Verlängerte Verjährungsfrist - Bindungswirkung eines im Finanzstrafverfahren ergangenen Erkenntnisses
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , Steuernummer ***BfStNr***, betreffend Einkommensteuer 2009 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Bisheriger Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) reichte keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 ein, weshalb zunächst kein Einkommensteuerbescheid 2009 erlassen wurde.
Mit Schreiben vom brachte der Bf. eine Selbstanzeige für die Jahre 2009 bis 2013 beim Finanzamt ***FA*** ein, worin er im Wesentlichen Folgendes ausführte:
In den Jahren 2008 bis 2013 habe er keine Steuererklärungen abgegeben. Im Jahr 2008 sei seine Abbestellung als Geschäftsführer der Firma ***1*** GmbH erfolgt. Die Firmenpension sei versteuert und ausbezahlt worden. Danach habe er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach Rumänien verlegt und sei für eine rumänische Gesellschaft bis Ende 2008 tätig gewesen. Seinen Wohnsitz habe er am nach ***8*** verlegt. Die daraus resultierenden Erträge seien in Rumänien ordnungsgemäß versteuert worden.
Im Jahr 2009 habe er bis einen Aufbaulehrgang beim AMS ***2*** und ***3*** besucht. Ansonsten sei er keiner Tätigkeit nachgegangen.
Am habe er 20% seiner Anteile an der ***1*** GmbH um € 122.000,00 verkauft. Den Anteil habe er durch eine Schenkung im Jahr 1994 erworben. Die Anschaffungskosten des Anteils hätten € 7.267,28 betragen. Den Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung in Höhe von 114.732,72 habe er steuerlich nicht erklärt, da er der Meinung gewesen sei, dass aufgrund seines rumänischen Wohnsitzes eine Versteuerung in Rumänien zu erfolgen habe.
Nunmehr sei er darüber aufgeklärt worden, dass aufgrund des DBA Rumänien eine Versteuerung in Österreich hätte erfolgen müssen und der Hälftesteuersatz anzuwenden gewesen wäre.
Es seien Sonderausgaben It. Steuerberechnung sowie der Unterhaltsabsetzbetrag zu berücksichtigen.
Für das Jahr 2009 sei bereits Festsetzungsverjährung gemäß § 207 Abs. 2 BAO eingetreten, sodass eine Vorschreibung der Steuer für 2009 nicht mehr erfolgen könne.
Aus der beigefügten Steuerberechnung für 2009 ergeben sich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € - 5.215,56, Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von € 114.732,73, Topfsonderausgaben in Höhe von € 1.698,00 und Kirchenbeitrag in Höhe von € 80,00.
Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom wurden die Beträge aus der Steuerberechnung übernommen. Zusätzlich wurde der Kinderfreibetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind berücksichtigt. Die Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung wurden mit dem Hälftesteuersatz versteuert. Die Einkommensteuer wurde mit € 22.253,24 festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid wurde vom steuerlichen Vertreter des Bf. am Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beschwerde richte sich gegen die Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, da
die belangte Behörde den Sachverhalt mangelhaft ermittelt habe,
die Behörde das Parteiengehör verletzt habe, weil Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen worden seien und eine Würdigung der von ihnen vorgebrachten Beweismittel einerseits und der rechtlichen Argumente andererseits nicht stattgefunden habe; die auf Basis der aktenkundigen Beweismittel vorgenommene Beweiswürdigung den logischen Denkgesetzen bzw. der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche.
der Bescheid mangelhaft begründet sei, weil die Erwägung der belangten Behörde, auf Basis welcher konkreten Beweismittel von einem nicht bereits verjährten Sachverhalt ausgegangen worden sei, daraus nicht ersichtlich sei.
Die Beschwerde richte sich des Weiteren gegen die Rechtswidrigkeit der Inhalte der angefochtenen Bescheide, da die belangte Behörde Freibeträge und Sonderausgaben nicht zum Abzug gebracht habe.
Es werde daher der Beschwerdeantrag gestellt, den Einkommensteuerbescheid 2009 ersatzlos aufzuheben. Zudem würden sie die Anträge stellen
(1.) keine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO zu erlassen.
(2.) auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.
Zur Begründung wurden die Ausführungen der vom Bf. am eingebrachten Selbstanzeige wiederholt und nach Wiedergabe von § 207 Abs. 2 BAO vorgebracht, dass die Verjährungsfrist fünf Jahre betrage, da im vorliegenden Fall nicht von hinterzogenen Abgaben ausgegangen werden könne. Diese fünfjährige Verjährungsfrist sei Ende 2014 abgelaufen, sodass eine Vorschreibung der Abgaben für 2009 rechtlich nicht mehr möglich sei. Eine Begründung für das Nichtvorligen von verjährten Abgaben fehle zur Gänze.
