Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 15.02.2023, RV/7100383/2023

Zurückweisung einer Beschwerde, weil der Fristverlängerungsantrag zur Einbringung einer Beschwerde nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wurde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

a. Verfahrensgang

Die Veranlagung zur Einkommensteuer 2020 erfolgte mit Bescheid vom abweichend von der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung, da die beantragten Werbungskosten nicht in voller Höhe anerkannt wurden.

Der Einkommensteuerbescheid wurde mit elektronisch in die Databox des Beschwerdeführers zugestellt.

Mit elektronisch eingebrachtem Schreiben vom wurde um Erstreckung der Rechtsmittelfrist bis zum und in weiterer Folge mit elektronisch eingebrachtem Schreiben vom um Erstreckung der Rechtsmittelfrist bis zum ersucht.

Der Beschwerdeführer brachte am seine Beschwerde über FinanzOnline ein und beantragte die Anerkennung der von ihm geltend gemachten Werbungskosten.

Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht zurück, weil die Beschwerdefrist anlässlich des erstmals eingebrachten Fristerstreckungsantrages bereits abgelaufen war.

In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom ging der Beschwerdeführer darauf nicht ein, sondern legte neuerlich eine Darstellung der ihm erwachsenen Werbungskosten vor, deren Berücksichtigung er beantragte.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wies im Vorlagebericht vom auf die verspätete Einbringung des ersten Fristverlängerungsantrages hin.

b. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Gemäß § 97 Abs. 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) ist eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO.

§ 5b FOnV 2006 normiert unter dem Titel "Elektronische Zustellung":

(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.

(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.

(3a) Ein in FinanzOnline abgegebener Verzicht auf die elektronische Zustellung verliert für Teilnehmer, die gemäß Abs. 3 erster Satz zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, seine Wirksamkeit.

(4) Vor dem erteilte Zustimmungen zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 bleiben bis zu einem allfälligen Verzicht nach Abs. 3 zweiter Satz wirksam, wobei Abs. 3 dritter Satz nicht anzuwenden ist.

(5) Wurde vor dem keine Zustimmung zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 erteilt, darf eine elektronische Zustellung an die in Abs. 3 zweiter Satz genannten Teilnehmer nicht vor dem in Abs. 3 dritter Satz genannten Zeitpunkt erfolgen.

(6) Abweichend von Abs. 1 kann die Abgabenbehörde von der elektronischen Form der Zustellung an einen Teilnehmer, dessen Verzicht auf die elektronische Zustellung seine Wirksamkeit gemäß Abs. 3a verloren hat, so lange absehen, bis der Teilnehmer vom Wirksamwerden der Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung unmittelbar nach einem erfolgreichen Login in das Portal FinanzOnline in Kenntnis gesetzt wurde."

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 3 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 245 Abs. 3 BAO ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat.

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (z.B. Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an.

Irrelevant ist das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung. Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4, und die dort angeführte Judikatur).

Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden (vgl. ; , 93/15/0192; , 2009/17/0110; LVwG NÖ , LVwG-AV-188/001-2019). Ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung (vgl. ; RV 1261-L/09; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 245 Rz 14).

Wie aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen hervorgeht, gelangte der angefochtene Bescheid am in den elektronischen Verfügungsbereich des Beschwerdeführers. Dem hat der Beschwerdeführer auch nicht widersprochen.

Die einmonatige Beschwerdefrist endete somit am (einem Montag). Ein rechtswirksamer Antrag auf Fristverlängerung hätte daher nur bis gestellt werden können. Da der erste Fristverlängerungsantrag aber erst am und somit nach Ablauf der Beschwerdefrist gestellt wurde, hatte er keine fristhemmende Wirkung.

Die Beschwerdefrist war daher bei Einbringung der Beschwerde am bereits abgelaufen, weshalb sie gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die Rechtsfolgen eines nicht fristgerecht eingebrachten Fristverlängerungsantrages im Sinne der dargestellten Literatur und Judikatur entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Ritz/Koran, BAO7, § 245 Rz 14
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100383.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at