Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2023, RV/7102708/2022

Studienwechsel nach dem 3. Semester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Oktober 2019 bis Februar 2021, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihren Sohn S., geb. 1996, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Maria begann nach Ableistung des Zivildienstes im Wintersemester 2017/18 mit dem Bachelorstudium Politikwissenschaften und wechselte im Sommersemester 2018 auf das Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung der TU Wien.

In Beantwortung eines Überprüfungsschreibens des Finanzamtes vom legte die Bf. am einen Studienerfolgsnachweis und das Studienblatt für das Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung der TU Wien vom vor, demzufolge S. in dieser Studienrichtung fortgemeldet war.

Weiters legte die Bf. eine Inskriptionsbestätigung von S. für ein Zahnmedizinstudium an der Medizinischen Universität Wien vor.

Das Finanzamt nahm, da die Bf. keine weiteren Angaben machte, davon aus, dass es sich um ein Doppelstudium handle und dass das Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung das Hauptstudium sei und zahlte weiterhin die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge aus.

In Beantwortung eines Überprüfungsschreibens des Finanzamtes vom gab die Bf. am an, dass das Zahnmedizinstudium ab September 2019 das Hauptstudium bzw. alleinige Studium von S. sei.

In der Folge forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die für Sohn S. bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2019 bis Februar 2021 gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) iVm § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) zurück und stellte begründend fest, dass Familienbeihilfe zustehe, wenn das Studium nicht mehr als zwei Mal gewechselt worden bzw. das Studium vor dem 3. gemeldeten Semester gewechselt werde.

Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führe, bestehe erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert worden seien wie im vorigen (Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 iVm § 17 Studienförderungsgesetz 1992).

Da S. nach dem 3. Semester gewechselt habe, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Die Bf. brachte in ihrer Beschwerde vom vor, dass sie immer gewissenhaft und den Tatsachen entsprechend, wie vom Finanzamt aufgefordert, die Studiennachweise ihrer beiden Kinder S. und Anna Cecilia vorgelegt habe. Die diesen Vorlagen nachfolgenden Mitteilungen des Finanzamtes, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe überprüft und im jeweiligen Umfang gewährt worden sei, sei für sie die Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Bezuges gewesen. Es sei ihr bewusst, dass die Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen vorausgesetzt werde, sie ersuche aber dennoch zu berücksichtigen, dass es sich im gegenständlichen Fall doch um eine komplexe Spezialmaterie handle und sie auf Grund der Mitteilungen des Finanzamtes über die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf die Idee gekommen sei, die Angelegenheit nochmals auf ihre Richtigkeit zu prüfen.

Ihr Sohn habe nach Absolvierung der Matura und abgeschlossenem Zivildienst an der Universität Wien im WS 2017/2018 Politikwissenschaften inskribiert. Sehr schnell habe er bemerkt, dass das Studium nicht seinen Vorstellungen entspricht und im SS 2018 an die TU gewechselt, um Raumplanung und -ordnung zu studieren. Bereits im WS 2018/2019 habe sich dann herausgestellt, dass sein Interesse der Zahnmedizin gilt und er habe sich erstmals zugetraut, diesen Weg zu verfolgen. Wie bekannt sei, finde lediglich einmal pro Jahr, und zwar im Sommer, der Aufnahmetest für Medizin und Zahnmedizin statt. Da im Jahr 2019 die bestehende Zahnmedizin-Kontingentregelung abgeschafft worden sei und alle Studienplätze an all jene Personen verteilt worden seien, die auf der Rangliste am besten abgeschnitten haben (unabhängig eines Kontingents), seien die Aufnahmebedingungen noch schwieriger als davor gewesen. Trotz intensiver Vorbereitung auf den Zahnmedizin Aufnahmetest habe S. im SS 2018 und im WS 2018/2019 seinen Studienerfolg an der TU nachgewiesen. Er habe dann im Sommer 2019 den Aufnahmetest für Zahnmedizin absolviert, diesen auf Anhieb bestanden und studiere seither (WS 2019) mit Begeisterung und erfolgreich Zahnmedizin. Auf Grund dieser speziellen Umstände, insbesondere, dass S. zum für ihn frühestmöglichen Zeitpunkt sein Studium der Zahnmedizin aufgenommen habe, ersuche sie die Oberbehörde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes von der Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages gemäß § 26 (4) FLAG 1967 wegen Unbilligkeit abzusehen.

