer geändert wurde, entspricht technisch naheliegenden Maßnahmen bzw. Lösungsansätzen, ebenso wie die Verwendung von Pflugscharen statt einer Schnecke.

Der Umstand, dass zu Beginn des Projektes die exakten Prozessparameter noch nicht feststanden, entspricht keiner technologischen und/oder wissenschaftlichen Unsicherheit, sondern einer üblichen Aufgabenstellung im Rahmen der Auslegung bzw. insbesondere der Optimierung einer neuen Produktionsanlage bzw. eines Produktionsverfahrens.

Bezüglich der Anmerkung des Unternehmens, dass, "wenn die FFG der Meinung war, dass das gegenständliche Verfahren im Sinne der Forschungsprämienverordnung nicht neuartig wäre," "sie ein entsprechendes am Markt befindliches Verfahren respektive die dazugehörigen Anlagen explizit anführen" hätte müssen, ist Folgendes festzuhalten:

Am Beispiel eines Gebäudes kann verdeutlicht werden, was auch für den Bau von Sondermaschinen gilt: Fast jedes Gebäude ist einzigartig, es könnte als Prototyp gesehen werden, es gibt kaum idente Häuser. Allerdings werden Häuser nach dem derzeit geltenden Stand der Technik gebaut und sind daher nicht als F&E-Tätigkeit zu bewerten. F&E-Tätigkeit könnte vorliegen, wenn ein Unternehmen ein 30 Stockwerke hohes Holzhochhaus plant und errichtet. Hier gibt es zahlreiche technologische Risiken wie Brandschutz, Schallschutz und die Frage von Setzungen.

Das gegenständliche Verfahren (Mischen und Verpacken in der Trockensuppenproduktion) war im Wesentlichen festgelegt. Technologische oder wissenschaftlich Unsicherheiten sind beim Bau der gegenständlichen Maschine nicht erkennbar. Das Projekt geht nicht substantiell über den Stand des Wissens und der Technik hinaus.

Durch die durchgeführten Arbeiten sollte das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren (z.B. Vermeidung v. Schaum- bzw. Klumpenbildung, Vermeidung von aufwändigen Reinigungstätigkeiten, Verfahrensoptimierung, Vermeidung "ungleiches Ablegen der Beutel auf dem Auslaufband", etc.) gebracht werden bzw. die Produktionsleistung (abgefüllte Beutel/Schicht) erhöht werden.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass das Ziel des Projektes die Realisierung einer Produktionsanlage zur Produktion und Verpackung von Trockensuppen ist.
Dies geht u.a. aus den Informationen zum Projektablauf (z.B. "Überleitung zur Serienproduktion"; "Sämtlicher Testbetrieb war ausschließlich im Rahmen der normalen Produktion möglich") bzw. aus der Tatsache hervor, dass im Rahmen des Projektes beispielsweise die Schichtleistung erhöht wurde. Die Anlage diente der Produktion, folglich ist sie keine Pilotanlage im Sinne der Forschungsprämienverordnung.

Bei der Produktionsanlage handelt es sich auch nicht um einen Prototyp im Sinne der Forschungsprämienverordnung, weil keine F&E-Aktivitäten mit der Neukonzeption bzw. Adaptierung des Produktionsverfahrens verbunden sind. Ein Prototyp ist ein Modell, das alle technischen Eigenschaften und Ausführungen eines neuen Produkts aufweist, bei der Produktionsanlage handelt es sich hingegen bereits um das Endprodukt.
Dem Argument des Unternehmens, dass anhand des "Prototyps" "systematische Entwicklungsschliefen" durchgeführt wurden, wird vom Bundesfinanzgericht nicht gefolgt. Die nach "Aufbau der Maschine" bzw. "Inbetriebnahme" durchgeführten Arbeiten dienten der Optimierung bzw. der Behebung aufgetretener Probleme (z.B. bei der Dosierung), welche jedoch durch Änderungen des Maschinendesigns bzw. Adaptierungen von einzelnen Verfahrensschritten beseitigt werden konnten.

In dem gegenständlichen Projekt 3 wird von bestehendem Wissen ausgegangen. Eine Erweiterung Wissensstandes oder die Lösung von wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheiten konnte nicht nachgewiesen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Nach § 108c Abs 1 EStG 1988 in der 2014 und 2015 geltenden Fassung können Steuerpflichtige eine Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und Auftragsforschung iHv 10% der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen geltend machen.

