Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2023, RV/3100521/2020

Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Familienbeihilfenangelegenheit

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Antragsteller die Zuerkennung der Familienbeihilfe für seinen am [GebDat] geborenen Sohn. Die Kindererziehung würde in einem Haushalt gemeinsam mit dem anderen Elternteil erfolgen, das Kind lebe bei ihm und er finanziere monatlich die überwiegenden Kosten. Im Antragsfeld "Verzichtserklärung des haushaltsführenden Elternteiles" erfolgte keine Eintragung.

Durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister stellte das Finanzamt fest, dass sowohl das Kind als auch die Kindesmutter bereits mit an der vormals gemeinsamen Adresse abgemeldet wurden.
In der Folge wurde der Antrag vom unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 10 Abs 4 und § 2 Abs 2 FLAG 1967 sowie die fehlende Haushaltszugehörigkeit abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte nachweislich am .

Am 28. Feber 2018 brachte der Antragsteller eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein. In dieser führte er neben anderen Argumenten aus, dass die Kindesmutter gegen Ende August 2015 - gegen seinen Wunsch und Willen - zusammen mit dem Sohn die gemeinsame elterliche Wohnung verlassen habe. Beigelegt wurde dieser Beschwerde eine Mitteilung der Geburt, in welcher er als Kindesvater und die Kindesmutter des gemeinsamen Kindes angeführt sind, eine Anmeldebescheinigung vom , ausgestellt von der Stadtgemeinde [Ort], eine Mitteilung einer [ausländisch] Gemeinde über die Eintragung des Sohnes im dortigen Meldeamt mit , eine historische Wohnsitzbescheinigung derselben Gemeinde, nach welcher der Sohn von der Geburt bis zum und seit im Meldeamt der sesshaften Bevölkerung dieser Gemeinde aufscheint, ein Mail an eine [ausländisch] Agentur vom sowie Auszüge aus dem Zentralen Personenstandsregister.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , rechtswirksam zugestellt am , wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Am erschien der Antragsteller persönlich beim Finanzamt und wurde über die Möglichkeit der Stellung eines Vorlageantrages aufgeklärt. Von dieser Möglichkeit machte er jedoch keinen Gebrauch und wurde die Beschwerdevorentscheidung rechtskräftig.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom beantragte der Antragsteller die Wiederaufnahme des oben dargestellten Verfahrens. Die eingebrachten neuen Beweismittel würden zeigen, "wie unrichtig" sein Sohn in den österreichischen Registern von Geburt an eingetragen sei. Beigelegt wurde eine Anzeige der Geburt seines Sohnes vom [GebDat], in welcher der Name des Kindesvaters nicht eingetragen ist.
Am gleichen Tag wurde vom Antragsteller auch eine schriftliche Eingabe eingebracht. Nach Zitierung der Bestimmungen des § 69 AVG verwies er auf beigefügte Unterlagen, die neue Beweise darstellen würden. An Unterlagen war ein Vorhalt des BVwG vom mit diversen Schriftstücken bzw Mails der Tiroler Gebietskrankenkasse bzw der Österreichischen Gesundheitskasse und des [ausl. Vers.].