Gleichzeitig mit Einbringung dieser Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom ersuchte die Bf. um Aussetzung der Einhebung des Rückforderungsbetrages in Höhe von € 4.400,90 bis zur Erlassung einer Entscheidung durch die Oberbehörde.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des FLAG 1967 gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe.

Nach § 17 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn die oder der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat und nicht die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden.

Gemäß § 17 Abs. 2 StudFG in der geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 76/2000) gilt nicht als Studienwechsel im Sinn des Abs. 1:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

Gemäß § 17 Abs. 4 StudFG ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.

Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Der § 26 Abs. 1 FLAG 1967 besagt: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.

Beurteilung:

Die Rückzahlungspflicht für die strittigen Ansprüche stützt sich auf die o.a. gesetzliche Bestimmung. Diese normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Geldbezüge ist von subjektiven Momenten wie Verschulden und Gutgläubigkeit unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom , 2005/15/0080).

Fest steht jedenfalls, dass S. mit Wintersemester 2017/18 das Bachelorstudium Politikwissenschaften begonnen hat. Mit Sommersemester 2018 wechselte er auf das Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung. Der Studienerfolg wurde bereits im August 2018 nachgewiesen. In Ihrem Überprüfungsschreiben vom haben Sie Nachweise über abgelegte Prüfungen aus dem Studium der Raumplanung und Raumordnung, sowie eine aktuelle Bestätigung, dass S. weiterhin in diesem Studium inskribiert war, vorgelegt. Zusätzlich haben Sie ein Inskriptionsblatt der Zahnmedizin für das Wintersemester 2019/20 beigefügt, ohne weitere Angaben dazu zu machen. Erst mit dem Schreiben vom haben Sie bekannt gegeben, dass das Studium der Zahnmedizin mit Beginn Wintersemester 2019/20 das Hauptstudium ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG etwa vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt (vgl. ).

Gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG gelten Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, nicht als Studienwechsel iSd § 17 Abs 1 StudFG. Gemäß den aktuellen Rechtsprechungen muss derStudienwechsel jedenfalls durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden desStudierenden zwingend herbeigeführt werden, d.h. das unabwendbare Ereignis muss denStudienwechsel erfolgreich machen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 2011/16/0076 und2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einenStudienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessenerhält, nicht bereits, dass er zum StudienWechsel gezwungen gewesen wäre. Somit liegt auchdann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vor,wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach demStudienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. Lenneis inLenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 103)

Da das Gesetz auf wirtschaftliche oder persönliche Verhältnisse nicht abstellt und einerfolgloses Aufnahmeverfahren auf eine Universität laut Rechtsprechung nicht alsunabwendbares Ereignis angesehen wird und im vorliegenden Fall nicht die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studium der Raumplanung undRaumordnung für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen (Haupt)studiums der Zahnmedizin berücksichtigt wurde, liegt ein schädlicher Studienwechselnach dem 3 Semester vor. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für S. somit wieder ab März 2021."

Die Bf. stellte am einen Vorlageantrag und bringt vor, dass es unrichtig sei, wenn das Finanzamt Österreich ausführe, dass ihr Sohn S. ein erfolgloses Aufnahmeverfahren auf eine Universität (welches nicht als unabwendbares Ereignis angesehen wird) durchlaufen hätte. Richtig hingegen sei - wie auch in der Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid vom festgehalten - dass S. auf Grund der Tatsache, dass der Aufnahmetest für Medizin nur einmal jährlich stattfinde, keine Möglichkeit gehabt habe, den Studienwechsel früher als nach dem 3. Semester der Studienrichtung Raumplanung und Raumordnung durchzuführen. Im Übrigen habe er den Aufnahmetest für Zahnmedizin auf Anhieb bestanden.