Nach § 108c Abs 2 Z 1 und 2 EStG 1988 sind eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird, prämienbegünstigt. Zielsetzung muss es sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Die Forschung muss in einem inländischen Betrieb oder in einer inländischen Betriebsstätte erfolgen. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen

Nach § 108c Abs 7 EStG 1988 kann sich das Finanzamt bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs 2 Z 1 vorliegen, der Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) bedienen. Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung ist ein vom Steuerpflichtigen bei der FFG anzuforderndes Gutachten (Abs. 8), welches die Beurteilung zum Gegenstand hat, inwieweit eine Forschung und experimentelle Entwicklung unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 erfüllt.

Nach § 108c Abs 8 EStG 1988 hat die FFG Gutachten ausschließlich auf Grundlage der vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen zu erstellen. Die FFG hat in ihrem Gutachten nicht zu beurteilen, ob und in welchem Umfang Aufwendungen für Forschung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.
Die Bundesministerin für Finanzen wird ermächtigt, die Durchführung der Gutachtenserstellung sowie den Inhalt mit Verordnung festzulegen.

§ 1 Abs 1 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

Der Geltendmachung einer Forschungsprämie sind Aufwendungen (Ausgaben) im Sinne der Abs. 2 und 3 im Bereich von Forschung und experimenteller Entwicklung (Anhang I) zu Grunde zu legen. Die Bestimmungen der § 6 Z 10 und § 20 Abs. 2 EStG 1988 sowie § 12 Abs. 2 KStG 1988 sind anzuwenden.

§ 3 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

(1) Gutachten (§ 4 und § 5) der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (§ 1 FFG-G, BGBl. I Nr. 73/2004, im Folgenden: FFG) betreffen:

1. Die Beurteilung, inwieweit ein Forschungsschwerpunkt/Forschungsprojekt, aus dem für die Forschungsprämie maßgebliche Aufwendungen resultieren, unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die Voraussetzungen des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 erfüllt.

2. Die Beurteilung, ob nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen nach der Beschreibung in der Anforderung des Gutachtens so beschaffen sind, dass sie nachhaltig der Forschung und experimentellen Entwicklung dienen können.

(2) Das Gutachten umfasst nicht

- die Tatsachenfeststellung, ob die bekannt gegebenen Informationen zu einem Forschungsschwerpunkt/Forschungsprojekt oder zu nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordneten Investitionen richtig sind, sowie

- die Beurteilung, ob und in welchem Umfang Aufwendungen oder Ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie sind.

(3) Die Gutachten der FFG haben sich auf jene Forschungsschwerpunkte/ Forschungs-projekte oder nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen zu beziehen, für die die Beurteilung durch die FFG angefordert worden ist. Die vom Steuerpflichtigen bekannt gegebenen Informationen aus der Anforderung des Gutachtens bilden einen integralen Bestandteil des Gutachtens.

§ 4 Forschungsprämienverordnung (BGBl. II Nr. 515/2012) lautet:

(1) Die FFG hat zur Geltendmachung einer Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung auf Anforderung des Steuerpflichtigen ein Jahresgutachten zu erstellen. Das Jahresgutachten hat sich auf alle Forschungsschwerpunkte/Forschungsprojekte und nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordnete Investitionen zu beziehen, aus denen für die Forschungsprämie maßgebliche Aufwendungen resultieren.

(2) Das Jahresgutachten ist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das die Forschungsprämie beantragt wird, bei der FFG anzufordern. Dazu sind die Forschungsschwerpunkte/Forschungsprojekte und nicht forschungsschwerpunkt- oder forschungsprojektbezogen zugeordneten Investitionen inhaltlich genau zu umschreiben und die im Anhang III, Teil A, enthaltenen Daten und Informationen bekannt zu geben. Für ein Wirtschaftsjahr kann nur ein Jahresgutachten angefordert werden.

Der Anhang I der Forschungsprämienverordnung lautet auszugsweise:

Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen

A. Allgemeine Begriffsbestimmungen

1. Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 ist eine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Forschung und experimentelle Entwicklung in diesem Sinne umfasst Grundlagenforschung (Z 2) und/oder angewandte Forschung (Z 3) und/oder experimentelle Entwicklung (Z 4). Sie umfasst sowohl den naturwissenschaftlich-technischen als auch den sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich.

2. Grundlagenforschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens ohne Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel zu vermehren.

3. Angewandte Forschung umfasst originäre Untersuchungen mit dem Ziel, den Stand des Wissens zu vermehren, jedoch mit Ausrichtung auf ein spezifisches praktisches Ziel.

4. Experimentelle Entwicklung umfasst den systematischen Einsatz von Wissen mit dem Ziel, neue oder wesentlich verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Methoden oder Systeme hervorzubringen.