Am wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Familienbeihilfenverfahrens abgewiesen. Das Finanzamt nahm Bezug auf § 303 Abs 1 lit b BAO und hielt fest, dass für den Sohn im Zeitraum Mai bis August 2015 Familienbeihilfe bereits bezogen worden sei. Ab September 2015 befände sich der Sohn nicht mehr im Haushalt des Antragstellers, was dieser auch nicht bestreite. Es wären daher keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, deren Kenntnis einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom erhob der Antragsteller Beschwerde gegen diesen Bescheid. Er vertrat die Ansicht, dass alle Ansprüche zu seinem Sohn rechtskonform nur in Österreich realisiert werden könnten. Wohnsitzgemeinde seines Sohnes sei und bleibe [Ort]. In diesem besonderen Fall habe sein Sohn "seinen ursprünglichen anfänglichen, bleibenden gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich". Tatsächlich sei sein Sohn in "von Geburt an in jahrelangen Pendelbewegungen widerrechtlich ohne Ausweispapiere, die zum Grenzübertritt berechtigen, grenzüberschreitend von Österreich nach [Ausland] verbracht" worden. Der Antragsteller habe einen Antrag nach dem Haager Kindesentführungsabkommen eingebracht, der jedoch noch nicht verhandelt worden sei. Für das Kind wäre widerrechtlich ein [ausländisch] Personalausweis ausgestellt und die [ausländisch] Staatsbürgerschaft festgestellt worden. "Der in Österreich belegbare objektive Wille der Kindesmutter" sei darauf ausgerichtet gewesen, "auch über den August 2015 hinaus ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [Ort] beizubehalten". Die im Rahmen des Wiederaufnahmeantrages vorgelegten Beweismittel würden zeigen, dass "der mj. Sohn, [Staatsbürger] mit österreichischer Sozialversicherungsnummer, geb. ……. (Klinikgeburt [Ort]) mit einem Alter von mittlerweile fünf Jahren unrichtig in österreichischen Registern und Datenbanken eingetragen" sei. Die neuen Beweismittel würden zeigen, dass "der mj. Sohn, [Staatsbürger] mit österreichischer Sozialversicherungsnummer, des Beschwerdeführers widerrechtlich von Geburt an und vom (unter Zuschreibung einer widerrechtlichen, nichtigen [ausländisch] Steuernummer, einem unzulässigen [ausländisch] Krankenversicherungsträger" unterliege. Tatsächlich sei das [ausländisch] gesetzliche Krankenversicherungsverhältnis für den Sohn und die Kindesmutter widerrechtlich. Widerrechtlich wäre auch ein [ausländisch] Personalausweis für das Kind ausgestellt worden. Das Kind wäre ihm auch immer wieder entzogen worden. Am wäre seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden, am habe sich der Sohn das letzte Mal bei ihm aufgehalten.
In rechtlicher Hinsicht verwies der Antragsteller auf den Tatbestand der Kindeswohlgefährdung gemäß § 138 ABGB. Ein Verlassen Österreichs sei "- unabhängig vom zeitlichen Umfang - überhaupt nicht dazu geeignet, den gewöhnlichen und/oder dauernden Aufenthalt und einen Hauptwohnsitz des mj. Sohnes, [Staatsbürger] mit österreichischer Sozialversicherungsnummer in Frage zu stellen". Unter Hinweis auf diverse Verordnungs- und Gesetzesstellen wiederholte der Antragsteller sodann, dass ein [ausländisch] Krankenversicherungsträger widerrechtlich und unzulässig wäre, die Bedingungen für eine legale Wohnsitznahme in [Ausland] für den Sohn und die Kindesmutter "überhaupt nicht erfüllt" wären, der für den Sohn ausgestellte [ausländisch] Personalausweis nichtig sei und keine österreichische Behörde bzw kein österreichisches Gericht der Kindesmutter den Sohn zur Verbringung ins Ausland anvertraut hätte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Ansicht des Finanzamtes hätten weder die Einwände des Beschwerdeführers noch die eingereichten Unterlagen einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt.

Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer über FinanzOnline die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Österreichische Register würden zum Familiengefüge so nicht stimmen. Tatsächlich seien unrichtige "[ausländisch]" personenbezogene Daten und Sachverhalte zum Familiengefüge von der Geburt des gemeinsamen Sohnes an "zunehmend in österreichische Register, Akten- und Aktenbestandteilen eingegangen".
Der Name des Kindes sei von Geburt an unrichtig festgestellt worden. Eine Berichtigung des Namens wäre anhängig (Anm des BFG: Mit Erkenntnis vom [Datum], [Zahl], wurde die diesbezügliche Beschwerde abgewiesen).
Beide Elternteile und der Sohn hätten ihren Hauptwohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt unter einer gemeinsamen Adresse in [Ort]. Die Streichung des gemeinsamen Sohnes aus dem österreichischen Melderegister mit Datum wäre widerrechtlich. Eine Berichtigung wäre beantragt. Ein Blick in das Zentrale Personenstandsregister zeige die "wahren Sachverhalte".
Es läge keine ordnungsgemäße "Anerkennung der Mutterschaft" vor.
Keine Behörde, kein Gericht habe der biologischen Mutter den gemeinsamen Sohn zur grenzüberschreitenden Verbringung anvertraut.
In einer für die Familie Beschwerdeführer/Kindesmutter unzuständigen betroffenen [ausländisch] Gemeinde sei keine Familienwohnung und kein Familienhaushalt identifizierbar.
Am sei die Kindesmutter einfach mit dem Sohn aus der gemeinsamen elterlichen Wohnung verschwunden.
Unstrittig sei von der Kindesmutter von Geburt des Sohnes bis August 2015 Familienbeihilfe bezogen worden. Der Beschwerdeführer vertrete die Ansicht, dass die Familienbeihilfe ihm "als Unterkunftsgeber und haushaltsführender Elternteil ab Geburt" zustehe.
Tatsächlich habe sich das Kind auch noch nach dem August 2015 im Haushalt des Beschwerdeführers befunden. Am habe sich das Kind in der elterlichen Wohnung befunden, was mit einem Aktenvermerk und einem Mail vom belegt werde.
Die Klinik habe eine "inhaltlich und formal mangelhafte Anzeige der Geburt" ausgestellt.
Von der Geburt des Sohnes an würden Personalstatut und Aufenthaltsstatus zum gemeinsamen Sohn in einer sachlich, örtlich und zeitlich unzuständigen [ausländisch] Gemeinde in Südtirol unrichtig festgestellt.
Am habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Rückgabe des Sohnes gemäß dem Haager Übereinkommen vom über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung beim Bezirksgericht [Ort] eingebracht.
Der Beschwerdeführer habe für die Zeiträume September2017 bis Feber 2018 Beiträge für Kinderbetreuung und Verpflegung an eine Kinderbetreuungseinrichtung in [Ort] bezahlt.
Im Sommer 2018 wäre der Sohn europaweit im Schengen-Informations-System zur Fahndung ausgeschrieben worden (Anm des BFG: Dazu verweist der Beschwerdeführer auf ein Mail, in dem um weitere Informationen ersucht und die Absicht ausgedrückt wird, nach einer nochmaligen Prüfung, ein entsprechendes Fahndungsersuchen an die [ausländisch] Polizei zu übermitteln).
In rechtlicher Hinsicht vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass ihm der Sohn rechtswidriger Weise entzogen worden sei. Er wisse zwar nicht, wo genau sich sein Sohn faktisch aufhalte, im gegenständlichen Fall könne die bloße faktische Anwesenheit an einem anderen Ort jedoch keine Rolle spielen, dem Beschwerdeführer die Auszahlung der Familienbeihilfe zu verweigern.
Dadurch, dass die Kindesmutter seit aus dem gemeinsamen Haushalt "weggängig" sei, habe sie im Sinne des § 2a Abs 2 FLAG 1967 auf die Familienbeihilfe verzichtet. Auch habe sie die seit Geburt bezahlte Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen und müsse sie diese zurückzahlen.
Nach seiner Rechtsauffassung wären die ausgestellten [ausländisch] Akte nichtig.
Zudem würde sich der Beschwerdeführer fragen, ob § 2a FLAG 1967 nicht diskriminierend und daher verfassungswidrig sei.
Der angefochtene Bescheid dürfte "in einer besonderen Art und Weise durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden sein".
Gleichzeitig beantragte der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe war mangelhaft und wurde, nachdem die Frist zur Behebung der Mängel ungenutzt blieb, mit Beschluss vom 8. Feber 2021 als zurückgenommen erklärt. Dieser Beschluss blieb unangefochten.