Weiters bringt die Bf., wie schon in ihrer Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vor, dass sie dem Finanzamt über Aufforderung immer die Studiennachweise vorgelegt und die diesen folgenden Mitteilungen als Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Bezuges verstanden habe. Sie ersuche unter diesen Umständen die Oberbehörde nach Prüfung des Sachverhaltes von der Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages gemäß § 26 Abs. 4 FLAG 1967 wegen Unbilligkeit abzusehen, da die Rückforderung im Hinblick auf die nachweislich erbrachten Leistungen von S. als Student und im Hinblick auf die durchgeführte Prüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe und Gewährung dieser durch das Finanzamt unangemessen erscheine.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sohn der Bf. begann im Wintersemester 2017/18 mit dem Bachelorstudium Politikwissenschaften und wechselte im Sommersemester 2018 auf das Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung an die TU Wien.

S. war laut vorgelegten Studienerfolgsnachweis der TU Wien vom im Bachelorstudium Raumplanung und Raumordnung für das Wintersemester 2019 als ordentlicher Studierender fortgemeldet.

Im Wintersemester 2019 begann S. an der Medizinischen Universität Wien in der Studienrichtung Zahnmedizin (Hauptstudium).

Es lag kein Doppelstudium vor.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist insoweit unstrittig.

Rechtsgrundlagen:

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 normiert:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester… Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Studienwechsel

§ 17 Studienförderungesetz lautet:

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem dritten Semester Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums oder eines kombinierten Master- und Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 2,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 54/2016)"

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Die Bf. begründet den Studiumwechsel ihres Sohnes nach dem dritten Semester damit, dass dieser nach Absolvierung der Matura und abgeschlossenem Zivildienst an der Universität Wien im WS 2017/2018 Politikwissenschaften inskribiert gewesen sei und im SS 2018 an die TU gewechselt habe, um Raumplanung und -ordnung zu studieren, da er bemerkt habe, dass das Studium Politikwissenschaften nicht seinen Vorstellungen entsprach. Bereits im WS 2018/2019 habe sich dann herausgestellt, dass sein Interesse der Zahnmedizin gilt. Der Aufnahmetest für Medizin und Zahnmedizin finde lediglich einmal pro Jahr im Sommer statt. Da im Jahr 2019 die bestehende Zahnmedizin-Kontingentregelung abgeschafft worden sei und alle Studienplätze an all jene Personen verteilt worden seien, die auf der Rangliste am besten abgeschnitten haben (unabhängig eines Kontingents), seien die Aufnahmebedingungen noch schwieriger als davor gewesen. Trotz intensiver Vorbereitung auf den Zahnmedizin Aufnahmetest habe S. im SS 2018 und im WS 2018/2019 seinen Studienerfolg an der TU nachgewiesen. Er habe dann im Sommer 2019 den Aufnahmetest für Zahnmedizin absolviert, diesen auf Anhieb bestanden und studiere seither (WS 2019) mit Begeisterung und erfolgreich Zahnmedizin. Ihr Sohn habe somit das Studium Zahnmedizin zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen habe.

Das FLAG enthält keine Definition eines Studienwechsels und verweist in § 2 Abs. 1 lit. b nur für den Fall, dass ein Studienwechsel vorliegt, auf § 17 StudFG. Auch das StudFG enthält keine abschließende Definition des Studienwechsels (vgl. , unter Verweis auf , und ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG vor, wenn die Studierende das begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt (vgl zB ; ).

Mit einem Wechsel zu einer anderen Studienrichtung liegt ein Studienwechsel vor; dabei ist es unerheblich, ob das Erststudium auch nach dem Studienwechsel noch weiter betrieben oder sofort abgebrochen wurde (, ).

Kein günstiger Studienerfolg und damit ein - für den Anspruch auf Familienbeihilfe - "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z 1 bis 3 StudFG vor, wenn

Z 1: das Studium öfter als zweimal gewechselt wird oder
Z 2: das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester gewechselt wird oder
Z 3: nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wird, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG gelten Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, nicht als Studienwechsel iSd § 17 Abs 1 StudFG.

