TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2023, RV/7102318/2021

Beschränkte Steuerpflicht hinsichtlich der Einkünfte aus der Beteiligung einer KG eines ausländischen Kommanditisten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Melanie Maier in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Sera Trust GmbH, Gablenzgasse 11 Tür 4. Stock, 1150 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 und die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob die Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft der Einkommensteuer unterliegen.

Einkommensteuer 2019
Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) reichte die Einkommensteuererklärung (E1) für das Jahr 2019 am beim Finanzamt ein und erklärte darin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.513,45 Euro aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft.

Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde der Bf. aufgefordert, seinen Hauptwohnsitz ab dem Jahr 2018 nachzuweisen, da die Meldung im Zentralen Melderegister nicht mit den Angaben im bisherigen Verfahren übereinstimme. Dieser Aufforderung ist der Bf. nicht nachgekommen.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2019 in Höhe von 1.909 Euro festgesetzt. Dabei ging die belangte Behörde mangels inländischem Wohnsitz vom Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht aus und besteuerte die vom Bf. erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde monierte der Bf., dass er keinen Wohnsitz in Österreich habe und daher hier auch nicht steuerpflichtig sei. Er beantrage daher die Nullstellung der Einkommensteuerforderung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Vorlageantrag vom brachte der Bf. neuerlich vor, er habe keinen Wohnsitz in Österreich und sei daher nicht einkommensteuerpflichtig. Vorgelegt wurde die Kopie seines polnischen Visums, datiert mit .

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung beantragt.

Einkommensteuer 2020
Der Bf. reichte die Einkommensteuererklärung (E1) für das Jahr 2020 am beim Finanzamt ein und erklärte darin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.558,46 Euro aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 1.935 Euro festgesetzt. Wiederum ging die belangte Behörde vom Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht aus und besteuerte die vom Bf. erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde monierte der Bf. erneut, er habe keinen Wohnsitz in Österreich und sei daher hier auch nicht steuerpflichtig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Mangels Wohnsitz in Österreich liege eine beschränkte Steuerpflicht vor. Die laut Feststellungsbescheid auf dem Bf. entfallenden anteiligen Einkünfte seien dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden.

Der Bf. beantragte fristgerecht die Vorlage seiner Beschwerde. Ein weiteres inhaltliches Vorbringen wurde nicht erstattet.

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung als unbegründet beantragt.

Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem Bf. aufgetragen, Nachweise über Hauptwohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in den Beschwerdejahren und eine allfällige Versteuerung der beschwerdegegenständlichen Einkünfte in Polen zu erbringen. Mit Schreiben vom , beim Bundesfinanzgericht eingelangt am , übermittelte der Bf. zwei Dokumente in polnischer Sprache.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen und nach Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt des Bf. folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. ist indischer Staatsbürger und war von bis mit Nebenwohnsitz an der Adresse ***1*** gemeldet.

In den Beschwerdejahren hatte der Bf. weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Er wohnte seit Ende 2017 in Polen.

Seit ist der Bf. mit einer Hafteinlage von 100 Euro als Kommanditist an der ***2*** (in der Folge: KG) mit Sitz in ***3*** beteiligt, deren Unternehmensgegenstand das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants (Lieferservice) ist.

Die KG ist beim Finanzamt Österreich unter der Steuernummer ***4*** erfasst. Die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO ergingen am für das Jahr 2019 und am für das Jahr 2020. Die anteiligen Einkünfte des Bf. betrugen 9.513,45 Euro (2019) und 10.588,46 Euro (2020). Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde erfasste in den angefochtenen Bescheiden die dem Bf. im zugewiesenen Anteile aus der Beteiligung an der KG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG 1988) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Über weitere Einkünfte in Österreich verfügte der Bf. in den Beschwerdejahren nicht.

2. Beweiswürdigung

Zu diesen Sachverhaltsfeststellungen gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Dass der Bf. indischer Staatsangehöriger ist und im Jahr 2018 für drei Wochen einen Nebenwohnsitz in Österreich hatte, ergibt sich aus der Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in das Zentrale Melderegister.