Am wurde dem Beschwerdeführer Akteneinsicht gewährt. Anlässlich dieser Akteneinsicht überreichte der Beschwerdeführer einen Antrag und einen Schriftsatz an das Jugendgericht [Stadt].

Gleichzeitig mit der Akteneinsicht wurde dem Beschwerdeführer der Beschluss gleichen Datums persönlich übergeben. In diesem Beschluss wurde dem Beschwerdeführer der bisherige Verfahrensgang dargestellt, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag erläutert, wurde er ersucht, bisher von ihm geleistete Unterhaltszahlungen bekanntzugeben und belegmäßig nachzuweisen, und letztlich anzugeben, zu welchen konkreten Beweisthemen die Vernehmung der Kindesmutter beantragt wird.
Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Am fand eine mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

a) Am [GebDat] wurde der [Mutter] in [Ort] ein (unehelicher) Sohn geboren. Der Beschwerdeführer ist der Vater dieses Sohnes; die Vaterschaft wurde gerichtlich festgestellt.

b) Mutter, Vater und Kind waren bis an einer gemeinsamen Adresse gemeldet. Dann hat die Mutter mit dem Kind den (vormals) gemeinsamen Haushalt verlassen und war die Wohngemeinschaft aufgelöst.

c) Der Beschwerdeführer hat für seinen Sohn keine Unterhaltszahlungen geleistet.

d) Mit Bescheid vom (nachweislich zugestellt am ) wurde einem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe keine Folge gegeben. Die am 28. Feber 2018 eingebrachte Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom (nachweislich zugestellt am ) rechtskräftig als verspätet zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung

  1. Ad a) Siehe dazu die Anzeige der Geburt der Universitätsklinik [Ort] vom [GebDat], in welcher zum Namen des Kindesvaters keine Angaben gemacht wurden (Aktenseite 27), und die am erstellte Ablichtung der Mitteilung einer Geburt des Standesamtes [Ort] (AS 12). Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erfolgte nach den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde gegen den streitgegenständlichen Bescheid am (AS 55).