Der Studienwechsel muss jedenfalls durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt werden, d.h. das unabwendbare Ereignis muss den Studienwechsel erfolgreich machen. Im gegenständlichen Fall erfolgte der Studienwechsel aus freien Stücken.

Auch liegt kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn der Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht oder eine Aufnahmeprüfung zu einem früheren Termin nicht möglich ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 2011/16/0076 und 2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einen Studien-wechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre.

Damit liegt aber auch dann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unab-wendbares Ereignis vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. zB , vgl. auch Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG² § 2 Rz 103).

Im Erkenntnis vom , Ro 2018/16/0048, stellte der Verwaltungsgerichtshof aus-zugsweise fest:

"Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studien-wechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.

Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die weitere Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung etwa wegen der durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu erst später erfolgt oder wenn ein zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Aufnahmetest oder eine Aufnahmeprüfung nicht bestanden wird. Damit ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht erfüllt (vgl. auch , VwSlg 8.643/F, und ).

Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 iVm § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Die "Wartezeit" bemisst sich bis zur (allfälligen) Wiedererlangung des Familienbeihilfenanspruches nach dem Studienwechsel grundsätzlich in dem Ausmaß der bislang absolvierten gesamten Studiendauer (hier: 3 Semester) in dem verspätet gewechselten Studium. Im vorliegenden Fall wurde die Familienbeihilfe daher ab März 2021 weitergewährt (Stehzeit Oktober 2019 bis Februar 2021).

Zufolge der gesetzlichen Bestimmungen des § 17 Abs. 1 Z 3 Studienföderungsgesetz, lag beim Sohn der Bf. ein schädlicher Studienwechsel nach dem dritten Semester vor, welcher auch freien Stücken und somit eben nicht zwangsweise erfolgte. Dem Umstand, dass der Studienwechsel, wegen des erforderlichen Aufnahmetestes, erst später erfolgte bzw. erfolgen konnte, kommt in diesem Zusammenhang, in Ansehung der ständigen Judikatur des VwGH's, keine Relevanz zu.

Das Finanzamt hat daher zu Recht von der Bf. die für den Zeitraum Oktober 2019 bis Februar 2021 ausbezahlten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert.

Zum Vorbringen der Bf., dass sie dem Finanzamt die Studienbestätigungen ihres Sohnes immer über Aufforderung übermittelt habe und sie auf Grund der daraufhin erfolgten Mitteilungen davon ausgegangen sei, dass die Auszahlung rechtens war, wird Folgendes festgestellt:

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ).

Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. ; ).

Einer Rückforderung steht weder entgegen, wenn es aufgrund einer unrichtigen bzw. unvollständigen Würdigung des Sachverhaltes zu einer weiteren Auszahlung der Familienbeihilfe durch das Finanzamt gekommen ist und es steht einer Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der Bezieher der Familienbeihilfe auf Grund des vom Finanzamt erzeugten Anscheins (Mitteilung über die Weitergewährung der Familienbeihilfe) und Weitergewährung der Familienbeihilfe davon ausging, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Auszahlungszeitraum zusteht.

Unbilligkeit

Betreffend das Vorbringen der Bf., dass sie die Oberbehörde nach Prüfung des Sachverhaltes ersuche, von der Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages gemäß § 26 Abs. 4 FLAG 1967 wegen Unbilligkeit abzusehen, wird festgestellt, dass das Bundesfinanzgericht nicht Oberbehörde des Finanzamtes ist. Im Falle einer allenfalls gegebenen Unbilligkeit der Einhebung nach Lage des Falles steht die Möglichkeit eines entsprechend begründeten Nachsichtsantrages gemäß § 236 BAO offen steht. Dieses ist beim Finanzamt einzubringen und liegt die Gewährung einer Nachsicht im Ermessen des Finanzamtes (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26, Rz 78). Wobei sich das Finanzamt hierbei an der obzit. Rechtsprechung des VwGH's zu § 26 FLAG zu orientieren hat.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfolgen im beschwerdegegenständlichen Fall ergeben sich unmittelbar aus den anzuwendenen vom Wortlaut her eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen und wurde im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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