Verhängung von Verspätungszuschlägen wegen nicht fristgerechter Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom sowie vom betreffend die Verhängung von Verspätungszuschlägen zu den Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Juni/2014 sowie Juli/2014, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Der Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Juni/2014 wird in Höhe von 2.168,05 Euro (= 4 % von 54.201,25 Euro) festgesetzt.
Der Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Juli/2014 wird in Höhe von 1.129,61 Euro (= 2,5 % von 45.184,34 Euro) festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit der Begründung, dass die Bf. ihrer Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht bzw. verspätet nicht nachgekommen sei, wurde mit Bescheiden vom sowie vom betreffend die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Juni 2014 und Juli 2014 auf Basis der für nämlichen Zeiträume zu entrichtenden Beträge von 54.2011,25,44 Euro bzw. von 45.184,34 Euro Verspätungszuschläge im Ausmaß von 8 % bzw. 4 % sprich sohin von 4.336,10 Euro bzw. von 2.259,22 Euro festgesetzt.
In der Begründung der gegen vorgenannte Bescheide erhobenen Beschwerde vom wurde nachstehndes ausgeführt:
Insbesondere aufgrund von Kommunikationsproblemen mit dem ehemaligen steuerlichen Vertreter (StB ***2***), welche unter anderem auch auf dessen Erkrankung zurückzuführen sind, kam es in der Vergangenheit zu nicht fristgerechten Abgaben von Umsatzsteuervoranmeldungen, Im Rahmen der Übernahme der steuerlichen Vertretung durch unsere Kanzlei wurden diese Fehler bemerkt und in den letzten Monaten korrigiert. Der Prozess der Aufarbeitung und Korrektur der damaligen Fehler sowie deren Folgen sind bis dato noch im Gange. Zudem versuchen wir der Geschäftsführerin unserer oben angeführten Mandantin die Einhaltung von Fristen näher zu bringen. Dies ist angesichts des stressigen Arbeitsalltages der Geschäftsführerin unserer Mandantin, welche die alleinige Geschäftsführung inne hat, zudem als alleinerziehende Mutter selbst in der GmbH im täglichen Geschäft mitarbeitet und derzeit noch die rechtlichen und finanziellen Folgen der Fehler des früheren steuerlichen Vertretung tragen muss, noch eine Herausforderung, Wir konnten die Geschäftsführerin unserer Mandantin bereits dazu bewegen, neben der Buchhaltung auch die Lohnverrechnung an unsere Kanzlei zu übertragen um sie somit arbeitsmäßig und vor allem zeitmäßig zu entlasten. Wir hoffen, dass in den nächsten Monaten der Aufarbeitungsprozess weitgehend abgeschlossen sein wird und durch unsere Unterstützung die Geschäftsführerin unserer Mandantin Ihren Meldepflichten termingerecht nachkommen kann.
Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Höhe der Verspätungszuschläge im Ermessen der Behörde liegt, unsere Mandantin - trotz der schwierigen Situation - ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen bis dato im Wesentlichen nachgekommen ist und die Fristversäumung hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen - aufgrund der erläuterten Umstände, insbesondere auf die sich noch derzeitige Aufarbeitung der Übernahme der steuerlichen Vertretung - entschuldbar scheint, beantragen wir die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Bei der Ermessensübung bitten wir zusätzlich nachfolgende Kriterien zu würdigen:
• Zunächst hat unsere Mandantin aufgrund der extrem niedrigen Verzinsung am Geschäftskonto nur einen marginalen finanziellen Vorteil durch die verspätete Meldung erlangt. Bezüglich der Berücksichtigung des erlangten Vorteils aus der verspäteten Einreichung bei der Ermessensübung verweisen wir auf den , AÖF 2006/128, Pkt 5.
• In Anbetracht des vorher erwähnten niedrigen Zinsvorteils ist ein Verspätungszuschlag in Höhe von 8 % und 5 % für die verspätete Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen von nicht mehr- als 6 bzw. 4 Wochen mit erheblichen Härten für unsere Mandantin verbunden.
• Ferner ist zu bedenken, dass die Geschäftsführerin unserer Mandantin in den letzten
Monaten, zusätzlich zu Ihrem stressigen Arbeitsalltag, einer extremen persönlichen und finanziellen Belastung durch die Aufarbeitung der Fehler der Vergangenheit ausgesetzt war.