  2. Ad b) Dies ergibt sich aus den behördlichen Meldedaten (AS 4 - 6), den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers in der (verspätet eingebrachten) Beschwerde vom 28. Feber 2018 gegen den Abweisungsbescheid vom (AS 9), auf den Seiten 5, 13 und 14 des Vorlageantrages (AS 71/79/80) sowie auf Seite 4 des Antrages des Beschwerdeführers im Sinne des Haager Kindesentführungs-Übereinkommens (HKÜ) vom (AS 186) und auf Seite 2 des ermächtigten Schriftsatzes vom 26. Feber 2021 (AS 168).
    Weiters ist
    - auf das Dekret des Landesgerichtes [Stadt] vom , nach welchem bei gemeinsamem Sorgerecht das Kind "auch fortan" bei der Kindesmutter untergebracht sein und seinen Wohnsitz haben solle; für den Beschwerdeführer wurde eine Besuchsregelung ausgesprochen,
    - auf das Dekret des Landesgerichtes [Stadt] vom , mit welchem der Kindesmutter das alleinige Sorgerecht zuerkannt wurde, sowie
    - auf das Dekret des Jugendgerichtes [Stadt] vom , mit welchem dem Beschwerdeführer ein (bedingtes) Annäherungs- und Kontaktverbot gegenüber dem Sohn auferlegt wurde (Seiten 6/7/8 des Antrages des Beschwerdeführers im Sinne des Haager Übereinkommens vom - AS 188ff), und
    - die Entscheidung des Obersten Kassationsgerichtshofes der Republik [Ausland] (AS 252ff), in welcher die Nichtrückführung des Kindes aus [Ausland] bestätigt wurde; dies mit der Begründung eines mehr als fünfjährigen Aufenthaltes des Kindes in [Ausland] und der damit verbundenen Integration sowie dem Verhalten des Beschwerdeführers,
    zu verweisen.
    Zudem wird auch im Bescheid der Datenschutzbehörde vom auf Seite 5 (AS 142) auf ein Dekret des Oberlandesgerichtes Trient vom betreffend die Regelung der gemeinsamen Obsorge für das Kind verwiesen, aus welchem hervorgeht, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes bei der Kindesmutter befindet.
    Daran ändert auch der Umstand nichts, dass, wie der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat, sich die Kindesmutter bis zum immer wieder (veranlasst durch eine ihr übertragene Erwachsenenvertretung) in [Ort] aufgehalten hat und es am genannten Tag letztmalig zu einem Aufenthalt des Kindes in der Wohnung des Beschwerdeführers gekommen ist. Die Kindesmutter hat jedoch - ebenfalls nach Aussage des Beschwerdeführers - seine Wohnung im Zuge dieser Aufenthalte niemals mehr betreten. Weiters ist es nach den Angaben des Beschwerdeführers im ermächtigten Schriftsatz vom 26. Feber 2021 (AS 174) - offenbar im Rahmen einer Besuchsregelung, nicht aber in seiner Wohnung - bis zum zu in vierzehntägigen Abständen jeweils 10-stündigen Treffen mit dem Kind an einem Wochenendtag gekommen. Daraus ist klar ersichtlich, dass das Kind damals gerade nicht ständig bei ihm gewohnt hat. Danach kam es zu einem gerichtlichen (bedingten) Annäherungs- und Kontaktverbot.

  3. Ad c) Dazu ist auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im ermächtigten Schriftsatz vom 26. Feber 2021 (AS 169) zu verweisen, mit welchen er auf die Unzuständigkeit der [ausländisch] Gerichte für die Festsetzung des Kindesunterhaltes hinweist.
    Weiters wurde der Beschwerdeführer bereits mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , VH/3100003/2020, unter Pkt 8 (AS 152) ersucht, die seit Geburt des Kindes allenfalls geleisteten Unterhaltszahlungen mit einem Nachweis über den Zahlungsfluss unter Beweis zu stellen. Diesem Ersuchen ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.
    Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100521/2020, wurde der Beschwerdeführer unter Pkt 6 (AS 206) neuerlich aufgefordert eine Aufstellung der von ihm getätigten Unterhaltsleistungen nachzureichen und diese durch entsprechende Beweismittel zu belegen. Auch diesem Ersuchen ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Auf diesen Vorhalt wurde auch in der Ladung zu der - auf Wunsch des Beschwerdeführers letztlich verschobenen - für den angesetzten mündlichen Verhandlung hingewiesen.
    Damit steht fest, dass dem Beschwerdeführer mehrfach Gelegenheit geboten wurde, seine Unterhaltsleistungen entsprechend zu behaupten und insbesondere zu belegen. Indem er dies unterlassen hat, kann daraus nur geschlossen werden, dass derartige Leistungen nicht erfolgt sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Nach § 303 Abs 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116 BAO) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß Abs 2 der genannten Bestimmung hat der Wiederaufnahmsantrag zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs 1), auf die der Antrag gestützt wird.

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei durch das Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag (vgl zB , oder ).
Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen. Entscheidend sind also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl , mwN; oder ). Gleiches gilt sinngemäß für die Wiederaufnahme auf Antrag der (anderen) Partei.