Zur Frage, wo sich sein Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt ab dem Jahr 2018 befand, hat der Bf. im verwaltungsbehördlichen Verfahren folgende Angaben gemacht:

: Hauptwohnsitz an der Adresse ***1***
(Beschwerde betreffend ESt 2018)

: ***3*** (Einkommensteuerklärung 2019)

: Neue Wohnadresse in Polen, ***Bf1-Adr***
(Mitteilung über Adressenänderung)

: Kein Wohnsitz in Österreich (Beschwerde betreffend ESt 2019)

: Kein Wohnsitz in Österreich (Vorlageantrag betreffend ESt 2019)

: ***3*** (Einkommensteuerklärung 2020)

: Kein Wohnsitz in Österreich (Beschwerde betreffend ESt 2020)

: Kein Wohnsitz in Österreich (Vorlageantrag betreffend ESt 2020)

Zusammengefasst hat der Bf. sowohl in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 als auch in der Einkommensteuererklärung für 2019 mitgeteilt, dass er seinen Hauptwohnsitz in Österreich habe und somit der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege. Bei der Adresse ***3*** handelt es sich jedoch um den Sitz der KG. Eine entsprechende Meldung im Zentralen Melderegister lag nicht vor. Das Ergänzungs-ersuchen der belangten Behörde, einen Nachweis über den Hauptwohnsitz ab dem Jahr 2018 zu erbringen, blieb unbeantwortet. Erstmals im Feber 2021 gab der Bf. bekannt, dass er in Polen wohnhaft sei. Diese Feststellungen ergeben sich aus den aktenkundigen Unterlagen und der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt.

Der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes, den Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in den Beschwerdejahren durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen sowie allfällige polnische Einkommensteuerbescheide vorzulegen, ist der Bf. nicht nachgekommen. Vorgelegt wurden lediglich zwei Dokumente in polnischer Sprache ohne deutsche Übersetzung, die jedoch nicht die Beschwerdejahre betreffen. Es handelt sich offenbar um eine Steuererklärung für das Jahr 2022 und einen am ausgestellten Mietvertrag. Dass der Bf. ab über einen nationalen Aufenthaltstitel für Polen verfügte, geht aus der aktenkundigen "Karta Pobytu" hervor.

Das Bundesfinanzgericht geht nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. in den Beschwerdejahren weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte. Er war zumindest ab Ende 2017 in Polen ansässig und ist nach wie vor dort wohnhaft.

Die Feststellungen zur Beteiligung an der KG und zu deren Unternehmensgegenstand gründen auf die Einsichtnahme in das offene Firmenbuch und die Homepage (***5***).

Die Feststellungen zum Abgabenverfahren bei der KG beruhen auf der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt. Die auf den Bf. entfallenden anteiligen Einkünfte wurden von ihm der Höhe nach nicht bestritten.

Dass der Bf. über keine weiteren Einkünfte in Österreich verfügte, folgt aus seinen Angaben in den eingereichten Einkommensteuererklärungen und wurde von der belangten Behörde auch nicht in Zweifel gezogen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind beschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

Gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23), für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird, der beschränkten Einkommensteuerpflicht.

Gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 sind Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Gemäß § 103 Abs. 3 EStG 1988 ist die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 1 mit der Maßgabe zu berechnen, dass dem Einkommen ein Betrag von 9.000 Euro hinzuzurechnen ist.

Aus dem abgeführten Beweisverfahren hat sich ergeben, dass der Bf. seit Ende 2017 in Polen ansässig war und in den Beschwerdejahren in Österreich weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Bf. hat aus der Beteiligung an einer inländischen Kommanditgesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.513,45 Euro im Jahr 2019 und in Höhe von 10.558,46 Euro im Jahr 2020 erzielt.

Zur entscheidungswesentlichen Frage, ob diese Einkünfte in Österreich steuerpflichtig sind, ist auf die eindeutige Rechtslage zu verweisen. Eine fehlende Ansässigkeit in Österreich schließt die Steuerpflicht für die gegenständlichen Einkünfte nicht aus. Es liegt gemäß § 1 Abs. 2 iVm
§ 98 EStG 1988 eine beschränkte Steuerpflicht vor. Die Höhe der anteiligen Einkünfte wurde vom Bf. nicht bestritten. Gemäß § 103 Abs. 3 leg. cit ist dem Einkommen jeweils ein Betrag von 9.000 Euro hinzuzurechnen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Entscheidungswesentlich war die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, wonach der in Österreich nicht ansässige Bf. in den Beschwerdejahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer inländischen Kommanditbeteiligung erzielt hat. Die Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102318.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at