Für den Fall, dass die Behörde die verspätete Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen für nicht entschuldbar hält, bitten wir unser Vorbringen bei der Ermessensübung zu berücksichtigen und die Verspätungszuschläge in niedrigerer Höhe festzusetzen.
2. Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1Z 1 lit. a BAO
Ergänzend beantragen wir die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO.
3. Antrag Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Senatgemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO
Die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO wird beantragt."
In der die Beschwerde abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass in Ansehung des Ausmaßes der Fristüberschreitung von 47 Tagen (UVA 6/2014) bzw. von 29 Tagen (UVA 7/2014), des in Höhe von 99.385,59 Euro erreichten finanziellen sowie der aus dem Umstand, der nichtfristegerechten Einreichung von vier UVAs im Jahr 2013 bzw. von sechs UVAs im Jahr 2014 zu ortenden Neigung der Bf. zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten die Höhe der festgesetzten Verspätungszuschläge als rechtens zu qualifizieren sei.
Der am eingereichte Vorlageantrag enthielt nachstehende Begründung:
Zur Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom 12.11,2014 möchten wir wie folgt Stellung nehmen:
1. Von der Behörde wird unter anderem angeführt, dass sich die Höhe des erreichten finanziellen Vorteils durch die verspätete Einreichung der U 06/2014 und U 07/2014 auf € 99.385,59 beläuft. Gemäß § 135 BAO kann ein Verspätungszuschlag auferlegt werden, wenn die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht gewahrt wird. Im Gegensatz dazu werden Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO für die verspätete Entrichtung der Abgaben festgesetzt. Unbeachtlich des derzeit niedrigen Zinsniveaus wäre unserer Mandantin höchstens ein finanzieller Vorteil auf Grund der Nichtentrichtung der Umsatzsteuerzahllast entstanden, jedoch auf keinen Fall auf Grund der verspäteten Einreichung der Steuererklärungen.
Hierzu sei angemerkt, dass für die verspätete Entrichtung der U 06/2014 und U 07/2014 ohnehin bereits Säumniszuschläge in Höhe von jeweils € 1.084,02 und € 903,69 festgesetzt wurden.
2. Weiters wurde von der Behörde angegeben, dass auf Grund der wiederholten Säumnis und des hohen Ausmaßes der Fristüberschreitung die festgesetzten Verspätungszuschläge in Höhe von 8 % und 5 % als nicht überhöht zu betrachten seien.
• Bezüglich der wiederholten Säumnis möchten wir ergänzend zu unserer Bescheidbeschwerde vom anführen, dass der Prozess der Aufarbeitung und Korrektur der damaligen Fehler des ehemaligen steuerlichen Vertreters sowie deren Folgen bis dato noch im Gange ist und die Aufarbeitung auch aus dem Abgabenkonto ersichtlich ist. Dieser Aufarbeitungsprozess für die Vergangenheit führte zu der vermehrten Säumnis im Jahr 2014.
• Zum hohen Ausmaß der Fristüberschreitung und der Angemessenheit der Verspätungszuschläge ist folgendes zu sagen; Bei einer Fristüberschreitung von 47 Tagen für die Einreichung der UVA 06/2014 und von 29 Tagen für die UVA 07/2014 ergibt sich jeweils ein Jahreszinssatz in Höhe von 62,13 % und 62,93 %. Der derzeitige 12-Monats-Euribor befindet sich bei zirka 0,33 %.
Bei der Ermessensübung ersuchen wir daher um Würdigung der Tatsache, dass ein eventueller wirtschaftlicher Vorteil durch die verspätete Entrichtung der Abgaben bereits mit der Festsetzung der Säumniszuschläge vom 9.10. und abgegolten wurde und eine nochmalige Verzinsung mit jeweils 8 % und 5 % für die verspätete Einreichung der Abgabenerklärungen mit erheblichen Härten für unsere Mandantin verbunden wäre, insbesondere auf Grund des derzeitigen niedrigen Zinsniveaus sowie der Tatsache, dass die wiederholte Säumnis auf den Aufarbeitungsprozess der Fehler der ehemaligen steuerlichen Vertretung zurückzuführen ist."