5. Forschungsprojekte sind auf ein definiertes wissenschaftliches oder spezifisch praktisches Ziel gerichtete inhaltlich und zeitlich abgrenzbare Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung unter Einsatz von personellen und sachlichen Ressourcen.

6. Ein Forschungsschwerpunkt ist eine Zusammenfassung von Forschungsprojekten oder laufenden Arbeiten im Bereich der Forschung und experimentellen Entwicklung, die inhaltlich einem übergeordneten Thema zugeordnet werden können.

Als Grundsatz gilt, dass Forschung und experimentelle Entwicklung (Z 1) aus Tätigkeiten besteht, deren primäres Ziel die weitere technische Verbesserung des Produktes oder des Verfahrens ist. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung der experimentellen Entwicklung von Produktionstätigkeiten. Sind hingegen das Produkt oder das Verfahren im Wesentlichen festgelegt und ist das primäre Ziel der weiteren Arbeiten die Marktentwicklung oder soll durch diese Arbeiten das Produktionssystem zum reibungslosen Funktionieren gebracht werden, können diese Tätigkeiten nicht mehr der Forschung und experimentellen Entwicklung (Z 1) zugerechnet werden. Grundlage dieser Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen ist das Frascati Manual (2002) der OECD in der jeweils gültigen Fassung, das ergänzend zu diesen Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen herangezogen wird.

B. Weitere Abgrenzungen (in alphabetischer Reihenfolge)

1. Datensammlung: [...]

2. Dokumentation: [...]

3. Fehlgeschlagene Forschung und experimentelle Entwicklung: [...]

4. Industrial Design [...]

5. Industrielles Engineering und Umrüsten von Anlagen für den Produktionsprozess: Unter industriellem Engineering sind jene technischen Arbeiten zu verstehen, die notwendig werden, um den Produktionsprozess in Gang zu setzen. Grundsätzlich sind industrielles Engineering und das Umrüsten von Maschinen und Anlagen, einschließlich der Erstausrüstung für die Serienproduktion, Teil des Produktionsprozesses und nicht der Forschung und experimentellen Entwicklung (Teil A, Z 1) zuzuordnen. Ergibt sich jedoch aus diesem Prozess die Notwendigkeit zu weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, wie etwa Entwicklungen an Maschinen und Werkzeugen, Entwicklungen zum Up-Scaling von Labor- und Versuchsanordnungen für die Produktion oder die Fertigungsüberleitung, Veränderungen in der Produktions- und Qualitätskontrolle oder die Entwicklung neuer Methoden und Standards, sind solche Arbeiten als Aufwendungen für Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1) zu klassifizieren.

6. Lizenzarbeiten [...]

7. Marktforschung [...]

8. Nachbetreuung und Fehlerbehebung ("trouble shooting"): [...]

9. Patentarbeiten: [...]

10. Pilotanlagen (Bau und Betrieb von): Pilotanlagen sind Anlagen, deren Hauptzweck darin besteht, weitere Erfahrungen, technisches Wissen und Informationen zu erzielen, die insbesondere als Grundlage für weitere Produktbeschreibungen und -spezifikationen dienen. Pilotanlagen fallen zur Gänze unter Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), solange der Hauptzweck Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1) ist. Wird nach Abschluss der experimentellen Phase eine Pilotanlage auf normalen kommerziellen Betrieb umgestellt, gilt die Aktivität nicht mehr als Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), selbst wenn die Einrichtung weiterhin als Pilotanlage bezeichnet wird.

11. Prototypen (Konstruktion, Errichtung und Erprobung von): Ein Prototyp ist ein Modell, das alle technischen Eigenschaften und Ausführungen eines neuen Produkts aufweist. Die Konstruktion, Errichtung und Erprobung eines Prototyps fällt zur Gänze unter Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1), jedoch nur so lange, bis der beabsichtigte Entwicklungsendstand (Produktionsreife) erreicht ist.

12. Routine-Tests: [...]

13. Standardisierungsarbeiten: Standardisierungsarbeiten sind grundsätzlich keine Forschung und experimentelle Entwicklung (Teil A, Z 1). Dies gilt nicht in Fällen, in denen eine Forschungstätigkeit unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden zum Zwecke der Standardisierung erfolgt.

14. Software [...]

15. Versuchsproduktion (Probefertigung, Probebetrieb): Die Versuchsproduktion ist die Startphase der Serienproduktion und kann Produkt- und Verfahrensmodifikationen, Umschulungen des Personals auf neue Techniken und deren Einweisung in den Betrieb neuer Maschinen einschließen. Das Endprodukt dieses Vorganges muss wirtschaftlich verwertbar sein. Versuchsproduktion ist nicht der Forschung und experimentellen Entwicklung (Teil A, Z 1) zuzuordnen.