Im Antrag auf Wiederaufnahme vom führt der Beschwerdeführer aus, der Bescheid sei auf Grund von "historisch unrichtigen, falschen Zuschreibungen, die die Personen des Familiengefüges betreffen, zustande gekommen". Weiters wird auf "neue Beweise" in den beigefügten Unterlagen verwiesen.
Als Unterlagen beigefügt wurde ein Vorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes vom (in einem Beschwerdeverfahren betreffend einen Bescheid der Datenschutzbehörde), mit welchem der Beschwerdeführer über ein Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse vom in Kenntnis gesetzt wurde. Diesem Schreiben waren weitere Unterlagen beginnend mit einem Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse vom und späterer Unterlagen angeschlossen, deren Gegenstand die Mitversicherung des Kindes war. Nicht vorgelegt wurden das im Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse vom erwähnte "Ansuchen auf Abmeldung" des Beschwerdeführers vom und die "sonstige Korrespondenz und relevante Schreiben".

Der Beschwerdeführer wurde durch das Bundesfinanzgericht mehrfach über die Voraussetzungen für eine beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens belehrt (vgl den Beschluss vom im Verfahren VH/3100003/2020 und den Beschluss vom im gegenständlichen Verfahren) und ersucht, anzugeben, welche konkreten Wiederaufnahmegründe für eine Wiederaufnahme auf Antrag geltend gemacht werden. Diesen Aufforderungen hat der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Somit kann unbedenklich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Wiederaufnahme auf neue Beweismittel (arg "neue Beweise") stützt und er diese neuen Beweismittel in den vorgelegten Unterlagen sieht.

Dazu ist festzuhalten, dass diese Unterlagen keine eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigenden neuen Beweismittel darstellen, weil in diesen Aussagen über die Versicherung des Kindes in der gesetzlichen Krankenversicherung getroffen werden. Die Versicherung des Kindes ist aber für den Anspruch auf Familienbeihilfe nicht relevant, da der österreichische Familienbeihilfenanspruch nicht an eine bestehende (Kranken-)Versicherung des Kindes geknüpft ist.
Der Beschwerdeführer hat im weiteren Verfahren auch auf die zahlreichen von ihm angestrengten Verfahren - laut Aussage in der mündlichen Verhandlung 350 - hingewiesen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergeben sich für das Bundesfinanzgericht keine Anhaltspunkte, dass der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen wurde. Der Bescheid, der den Gegenstand des gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahrens darstellt, ist auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom , datiert mit , ergangen und spricht über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe ab. Anhaltspunkte dafür, dass eine vom Beschwerdeführer immer wieder angesprochene und behauptete Kindesentführung vorliegt, ergeben sich aus den Eingaben des Beschwerdeführers nicht, zumal die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt mit dem Beschwerdeführer nicht verheiratet war und auch keine einvernehmliche bzw (bis zum Dekret des Landesgerichtes [Stadt] vom ) gerichtliche Obsorgeregelung getroffen wurde, die Kindesmutter daher im Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung des Beschwerdeführers die alleinige Obsorge hatte (§ 177 Abs 2 ABGB). Dass es bis zur Erlassung des Abweisungsbescheides vom zu für das Beihilfenverfahren relevanten gerichtlich strafbaren Handlungen oder Erschleichungstatbeständen gekommen wäre, lässt sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers somit nicht entnehmen und hat der Beschwerdeführer mit Ausnahme von Behauptungen, welche sich aus seiner Sicht der Dinge ergeben, auch keinerlei Angaben über diesbezüglich relevante Umstände gemacht.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme auf Antrag (§ 303 Abs 1 BAO) nicht erfüllt sind, weshalb eine Wiederaufnahme bereits deshalb zu versagen war.

Auf die Einvernahme der Kindesmutter als Zeugin konnte verzichtet werden, da der Beschwerdeführer einerseits keine tauglichen Wiederaufnahmegründe geltend machte und er trotz mehrfacher Aufforderung auch nicht dargelegt hat, zu welchem konkreten Beweisthema im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme die Zeugin befragt werden solle. Bei einem Telefonat am hat der Beschwerdeführer zudem selbst zugestanden, dass die Kindesmutter für das gegenständliche Verfahren nichts beitragen kann.