Daraufhin wurde am ein als Mängelbehebungsauftrag bezeichneter Ergänzungsauftrag an den steuerlichen Vertreter übermittelt, worin die rechtlichen Grundlagen der verlängerten Verjährungsfrist und der Abgabenhinterziehung erläutert wurden und dazu Folgendes ausgeführt wurde:
"Der Finanzbehörde wurden für das Jahr 2009 keine Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung angezeigt bzw. wurde für das Jahr 2009 keine Einkommensteuererklärung eingereicht. Infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches ist daher das Finanzvergehen der vollendeten Abgabenhinterziehung hinsichtlich der Einkommensteuer für 2009 mit (gesetzlich vorgesehene Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung gem. § 134 BAO) in objektiver Hinsicht im Sinne des § 33 Abs. 1 iVm. § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG bewirkt.
Für die Verwirklichung der subjektiven Tatseite des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrG genügt bedingter Vorsatz im Sinne des § 8 Abs. 1, 2. Halbsatz FinStrG. [...]
Aus dem Steuerakt des Finanzamtes ***FA*** geht hervor, dass Sie in der Zeit von bis ihren Hauptwohnsitz in ***Bf-Adr*** hatten. In der Zeit von bis hatten sie gleichzeitig einen Nebenwohnsitz in ***Bf-Adr2*** gemeldet. Wie sie bereits in der Selbstanzeige und in der Beschwerde ausgeführt haben, besuchten sie bis zum einen Aufbaulehrgang beim AMS in Österreich (***2*** und ***3***). Die Veräußerung der 20%igen Beteiligung an der ***1*** GmbH erfolgte ebenfalls im Jahr 2009, am . Weiters ist dem Finanzamt bekannt, dass Sie im Jahr 2009 in der Zeit von 01.01-, von 26.01.-, von 04.05.-, von 22.05-, von 03.06.-, von 15.06.-, von 04.09.-, von 23.10.- und von 27.11.- AMS-Bezüge in Österreich bezogen haben. Es besteht daher seitens des Finanzamtes kein Zweifel daran, dass sie im Jahr 2009 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig waren und wird die in der Selbstanzeige und in der Beschwerde angeführte Begründung, dass Sie davon ausgegangen wären, dass die Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung in Rumänien zu versteuern wären als Schutzbehauptung gewertet.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes geht aus Sicht des Finanzamtes daher zweifelsfrei hervor, dass Ihnen durchaus bewusst gewesen ist, dass es die Möglichkeit gibt, dass Sie die Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2009 steuerlich nicht richtig beurteilten. Dadurch, dass Sie sich nicht entsprechend beim Finanzamt oder einem Steuerbüro erkundigten, haben Sie die Möglichkeit der gesetzlichen Tatbildverwirklichung ausdrücklich in Kauf genommen."
Der Bf. wurde aufgefordert folgende Beweismittel und Unterlagen vorzulegen:
Steuerbescheid 2009 der rumänischen Finanzbehörde, aus welchem hervorgeht, dass er die Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung in Rumänien versteuert habe
Kursbesuchsbestätigung/Zeugnis über den Aufbaulehrgang beim AMS ***2*** und ***3***
Amtliche Meldebestätigung des Wohnsitzes in Rumänien
gegebenenfalls Mietvertrag / Kaufvertrag der Unterkunft in Rumänien
Weiters wurde er aufgefordert seine Beweisanträge nochmals darzulegen, welche seitens des Finanzamtes abgewiesen worden seien.
Am wurde die Verlängerung der Frist zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags bis mit der Begründung beantragt, dass noch Unterlagen aus Rumänien beizuschaffen seien. Dem Antrag wurde am stattgegeben.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurde erklärt, dass die rumänischen Steuerbescheide 2008 und 2009 angefordert worden seien und nachgereicht werden würden. Betreffend 2009 wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
Anlage 1: Dienstverträge (1/1: rumänisch und Großteils unleserlich; unterzeichnet vom Bf. für ***4*** S.R.L. am ; 1/2: Dienstleistungsvertrag zw. ***5*** s.r.l. und ***4*** s.r.l. betreffend die Leitung einer Baustelle durch den Bf. im Zeitraum 07-12/2008; Dienstorte sind ***8*** und ***6***; der Vertrag unterliegt österreichischem Recht; Gerichtsstand ist ***7***)
Anlage 2: Meldebestätigung Rumänien (Ausgabedatum: , ***BfAdr-RO***, ***8***)
Anlage 3: Mietverträge Rumänien (3/1: Untermietvertrag betreffend eine Wohnung mit 86 m² in ***Sitz-4***, ***8*** zu Wohnzwecken; Mieter: ***4*** SRL, vertreten durch den Bf.; Vertragsdauer: - ; 3/2: Ergänzung vom zum Untermietvertrag: Mieter: ***4*** S.R.L. mit Sitz im Mietobjekt, vertreten durch den Bf., Vertragsverlängerung um 12 Monate]
Anlage 4: Rechnung Steuerberatungskosten 2009 als Sonderausgaben
Anlage 5: Nachweise Sonderausgaben (u.a. Kirchenbeitrag 2009: € 372,57)
Anlage 6: Zahlung Alimente 2009
Anlage 7: Bestätigung Teilnahme "Unternehmer aktiv" (Teilnahmebestätigung: 15.6. - , 357 Stunden; Business English: - , 28 Einheiten)
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 insofern abgeändert als der Kirchenbeitrag auf den Höchstbetrag von € 200,00 erhöht wurde. Die Einkommensteuer wurde mit € 22.228,80 festgesetzt.
