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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.03.2023, RV/2100115/2023

Verspätete Einbringung eines als Vorlageantrag gewerteten Schreibens

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e iVm § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 264 Abs. 5 BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Das Finanzamt berücksichtigte mit Einkommensteuerbescheid vom außergewöhnliche Belastungen für Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes iHv € 1.959,55 (Selbstbehaltes iHv € 1.959,55), den Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung iHv € 504,00 und nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen iHv € 425,63. Die Veranlagung ergab eine festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) iHv € -544,00.

Nach fristgerechter Einbringung der Beschwerde am erhöhte das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen von € 425,63 auf € 1.283,22, wodurch sich die Gutschrift der festgesetzten Einkommensteuer auf € -844,00 erhöhte.

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingelangt am , führte die Beschwerdeführerin (Bf) unter den Betreff: "Erledigung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom , Beschwerdevorentscheidung vom ergangen" aus, dass sie das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vom Sozialministeriumservice übersenden würde. Der Grad der Behinderung sei von 60% auf 80% festgestellt worden, die Behinderung betrage 80% unbefristet, zusätzlich D2 und D3, sie ersuche um eine Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung 2020.

Das Finanzamt wertete dieses Schreiben als Vorlageantrag und legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin verwies das Finanzamt darauf, dass die Bf rund acht Monate nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung das als Vorlageantrag gewertete Schreiben vom , wonach das Sozialministeriumservice den Grad der Behinderung auf 80% erhöht hat und die Diäten D2 (Nierendiät) und D3 bescheinigt wurden, verspätet eingebracht hat und beantragte die Zurückweisung des Vorlageantrages.

Informativ verwies das Finanzamt darauf, dass mangels Nachweises eine rückwirkende Anerkennung des Grades der Behinderung von 80% sowie der Nierendiät und eine Bescheidkorrektur auch aus einem anderen Verfahrenstitel nicht möglich sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen :

Aus dem vorgelegten Beschwerdeakt ist zu ersehen, dass die Beschwerdevorentscheidung am ergangen ist und ohne Zustellnachweis an die Bf per Post versendet wurde.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. In dem als Vorlageantrag gewerteten Schreiben der Bf vom , beim Finanzamt eingegangen am , nimmt die Bf Bezug auf die Beschwerdevorentscheidung vom . Daraus geht eindeutig hervor, dass die Beschwerdevorentscheidung vom an die Bf zugestellt wurde. Dass ein Zustellmangel vorgelegen ist, hat die Bf in dem als Vorlageantrag gewerteten Schreiben vom nicht vorgebracht.

Entsprechend der Forderung der Judikatur (vgl. z.B. ) teilte das Bundesfinanzgericht der Bf ergänzend zum Vorlagebericht, in dem die verspätete Einbringung des Vorlageantrages bereits angesprochen wurde, mit Schreiben vom , laut Rückschein zugestellt am , mit, dass ihr als Vorlageantrag gewertetes Schreiben vom bezüglich der am erlassenen Beschwerdevorentscheidung und der einmonatigen Frist zur fristgerechten Einbringung eines Vorlageantrages jedenfalls verspätet eingebracht wurde und mit Beschluss durch das Bundesfinanzgericht zurückgewiesen werden muss. Zur Geltendmachung von Einwendungen wurde ihr eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zuerkannt. Nachdem dieses Schreiben der Bf am zugestellt wurde, endete die Frist zur Stellungnahme am . Die Bf hat diese Frist verstreichen lassen diesbezüglich keine Stellungnahme abgegeben.

Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom im Sinne des § 26 Abs. 2 ZustG rechtmäßig erfolgt ist und das als Vorlageantrag gewertete Schreiben der Bf vom beim Finanzamt am (verspätet) eingelangt ist.

Von einem Vorlageantrag konnte das Finanzamt beim Schreiben der Bf vom insofern ausgehen, als darin auf die Beschwerdevorentscheidung vom Bezug genommen wurde.

Die verspätete Einbringung des Vorlageantrages ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 264 Abs. 1 kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 109 BAO). Bei schriftlichen Erledigungen, wie zB Bescheiden, erfolgt dies regelmäßig durch Zustellung (§ 97 Abs. 1 BAO).

Wie oben ausgeführt, gilt die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 26 Abs. 2 ZustG als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Geht man davon aus, dass die Beschwerdevorentscheidung vom am Mittwoch, , dem Zustellorgan übergeben wurde, gilt die Beschwerdevorentscheidung als am Freitag,, zugestellt. Die Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages hat daher am Freitag, , zu laufen begonnen.

Gemäß § 108 Abs. 3 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates (§ 108 Abs. 2 BAO). Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Unter Anwendung des § 108 Abs. 3 BAO hat die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages am Freitag, , geendet. Der Vorlageantrag der Bf mit dem Datum vom ist am beim Finanzamt und damit eindeutig nicht fristgerecht und daher verspätet eingebracht worden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Nach § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Aufgrund dieser Sach- und Rechtslage musste das Bundesfinanzgericht von einem Fristversäumnis ausgehen und war der Vorlageantrag zwingend gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückzuweisen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen hat zu unterbleiben und ist die Beschwerde mit der Beschwerdevorentscheidung als erledigt anzusehen.

Informativ wird auf die Stellungnahme im Vorlagebericht des Finanzamtes verwiesen, wonach mangels Nachweises eine rückwirkende Anerkennung des höheren Grades der Behinderung nicht möglich ist.

Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung vom ist aufgrund vorstehender Ausführungen als der Bf ordnungsgemäß zugegangen anzusehen und gehört somit dem Rechtsbestand an. Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag vom erweist sich sohin als nicht fristgerecht eingebracht, weshalb dieser mit Beschluss, wie aus dem Spruch ersichtlich) gemäß § 264 Abs. 4 lit. e iVm § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 264 Abs. 5 BAO zurückzuweisen ist.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der nicht rechtzeitigen Einbringung eines Vorlageantrages unmittelbar aus der eindeutigen Rechtslage gemäß § 264 Abs. 4 lit. e iVm § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 264 Abs. 5 BAO ergibt, liegt gegenständlich keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Tatfragen wie z.B. Sachverhaltsfeststellungen über die Zustellung stellen keine Rechtsfragen dar und sind einer Revision nicht zugänglich. Eine Revision war somit nicht zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100115.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at