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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2023, RV/7400023/2020

Von der GmbH für den Geschäftsführer getragene Sozialversicherungsbeiträge sind in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzubeziehen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 2015 bis 2017, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen die Kommunalsteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016 wird teilweise Folge gegeben. Diese Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben lauten wie folgt:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
2015
241.226,57 €
7.236,80 €
2016
272.308,39 €
8.169,25 €

II. Die Beschwerde gegen den Kommunalsteuerbescheid 2017 wird als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid bleibt unverändert.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft Kommunalsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 in folgender Höhe vorgeschrieben:


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2015
2016
2017
7.362,98 €
8.284,92 €
8.959,67 €

Begründend wurde ausgeführt, die an die Dienstnehmer der in Wien gelegenen Betriebsstätte gewährten Arbeitslöhne seien nicht vollständig erklärt und die Kommunalsteuer sei nicht vollständig entrichtet worden. Die Bemessungsgrundlagen seien im Zuge einer Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) erhoben worden. Insgesamt betrage die Kommunalsteuer für die Jahre 2015 bis 2017 24.607,57 €, davon sei ein Betrag in Höhe von 1.185,08 € nicht anerkannt worden.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der steuerliche Vertreter aus, es sei unrichtig, für die von der Beschwerdeführerin bezahlten Sozialversicherungsbeiträge den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu berechnen. Die Gesellschaft müsse auch einen gewerberechtlichen Geschäftsführer stellen, der in der Person der ***2*** vorhanden sei.

Der Verweis auf § 41 Abs. 2 FLAG sei verfehlt, weil kein Dienstverhältnis vorliege und die diesbezügliche Gesetzesbestimmung, selbst wenn sie anwendbar wäre, grob verfassungswidrig sei.

Darüber hinaus sei es verfehlt, bezüglich des Geschäftsführers ***1*** für die Lebensversicherungsprämien einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu verrechnen, weil die leitenden Angestellten, zu denen der Geschäftsführer zähle, den Vorzug genießen würden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Die für den Geschäftsführer ***1*** verausgabten Lebensversicherungsprämien wurden aus der Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer ausgeschieden, während die für ***2*** getragenen Sozialversicherungsbeiträge in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einbezogen wurden. Sie sei mehrheitlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführerin und beziehe Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988, weshalb auch die von der GmbH getragenen Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls darunter zu subsumieren seien.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter aus, bei der Einbeziehung der Sozialversicherungsbeiträge in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer werde übersehen, dass es sich dabei um Pflichtbeiträge handle. Die Gesellschaft sei daher verpflichtet, der Geschäftsführerin diese Aufwendungen zu ersetzen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1. Lebensversicherung für ***1***

Bei der gegenständlichen Lebensversicherung handelt es sich um eine Er- und Ablebensversicherung. Die Beschwerdeführerin ist die Versicherungsnehmerin und bezahlte die Prämien in den Jahren 2015 und 2016. Bezugsberechtigt im Er- und Ablebensfall ist die Beschwerdeführerin als Versicherungsnehmerin und nicht der Geschäftsführer ***1***.

1.2. Sozialversicherungsbeiträge für ***2***

***2*** vertritt die Beschwerdeführerin seit als handelsrechtliche Geschäftsführerin selbständig und ist mit 56% am Stammkapital der beschwerdeführenden Gesellschaft beteiligt. Von diesen 56% hält ***1*** für sie treuhändig 31%. ***2*** ist daher mehrheitlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführerin.

Die Gesellschaft trägt die Sozialversicherungsbeiträge für ***2***.

Die Gesellschafter-Geschäftsführerin war im Streitzeitraum in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert.

2. Beweiswürdigung

2.1. Lebensversicherung für ***1***

Der diesbezügliche Sachverhalt fußt auf der Versicherungspolizze.

2.2. Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Feststellung der GPLA und ist insoweit unstrittig.

Die Eingliederung der Gesellschafter-Geschäftsführerin in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Gesamtbild der Verhältnisse. Im Übrigen ist nach der ständigen Rechtsprechung bereits aus dem Umstand der Wahrnehmung der Geschäftsführung über einen längeren Zeitraum (der im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben ist) das Merkmal der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin jedenfalls erfüllt (vgl. vS; ; ).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I und II.