In der gesonderten Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom wurden hinsichtlich der eingewendeten Verjährung die diesbezüglichen Ausführungen im Vorhalt vom wiederholt und mitgeteilt, dass die Sonderausgaben (Versicherungen, Kirchenbeitrag, etc.) wie beantragt berücksichtigt worden seien und der Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kind bereits beim Erstbescheid in Abzug gebracht worden sei. Eine Beschwerdevorentscheidung sei erlassen worden, da eine Pflicht zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung bestanden habe, weil die Bescheidbeschwerde nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 262 Abs. 2 lit b dem Verwaltungsgericht vorgelegt worden sei.
Aufgrund eines Schreibens des steuerlichen Vertreters vom , dass für ihn keine Zustellvollmacht bestehe, wurde die Begründung dem Bf. am zusätzlich direkt zugestellt.
Mit Vorlageantrag vom , eingelangt beim Finanzamt ***FA*** am , beantragte der steuerliche Vertreter des Bf., die Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die Einkommensteuer für 2009 mit EUR 22.228,80 festgesetzt worden sei, dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und wiederholte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO. Ergänzend brachte er vor, dass in den Veräußerungsprozess mehrere Berater einbezogen worden seien. Von diesen Beratern sei der Bf. nicht aufgeklärt worden, dass die Veräußerung der Beteiligung einen einkommensteuerpflichtigen Tatbestand darstelle, zumal die Gewinnausschüttungen daraus durch den Abzug von KESt durch die Gesellschaft endbesteuert - und daher nicht in die Einkommensteuererklärung aufzunehmen - seien. Im Rahmen einer Besprechung hätten sie - bei Durchsicht diverser Unterlagen - die Steuerpflicht festgestellt, den Bf. darüber informiert und die Abgabe einer Selbstanzeige empfohlen.
Am legte das Finanzamt ***FA*** die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und verwies ergänzend zu den bisher im Verfahren getroffenen Feststellungen (Mängelbehebungsauftrag und Beschwerdevorentscheidung) auf den vom UFS, Außenstelle Linz, im Verfahren RV/0927 -L/10, im Erkenntnis vom zugrunde gelegten Sachverhalt:
"Der Berufungswerber hat seit Oktober 1995 seinen meldebehördlichen Hauptwohnsitz in Österreich. Nach dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung war der (Berufungswerber von 3. März bis bei der Firma ***9*** GmbH in ***10*** beschäftigt. Von bis bezog der Berufungswerber fast durchgehend Arbeitslosengeld. Seit dem ist der Berufungswerber bei der Firma ***11*** Handelsges.m.b.H. als geschäftsführender Alleingesellschafter tätig. Die Sitzadresse dieses Unternehmens befindet sich seit August 2012 an der ehemaligen Wohnadresse des Berufungswerbers in ***2*** (***Bf-Adr***).
Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Berufungswerbers und somit der Hauptwohnsitz hat sich im Streitzeitraum (u.a. Kraftfahrzeugsteuer für 1-12/2009) in Österreich befunden. Diese im Zuge der Nachschau getroffene Sachverhaltsfeststellung blieb zunächst im gesamten Verfahren unwidersprochen und steht im Einklang mit den Ermittlungsergebnissen des Berufungsverfahrens. Erst in der mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht, dass sich der Berufungswerber vor allem in Rumänien und lediglich zu gewissen Zeiten in Österreich aufgehalten habe. Diese Behauptung ist schon alleine deshalb widersprüchlich und unglaubwürdig, weil der Berufungswerber selbst in der Verhandlung zugegeben hat, im streitgegenständlichen Zeitraum nicht für die Firma ***4*** SRL tätig gewesen zu sein. Aus welchen Gründen sonst der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Rumänien gelegen sein sollte, wurde nicht dargelegt."
Daraus sei abzuleiten, dass dem Bf. bereits 2013 bekannt sein habe müssen, dass sich nach Ansicht der Abgabenbehörde im Jahr 2009 der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich befunden habe und dass daher die Veräußerung der Beteiligung in Österreich jedenfalls steuerpflichtig sei. Der Einwand der Verjährung sei nicht begründet. Es bestehe kein Zweifel daran, dass im Jahr 2009 in Österreich unbeschränkte Steuerpflicht bestanden habe. Die Einkommensteuer für 2009 sei aufgrund der schuldhaften Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht als hinterzogene Abgabe iSd § 207 Abs. 2 BAO anzusehen.
Das Finanzamt beantragte unter Hinweis auf die Berufungsvorentscheidung die teilweise Stattgabe der Beschwerde.
Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt ***7*** als Organ des Finanzamtes ***FA*** als Finanzstrafbehörde vom , StrNr. ***StrNr***, wurde der Bf. schuldig gesprochen, als Abgabepflichtiger im Amtsbereich des Finanzamtes ***FA*** vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die Veranlagungsjahre 2009 und 2011 eine Verkürzung an Einkommensteuer in Höhe von insgesamt € 24.515,80 (2009: € 22.228,80 + 2011: € 2.287,00) bewirkt zu haben, indem er gegenüber der Abgabenbehörde seine Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung im Jahr 2009 sowie seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2011 nicht bekanntgegeben hat, wodurch infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches diese bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben nicht mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt werden konnten, und er hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 1 begangen hat, weshalb über ihn gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 6.000,00 und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von drei Wochen verhängt wurden.