Zusätzlich ist anzuführen, dass Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch der Umstand ist, dass die Kenntnis der für eine Wiederaufnahme angezogenen Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach § 2 Abs 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt (§ 2 Abs 5 FLAG 1967).
Gemäß § 2a Abs 1 FLAG 1967 geht, wenn ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört, der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

Im vorliegenden Fall steht auf Grund der vom Beschwerdeführer größtenteils selbst vorgelegten Unterlagen für das Gericht (s Beweiswürdigung oben) fest, dass die Kindesmutter zusammen mit dem Kind nach dessen Geburt gemeinsam mit dem Beschwerdeführer in einem Haushalt gelebt hat. Im Hinblick auf § 2a FLAG 1967 und die fehlende Verzichtserklärung der Kindesmutter kann in diesem Zeitraum (für welche Familienbeihilfe bezogen wurde - s Bescheid des Finanzamtes vom ) von einem Anspruch des Beschwerdeführers auf Familienbeihilfe nicht ausgegangen werden. Mit Ende August 2015, sohin etwas mehr als drei Monate nach der Geburt, hat sie diesen auf Dauer verlassen und den Wohnsitz nach [Ausland] verlegt. Dort lebt(e) sie gemeinsam mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt (AS 140/142). Damit gehörte das Kind dem Haushalt des Beschwerdeführers ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an, da die Wohngemeinschaft tatsächlich beendet wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich das Kind anfänglich noch gelegentlich in der Wohnung des Beschwerdeführers aufgehalten hat bzw im Rahmen eines Besuchsrechtes bis ins Jahr 2018 Treffen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kind organisiert. Derartige von vornherein auf kurze Zeiträume (einige wenige Stunden) angelegte Treffen können beim vorliegenden Sachverhalt nicht zu einer Haushaltszugehörigkeit beim Beschwerdeführer führen.
Nach Art 67 VO(EG) 883/2004 hat eine Person für im Unionsgebiet außerhalb Österreichs wohnende Familienangehörige Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates, als ob diese Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Beim Zusammentreffen von Leistungen kommt nach den einschlägigen Bestimmungen der VO(EG) 883/2004 und der VO(EG) 987/2009 bei einem in [Ausland] mit der Mutter wohnhaften Kind, wenn wie gegenständlich die Kindesmutter den Vorschriften über die soziale Sicherheit [Ausland] unterliegt, Österreich allenfalls eine Verpflichtung zur Leistung einer Differenzzahlung zwischen der [ausländisch] und der österreichischen Familienleistung zu (Art 68 VO(EG) 883/2004).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , in einer Einzelentscheidung ausgeführt, dass der Elternteil, der im Bundesgebiet wohnt und die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, einen Anspruch auf eine Familienleistung haben kann. Aber auch aus diesem Erkenntnis, in welchem die nach österreichischem Recht für einen Anspruch primär relevante Haushaltszugehörigkeit hintangestellt wurde, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da er, wie im Sachverhalt festgestellt, seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auch noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Zuge des Verfahrens zwei Bestätigungen einer Kinderkrippe (AS 113/114) vorgelegt hat, nach welchen er für die "Kinderbetreuung und Verpflegung" im Zeitraum September bis Dezember 2017 bzw Jänner und Feber 2018 insgesamt € 2.372,00 bezahlt habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer jedoch eingestanden, dass diese Zahlungen in der Hoffnung auf eine bevorstehende Rückkehr des Kindes in seinen Haushalt erfolgt sind, das Kind diese Einrichtung jedoch tatsächlich nicht besucht hat.
Damit steht fest, dass dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Familienbeihilfe bzw Differenzzahlung erwachsen ist und deshalb, selbst wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorgelegen wären, kein anders lautender Bescheid erlassen hätte werden können, weshalb auch dieser Umstand einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegensteht.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur entschieden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

jeweils unter Beilage der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom

Innsbruck, am

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ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100521.2020

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