Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.04.2023, RV/7100645/2018

Aufhebung eines gänzlich begründungslos erlassenen Verspätungszuschlagsbescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Verspätungszuschlag zu UVA 7/2017, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit der Begründung, dass die Bf. ihrer Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht bzw. verspätet nicht nachgekommen sei, wurde mit Bescheid vom betreffend die ein Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Juli 2017 auf Basis der für nämlichen Zeitraum zu entrichtenden Zahllast von 46.560,44 Euro ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 8 % sprich sohin von 3.724,84 Euro festgesetzt.

In der am gegen vorgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde wurde moniert, dass im Rahmen der Verhängung des Verspätungszuschlages im Ausmaß von 8% weder die Ermessensübung begründet worden sei, noch sich die belangte Behörde mit dem Verschulden der Bf. an der Fristversäumnis, dem durch die verspätete Einreichung erwirtschafteten finanziellen Vorteil bzw. der Frage in wieweit die Höhe des verhängten Verspätungszuschlag gemessenen an vorerwähnten Parametern für die Bf. eine erhebliche Härte darstelle, auseinandergesetzt habe.

Demzufolge ergehe der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides, respektive im Falle der Feststellung des Vorliegens eines nicht entschuldbaren Verhaltens der Bf. den Verspätungszuschlag in niederer Höhe festzusetzen.

Ergänzend wurde der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Senat sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

In der Begründung des die Beschwerde abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 18.1.22017 verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass bei einer verspäteten Eingabe einer Umsatzsteuervoranmeldung von mehr als 5 Arbeitstagen automatisiert ein Verspätungszuschlag verhängt werde, wobei sich das Ausmaß desselben an der an der Länge der Verspätung orientiere.

Mit Eingabe vom beantragte die steuerliche Vertretung der Bf. die Vorlage der Beschwerde an des BFG wobei auf die bisherigen Ausführungen samt den in der Beschwerdeschrift gestellten Anträge verwiesen wurde.

Darüber hinaus stellt die steuerliche Vertretung in Ansehung der Begründung der BVE angezogenen Wendung, dass bei einer Verspätung von mehr als 5 Arbeitstagen ein Verspätungszuschlag im automatisierten Verfahren festgesetztwird die Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides in Abrede.

Mit Eingabe vom wurde sowohl der Antrag auf Senatsentscheidung (§ 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO) als auch jener auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 Abs. Z 1 lit. a BAO) zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Charakter des automatisierten Verspätungszuschlagbescheides vom

Dem im Vorlageantrag erhobenen Einwand, wonach der automatisiert erlassene, in der Folge mittels Beschwerde angefochtene Bescheid einen Nichtbescheid darstelle ist Nachstehendes zu entgegnen:

Da der im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung ergangene Verspätungszuschlagsbescheid vom , mit Ausnahme der Begründung, alle nach § 93 Abs. 2 und 3 iVm § 96 BAO erforderlichen Bescheidbestandteile enthält, kann ihm die Bescheidqualität keinesfalls abgesprochen werden. Denn lediglich Erledigungen ohne Spruch (somit ohne normativen Inhalt) sind keine Bescheide (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1999, Rz 8 zu § 93). Hingegen hindert eine fehlende (mangelhafte) Begründung nicht den Eintritt der Rechtskraft (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1999, Rz 18 zu § 93 und das dort zitierte Erkenntnis des , wonach auch ein mangelhaft begründeter Bescheid in Rechtskraft erwächst, wenn gegen ihn nicht berufen oder der Lauf der Berufungsfrist gemäß § 245 Abs. 2 oder 3 BAO gehemmt wird).

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner zum § 96 BAO ergangenen Rechtsprechung in automatisiert unterstützt erlassenen Bescheiden wie bei der Verhängung von Säumniszuschlägen, Anspruchszinsen sowie im Zusammenhang mit Umsatzsteuervoranmeldungen vollautomatisch verhängten Verspätungszuschlägen keine "Nichtbescheide" gesehen (; , 2005/14/0015; , 2005/14/0016).

In Ermangelung des Vorliegens eines Nichtbescheides hat das Verwaltungsgericht - anstatt, wie im Vorlageantrag intendiert das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen - in der Sache zu entscheiden.

2. Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides

Die Bestimmung des § 135 BAO ermächtigt die Abgabenbehörde, Abgabepflichtigen, die die Frist zur Abgabe einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten bzw. selbstberechneten Abgabe aufzuerlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (zB. ; , 2009/17/0151; , 2009/17/0125; , Ro 2016/15/0005).

Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist.

Nach der im verfahrensrechtlichen Schrifttum sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes vertretenen Auffassung wird die Tragfähigkeit der Begründung eines Verspätungszuschlagbescheides an nachstehenden Kriterien gemessen:

Die Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a) des Verspätungszuschlagsbescheides hat alle für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen zu enthalten (zB ; BMF, AÖF 2006/128, Abschn 6). Sie hat weiters das Vorliegen des Verschuldens nachvollziehbar zu begründen ().

Eine lediglich die Behauptung enthaltende Begründung, eine Voranmeldung sei, nicht bzw. verspätet eingereicht worden, genügt in keinem Fall (vgl. Rombold, SWK 2001, S 768; BMF, AÖF 2006/128, Abschn 6).

In Anbetracht der Tatsache, dass der angefochtene Bescheid die spruchmäßige Festsetzung des Verspätungszuschlages im Ausmaß von 8 % der für den Monat Juli 2017 zu entrichtenden Umsatzsteuerzahllast einzig und allein mit der verspäteten Abgabe der Voranmeldung 7/2017 begründet, wird nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichtes den an oberer Stelle angeführten Parametern in keinster Weise entsprochen.

Die belangte Behörde hat es aber auch im Rechtsmittelverfahren verabsäumt, sich mit den in der Beschwerde vorgebrachten Argumenten auseinanderzusetzen, bzw. diese zum Inhalt der BVE zu machen um auf diesem Weg die im angefochtenen Bescheid begründungslos erfolgte Festsetzung des Verspätungszuschlages zu sanieren.

Demzufolge erweist sich ungeachtet der Tatsache einer objektiv verspätet eingebrachten Umsatzsteuervoranmeldung der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht da die Begründungspflicht eines Verspätungszuschlagsbescheides einerseits direkt auf den gesetzlichen Grundlagen der BAO fußt und anderseits das BFG auch nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100645.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at