Gegen dieses Erkenntnis erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde. Dieser Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5300024/2019 teilweise Folge gegeben und das im Übrigen in seinem Bestand unverändert bleibende Straferkenntnis des Spruchsenats in seinem Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass die gemäß § 33 Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG zu verhängende Geldstrafe auf € 5.000,00 und die für den Fall deren Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG vorzuschreibende Ersatzfreiheitsstrafe auf siebzehn Tage herabgesetzt wurden.
Das Bundesfinanzgericht legte dem Erkenntnis folgenden Sachverhalt zugrunde:
"Bis 2008 war ***Bf*** im elterlichen Unternehmen, der ***1*** GmbH beschäftigt. Dabei fungierte er gemeinsam mit seiner Schwester jeweils als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer, wenngleich er sich nach eigenen Angaben lediglich mit technischen Angelegenheiten beschäftige. Nach einem Streit verließ er den Familienbetrieb. Er wurde als Geschäftsführer abberufen; seine Firmenpension wurde ausbezahlt und im Jänner 2008 versteuert.
Er versuchte, in Rumänien eine geschäftliche Tätigkeit zu entfalten, wozu er auch dort am in ***8*** einen Wohnsitz begründete und sich als Gesellschafter bei einer gewissen ***5*** srl beteiligte, mit welcher er eine Stahlbaufertigung in Rumänien aufbauen wollte. Bereits im Dezember 2007 hatte er in diesem Zusammenhang in ***8***, Rumänien, die ***4*** srl gegründet, an welcher er sämtliche Anteile gehalten hat. Vom bis zum war ***Bf*** geringfügig beschäftigt bei der ***9*** GmbH, mit Sitz in ***10***, aus Anlass eines in Aussicht genommenen größeren Handelsgeschäftes in Rumänien.
Die mit der österreichischen ***9*** GmbH kooperierende rumänische ***4*** srl hat aber tatsächlich keine wirtschaftliche Aktivität entfaltet ("hat sich mit nichts Wesentlichem beschäftigt"), sondern sollte nur als Verrechnungsgesellschaft für die ***5*** srl fungieren (eigenes Vorbringen des Beschuldigten). Das Projekt ist aber mangels ausreichendem Kapital gescheitert; in der Realität ist man nie weitergekommen als bis zur Errichtung der Bodenplatte für eine Werkshalle. Seinen Hauptwohnsitz hatte ***Bf*** aber weiterhin an der Anschrift ***Bf-Adr***. Dabei ist er der ***2*** Polizei in den Jahren 2008 und 2009 immer wieder aufgefallen, weil er einen PKW der Marke Range Rover unter Benützung rumänischer Kennzeichentafeln verwendete (zuletzt Anzeigen vom , , ). Ab bis war ***Bf*** auch in einer ***3*** Unterkunft mit Nebenwohnsitz gemeldet.
Ab war ***Bf*** arbeitslos gemeldet. Ebenso hat er fast das ganze Jahr 2009 (mit kurzen Unterbrechungen) österreichisches Arbeitslosenentgelt bezogen. Ausdrücklich wurde in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat am diesbezüglich vorgebracht, dass ***Bf*** in der Zeit des Arbeitslosenbezuges nicht für "das Unternehmen in Rumänien" tätig gewesen sei (Berufungsentscheidung zu RV/0927-L/10). Mangels entsprechender geschäftlicher Tätigkeit mit Bezug auf Rumänien ist dem Beschuldigten daher vom rumänischen Fiskus auch keine Einkommensteuer für 2009 vorgeschrieben worden, womit sich auch die logische Erklärung findet, warum ***Bf*** trotz seiner Ankündigung bzw. trotz behördlichem Andrängen keinen diesbezüglichen Einkommensteuerbescheid vorzulegen vermochte.
Auch für den österreichischen Fiskus gab es betreffend das Veranlagungsjahr 2009 vorerst keine Veranlassung, den Beschuldigten zur Einkommensteuer zu veranlagen: ***Bf*** war - soweit bekannt - beschäftigungslos, hat Arbeitslosenentgelt bezogen und sich in entsprechenden Kursen fortgebildet. Er hat sich daher auch zumal zwecks Kursbesuch in Österreich aufgehalten und hatte hier seinen Hauptwohnsitz und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Ein wesentlicher Bezug zu Rumänien ist für 2009 nicht festzustellen, weshalb die Behauptung des Beschuldigten, der Meinung gewesen zu sein, dass die Veräußerung eines Anteiles an einer österreichischen GmbH (übrigens ebenso ohne einen Bezug zur rumänischen Abgabenerhebung) in Rumänien einkommensteuerpflichtig gewesen sei, keine Unterstützung in einem konkreten Lebenssachverhalt findet.