Mit Eingabe vom hat die steuerliche Vertretung der Bf. den Antrag auf Behandlung der Beschwerde durch den gesamten Senat, sowie jenen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Die dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen liegende Festsetzung von Verspätungszuschlägen setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist.
Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits der leichteste Grad der Fahrlässigkeit (culpa levissima) schließt die Entschuldbarkeit aus (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1999, Rz 4 und 10 zu § 135 und ).
Im Lichte dieser Rechtslage konnte dem Bechwerdebegehren aus nachstehenden Erwägungen nur ein teilweiser Erfolg beschieden sein:
Da im vorliegenden Fall die Umsatzsteuervorauszahlung für die Voranmeldungszeiträume Juni 2014 sowie Juli 2014 nicht am Fälligkeitstag entrichtet und auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden sind, ist infolge Verletzung der sich aus § 21 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz UStG 1994 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des BM Finanzen, betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen, BGBl. II Nr. 206/1998 idF BGBl. II 462/2002, ergebenden Verpflichtung, wonach für den Fall, dass die Vorauszahlung nicht zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, eine Umsatzsteuervoranmeldung einzureichen ist, die grundsätzliche Berechtigung zur Auferlegung eines Verspätungszuschlages nach Maßgabe des § 135 BAO dem jedenfalls gegeben.
Dem Einwand, wonach durch die verspätete Einreichung der Umsatzsteuervornameldungen kein finanzieller Vorteil verbunden gewesen wäre, weil der Zinsenvorteil durch die in Höhe von festgesetzten Säumniszuschläge von 1.084,02 Euro und 903,69 Euro aufgesogen bzw. sogar überkompensiert würde, ist wie folgt zu entgegnen:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der herrschenden Literaturmeinung (vgl. und die dort zitierte Literatur) ist die Verhängung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO bei Festsetzung des Verspätungszuschlages nicht zu berücksichtigen. Der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages ist nämlich darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll. Der Säumniszuschlag hingegen ist eine objektive Säumnisfolge, ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1999, Rz 1 und 2 zu § 217).
Im Übrigen vermag der von der Bf. relevierte "Zinsenvorteil" keinesfalls allein das gesamte Spektrum des finanziellen Vorteiles abzudecken. Denn es ist daneben jedenfalls auch der Liquiditätsvorteil - die Bf. hat die Umsatzsteuervorauszahlungen in Höhe von 54.2011,25 Euro bzw. von 45.184,34 Euro 47 Tage bzw. 29 Tage nach dem gesetzlichen Fälligkeitstermin entrichtet - und der Wettbewerbsvorteil gegenüber pflichtgemäß pünktlich erklärenden Abgabepflichtigen bei der Bemessung des Hundertsatzes zu berücksichtigen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1534).
An diesem Zusammenhang ist nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichtes der im Rechtsmittel erhobene Einwand. dass aus einer Fristüberschreitung von 47 Tagen für die Einreichung der UVA 06/2014 und von 29 Tagen für die UVA 07/2014 ein Jahreszinssatz in Höhe von 62,13 % und 62,93 % resultiert, während der derzeitige 12-Monats-Euribor auf rund 0,33 % lautet im Rahmen der Ausmessung der Höhe des Verspätungszuschlages dennoch nicht gänzlich außer Acht zulassen.
Nach Auffassung des BFG war in Ansehung der zwingenden Berücksichtigung vorstehenden Einwandes und ungeachtet der Tatsache wiederholt verspätet eingebrachter Umsatzsteuervoranmeldungen im Rahmen des vom Verwaltungsgericht gemäß § 269 Abs. 1 BAO zu übenden Ermessens die in den angefochtenen Bescheiden in Höhe von 8 % bzw. 5 % zur Anwendung gelangten Hundertsätze auf ein "tat - und schuldangemessenes" Maß von 4 % bzw. 2,5 % zu reduzieren.
Es war daher wie im Spruch zu befinden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Reduktion der Verspätungszuschläge auf dem vom Verwaltungsgericht ex lege zu übenden Ermessen basiert.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104911.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at