16. [...]

In der Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012, ist die Maßgeblichkeit des Frascati Manuals in der jeweils gültigen Fassung ausdrücklich normiert.

In Tz 84 des Frascati Manual in der Fassung 2002 ist als grundlegendes Kriterium für die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung von verwandten Tätigkeiten das Vorhandensein eines nennenswerten Elementes der Neuheit sowie die Lösung einer wissenschaftlichen oder technologischen Unsicherheit angeführt: ……. "an appreciable element of novelty and the resolution of scientific and/or technological uncertainty."

Um als F&E-Tätigkeit eingestuft zu werden, muss die Aktivität fünf Kriterien erfüllen; sie muss:

  1. neuartig

  2. schöpferisch

  3. ungewiss in Bezug auf das Endergebnis

  4. systematisch

  5. übertragbar und/oder reproduzierbar sein (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.7).

Damit sind im Frascati-Handbuch jene Aktivitäten angesprochen, die auch schon im Anhang I der Forschungsprämienverordnung erwähnt sind.

3.1.2. Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Geltendmachung der Forschungsprämie ist ab dem Wirtschaftsjahr 2012 ein FFG-Gutachten iSd § 108c Abs 8 EStG 1988, das der freien Beweiswürdigung unterliegt.

Begünstigt sind Aufwendungen zur Forschung und experimentellen Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.
Basiskriterium für die Abgrenzung der zu fördernden "Forschung und Entwicklung" von anderen, nicht begünstigten wissenschaftlichen Tätigkeiten ist das Vorliegen einer wissenschaftlichen und/oder technischen Unsicherheit ().

Um zu "forschen" iSd § 108c EStG 1988 genügt es nicht, "Neues", bisher nicht Dagewesenes hervorzubringen oder "innovativ" zu sein. Es muss vielmehr eine für jeden Fachkundigen offensichtlich erkennbare Wissenslücke geschlossen werden (). Essentiell ist somit, dass die Tätigkeit etwas "Neues" hervorbringt und den bisherigen Wissenstand in dem erforschten Fachgebiet erweitert. Nichts anderes als diesen Neuheitsaspekt spricht auch die Tz. 84 des Frascati Manuals (2002) der OECD an (). Durch das Frascati-Handbuch 2015 erfolgte keine neue Definition von Forschung und Entwicklung; vielmehr stimmt die Definition von Forschung und Entwicklung im Frascati-Handbuch 2015 mit der F&E-Definition in früheren Ausgaben des Handbuchs überein und deckt das gleiche Spektrum an Aktivitäten ab (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.8). Um als F&E-Tätigkeit eingestuft zu werden, muss die Aktivität fünf Kriterien erfüllen; sie muss:

-) neuartig

-) schöpferisch

-) ungewiss in Bezug auf das Endergebnis

-) systematisch

-) übertragbar und/oder reproduzierbar sein (vgl. Frascati-Handbuch 2015 Tz 2.7).

Damit sind im Frascati-Handbuch jene Aktivitäten angesprochen, die auch schon im Anhang I der Forschungsprämienverordnung erwähnt sind.

Die Neuartigkeit von Forschungsprojekten muss im Unternehmenssektor vor dem Hintergrund des existierenden Erkenntnisstandes evaluiert werden.

Eine Tätigkeit, die sich in der Verbesserung oder Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten erschöpft und die Dokumentation im Rahmen des bisherigen Wissensstandes offensichtlicher Lösungen ist keine Forschung iSd § 108c EStG 1988 ().

Der Senat sieht sich von der fachlichen Beurteilung in den schlüssigen Gutachten und weiteren Stellungnahmen der FFG überzeugt.

Die in den vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen der bP beschriebenen Tätigkeiten weisen nicht auf einen nennenswerten Gewinn wissenschaftlicher oder technologischer Erkenntnisse hin.

Die bP konnte im Rahmen ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht bei Inanspruchnahme einer Begünstigung (§ 115 Abs 1 BAO) nicht nachweisen, dass die Tätigkeiten beim Projekt 3 zu neuen Ansätzen, Lösungen und Erkenntnissen geführt haben, die für die gesamte Branche neu sind, weil das Projekt substantiell über den Stand des Wissens und der Technik hinausginge.

Die Forschungsprämie für das Projekt 3 steht folglich nicht zu.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob eine Tätigkeit ein nennenswertes Element der Neuheit enthält und darauf gerichtet ist den Stand des Wissens und der Technik substantiell zu vermehren stellt sich als eine Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung dar, für die eine ordentliche Revision nicht vorgesehen ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ra 2018/03/0130



ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101376.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at