Laut seinen eigenen und mit der übrigen Aktenlage insoweit übereinstimmenden Angaben hat ***Bf*** am seinen 20 %igen Anteil an der ***1*** GmbH an seine Schwester ***12*** gegen einen Kaufpreis von € 122.000,00 veräußert. Diese Beteiligung hatte er durch eine väterliche Schenkung im Jahre 1994 erworben, wobei die Anschaffungskosten im verwaltungsbehördlichen Verfahren einvernehmlich mit € 7.267,28 bewertet wurden und sich solcherart ein Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung in Höhe von € 114.732,72 ergeben hat. Dieser Gewinn war unter der Einkunftsart "sonstige Einkünfte" gemäß § 29 Z 2 iVm § 31 Abs. 1 EStG 1988 in der für 2009 geltenden Fassung einkommensteuerpflichtig, wobei aber § 37 Abs. 1 iVm Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl I 2003/71 lediglich der Hälftesteuersatz anzuwenden war. ***Bf*** wäre daher verpflichtet gewesen, bis zum Ablauf des eine Einkommensteuererklärung für 2009 beim Finanzamt ***FA*** einzureichen, in welcher diese sonstigen Einkünfte in Höhe von € 114.732,72 anzugeben gewesen wären. Dies ist nicht geschehen, weshalb die Abgabenbehörde die Einkommensteuer in Höhe von € 22.228,80 auch nicht bis zu diesem Zeitpunkt vorschreiben konnte.
Soweit in der Beschwerde eingewendet wurde, dass diese Verkürzung an Einkommensteuer für 2009 durch einen Irrtum des Abgabepflichtigen zustande gekommen wäre, weil er infolge seines Wohnsitzes in Rumänien von einer Einkommensteuerpflicht in Rumänien ausgegangen wäre, steht dem entgegen, dass er diesfalls bei abgabenredlicher Gesinnung dies seinem rumänischen Steuerberater bzw. dem rumänischen Fiskus zur Kenntnis gebracht hätte, solcherart von einer fehlenden Steuerbarkeit der Beteiligungsveräußerung in Rumänien erfahren hätte und nachträglich die entsprechende Einkommensteuererklärung beim österreichischen Finanzamt eingereicht hätte. Auch die Überlegung der Verteidigung, dass der Beschuldigte erst mittels der Berufungsentscheidung aus dem Jahre 2013 von einer behördlichen Einschätzung eines Mittelpunktes seiner Lebensinteressen in Österreich erfahren hätte, zwingt zur Frage, warum er nicht zumindest dann gegenüber dem österreichischen Fiskus aktiv geworden wäre? Tatsächlich hat er aber eben diesbezüglich gar keine Einkommensteuererklärung eingereicht.
Zu guter Letzt hat der Beschuldigte selbst in der Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht diese Argumentationslinie dahingehend verworfen, dass er sich diesbezüglich gar keine Gedanken gemacht habe, sondern er lediglich dann, wenn er sich damit gedanklich beschäftigt hätte, ein Besteuerungsrecht des rumänischen Fiskus angenommen hätte.
Wenn aber nun zuletzt eine völlige Unkenntnis der Steuerpflicht in der Zeit bis zum Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist behauptet wird, steht dieser Behauptung wiederum der Umstand entgegen, dass ***Bf*** 2009 aktiv einen intensiven Wissenserwerb in Bezug auf das Themenfeld Unternehmensübertragung betrieben hat: So hat er in der Zeit von bis zum an dem 357-stündigen Lehrgang "Unternehmensnachfolge aktiv" der ÖSB Consulting GmbH teilgenommen. Wird das Eigentum an Unternehmen übertragen, beispielsweise bei einem Generationswechsel bei den Gesellschaftern oder aus anderen Gründen, beispielsweise im Familienverband, kommt der Frage ob der steuerlichen Belastung je nach gewählter Vorgangsweise bekanntlich entscheidende Bedeutung zu. Es ist dabei aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes völlig lebensfremd, anzunehmen, dass der Beschuldigte bei seiner spezifischen beruflichen Fortbildung nicht belehrt worden sei, dass etwa ein Gewinn aus der Veräußerung eines Unternehmens, aber auch der Gewinn aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einer Besteuerung unterliegt. So gesehen, hätte ***Bf*** durch sein Verhalten gegen gesichertes Wissen verstoßen, was sogar den Verdacht einer absichtlichen Unterlassung indiziert. Es ist an sich in Anbetracht der finanziellen Zwangslage des Beschuldigten durchaus nachvollziehbar, dass dieser für sich die Entscheidung getroffen hat, die Einreichung einer Einkommensteuererklärung an das österreichische Finanzamt zu unterlassen; dies mit dem Plan, dadurch eine dauerhafte Abgabenvermeidung zu erzwingen.