3.1.1. Lebensversicherungsprämien für ***1***

In diesem Punkt schließt sich das Bundesfinanzgericht der von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Rechtsansicht an, dass die von der Beschwerdeführerin geleisteten Versicherungsprämien keinen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellen. Der Beschwerde gegen die Kommunalsteuerbescheide 2015 und 2016 ist daher in diesem Punkt stattzugeben.

3.1.2. Sozialversicherungsbeiträge für ***2***

Gemäß § 1 KommStG 1993 idgF unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Gemäß § 2 lit a KommStG 1993 sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 Dienstnehmer.

Gemäß § 5 Abs. 1 KommStG 1993 ist Bemessungsgrundlage die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen. Arbeitslöhne sind im Falle des § 2 lit. a Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

Die Steuer beträgt gemäß § 9 KommStG 1993 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1 460 Euro, wird von ihr 1 095 Euro abgezogen.

§ 11 Abs. 3 KommStG 1993 bestimmt: Erweist sich die Selbstberechnung des Unternehmers als nicht richtig oder wird die selbstberechnete Kommunalsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet, hat die Gemeinde einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen.

Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988.

Zu den Einkünften im Sinne des § 22 Abs. 2 EStG 1988 zählen unter anderem die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 beschreibe das steuerrechtliche Dienstverhältnis mit zwei Merkmalen, nämlich der Weisungsgebundenheit einerseits und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers andererseits. Diese beiden Merkmale gingen nach der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom zum Ausdruck gebrachten Sichtweise, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließe, nicht in einem Oberbegriff der Weisungsunterworfenheit auf. In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs vom , 85/13/0110, Slg. NF. Nr. 6.403/F (zitiert im genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes), vom , 95/13/0220, Slg. NF. Nr. 7.111/F, vom , 95/13/0289, vom 2305.2000, 97/14/0167, vom , 99/13/0223, Slg. NF. Nr. 7.569/F, vom , 95/15/0074, und zuletzt vom , 2001/15/0113, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass (nur) in Fällen, in denen die im Gesetz festgeschriebenen Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichten, auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen sei.

Werde die gesonderte Prüfung des in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierten Tatbestandselements der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt, dann könne sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos und einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen (vgl seitdem in ständiger Rechtsprechung zB ; ; ).

Die nach dieser Rechtsprechung entscheidende Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird (vgl. z.B. , mwN; ; ), was im vorliegenden Fall aufgrund der obigen Sachverhaltsfeststellungen somit jedenfalls gegeben ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf die Einbeziehung der von der Gesellschaft für den wesentlich Beteiligten übernommenen Sozialversicherungsbeiträge in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag die Ansicht, dass in der Übernahme einer den Geschäftsführer treffenden Beitragspflicht eine weitere Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit zu sehen ist (). Es werden nämlich die Gesellschaftergeschäftsführerin treffende Aufwendungen, die sie zu tragen hat, ersetzt.

Den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, es handle sich um Pflichtbeiträge der Geschäftsführerin, zu deren Ersatz sie verpflichtet sei, ist entgegenzuhalten, dass die Beitragspflicht die Geschäftsführerin trifft und eine Verpflichtung zur Übernahme und Tragung der Sozialversicherungsbeiträge der Geschäftsführerin nicht besteht. In einer freiwilligen Übernahme einer die Geschäftsführerin treffenden Beitragspflicht ist eine weitere Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit zu sehen. Dieser Fall ist wirtschaftlich nämlich nicht anders zu betrachten, als würden entsprechend höhere Bezüge gewährt und wäre die Geschäftsführerin gehalten, aus diesen höheren Geschäftsführervergütungen die Sozialversicherungsbeiträge selbst zu zahlen (vgl. ).

Die für die Geschäftsführerin geleisteten Sozialversicherungsbeiträge waren daher zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einbezogen worden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der Gesellschaft für die Geschäftsführerin getragenen Sozialversicherungsbeiträge in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer einzubeziehen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (). Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen und die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

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