Nachweis Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom - die einen integrierenden Bestandteil dieses Spruchs bildet - abgeändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Zwischen den Streitteilen ist die Frage der Gewährung von Werbungskosten für Kleidung einerseits sowie Familienheimfahrten andererseits strittig.
Mit Erklärung vom begehrte der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) neben der Zuerkennung der Pendlerpauschale und des Pendlereuro auch die Gewährung von Aufwendungen für Arbeitsmittel, Kosten für Familienheimfahrten sowie sonstige Werbungskosten.
Am wurde der Bf. aufgefordert diverse Fragen im Zusammenhang mit den Werbungskosten (Lage Familienwohnsitz, Entfernung Familienwohnsitz/Arbeitsstätte, Verkehrsmittelnutzung zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz, Wohn- bzw. Schlafmöglichkeit am Beschäftigungsort, mögliche steuerfreie Fahrtkostenvergütung des Arbeitgebers, Gründe die gegen eine Verlegung des Familienwohnsitzes sprechen) zu beantworten bzw. entsprechende Nachweise (Fahrtenbuch, Fahrscheine, Treibstoffkosten, Mietvertrag, Arbeitgeberbestätigungen) vorzulegen, welche Aufforderung jedoch unbeantwortet blieb.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer 2019 (ANV) veranlagt, wobei die geltend gemachten Werbungskosten - mangels Nachweis - unberücksichtigt blieben.
Am erhob der Bf. dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde und begehrte neuerlich den Zuspruch der ursprünglich geltend gemachten Werbungskosten; meritorisch führt er darin aus, dass einer seiner Arbeitsorte in Ort3 läge, wo er als Geschäftsführer tätig sei und durchschnittlich einmal pro Woche dorthin fahre; er übernachte dort und fahre nach getaner Arbeit wieder zurück an seinen Familienwohnsitz, der sich in Ort 1 befinde. Darüberhinaus arbeite er in Ort2 als Filialleiter. Dort habe er Nachtschichten zu verrichten, sodass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Schließlich müsse er als Geschäftsführer und Filialleiter immer "tip top auftreten", weshalb er sich mehrere Anzüge, Hemden und schwarze Lederschuhe gekauft habe, die er ausschließlich bei der Arbeit trage und sie deshalb als Arbeitskleidung zu deklarieren seien. In seiner Freizeit trage er hingegen meist Jeans und sei sportlich angezogen. Rechnungen dazu seien nicht mehr auffindbar. Ihm seien von "keinerlei Seite" Kosten rückerstattet worden. Der Beschwerde war einerseits eine Meldebestätigung aus dem ZMR, sowie die Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschale und des Pendler Euros (L34) beigelegt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeit - je Dienstverhältnis - ein Pendlerpauschale sowie der Pendlereuro zuerkannt. Die Werbungskosten im Zusammenhang mit der Bekleidung wurden als Ausgaben für nicht typische Berufskleidung unberücksichtigt gelassen.
Dagegen richtet sich der am über das Portal FinanzOnline übermittelte Vorlageantrag, in dem im Wesentlichen die Beschwerdeargumente wiederholt wurden.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte darin aus, dass der Vorlageantrag erst am - und somit verspätet - eingebracht worden wäre, weshalb dessen beschlussmäßige Zurückweisung, in eventu eine Teilstattgabe im Sinne der BVE beantragt werde.
Nach gerichtlicher Aufforderung führte die für die Abwicklung des FinanzOnline-Systems zuständige Abteilung des BMF (Sektion I, Gruppe C, Abteilung 10) am aus, dass - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - der strittige Vorlageantrag am bei der Finanzverwaltung eingelangt sei; aus technischen Gründen konnten damals die Anträge jedoch nicht direkt an die zuständige Veranlagungsstelle weitergeleitet werden, sondern wurden in die Anfragedatenbank gestellt und mussten dort vom jeweiligen Sachbearbeiter händisch in das Veranlagungsverfahren übernommen werden.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde der Bf. aufgefordert diverse Fragen im Zusammenhang mit den geltend gemachten Werbungskosten zu beantworten bzw. konkret genannte Unterlagen vorzulegen, welches Schriftstück am hinterlegt wurde; der Bf. ließ auch diese Aufforderung unbeantwortet.
II. Sachverhalt
Der am xx.xx.xxxx in Ort5 geborene und seit 1997 in Ort 1, ***1*** wohnhafte Bf. ist mit der am xx.xx.xxxx ebenso in Ort5 geborenen XY verheiratet, die erstmals am xx.xx.xxxx in Österreich polizeilich gemeldet war und seit xx.xx.xxxx über einen inländischen Aufenthaltstitel verfügt; seit xx.xx.xxxx unterhält auch sie ihren Hauptwohnsitz in Adresse1. XY ging im Streitzeitraum keiner Erwerbstätigkeit im Inland nach. Der Bf. ist kinderlos.