Andererseits ist der Sachverhalt aber auch sehr speziell und der Beschuldigte mag auch die Details zur Entstehung der Einkommensteuerschuld bei seiner beruflichen Fortbildung nicht mit ausreichender Sicherheit verstanden haben. Im Zweifel zugunsten für den Beschuldigten wird daher mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht ausgeschlossen, dass ***Bf*** aufgrund des bei seiner Berufsfortbildung Gehörten anlässlich der Veräußerung seines Anteiles an der ***1*** GmbH und in der Zeit bis zum es lediglich ernsthaft für möglich gehalten hat, dass dieser Vorgang für ihn in Österreich einkommensteuerpflichtig wäre und er diesbezüglich in Österreich beim Finanzamt eine Steuererklärung abzugeben habe, er sich aber damit abgefunden hat und wohlweislich nichts weiter unternommen hat, weil er eben in seiner wirtschaftlichen Lage in diesem Zusammenhang keine Steuerlast tragen wollte. Er hat es daher auch unterlassen, unter Vortrag des Sachverhaltes bei seiner Steuerberaterin oder bei der Abgabenbehörde um ergänzende Auskunft zu ersuchen, was ihm möglicherweise eine unliebsame Aufmerksamkeit beschert hätte. ***Bf*** hat daher betreffend das Veranlagungsjahr 2009 eine nur bedingt vorsätzliche Verkürzung an Einkommensteuer in Höhe von € 22.228,80 zu verantworten und damit aber den Tatbestand einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG erfüllt."
Zur Strafbemessung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Verfehlungen bereits mehr als neun bzw. sieben Jahre zurückgelegen seien, sodass der Strafverfolgungsanspruch der Republik Österreich entsprechend abgeschwächt sei; dem Erschwerungsgrund der zweifachen Angriffe stehe als mildernd die teilweise Schadensgutmachung, die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit, sowie der Umstand, dass er wohl auch durch eine angestrengte Finanzlage zu seinem Fehlverhalten verleitet worden sei und sich zwischenzeitlich im Wesentlichen offenkundig steuerlich wohlverhalten habe, gegenüber. Von wesentlicher Bedeutung sei die erstattete Selbstanzeige bzw. die in weiterer Folge erfolgte Mitwirkung an der Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes in seiner objektiven Tatseite. Zu einer weiteren Reduktion der Geldstrafe führten die Sorgepflicht für seinen Sohn und die schwierige Einkommens- und Vermögenslage.
Mit der Ladung vom zur beantragten mündlichen Verhandlung am wurde den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs eine Zusammenfassung des bisherigen Verfahrensablaufes übermittelt.
Da diese Ladung dem Bf. aufgrund eines längeren Auslandsaufenthaltes nicht zugestellt werden konnte, wurde die mündliche Verhandlung auf verschoben und wurde dazu den Parteien erneut eine Ladung zur mündlichen Verhandlung inkl. einer Zusammenfassung des bisherigen Verfahrensablaufes übermittelt. Die Ladung an die belangte Behörde wurde am und jene an den Bf. am (durch Hinterlegung) zugestellt.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung am brachte der Bf. ergänzend vor, dass er sowohl einen Wohnsitz in Österreich als auch in Rumänien gehabt habe, wodurch er in Rumänien zu 100% steuerpflichtig gewesen sei. Im Zuge des Konkursverfahrens seiner Handelsfirma, der ***13*** GmbH habe es eine Besprechung mit dem Steuerberater gegeben, bei der sich ergeben habe, dass die Veräußerung der Beteiligung an der ***1*** GmbH in Österreich zu versteuern gewesen wäre. Im Zuge dessen sei auch erkannt worden, dass für 2 bis 3 Jahre keine Steuererklärungen abgegeben worden seien, weshalb eine Selbstanzeige eingebracht worden sei. Sie seien davon ausgegangen, dass das Jahr 2009 der 5-jährigen Verjährungsfrist unterliege und deshalb bereits Verjährung eingetreten sei. Das Finanzamt habe das anders gesehen. Die Nachzahlungen für 2010 bis ca. 2012 seien beglichen worden. Er sei im Umgang mit Steuern kein Professionist. Es sei aus Unwissenheit passiert, deshalb hätten sie auch die Selbstanzeige eingebracht.
Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die Erkenntnisse des Spruchsenates und des BFG, mit welchen bedingter Vorsatz festgestellt worden sei, sodass es sich um hinterzogene Abgaben handle, weshalb die verlängerte Verjährungsfrist anwendbar sei. In den Vorverfahren seien die Fragen des Hauptwohnsitzes und des Mittelpunkts der Lebensinteressen bereits behandelt worden und festgestellt worden, dass 2009 beides in Österreich gelegen sei. Der Vertreter der belangten Behörde beantragte eine teilweise Stattgabe im Sinne der Beschwerdevorentscheidung.
Nach Hinweis der Richterin auf die Judikatur des VwGH, wonach eine Verurteilung wegen Abgabenhinterziehung im Abgabenverfahren auch für das BFG bindend ist, erklärte der Bf., dass er weiterhin der Meinung sei, dass seiner Beschwerde stattzugeben sei, weil er mit den Ermittlungen des Finanzamts nicht einverstanden sei. Er habe zwar im Jahr 2009 einen Hauptwohnsitz in Österreich gehabt; das heiße aber nicht, dass hier auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen gewesen sei. Er habe auch einen Hauptwohnsitz in Rumänien gehabt. Das Finanzamt habe sich hauptsächlich auf den AMS-Lehrgang gestützt. Beim Aufbaulehrgang Unternehmensnachfolge habe man verschiedene Module aussuchen können. Das Finanzamt habe sich hauptsächlich zum steuerlichen Vortragsmodul geäußert. Steuerliche Themen seien in Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge aber nicht angesprochen worden. Es sei nur grob um die laufenden Abgaben und nicht um die Veräußerung von Unternehmensanteilen gegangen. Das sei nur eine Annahme des Finanzamts gewesen. Es habe dazu keine Überprüfung gegeben.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Am verkaufte der Bf. seinen 20%-igen Anteil an der ***1*** GmbH, bei welcher er bis 2008 als Geschäftsführer beschäftigt gewesen war, um € 122.000,00. Diesen Anteil hatte er durch eine Schenkung im Jahr 1994 erworben. Die Anschaffungskosten betrugen € 7.267,28.
