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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.03.2023, RV/4100281/2018

Aufrechnung nach rechtskräftig bestätigtem Zahlungsplan

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Abrechnungsbescheid 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Verfahrensparteien besteht Streit darüber, ob die Aufrechnung des aus der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2015 resultierenden Guthabens am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin mit der im Schuldenregulierungsverfahren der Beschwerdeführerin angemeldeten Forderung der belangten Behörde der Rechtslage entspricht.

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausfertigung eines Abrechnungsbescheides betreffend die Buchungsmitteilung Nr. 09/2016 vom (Wiederaufnahme von Konkursforderungen). Laut der im Zuge des Beschwerdeverfahrens beim Finanzamt vorgelegten Kopie dieses Antrages erfolgte der Eingangsvermerk beim Finanzamt Klagenfurt mit Datum .

Mit Schreiben vom (Eingangsvermerk Finanzamt Klagenfurt: ) erfolgte ein neuerlicher Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausfertigung eines Abrechnungsbescheides betreffend die Buchungsmitteilung Nr. 09/2016 vom , mit der Begründung, dass von Seiten der Abgabenbehörde dem Erstantrag vom noch nicht entsprochen worden sei.

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin beim Bundesfinanzgericht eine Säumnisbeschwerde wegen der nicht durchgeführten Erlassung eines Abrechnungsbescheides ein. In ihrer Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht vom brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie den in der Zwischenzeit vom Finanzamt erlassenen Abrechnungsbescheid nicht erhalten habe. Weiters wurde um (nochmalige) Zusendung dieses Abrechnungsbescheides mit Zustellungsnachweis ersucht.

Am wurde der Abrechnungsbescheid vom vom Finanzamt Klagenfurt (Zustellung mittels RSa) an die Beschwerdeführerin zugestellt.

Im Abrechnungsbescheid wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Abgaben (Umsatzsteuer 06-07/2015, Pfändungsgebühr, Barauslagen) i.H.v insgesamt € 773,95 nicht erloschen sei und die angeführten Beträge mit der Gutschrift aus der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2015 gegenverrechnet wurde.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin vor, dass das Schuldenregulierungsverfahren mit einem Zahlungsplan, der eine Quote von 22 % vorsieht, mit Beschluss vom ****** rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens habe bei der Abgabenbehörde ein Zahlungsrückstand i.H.v. € 1.025,66 bestanden. Dieser Betrag sei mit Datum von der Abgabenbehörde als Konkursforderung ausgebucht und gleichzeitig im Verfahren als Konkursforderung angemeldet worden. In weiterer Folge seien Beträge vom ehemaligen Arbeitgeber der Beschwerdeführerin i.H.v. € 144,83 am und i.H.v. € 106,88 am auf ihrem Abgabenkonto gutgeschrieben worden.

Am sei der im Abrechnungsbescheid streitgegenständliche Betrag i.H.v. € 773,95 als Wiederaufnahme von Konkursforderungen neuerlich am Abgabenkonto eingebucht worden. Am sei die Verbuchung der Veranlagungen des Jahres 2015 erfolgt. Aus der Einkommensteuerveranlagung 2015 habe sich eine Gutschrift von i.H.v. € 986 und aus der Umsatzsteuerveranlagung 2015 eine Nachbelastung i.H.v. € 343,86 ergeben. Aufgrund einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 habe sich die Gutschrift bei der Einkommensteuer 2015 mit Buchung vom auf € 1.193 erhöht. Nach Aufrechnung der sich ergebenden Nachbelastung aus der Umsatzsteuer 2015 mit der Gutschrift aus der Einkommensteuer 2015 sei ein Guthaben i.H.v. € 849,14 verblieben, welches in weiterer Folge mit der wieder eingebuchten Konkursforderung i.H.v. 773,95 aufgerechnet worden sei.

Das verbleibende Restguthaben i.H.v. € 75,19 sei rückgezahlt worden.

Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass die Vorgangsweise der Abgabenbehörde eine massive Gläubigerbegünstigung darstelle, da andere Gläubiger lediglich die 22 % Quote erhalten haben, die Abgabenbehörde jedoch den gesamten aushaftenden Betrag einbehalten habe. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des Abrechnungsbescheides vom wegen Rechtswidrigkeit, da das Schuldenregulierungsverfahren bereits mit ****** rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei.

Am erließ die Abgabenbehörde eine abweisende Berufungsvorentscheidung mit der Begründung, dass die im Abrechnungsbescheid angeführten Abgaben dem Guthaben aus der Einkommensteuerveranlagung 2015 aufrechenbar gegenüberstünden.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war ab dem Jahr 2014 unternehmerisch tätig.

Mit ***** wurde über das Vermögen der Beschwerdeführerin ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet.

Die belangte Behörde meldete Insolvenzforderungen i.H.v. € 1.025,66 im Schuldenregulierungsverfahren der Beschwerdeführerin an.

