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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.04.2023, RS/7100011/2023

Mängel einer Säumnisbeschwerde nicht behoben

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch UnionTAX & LAW, Donau-City-Straße 7/DC Tower/30th Floor, 1220 Wien, betreffend Säumnisbeschwerde vom wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich Arbeitnehmerveranlagung 2018 und 2019 durch das Finanzamt Österreich zur Sozialversicherungsnummer ***SVNR*** beschlossen:

I. Die Säumnisbeschwerde gilt gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Faxnachricht vom 10.2023

Am langte per Fax ein Schreiben der "unionTAX&LAW Steuerberater und Rechtsanwälte" beim Bundesfinanzgericht ein, aus dem zwar erkennbar war, dass es sich um eine Säumnisbeschwerde handeln soll. Allerdings war die Eingabe unleserlich, zumal Buchstaben in einer so großen Anzahl fehlten, dass der Text nicht mehr erfassbar war.

Mängelbehebungsauftrag vom

Mit Beschluss vom wurde dem Einschreiter die Eingabe zur Verbesserung zurückgestellt und darauf hingewiesen, dass die Eingabe unleserlich ist.

Am langte beim Bundesfinanzgericht die zuvor per Fax übermittelte Säumnisbeschwerde per Post in lesbarer Form ein. Zusätzlich war unter anderem folgendes Schreiben beigelegt:
"In der Rechtssache

***Bf1*** ./. FA Oesterreich

wegen Arbeitnehmerveranlagung 2018 und 2019

GZ. RS/7100011/2023

nehme ich Bezug auf den Beschluss des Gerichts vom .

1. Die Unleserlichkeit der eingebrachten Beschwerde samt Anlagen bitte ich zu entschuldigen. Dies beruht auf einem technischen Fehler, an dessen Behebung gearbeitet wird.

Ich überreiche daher in Schriftform:

  1. Beschwerdeschreiben vom , ANV-Antrag vom , Vollmacht sowie die Formulare L1, L1i und L1k zur ANV 2018 und 2019 jeweils in Kopie.

2. Die Zweifel des Gerichts an der Vertretungsbefugnis habe ich mit Bedauern zur Kenntnis genommen.

Gerne übersende ich die in diesem Zusammenhang geführte Korrespondenz mit der Rechtsanwaltskammer Wien. UnionTAX& LAW übt derzeit eine vorübergehende Tätigkeit als dienstleistende europäische Rechtsanwaltsgesellschaft (§ EIRAG) aus und ist insoweit auch vertretungsbefugt."

Die Eingabe weist eine eigenhändige Unterschrift auf.

Mängelbehebungsauftrag vom

Mit Beschluss vom richtete das Bundesfinanzgericht folgenden Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer:
"I.Der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO aufgetragen, folgende Mängel zu beheben bzw. gemäß § 86a Abs. 1 iVm § 2a BAO die unterschriebene Bestätigung des Anbringens aufgetragen:

Der Säumnisbeschwerde vom fehlt:
-) die Unterschrift (§ 85 Abs. 2 BAO).

Die Behebung des angeführten Mangels wird innerhalb einer Frist bis aufgetragen.

Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt die Beschwerde als zurückgenommen; werden die Mängel rechtzeitig und vollständig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs. 2 BAO).

[…]

Begründung

Anbringen können im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, daß das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht können jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen läßt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, daß dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
Für Anbringen im Sinn des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an die Verwaltungsgerichte, an ein Finanzamt, an das Zollamt Österreich oder an das Amt für Betrugsbekämpfung gerichtet werden, wird die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) zugelassen.

In § 3 der TelekopieV (BGBl. Nr. 494/1991) wurde eine Verpflichtung des Einschreiters normiert, "das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben". Damit ist als Voraussetzung einer mängelfreien Eingabe mittels Telekopierers klar geregelt, dass vor der Einreichung des Anbringens eine Unterschrift am Original zu setzen und in der Folge dieses eigenhändig unterschriebene Original dem Telekopierer zuzuführen ist.