Der Bf. reichte keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 ein. Vor Einlangen der Selbstanzeige vom waren der Abgabenbehörde keine steuerpflichtigen Einkünfte des Bf. bekannt, weshalb ein Einkommensteuerbescheid für 2009 erst am erlassen wurde.
Von bis war der Bf. mit Hauptwohnsitz in ***2*** und von bis zusätzlich mit Nebenwohnsitz in ***3*** gemeldet.
Am meldete der Bf. zusätzlich einen Wohnsitz in ***8***, Rumänien an. Im Dezember 2007 hatte er dort die ***4*** s.r.l. gegründet, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Die ***4*** s.r.l. entfaltete keine wirtschaftliche Aktivität, sondern sollte nur als Verrechnungsgesellschaft für die ***5*** s.r.l. fungieren, an welcher der Bf. ebenfalls beteiligt war.
In den Jahren 2008 und 2009 fiel der Bf. der ***2*** Polizei mehrfach auf, weil er einen PKW der Marke Range Rover unter Benützung rumänischer Kennzeichentafeln verwendete.
Ab war der Bf. arbeitslos gemeldet. Abgesehen von 16.-, 19.-, und bezog der Bf. im Jahr 2009 durchgehend Arbeitslosengeld.
In der Zeit des Arbeitslosenbezuges war der Bf. nach seinen eigenen Angaben (in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat am zu RV/0927-L/10) nicht für "das Unternehmen in Rumänien" tätig.
Der Bf. erklärte den Gewinn aus der Beteiligungsveräußerung weder gegenüber den österreichischen noch gegenüber den rumänischen Abgabenbehörden und es wurde ihm vom rumänischen Fiskus auch keine Einkommensteuer für 2009 vorgeschrieben.
Im Jahr 2009 besuchte der Bf. vom AMS vermittelte Lehrgänge in ***2*** und ***3***; v.a. den 357-stündigen Lehrgang "Unternehmensnachfolge aktiv" der ÖSB Consulting GmbH von bis . Wie das Bundesfinanzgericht im Zuge des Finanzstrafverfahrens mit Erkenntnis vom , RV/5300024/2019, bereits feststellte, wäre es völlig lebensfremd, anzunehmen, dass der Bf. im Zuge dieser Fortbildung nicht belehrt worden wäre, dass ein Gewinn aus der Veräußerung eines Unternehmens oder einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einer Besteuerung unterliegt.
Im Zweifel wird - zugunsten des Bf. - nicht ausgeschlossen, dass er die Details zur Entstehung der Einkommensteuerschuld bei seiner beruflichen Fortbildung nicht mit ausreichender Sicherheit verstanden hat und er nicht mit Sicherheit gewusst hat, dass die Veräußerung seines Anteils für ihn in Österreich einkommensteuerpflichtig ist und er diesbezüglich beim Finanzamt eine Steuererklärung abzugeben hat, sondern er das bis zum lediglich ernsthaft für möglich gehalten hat. Er hat sich aber weder bei einem Steuerberater noch bei der Abgabenbehörde diesbezüglich erkundigt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes inkl. der vom Bf. an die Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen sowie die Berufungsentscheidung des UFS, Außenstelle Linz, vom , RV/0927 -L/10 und v.a. das Erkenntnis des .
Die Höhe des Veräußerungsgewinns ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf. und ist unstrittig.
Der mit der Beschwerdevorentscheidung angehobene Kirchenbeitrag wurde im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom nachgewiesen.
Gem. § 7 Abs. 1 Z. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz idF BGBl. I Nr. 82/2008 hat Anspruch auf Arbeitslosengeld nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Gem. § 16 Abs. 1 lit. g Arbeitslosenversicherungsgesetzt ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Aufenthaltes im Ausland. Für den Bf. wurde für nur insgesamt 15 Tage im gesamten Jahr 2009 kein Arbeitslosengeldbezug vom AMS gemeldet. Diese vereinzelten Tage würden - bei Bestehen von einem bzw. zeitweise sogar zwei inländischen Wohnsitzen - keinesfalls ausreichen, um jemanden zur Annahme zu veranlassen, dass aufgrund eines vorübergehenden weiteren Wohnsitzes in Rumänien die Versteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer österreichischen GmbH in Rumänien zu erfolgen habe. Auch aus den Kursbesuchen und den wiederholten Anhaltungen durch die Polizei ergibt sich die Anwesenheit des Bf. in Österreich. Wie auch im Strafverfahren bereits ausführlich thematisiert wurde, stellt die Rechtfertigung des Bf. in der Selbstanzeige und der Beschwerde daher eine bloße Schutzbehauptung dar.