Mit Beschluss vom ******* wurde der bei Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens vorgeschlagene Zahlungsplan angenommen. Im Zahlungsplan war eine Quote von 22% innerhalb von 7 Jahren ab Annahme des Zahlungsplans mittels 14 gleichlautenden Halbjahresraten vorgesehen.

Mit Beschluss vom ****** wurde der Zahlungsplan rechtskräftig und das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben.

Am sowie am gingen Zahlungen i.H.v. € 144,83 bzw. i.H.v. € 106,88 bei der belangten Behörde ein.

Mit verfügte die belangte Behörde die Wiederaufnahme der nach Abzug der in der Zwischenzeit geleisteten Zahlungen noch nicht beglichenen Insolvenzforderung i.H.v. € 773,95.

Die Beschwerdeführerin gab keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 ab.

Aufgrund Nichtabgabe der Steuererklärung betreffend Einkommensteuer 2015 schätzte die belangte Behörde die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO hinsichtlich dieser Steuer. Die belangte Behörde setzte die Einkommensteuer 2015 am fest. Es ergab sich eine Gutschrift i.H.v. € 986 zugunsten der Beschwerdeführerin.

Die Gegenforderung der Beschwerdeführerin aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 wurde im Schuldenregulierungsverfahren nicht geltend gemacht.

Im Zuge der Bescheiderlassung am nahm die belangte Behörde eine Aufrechnung des aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 entstandenen Guthabens i.H.v. € 986 mit den aushaftenden Abgabenrückständen i.H.v. € 773,95 vor.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen sowie der dargestellte Verfahrensablauf ergeben sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen, sowie der Einsicht in die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz und in das Abgabeninformationssystem des Bundes.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.

Nach § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

Gemäß § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213 BAO) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Nach § 19 Abs. 1 IO (Insolvenzordnung) brauchen Forderungen, die zur Zeit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits aufrechenbar waren, im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht zu werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 IO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Insolvenzmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Schuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben worden ist.

Nach § 156 Abs. 1 IO wird der Schuldner durch den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel ob sie am Insolvenzverfahren oder an der Abstimmung über den Sanierungsplan teilgenommen oder gegen den Sanierungsplan gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist.

§ 156 Abs. 4 IO bestimmt, dass Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Schuldners im Sanierungsplan unberücksichtigt geblieben sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Bezahlung ihrer Forderungen im vollen Betrag vom Schuldner verlangen können.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (z.B. ; , 2011/15/0188) die Auffassung, dass während eines Insolvenzverfahrens den Aufrechnungsvorschriften des Insolvenzrechtes (insbesondere §§ 19, 20 IO) der Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zukommt.

Die Aufrechnung im Insolvenzverfahren setzt voraus, dass sich die Forderung des Insolvenzgläubigers und die Gegenforderung des Schuldners einander bereits imInsolvenzeröffnungszeitpunkt aufrechenbar gegenübergestanden sind (vgl. § 19 Abs. 1 IO). Im Erkenntnis des hat dieser im Falle eines rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich ausgesprochen, dass weder die konkursrechtlichen Aufrechnungsvorschriften (§§19, 20 KO) noch andere, insb. abgabenrechtliche Normen die Aufrechnung verhindern, wenn Forderungen einander bereits bei Konkurseröffnung aufrechenbar gegenüberstanden.

Daher ist zu allererst zu überprüfen, wann die Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde entstanden ist.

Bei Rückforderungsansprüchen, wie eben Steuergutschriften, handelt es sich um "negative Abgabenansprüche" (vgl. z.B. ). Solche Ansprüche entstehen kraft Gesetzes jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird. Auf die Bescheiderlassung kommt es dabei nicht an.

Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Nach dessen Abs. 2 lit. a Z. 2 entsteht der Abgabenanspruch betreffend Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist. In Abs. 4 leg. cit. wird normiert, dass der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches ist.

Gegenständlich ist die Einkommensteuergutschrift 2015 ("negativer Abgabenanspruch") mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 entstanden und damit vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens (*****).

Die Aufrechnung selbst erfolgte jedoch erst nach der rechtskräftigen Bestätigung des Zahlungsplans, weshalb sich die Frage des Umfangs der Aufrechnungsbefugnis nach rechtskräftig bestätigtem Zahlungsplan stellt.

Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, gab die Beschwerdeführerin für das Jahr 2015 keine Einkommensteuererklärung ab. Erst durch die Schätzung gemäß § 184 BAO durch die belangte Behörde im Dezember 2016 konnte die Einkommensteuer für das Jahr 2015 festgesetzt werden.