Er war im Jahr 2019 einerseits als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma1 mit dem Sitz in Ort3 tätig, als deren Alleingesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer AB, geb. xx.xx.xxxx fungierte (eingetragen im Firmenbuch des Landesgerichtes Ort3 zu 1234567). Durchschnittlich reiste er für diese Tätigkeit cirka einmal wöchentlich nach Ort3 an. Andererseits übte der Bf. im Streitjahr eine Tätigkeit -auch zur Nachtzeit - bei der Firma2, einer Kapitalgesellschaft mit dem Sitz in Ort6, in deren Zweigniederlassung in Ort2 aus.
Feststellungen zu Übernachtungen und einem weiteren Wohnsitz in Ort3 bzw. Aufwendungen in diesem Zusammenhang können hingegen nicht getroffen werden.
III. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt gründen auf nachfolgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Bf. bzw. dessen Gattin basieren auf einer Einsicht des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des BMI (ZMR). Die Erwerbslosigkeit der Ehefrau resultiert aus einer Abfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Weder in den Grunddaten noch dem behördeninternen Programm bezüglich der Familienbeihilfe (FABIAN) ergibt sich, dass der Bf. Kinder hätte.
Was die Dienstverhältnisse anlangt, so war den im Akt inneliegenden Lohnzetteln bzw. den diesbezüglichen Angaben des Bf. zu folgen; dass er als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätigt war, geht aus dem Gewerbeinformationssystem Austria hervor (GISA-Zahl: 1234567).
Die Negativfeststellung war zu treffen, da der Bf. trotz Aufforderung die geltend gemachten Kosten weder dem Grunde, noch der Höhe nach nachweisen bzw. glaubhaft machen konnte.
IV. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.
1.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
a. Arbeitskleidung
Ausgaben für Bekleidung führen nur dann zu Werbungskosten, wenn es sich um typische Berufskleidung oder um Arbeitsschutzkleidung handelt (zB Uniformen, Arbeitsmäntel, Schutzhelme, weißer Mantel, Leinenhose eines Arztes, Kostüme von Schauspielern). Die überwiegende berufliche Verwendung ist für den Werbungskostenabzug ausreichend. Bekleidung, die üblicherweise auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit getragen wird, führt nicht zu Werbungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Bekleidung tatsächlich nur während der Arbeitszeit getragen wird oder wenn die Verwendung derartiger Kleidungsstücke im Interesse des Arbeitgebers liegt oder von diesem angeordnet wird ( betr Schuhe eines Krankenpflegers; betr Stirnband und Boots einer Gärtnerin). Aufwendungen für die Anschaffung oder die Instandhaltung bürgerlicher Kleidung sind auch dann keine Werbungskosten, wenn die Berufsausübung eine erhöhte laufende Kleiderabnutzung bedingt (; Abweisung betr Arbeitskleidung eines Arztes). Entscheidend für die Beurteilung als Berufskleidung ist, ob die Bekleidung sich aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit von üblicherweise privat getragener ("bürgerlicher") Kleidung unterscheiden lässt (). Weder der schwarze Anzug von Mitgliedern eines Orchesters () noch Trachtenanzüge oder Dirndl in Gastronomiebetrieben () sind als typische Berufskleidung anzusehen. Bei den geltend gemachten Kosten für die Bekleidung handelt es sich - wie der Bf. selbst ausführt - unstrittig um bürgerliche Kleidung iS dieser Judikatur, da diese auch außerhalb der Dienstverrichtung getragen werden können. Die Aufwendungen waren nicht zuzusprechen, unabhängig davon, ob der Bf. das Gewand auch außerhalb seines Dienstes trägt oder nicht.
b. Familienheimfahrten
Nach § 20 Abs 1 Z 1 und Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:
"1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familien-angehörigen aufgewendeten Beträge.
2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen."
Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt, was im vorliegenden Fall schon zu verneinen ist.
Werbungskosten sind darüberhinaus zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (). Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 bzw § 161 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (stRsp so auch ; , 2006/15/0125; , 92/14/0176; vgl Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 16 Tz 55). Als Kosten für Familienheimfahrten sind jene Aufwendungen abzusetzen, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen. Da der Bf. aber die in Zusammenhang mit den als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten tatsächlich angefallenen Fahrtkosten trotz mehrfacher Aufforderung weder der Höhe nach aufgeschlüsselt noch anhand von Belegen nachgewiesen hat, scheitert auch die Berücksichtigung von Werbungskosten für Familienheimfahrten am Nachweis von Abflüssen.
Demnach war das Vorgehen der belangten Behörde, dem Bf. das Pendlerpauschale (samt Pendlereuro) im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom zu gewähren, rechtens; ihm stehen demnach für die Strecke Wohnung - Arbeit ein Betrag von gesamt € 1.596,00 (Strecke Adresse1-Ort3: Pendlerpauschale € 3.276,00, Anfahrt 4-7x/Monat, somit 1/3 davon= € 1.224,00 zuzüglich Strecke Adresse1-Ort2 € 372,00) als Pendlerpauschale und € 283,00 (373 km x 2 davon 1/3= 249,00 + 34,00 = € 283) als Pendlereuro zu. Der Beschwerde war sohin im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise statt zu geben.
1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor, das sich das Gericht an die - ohnedies zitierte - höchstgerichtliche Rechtsprechung gehalten hat.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100625.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at