Als Beilage zum Schreiben vom legte der Einschreiter eine lesbare Fassung der Säumnisbeschwerde vom vor. Sowohl die Säumnisbeschwerde vom , die per Fax beim Bundesfinanzgericht eingebracht wurde, als auch das Schreiben vom weisen eine Unterschrift auf. Ein Vergleich der beiden Unterschriften ergibt folgendes Bild:

[...]

Auf Grund der unterschiedlichen Schriftbilder der beiden Unterschriften geht das Bundesfinanzgericht (derzeit) davon aus, dass es sich bei der Unterschrift am Schreiben vom um die (handschriftliche) Originalunterschrift des Einschreiters handelt. Hinsichtlich der Unterschrift, die am Säumnisbeschwerdeschreiben aufgedruckt ist, wird (derzeit) davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine handschriftliche Unterschrift, sondern um zusammengesetzte Buchstaben unter Verwendung einer besonderen Schriftart eines Textverarbeitungsprogrammes handelt. Folglich trägt das Anbringen vom keine eigenhändige Unterschrift, bevor es dem Telekopierer (Faxgerät) zugeführt wurde. Es liegt insofern ein Mangel vor."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Der vorgenannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde am nachweislich zugestellt. In der Begründung des Mängelbehebungsauftrages wurde - unter Anführung der Unterschrift auf der Säumnisbeschwerde und der eigenhändigen Unterschrift auf dem Schriftsatz vom - dargelegt, dass das Bundesfinanzgericht (vorerst) davon ausgeht, dass die Unterschrift auf der Säumnisbeschwerde keine eigenhändige Unterschrift ist. Dieser Annahme wurde auch nicht widersprochen. Der Mangel wurde nicht behoben.

§ 85 Abs. 1 und 2 BAO lautet:

§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Der Auftrag zur Mängelbeseitigung gemäß § 85 Abs 2 BAO ist nicht in das Ermessen der Behörde gestellt (). Liegen die Voraussetzungen des § 85 Abs 2 BAO vor, ist die Behörde verpflichtet, einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen.

In § 86a Abs. 2 BAO hat der Gesetzgeber den Bundesminister für Finanzen als Verordnungsgeber ausdrücklich dazu ermächtigt zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen welche Arten automationsunterstützter Datenübertragungen an Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichte zugelassen oder ausgeschlossen sind. Diese Ermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen mit der aufgrund von § 86a Abs. 2 BAO und § 56 Abs. 2 FinStrG ergangenen Verordnung über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen wahrgenommen und in § 3 der genannten Verordnung eine Verpflichtung des Einschreiters normiert, "das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben". Damit ist als Voraussetzung einer mängelfreien Eingabe mittels Telekopierers klar geregelt, dass vor der Einreichung des Anbringens eine Unterschrift am Original zu setzen und in der Folge dieses eigenhändig unterschriebene Original dem Telekopierer zuzuführen ist (). Ein Gebilde aus Buchstaben, das mit einem Textverarbeitungsprogramm in einer bestimmten Schriftart erzeugt wurde, ist keine eigenhändige Unterschrift. Ein offensichtlich nicht vom vertretungsbefugten Einschreiter stammender Schriftzug seines Namens als Unterschrift verwehrt eine Sacherledigung im Interesse einer eindeutigen Zurechnung der Parteierklärung (). Dort, wo die Rechtsordnung nichts anderes bestimmt, stellt ganz allgemein die Unterschrift die Erklärung dar, das Unterfertigte entspreche dem Willen des Unterfertigten. Somit muss auch sichergestellt sein, dass die Unterschrift von jener Person stammt, die die Erklärung abgeben möchte. Ein solches Erfordernis ist bei einem Namenszug, der mit einem Textverarbeitungsprogramm (von wem auch immer) generiert wurde, nicht erfüllt.

Da die beschwerdefühende Partei dem Auftrag zur Mängelbehebung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen ist, gilt die Beschwerde mit Ablauf der gesetzten Frist als zurückgenommen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 86a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RS.7100011.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at