Abweisung eines Rückzahlungsantrages wegen fehlenden Guthabens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Wolfgang Winkler, Ditscheinergasse 2 Tür 4, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückzahlungsantrag gemäß § 239 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am beantragte die beschwerdeführende Partei (Bf) die Rückzahlung eines Guthabens auf dem Abgabenkonto ***BF1StNr1*** in Höhe von € 1.394,00.
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde der Antrag auf Rückzahlung mit der Begründung abgewiesen, auf dem Abgabenkonto bestehe derzeit kein Guthaben.
Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über das Vermögen der Bf mit Beschluss des BG ***1*** vom ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, welches nach Abschluss des Zahlungsplans am wieder rechtskräftig aufgehoben worden sei. Aus den danach eingebrachten Arbeitnehmerveranlagungen 2017 und 2018 hätte sich ein Guthaben ergeben, mit welchem offensichtlich Rückstände vor Insolvenzeröffnung abgedeckt wurden. Eine derartige Aufrechnung widerspreche der Insolvenzordnung.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, auf dem Abgabenkonto bestehe kein Guthaben, weshalb keine Rückzahlung möglich sei. Der Betrag von € 894,00 sei gemäß § 215 Abs.2 BAO zur Deckung einer Finanzstrafe samt Nebengebühren auf die Abgabenkontonummer ***2*** übertragen worden, der Betrag von € 400,00 sei gemäß § 215 Abs.1 BAO zur Deckung einer Familienbeihilfennachforderung 2017 auf das Abgabenkonto ***3*** übertragen worden.
Mit Eingabe vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde nochmalig ausgeführt, dass eine Aufrechnung eines nach Insolvenzeröffnung entstandenen Guthabens mit Rückständen vor Insolvenzeröffnung der Insolvenzordnung widerspreche.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Über das Vermögen der Bf wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom , AZ. ***4***, ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans wurde das Schuldenregulierungsverfahren mit Beschluss vom aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid 2017 des Finanzamtes 2/20/21/22 vom ergab eine Gutschrift von € 894,00. Die Gutschrift wurde gemäß § 215 Abs.2 BAO zur Tilgung einer Finanzstrafe samt Nebengebühren (Abgabenkontonummer ***2***) verwendet.
Der Einkommensteuerbescheid 2018 des Finanzamtes 2/20/21/22 vom ergab eine Gutschrift von € 400,00. Mit Bescheid des Finanzamtes 2/20/21/22 vom wurde von der Bf bezogene Kinderbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 2017 bis August 2018 in Höhe von € 4.503,20 rückgefordert, der Betrag von € 400,00 wurde am gemäß § 215 Abs.1 BAO auf das Abgabenkonto ***3*** übertragen.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bei Erlassung des angefochtenen Bescheides befand sich kein Guthaben am Abgabenkonto ***BF1StNr1***.
2. Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).
Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vorgelegten Verwaltungsakten. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 239 Abs.1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 214 Abs.4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Gemäß § 215 Abs.1 BAO ist ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Gemäß Abs.2 leg. cit. ist das nach einer gemäß Abs.1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Gemäß Abs.4 leg. cit. sind, soweit Guthaben nicht gemäß Abs.1 bis 3 zu verwenden sind, sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 239 BAO entsteht ein rückzahlbares Guthaben eines Abgabepflichtigen für diesen erst dann, wenn auf seinem Steuerkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteigt. Dabei kommt es nicht auf die Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften bzw. Lastschriften (siehe Ritz, BAO-Kommentar, § 215 Rz.1 und , mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Dem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO ist der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint ().
Der verfahrensgegenständliche Rückzahlungsantrag wurde am beim Finanzamt eingebracht und am vom Finanzamt mit Bescheid abgewiesen. Durch die Überrechnung des Betrages von € 894,00 auf das Abgabenkonto ***2*** am und der Umbuchung von € 400,00 auf das Abgabenkonto ***5*** am bestand am Abgabenkonto ***BF1StNr1*** weder im Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Erledigung des Antrages ein Guthaben.
Da sich somit gemäß § 239 BAO kein rückzahlbares Guthaben auf dem Abgabenkonto der Bf befand, erweist sich die Abweisung des Antrages durch das Finanzamt als rechtsrichtig.
Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Umbuchung bzw. Überrechnung kommt ein Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO in Betracht. Dabei wäre zu beachten, dass die Rückforderung der Familienbeihilfe erst nach Aufhebung des Sanierungsverfahrens erfolgte und auch erst den Zeitraum ab Jänner 2017 betrifft. Geldstrafen können wiederum gemäß § 58 Z.2 Insolvenzordnung (IO) nicht als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, die Restschuldbefreiung gilt gemäß § 214 Abs.1 IO für Geldstrafen nicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 215 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105039.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at