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0015 ausgesprochen, dass eine über die Quote hinausgehende Aufrechnung nach der rechtskräftigen Bestätigung des Sanierungsplans nur in Betracht kommt, wenn der Gläubiger unverschuldet aufgrund eines Verschuldens des Insolvenzschuldners - wenn auch in Form leichter Fahrlässigkeit - einer Aufrechnungserklärung vor rechtskräftiger Sanierungsplanbestätigung gehindert worden ist, zumal für diesen Fall § 156 Abs. 4 IO (analog) zur Anwendung kommt (vgl. Fichtinger, Insolvenzaufrechnung 402; Lovrek in Konecny/Schubert § 156 KO Rz 59 und ein weiteres Mal ).

Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (). Nicht nur bloß leicht fahrlässig, sondern bereits auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche, und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Der Abgabepflichtige hat gemäß § 119 BAO die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder die für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen. Der Offenlegungen dienen unter anderem die Abgabenerklärungen. Die Abgabefrist für die Erklärung der Einkommensteuer 2015 endete gemäß § 134 BAO am bzw. bei elektronischer Übermittlung am .

Aufgrund ihrer unternehmerischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin die damit verbundenen abgabenrechtlichen Verpflichtungen (insb. §§ 119 bis 142 BAO) zu beachten (Seewald/Tannert in Tannert, Finanzstrafrecht § 34 FinStrG). Es ist Aufgabe eines Unternehmers, sich mit einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen oder sich bei einem befugten Parteienvertreter zu erkundigen (vgl. ). Die Beschwerdeführerin handelte entsprechend der Rechtsprechung des VwGH daher auffallend sorglos, weil sie die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Im Übrigen traf die Beschwerdeführerin im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahren gemäß den insolvenzrechtlichen Vorschriften weiters die Verpflichtung ein vollständiges Vermögensverzeichnis vorzulegen, aus dem sämtliche offenen Forderungen und Verbindlichkeiten ersichtlich sind. Auch dieser Verpflichtung ist die Beschwerdeführerin schuldhaft nicht nachgekommen.

Die belangte Behörde war daher unverschuldet durch das schuldhafte Verhalten der Beschwerdeführerin gehindert, eine Aufrechnungserklärung vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahren bzw. vor Rechtskraft des Zahlungsplans abzugeben. Der belangten Behörde ist nicht vorzuwerfen, dass sie nicht bereits vor Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens, im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin möglicherweise ihren abgaberechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen wird, eine Festsetzung der Einkommenssteuer aufgrund einer Schätzung durchführte.

Gemäß § 156 Abs. 4 IO, der laut VwGH analog anzuwenden ist, können Gläubiger, deren Forderungen nur aus dem Verschulden des Insolvenzschuldners im Insolvenzverfahren unberücksichtigt geblieben sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Bezahlung ihrer Forderungen im vollen Betrage vom Insolvenzschuldner verlangen. Das Vorgehen stellt einen eindeutigen Anwendungsfall des § 156 Abs. 4 IO dar.

Die belangte Behörde war daher bei der Aufrechnung nicht an die Zahlungsplanquoten gebunden.

Dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Vorgangsweise der belangten Behörde eine massive Gläubigerbegünstigung darstelle, ist zu entgegnen, dass der Insolvenzgläubiger nur solange bei der Aufrechnung nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans auf die Quote beschränkt ist, solange der Gläubiger nicht unverschuldet aufgrund eines Verschuldens des Insolvenzschuldners an einer Aufrechnungserklärung vor rechtskräftiger Zahlungsplanbestätigung gehindert worden ist. Im Übrigen sind nach Rechtskraft des Schuldenregulierungsaufhebungsbeschlusses zwingend die abgabenrechtlichen Verrechnungsbestimmungen anzuwenden. Danach ist gemäß § 215 Abs. 1 BAO ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen grundsätzlich unabhängig vom Entstehungsgrund des Abgaben(gutschrifts)anspruches zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabenpflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

Aus obigen Ausführungen ergibt sich die Berechtigung der belangten Behörde, die sich aus der Veranlagung der Einkommensteuer 2015 ergebenden Gutschrift zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.


Nach der Judikatur der Höchstgerichte ist es hinreichend geklärt, das die Einordnung von Insolvenzforderungen (Insolvenzgutschriften) und Masseforderungen (Massegutschriften) nach dem Zeitpunkt der Verwirklichung des auslösenden Sachverhaltes zu beurteilen und eine unterjährige Aufteilung vorzunehmen ist.
Auch das Recht zur Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit Insolvenzgutschriften selbst nach rechtskräftiger Bestätigung des Schuldenregulierungsverfahrens wurde vom Verwaltungsgerichtshof hinreichend geklärt, dies vor allem dann, wenn wie im Beschwerdefall die Aufrechnungserklärung des Gläubigers wegen Verschweigens der Gegenforderung durch den Schuldner verschuldet ist.

Es liegt demnach keine ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 213 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 156 Abs. 4 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 215 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 156 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 213 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 20 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100281.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at