Erst nachdem der Bf. die Aussichtslosigkeit mit dieser Behauptung seinen Vorsatz glaubwürdig zu bestreiten erkannte, wurden im Vorlageantrag "mehrere Berater", die in den Veräußerungsprozess einbezogen gewesen seien und die ihn nicht über die Einkommensteuerpflicht aufgeklärt hätten, ins Spiel gebracht. Dass er sich bei diesen Beratern nach der Steuerpflicht erkundigt hätte, wurde vom Bf. nicht einmal behauptet. Auch die Anmerkung, dass die Gewinnausschüttungen aus der GmbH durch den Abzug von KESt durch die Gesellschaft endbesteuert - und daher nicht in die Einkommensteuererklärung aufzunehmen - sind, ist belanglos. Der Bf. wusste nämlich, dass der von ihm vereinbarte Kaufpreis ohne Abzug von KESt an ihn überwiesen wurde.
Im Übrigen wird auf das Erkenntnis des verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Zu den sonstigen Einkünften zählen gem. § 29 Z. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 52/2009 Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Sinne der §§ 30 und 31.
Gem. § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 85/2008 gehören zu den sonstigen Einkünften die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Als Einkünfte sind gem. Abs. 3 leg. cit. der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös (Abs. 1), dem Abwicklungsguthaben (Abs. 2 Z 1) oder dem gemeinen Wert der Anteile (Abs. 2 Z 2) einerseits und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten andererseits anzusetzen.
Der Steuersatz ermäßigt sich gem. § 37 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 52/2009 u.a. für Einkünfte auf Grund von Beteiligungen (Abs. 4) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Einkünfte im Sinne des § 31 einschließlich Einlagenrückzahlungen (§ 15 Abs. 4) sind gem. § 37 Abs. 4 Z. 2 lit. b EStG 1988 Einkünfte auf Grund von Beteiligungen.
Gem. § 207 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 105/2010 unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Gem. Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.
§ 207 Abs. 2 BAO in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 105/2010 ist gem. § 323 Abs. 27 BAO erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist.
Der Abgabenhinterziehung macht sich gem. § 33 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. I Nr. 28/1999 schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Eine Abgabenverkürzung ist gem. Abs. 3 lit. a leg. cit. bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Gem. § 8 Abs. 1 FinStrG idF BGBl. Nr. 335/1975 handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, sind die Abgabenbehörden gem. § 166 Abs. 1 BAO berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
Gem. § 116 Abs. 2 BAO sind Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war. Diese Bindung besteht auch für das Bundesfinanzgericht (s. § 2a BAO).
Ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage nach § 116 Abs. 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO anzuwenden ist. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen. Wenn eine Verurteilung wegen Hinterziehung einer bestimmten Abgabe vorliegt, dann ist die Abgabe im Abgabenverfahren als hinterzogen zu behandeln ().
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Bindung der Abgabenbehörden und des Bundesfinanzgerichts im Falle rechtskräftiger verurteilender Entscheidungen eines Strafgerichts, einer Finanzstrafbehörde oder des Bundesfinanzgerichts nach einem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren an die Tatsachenfeststellungen, auf denen der Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (vgl. z.B. ; ).
Das Bundesfinanzgericht stellte mit Erkenntnis vom , RV/5300024/2019 fest, dass der Bf. vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht u.a. betreffend das Veranlagungsjahr 2009 eine Verkürzung an Einkommensteuer in Höhe von € 22.228,80 bewirkt hat, indem er gegenüber der Abgabenbehörde seine Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung im Jahr 2009 nicht bekanntgegeben hat, wodurch infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches diese bescheidmäßig festzusetzende Abgabe nicht mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt werden konnte, und er hiedurch eine Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat.
Diese Feststellung ist für das Bundesfinanzgericht bindend.
Da es sich um hinterzogene Abgabe handelt, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Die sich gem. §§ 29, 31 iVm § 37 EStG 1988 aus der Beteiligungsveräußerung ergebende Einkommensteuer 2009 war daher bei Erlassung des angefochtenen Bescheids im Jahr 2015 noch nicht verjährt und erfolgte damit die Vorschreibung zu Recht.
Gem. § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 26/2009 sind bei der Ermittlung des Einkommens Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften in Höhe von höchstens € 200 als Sonderausgaben abzuziehen.
Der Kirchenbeitrag war aufgrund der nachgewiesenen Zahlung in Höhe von € 372,57 - wie in der Beschwerdevorentscheidung - daher mit dem Höchstbeitrag von € 200 zu berücksichtigen.
Der Einkommensteuerbescheid 2009 war daher iSd Beschwerdevorentscheidung abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung (s. z.B. ; , ) beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Aufgrund der eindeutig vorliegenden Bindungswirkung des Erkenntnisses im Finanzstrafverfahren und der daraus resultierenden Verlängerung der Verjährungsfrist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Im Übrigen hing der Beschwerdefall nicht von der Lösung von über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101622.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at